Michael Oswald

 

 

 

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Neuer Versuch 6

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2023 im September

Sonntag, 3. 9. 2023

Es gibt nach der großen Lücke viel zu erzählen, ich fang zeitnah an, komm grad aus dem Kino. "Oppenheimer", ein Film von Christopher Nolan, ein ganz starker Film. Er beschreibt die Erforschung, Entstehung der amerikanischen Atombombe und die 15 Jahre danach, als die McCarthy-Ära für politischen Stumpfsinn stand. Nolan erzählt von den konkreten Persönlichkeiten her, deren Einbindungen in die Macht und die unterschiedlichen Ausgänge im Umgang damit. Das macht er brillant, und die aktuelle Wichtigkeit bezieht der Film aus der Vorführung, wie manipulierbar oder eben interessengelenkt Meinungsmache und politische Intrigen von außen aussehen. Ein total spannendes 3-stündiges Erlebnis, man geht klüger heim.

Montag, 4. 9. 2023

Erster Tag Spätschicht, es war viel zu tun, in meiner Reihe lief keine Anlage gut. Ich musste an allen nachbessern und Störungen beseitigen, dann einen Folgeauftrag nachfummeln, weil vom Vorarbeitsgang, warum auch immer, ein alternatives Ablagemuster ankam. Eine Maschine war komplett zu rüsten. Und während dem ganzen Heckmeck ging eine Anlage ständig auf Störung, so mit Komplettabschaltung und neu einfahren. Ein Kollege wechselte eine Scheibe, zum Glück, dass hätte ich nicht geschafft. Jetzt also hier weiter. Die Dresdenreise, schon eine Woche her, muss vorkommen. Der Anlass war eine Beerdigung, der zweite Mann meiner Mutter war gestorben, in hohem Alter. Unser Verhältnis war wohl eher distanziert, er trat noch zu DDR-Zeiten auf und gehörte der Bonzenschaft an, ohne ganz verbissen zu sein. Er hat meine Hochachtung gewonnen, als er meine Mutter über mehrere Jahre fürsorglich betreut hat, als ihre Demenzerkrankung schlimm und schlimmer wurde, da hat er alles gegeben. Ich hab ihn über die fünf Jahre danach jede Woche angerufen, und wir haben einen Plausch gemacht über das konkrete Jetzt und das Leben überhaupt, auch seine Haltungsänderung nach dem Ende der DDR kam vor, manchmal mir erstaunlichen Einsichten und Meinungsneugründungen. Das konnten ihm seine beiden Kinder wohl nicht bieten. Die Bestattungsfeier haben wir souverän bewältigt, auch den Leichenschmaus danach. Unerwartet dicht ins Gespräch kamen wir, meine Tochter war auch da, mit einer Familie aus der Verwandtschaft, hätten wir nicht genau gewusst, dass es eine so einmalige Zusammenkunft ist, wir kannten sie vorher nicht, und wäre es nicht so weit auseinander, hätten wir da wohl einen Anfang erleben können.
Mein Quartier in Dresden war in der Alten Post zu Stetzsch, da hatte ich das wirklich kleinste Herbergszimmer bisher, nicht, dass es ein bisschen kleiner war als die bisherigen Zimmer, und ich bin da nicht verwöhnt, es war das Bett drin und davor nochmal ein bettgroßer Raum, wenn ich die Schuhe dumm stellte, ging eine Tür nicht mehr auf. Das Bad war kunstvoll auf kleinster Fläche angeordnet, wenn ich das Gesicht wusch, mich neigte dabei, stieß der Arsch am anderen Ende des Räumchens an. Der Preis war nicht so klein. Frühstück, laut Webseite möglich, gab es nicht, ich bin zum nächsten Bäcker im Supermarkt gegangen, und das war richtig gut. Extra für mich wurde ein Käseweckle großzügig belegt, als Schmankerl hab ich mich durch die verschiedenen sächsischen Blechkuchen durchprobiert, herrlich die frische Eierschecke, der Kirschkuchen mit Knusperstreuseln.

Da ich vier Tage frei hatte, konnte ich mich etwas umschauen, diesmal eine Reise in meine Vergangenheit. In Dresden-Übigau, das war meine erste Wanderung da, fand ich das Bootshaus, sogar an damaliger Stelle den erneuerten Bootssteg, von dem aus ich in der schlierigen Elbe paddeln musste, regelmäßig, weil meine Frau Mama meinte, der Sport sei gut für mich. Es kam nicht viel raus dabei, ich fand da einen Leidensgenossen, wir fuhren im Zweier und man nannte uns Elbente. In dieser Gegend gab es ein verfallenes Schloss, als ich immer mehr schwänzte beim Paddeln, hab ich dort im verwunschenen, völlig zugewachsenen Park meine erste Kippe auf Lunge geraucht, was war mir schwindelig. Auf dieser Tour fand ich auch eine Fassade, daran war unrenoviert, praktisch original der Name meines Lehrbetriebes vergessen worden, so dass richtige Sozialismusfarben auftauchten.

Eine andere Tour führte mich nach Radebeul, ich hatte von einem Brand gehört, der von der Autobahn aus zu sehen gewesen sei, dabei sei meine alte Berufsschule vergangen. Die war tatsächlich weg, der andere Teil des Ausbildungshauses stand im Verwitterungs- und Verfallzustand da, an der Verwaltungsvilla sah man den Brand noch. Ich hab beim Anschauen einen benachbarten Bewohner beim Blumengießen gesehen und angefragt. Ein junger Zimmermann, der beteiligt ist an der Notsanierung, man will es nicht ganz aufgeben. Es gäbe einen Investor, der die Hallen herrichten und für eine Fertigung nutzen will. Im Moment sieht es so aus, nur das Dach sei schon gesichert.

 

Bei dieser Erkundung war ich noch in Kötschenbroda, das ist ein uraltes Weindorf, gehört mit zu Radebeul. Als Kind bin ich dort Kastanien sammeln gewesen, für das Kilo gab es einen Groschen, es hieß, das gäbe Schweinefutter. Nach der Wende wúrde das Viertel, es ist eigentlich nur eine Allee, renoviert, prunkvoll schön wie vieles im Osten, dann kam das große Elbhochwasser, und man fing von vorn an. Jetzt funktioniert es als Touristenattraktion.

Den Dresdner Maler hab ich besucht, er ist aus dem westlichen Nordeutschland hier gelandet und kann von seiner Malerei immerhin leben. Ich kenne ihn seit einem Besuch da vor zehn Jahren, wir können uns wunderbar und umfassend austauschen über die Kunst, die Zeitenläufe, und verquatschen jeweils ganze Tage. Diesmal hat er mir sein Freilichtatelier vorgeführt, er malt im Freiluftbad Gölzschen, da geht man nackig baden und sonnen. Fast wäre ich auch gemalt worden, da kam aber der große Regen, wir mussten flüchten, sind dann in der inneren Neustadt zum Essen beim Vietnamesen gelandet.

Dienstag, 5. 9. 2023

Für den Kundendienst an meiner Heizung war ein Handwerkertermin ausgemacht, ich war sehr zeitig aufgestanden dafür. Der junge Mann kam sehr pünktlich, außer, daß er das Gehäuse kaum vom Gestell brachte, tat er seine Sache schnell und gut. Am schwierigsten ist immer die Terminabsprache, ich hatte im April zum ersten Mal angefragt. Als alles fertig war, hab ich bissle hinterhergeputzt, es war nicht schlimm, danach war die Zeit für den Sport zu knapp. Es ging ohne.
Zumal ich ein wenig Konzentration benötigte, heut war der zweite Besprechungstermin auf Arbeit, es sollte um meinen Aushilfsjob in Tübingen gehen. Ich war sehr erwartungsoffen, wusste gar nicht, was rauskommt. Auch hat mich die nahende Kurzarbeit am Standort Münsingen etwas verlockt, die Anfrage zurückzuziehen. Aber der Vorgesetzte von Tübingen hat rübergebracht, dass er mich erwartet und auch braucht. Die Aufgabenstellung ist immer noch recht offen und vage, aber es gibt jetzt die Zusage, den Starttermin und einen zeitlichen Rahmen, vorerst für drei Monate, mit der Option zu verlängern. Mein Arbeitsweg wird sich reduzieren, und ich werde in Normalschicht starten. Von heut und hier aus kommt es mir gut vor.
Ein paar Nachrichten noch aus der nahen Vergangenheit. Als ich von Dresden heimkam, fand ich meine Kellerorchidee in diesem Zustand.

Die Schöne heißt Masdevallia irgendwas, es gibt dreihundert Arten davon.
Die Busfahrten haben Erträge gebracht, einige Bilder wollen gezeigt werden.

 

 

 

Die letzten zwei Bilder sind durch regennasse Scheibe gemacht, dadurch wieder ein bisschen anders.
Am letzten Samstag wollte ich nach dem Sport abends noch eine Tour machen, das wäre die Zeit zum Schreiben gewesen. Es ging auf die Katzenbachstrecke, am Anfang war es noch hell und ich fand diesen blühenden Knöterich. Die Tage sind schon viel kürzer, dadurch ändert sich die Fotografiererei, es muss im Dunklen passieren.

 

 

 

Hier lass ich mir von den vorüberfahrenden Autos mehr oder weniger leuchten.
Noch ein Fundstück von einer Stadtlatsche, Fotografie mit nichts oder ohne was, wie sagt man das.

Zuletzt noch was vom Lesen. Unterhaltsam, lustig, manches unklar, weil so anders, China zur Zeit der Kulturrevolution. Studenten dürfen nicht mehr lernen, sie sollen unter Bauern arbeiten, um zu richtigen, tauglichen Volksgenossen zu werden. Ein schönes und sehr interessantes Buch.



Freitag, 8. 9. 2023

Viermal hab ich das diese Woche mit dem Aufstehen geschafft, um sieben klingelte der Wecker, heut klappte es nicht. Ich hatte keinen Termin, hab die Augen wieder zugeklappt und zwei Stunden angehängt. Immerhin bin ich nicht einmal vor zwei in die Kiste gekommen, es gab was nachzuholen. Abends war an diesem Text zu stricken, morgens war ich im Gym, bzw. der Höhepunkt war am Donnerstag morgens, da war ich mit dem Läufermichi verabredet zum Aquajoggen. Da ich kein Läufer mehr bin, war ich gespannt, wie es gehen würde. Um neun standen wir auf taunasser Wiese im Freibad, es war noch ziemlich frisch, aber die Sonne wärmte schnell. Nach gemütlichem Start waren wir eine knappe dreiviertel Stunde im Wasser und haben alles gegeben. Die Frequenz von Michi kann ich natürlich nicht mithalten, aber im Hechelmodus waren wir beide. Am Ende kroch ich matt die Treppe hoch aus dem Wasser raus, nein, so schlimm war es nicht, aber es war ein gutes Gefühl, überlebt zu haben. Ein bisschen half hinterher das Aufwärmen unter der warmen Dusche, dann war es sowieso egal, ich musste zur Arbeit.
Da hat sich rumgesprochen, dass ich demnächst in Tübingen arbeite, ein kleines Bedauern spüre ich bei einigen meiner Kollegen, dass ich dann weg bin. Heut war ich erst allein in meiner Reihe und es sah nicht gut aus. Viele Anlagen standen, komische Fehler kamen vor. Dann kam mir ein Kollege aushelfen, und ich konnte eine nach der anderen Anlage zum Schnurren bringen. Am Ende hatte ich zehn Maschinchen laufen und ging zufrieden ins Wochenende.
Vom Lesen: Erzählungen von Judith Hermann unter dem Titel "Sommerhaus, später", 1998 erschienen, haben mir nicht so sonderlich gefallen. Zu offen, manchmal an der Grenze zur Beliebigkeit, in den Alltag reinbeobachtet, kaum Lösungsangebote. Vielleicht nicht so meins, weil mir die beobachteten Dinge bekannt sind, mir praktisch nichts Neues boten.
Weiter mit Pavel Kohout, "Ende der Großen Ferien", entstanden von 1984 bis 1990, er beschreibt, wie ein paar Leute, unabhängig voneinander ihre Heimat verlassen, die Tschechoslowakei, und in einer Pension in Österreich auf ihren Asylbescheid warten. Die Lebenswege bis dahin werden aufgeblättert und auch das Sicheinrichten in dieser Ungewissheit, mit allen Zweifeln und Ängsten, das ist hochinteressant, wunderbar lebendig beschrieben, mir fehlt das letzte Viertel, es ist ein dickes Buch mit 800 Seiten. Der Prager Frühling, der Einmarsch der Russen, die Charta 77, Dubcek, alles wird kundig erzählt und erinnert, und man merkt dem Buch an, es ist nicht später, sondern in der Zeit des Geschehens entstanden, was zu großer Authentizität und Intensität führt. Richtig gute Literatur.

 

Samstag, 9. 9. 2023

Es fehlten noch paar Fotos, zuerst mal die oben erwähnten Bücher.

 

Auch im Freibad sind zwei Bilder entstanden, eine Tauwiese und auf dem anderen sieht man, wie schön unser Bad liegt, hinter den Strandkörben, noch hinter dem Mäuerchen fließt der Neckar. Wir hatten Glück mit unserer Aktion, Donnerstag nachmittags musste geschlossen werden, weil kein Schwimmmeister verfügbar war, einer hätte sich krank gemeldet. Um drei wurden die Badegäste aufgefordert zu gehen.

 

Noch ein Bild meiner Kellerschönheit, man könnte sagen, da hat es doch schon eins, aber dies gefällt mir auch.

Und da ich sowieso ein Blümlesbildner bin, hier noch das Echte Leinkraut, eigentlich wildwachsend, die Stadtgärtner nutzen es neuerdings für alle möglichen Pflanzungen, es blüht später als viele andere Blumen, auch noch langandauernd, besser geht es nicht. Dieses fand ich vor unseren Mülltonnen.

Samstag, 16. 9. 2023

Die Frühschhichtwoche ist rum, das ging schnell diesmal, da die Firma zwei Schließtage einlegt. So kamen drei Tage raus, an denen das Schlafdefizit so markant wird, dass sich ins alltägliche Tun ständig dumme, manchmal ärgerliche Fehler einschleichen. Die machen es nicht leichter, dazu gesellt sich dann so eine ständige vorsichtige Wachsamkeit, um die Orientierung nicht komplett zu verlieren. Hinterher immer die Frage, hab ich oder hab ich nicht, z. B. die Tür abgeschlossen, den Auftrag abgemeldet, ist das T-Shirt richtig rum an, und ist überhaupt eine Hose dran, wenn ich das Haus verlasse. Ich stelle mir vor, auf meinem Zettel steht was, ein Termin, ich muss los und nachdem ich über die erste Kreuzung gelaufen bin, merke ich, der Kaiser ist nackig, bis dahin war alles ok, jetzt isses mir wirklich peinlich. Das ständig mitlaufende Überwachungsprogramm ist auch anstrengend, es muss aber eingeübt werden angesichts eventuell später drohender Demenzerscheinungen, welcher Art auch immer. Jedenfalls hab ich mich in den Donnerstag gerettet, hatte mir während der drei Tage zuvor allerhand Termine eingerührt, die abzuarbeiten waren. Zum Zahnarzt musste ich nur hingehen und dann das Maul aufreißen, heim bin ich mit wesentlich schönerem Gebiss nach der professionellen Reinigung. Wenn mir die Zahnarzthelferin an den Zähnen rumschurwerkt, denke ich, da steht nix mehr am Platz, bisher hatte hinterher immer alles seine blitzblanke Ordnung. Eine Versicherung musste ich besuchen, da läuft ein ca 30-jähriger Sparplan demnächst aus, aus kleinem Beitrag ist über die Zeit erklecklich was geworden, zumal die garantierten Zinsen über die gesamte Laufzeit hielten und zum Zeitpunkt des Abschlusses erheblich waren. Da hab ich praktisch gegen die Versicherung gewonnen. Zum Steuerberater musste ich, das war eigentlich schon mal abgearbeitet, aber der Mitarbeiter hat gekündigt und Notizen hinterlassen, die die jetzige Bearbeiterin nicht versteht, da muss ich alles nochmal liefern. Mist. Und ins Bürgerbüro musste ich, brauche einen neuen Personalausweis. Als ich grad am Abwickeln war, ging der Probealarm los, ohne dass jemand damit klar kam. Er störte, die Leute da haben entnerft ihr Handy rausgewühlt und ok gedrückt, dann war es weg. Ganz weg. Man konnte nicht mehr nachschauen, was da eigentlich war. Über Google war schnell klar, worum es ging, aber so richtig gut ist das nicht eingerichtet.
Noch was von der Arbeit, letztens kam die Nachricht durch, wieder einer sei gestorben, kurz vorm Erreichen des Rentenalters. Der Zweite innerhalb von wenigen Wochen. Genau in dem Alter bin ich auch. Das ist beunruhigend. Das Bewusstsein dafür, morgen könnte es fertig sein, wächst. Ich bedaure das sehr. Oder es macht traurig, ich muss aufpassen, nicht resignativ zu werden bei dieserart Gedanken. Ich merke schon, ich hab mich innerlich eingerichtet auf noch ungefähr zwanzig Jahre, aber dafür gibt es gar keine Garantie. Da ist es wohl ein Glück, dass, wenn es denn soweit ist, man selbst nichts mehr davon wissen kann. Da geht das Licht aus, und niemand ist zuständig für eine Beschwerde.
Vom Lesen: Kohouts Buch ist großartig bis zum Schluss, die verschiedenen Wege ins vermeintliche Paradies auf Erden enden als Stückwerk und fern vom Ziel, ganz anders, als erträumt und erhofft. Die Freiheit, nicht nur begrenzt von finanziellen Möglichkeiten, ist schwieriger auszuhalten und verströmt nicht das Zuhauseankommen, das verlassene Land mit seiner pseudosozialistischen Kleinkariertheit war zumindest stallwarm.
Das nächste Buch ist von Uwe Timm, "Am Beispiel meines Bruders" ist 2003 erschienen. Der Autor umkreist mit großer Ehrlichkeit, fast rücksichtslos gegenüber seiner Familie, die sind da aber alle gestorben, die Geschichte seines 16 Jahre älteren Bruders, der 1943 mit 19 in der Ukraine verwundet wurde, daran starb. Er war bei der SS-Totenkopf-Division, es gibt nur wenige Briefe, Dokumente und auch die Eltern sprechen nicht darüber. So konnte Timm erst spät, als alle tot waren, in diese Aufarbeitung und Ergründung gehen, und er schafft es per Sprache, die Nachkriegswortlosigkeit darzustellen. In manchen Passagen erkannte ich Szenen wieder, die mir als Kind begegneten oder in dem Erzählen meines Onkels erinnerlich sind. Bei Timm wird es, obwohl es so persönlich zugeht, exemplarisch. Mir fehlen noch 30 Seiten, aber ich würde es empfehlen, die Sprache ist sensationell präzise.
Vom Sport, heut war der erste Tag ohne, keine Zeit, sonst war ich, zweimal im Towerkurs, dann frei und zusammen mit einem Jungspund, da hol ich mir eine Dosis vom Optimismus, lass mich auch mal triezen, dann muss ich mehr Gewicht nehmen und dann drüber lachen, wenn es geht oder eben nicht.
Heute könnte ich noch über eine Ausstellung schimpfen, in Esslingen in der Villa Merkel gab es "Surface Treatments - 150 Jahre Zeit". In der Fabrikantenvilla wurden durch grobe Rückbauten Vergangenheit sichtbar gemacht und nicht erläutert. Die gesprochenen Texte waren nicht informativ, außer es wurden Originaldokumente verlesen, da ging es knapp zu, die von den drei Künstlerinnen verzapften Texte bewegten sich an der Einfältigkeitsgrenze. Im Ergebnis ist die Villa ruiniert, ohne das ein Gegenwert entstand, zumal dem Rezipienten rotznasig begegnet wird, wenn man kleinbuchstabige Texte auf Kniehöhe darbietet, kann man es auch lassen. Ob eine Hauskuratorin, die so mit ihren Räumen umgehen lässt, die solch dürftige Ausstellungen anregt, am richtigen Platz ist, das entsteht mir als Frage, als Ergebnis dieser Ausstellung. Immerhin war ich mit Judith zum Schauen verabredet, und wir haben hinterher erst beim Bäcker geschwätzt und dann noch den Restsommer im Park genossen.
Ich war zeitlich limitiert, wollte abends in Rottenburg zum Volleyball schauen. Hab ich geschafft. Das Spiel, 3 zu 1 gewonnen, es läuft noch nicht ganz rund, ein paar Neuzugänge sind da, die Zuspielerposition ist noch nicht gut besetzt. Am lustigsten fand ich den neuen Hallensprecher, ein blutjunges Bürschle, der hatte den Rhythmus der Anfeuerungsrituale nicht drauf, hat es schon so bissle gemerkt, aber es nicht korrigiert bekommen und es schien ihn nicht zu stören. Zwischenrein waren allerhand regelrecht falsche Ansagen, falsche Namen, falsche Punkteinspieler, dazu bei verlorenen Punkten die Ansage "Scheißdrauf", durch die Halle getöst, und eben immer die Anzähler im falschen Tempo, was eher die Trommler durcheinander brachte. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Ich stellte mir vor, ich müsste da vorn ansagen, wäre nervös und würde dann in herzhaftem Sächsisch einzählen. Da könnte ich Rottenburg wohl komplett aus dem Duktus bringen.

Montag, 18. 9. 2023

Der freie Montag, bevor die Nachtschicht losgeht, diese Woche nur vier Tage, Freitag ist Schließtag. Ich setze also meine Gleitzeit, oder meinen Urlaub nach dem Gusto meines Arbeitgebers, der sein Risiko, den Auftragsschwund, an mich und Kollegen weitergibt, hätte er das mal mit dem allfälligen Gewinn auch so gemacht.
Es gibt einige Bilder, die mein Erleben der letzten Tage schildern helfen. Das Buch, welches oben vorkommt:

 

Die Herbstzeitlose ist da, ein deutliches Zeichen für das Ende des Sommers, auch wenn es noch ziemlich warm ist.

Gleich daneben gefunden.

 

In Esslingen im Merkelpark, gefunden, der Baum, eine mächtige, uralte Buche, war umzäunt, denn dieser Pilz, der Flache Lackporling, lebt als Parasit und macht eine Holzfäule, die, wenn sie weit genug vordringt, den Wirt, den Baum also, zusammenbrechen lässt. Ich hab mich mutig, weil vor Ort noch unwissend, bis an den Stamm gewagt und dachte, wer hat den Pilz angemalt. Es ist aber das Sporenpulver, das sogar die Umgebung einfärbt. Ich hab mit dem Finger dran gerieben, hoffe, mir bleibt die Fäulnis vorerst erspart.
Am Sonntag war ich im Diözesan-Museum, wollte die Sonderausstellung sehen, Susanne Roewer zeigt unter dem Titel "greifbar zart" verschiedene aufwendige Materialmontagen aus Glas, Bronze, Gold und Leder. Es hat ganz schön geblinkert.

 

 

Heißt "Großer Wunsch", gibt es auch in blauem Glas.

Ist nicht etwa eine Dornenkrone, sondern liegt mit dem Titel "Bedeutungsvoll" herum, von der Materialausstrahlung vielleicht nicht ganz dem Thema gerecht geworden, dafür dekorativ.

Am lustigsten fand ich den Titel dieser Arbeit, "Frühe Stunde-wenn man sehen kann, was kommt". Wieso fällt mir da zuerst die Morgenlatte ein, hat sie es so gemeint? Zumal der Titel der daneben liegenden, ähnlichen Arbeit lautet, "Frühe Stunde- wenn man sehen kann, was ausbleibt". Da war die Tülle klein und zeigte nach unten.
Das Museum ist, wenn man schon da ist, sehenswert, hier mal zwei Bilder aus unserer kulturellen Vergangenheit.

Was für ein Pomp für ein Mehlkeksle.

Drei Heiligenfiguren, Martin, Barbara und Theodul, in der Werkstatt von Niklaus Weckmann in Ulm um 1500 entstanden.
Auf dem Rückweg ging es am Kapuziner vorbei, auch dort war eine kleine Ausstellung geöffnet, da haben mir einige Bilder gut gefallen. Mein Favorit war ein recht markantes Bild, auf schwarzem Grund war ein gerissenes Pappfragment eingearbeitet, wirkte wie ein alter Stamm, der Titel "Die Freuden des Alters" gefiel mir.

Nach dem vielen Umherschauen wollte ich draußen  noch was erleben, ein Kollege hatte mir von einem neuen Cali-Park in Weilheim erzählt, den wollte ich kennenlernen. Auf dem Weg dahin hielt mein Fahrrad an am Cafe in Kiebingen, das hat nur sonntags geöffnet und verursachte eine Pause dieser Art.

Gut motiviert machte ich mich an den Rest der Strecke und fand einen gut ausgestatteten Platz, man kann allerhand machen an Training mit dem Körpergewicht, auch Geräte zum Pumpen sind da. Einziger Nachteil vielleicht, der Platz liegt frei in der Sonne, es gibt keinen Schattenfleck.

 

Vom Lesen, ein neues Buch fängt vielversprechend an, von dem Autor kenne ich "Die Stadt der Blinden" und war gespannt. Nach 70 Seiten fühlt es sich an wie großer Lesespaß.

Eine Selbstbeobachtung hatte mich noch belustigt, beim Blumengießen nässte ich eine Pflanze nach der anderen, stieg auf den Wannenrand, drei zu erreichen, weiter in der Küche, erst die auf der Fensterbank, dann stieg ich auf den Küchentisch, nahm die Kanne hoch und wollte losgießen. Da war nix mehr, letzte Woche hatte ich die Pflanze umgehängt. Wie ein Depp stand ich mit meiner Gießkanne da oben.

 

Freitag, 22. 9. 2023

Morgens kam ich heim, vier Nachtschichten geschafft und überhaupt fertig für dieses Jahr in Münsingen. Nach zwei Wochen Urlaub fang ich als Aushilfe an im Stammwerk in Tübingen. Die Fahrzeit auf die Alb rauf ist weg, der künftige Arbeitsweg mit dem Auto 10 Minuten, Fahrrad wäre möglich, dauert eine halbe Stunde. Ich bin noch sehr skeptisch, ob das gut wird und vielleicht für meine Restarbeitszeit so bleiben kann, da ich noch gar keine Vorstellung habe von meinen konkreten Aufgaben. In Münsingen hab ich jede Zeremonie, von wegen ganz weg, vermieden, vielleicht bin ich in einem Vierteljahr wieder oben. Mal sehen.
Am Donnerstag war ich mit dem Rad in Tübingen, wollte eine Ausstellung sehen. Armin Bremicker, mein Zeichenlehrer an der Kunstschule, zeigte neben den erwarteten Malereien und Schriftenbildern, die ich als harmlos erlebe, weil so inhaltsfrei, einige Zeichnungen, die fand ich gelungen. Es ging abstrakt frivol zu, auch fantastisch anatomisch, alles akkurat hingestrichelt, manche wirklich lustig. Die Radtour war sehr schön, da das mein Sport war, hatte ich Zeit dafür, konnte beim Bäcker anhalten und rückzu in den Baggersee hüpfen, mal eine schöne Abwechslung.

 

Freitag, 29. 9. 2023

Am Samstag, dem Beginn dieser neuerlichen Lücke, fuhr ich wiedermal ans Salzburger Land ran, beschwerlich, gebremst vom Stau, schon bevor ich die Autobahn erreichte, wurde ich über die Landstraßen geschickt, kam erst bei Ulm wieder auf die Strecke. Irgendwann, gleichmütig Gas gebend kam ich an und wurde sehr überschwenglich von den Kindern begrüßt, der Kleinste wollte gleichmal hoch auf den Arm, erschrak sich ein wenig über seinen Mumm, da standen die Großen schon an, wollten auch, er merkte, er war der Erste und genoss es. Gleich waren wir im Spielmodus und wollten gar nicht aufhören. So liefen die Tage schnell rum, vormittags versuchten wir, im Haus was zu machen, die Mittagspause war ich meist auf Stadtgang, wollte die Bäcker ausprobieren, nachmittags, nachdem die Kids etwas knülle aus dem Kindi zurückwaren, gab es Spielzeit. Das ist nicht immer ganz entspannt, manchmal will ein Kind, was das andere hat, manchmal muss etwas so gehen und nicht anders und die Haltung der Eltern, nicht nur dieser Eltern, so mein Eindruck, man macht das heute so, will immer dem Kind gerecht werden. Frust wird aufwendig überspielt, eigentlich jeder Frust, ich denke, wie sollen sie es lernen, damit umzugehen, bin da etwas ratlos, weil ich da nicht richtig mit tun kann. Meist bis immer springen die Eltern ein, wenn ich so eine Stelle nicht umschifft bekomme, aber ein bisschen erlebe ich es wie ein Handicap. Trotzdem, es ist zauberhaft, so nahe dran sein zu dürfen, die vielen schönen Situationen wiegen das alles auf. An einem der Nachmittage haben die Großen uns ihren Waldkindergarten vorgezeigt, nach der Öffnungszeit darf man sich das anschauen. Die Abendrituale sind mittlerweile ganz unaufwendig, der Papa liest den Großen vor, die Mama ist beim Kleinen, dann schlafen sie. Ich bin dann ins Gym, ins örtliche CleverFit, hab es mir noch zwei Stunden gegeben, danach war es eigentlich schon knapp, Duschen, Essen, beim Lesen merkte ich die Müdigkeit.
Das Buch von der Meeresfahrt Spaniens, Portugals, war ein riesiger Lesespaß, aus dem einen Gedanken, die Länder ins Meer zu schicken, ergab sich alles andere an Verwicklungen und Kompliziertheiten, wobei das Hauptaugenmerk auf einer verschwurbelten Sprache liegt, die beim Erzählen unbedingt vom Hundertsten im Tausendsten landen will und das auch kann. Was da alles mit erwähnt und bedacht wird, ist das pralle Leben, es geht um den Umgang miteinander, um die Liebe, um die Angst vor dem Ungewohnten, die Politik kommt vor und Regionales wird genussvoll aufgedröselt. Wer gern liest und Sprache mag, findet hier sein Paradies.
Gestern kam ich wieder heim, fand alles in bester Ordnung vor, war nach dem Auspacken gleich einkaufen, bin noch zum Sport gewesen. Unser Studio hat die Sauna dran, so war es noch vollständiger als der Auswärtssport. Heut hab ich vormittags einen Termin gehabt, der muss abgearbeitet werden, bin rückzu durch die Stadt heimgetrödelt, über den Fischmarkt auf dem Bolzplatz, da war es schon ziemlich voll. Keine Ahnung, warum ein paar Fressbuden und paar aufgestellte Bänke anscheinend immer funktionieren. Den Rest des Tages hab ich mal schlapp gemacht, soll heißen, hab gelesen, gegessen, geschlafen, war einen Kaffee trinken. Da sah ich haufenweis Leute zum Bahnhof kommen, die Frauen gedirndelt, die Männer in Lederhosen, es ging wohl zum Wasen. Nicht meine Welt. Abends hab ich mich auf´s Rad geschwungen, bin zum Sudhaus zu einer Ausstellungseröffnung gefahren. Sophia Schama zeigt ihre Malerei, sie kann ihre Sach. Neun oder zehn Bilder, herausragend gute Qualität. Freie Malerei, kluge Setzungen, große Materialvertrautheit, Ergebnis langer Auseinandersetzung, besser geht es nicht. Sie war da, wurde befragt und erzählte von einem Stück des Weges, von Grashalmbildern, von denen sie so dreihundert gemacht hatte, dann konnte sie damit aufhören, es gab keine Fragen mehr. Und es hat sich geändert, aber von dieser Grundlage aus wurde die Spielwiese weit. Ihre Reduzierungen waren so gekonnt, sie zeigte drei Arten davon. Die Bilder reiche ich nach. Ich musste heimradeln, hatte im Kopf, wenn ich vor neun daheim bin, kann ich noch ins Studio, heute eigentlich nur wegen der Sauna. Unterwegs gab es eine Situation, da mussten Bilder gemacht werden, zeig ich auch noch vor. Für das Studio hat es gereicht, für diesen Text auch.

 

Samstag, 30. 9. 2023

Die nachzureichenden Bilder: Noch aus Bad Reichenhall dieser schön blühende Efeu.

An sowas latschen wir gewöhnlich vorbei, ohne hinzuschauen. Hinsehen wollte ich auch bei den nächsten zwei Bildern, im CleverFit gab es einen Dachausblick, man konnte hinaustreten, da ging ein Strahler an und zeigte dies.

 

Ich ging also in die Knie und fand, es lohnte sich.
Jetzt die Bilder aus der Ausstellung, ich hatte von drei Arten der Reduktion und klugen Setzung geschrieben, je ein Beispiel.

 

 

Mir gefällt die dritte Arbeit am besten, aber gut gelöst sind alle.
Auf der Heimfahrt zwang mein Handy mein Fahrrad anzuhalten, ich hab ihm den Willen zum Bildermachen lassen müssen, hier eins nach vorn in Richtung Rottenburg, das andere der Blick zurück.

 

Daheim stellte ich mein Rad ab, pulte meinen Rucksack aus der Klemme, die Lampe leuchtete noch und schälte das Leinkraut aus der dunklen Nacht. Zwei Arten, zum Bild zu kommen.

 

Somit wäre abgearbeitet und wir landen im Heute. Ich habe ausgeschlafen, mir keinen Wecker gestellt, so fürchterlich lange war es gar nicht, aber herrlich, aufzuwachen und sich in aller Gelassenheit zu fragen, ist man bereit, munter zu sein. Lesefrühstück mit neuem Stoff, von Regina Scheer kommt weiter oben "Machandel" vor, ihr neues Buch von 2019 fängt so gut an, dass ich mich auf´s weiterlesen freue. Deutsche Geschichte an einem hundertvierzigjährigen Haus und seinen Bewohnern entlang erzählt.

Auf meinem Plan stand Putztag, zumindest hab ich mal angefangen, das Bett ist bezogen, die Bude aufgeräumt und durchgesaugt, morgen kommt Sanitärputz und Blumenpflege und eine Komplettrasur dran, dann ist es fertig. Hätte ich auch gleich machen können, aber ich wollte zum Sport. Wir haben eigentlich zu zweit trainiert, der Junge, der mich gern striezt und ich, sonst war da niemand. Ich hab Beine trainiert, es ging gut. Kreuzheben war dabei, die 80 kg hab ich gut gemeistert, vier Sätze je 10 Wiederholungen, die Griffkraft ist limitierend, hintenraus wollen die Hände aufgehen. Sauna gab es hinterher und Zeit für einen Kaffee, bevor es zum Volleyballschauen ging. Mit 3 : 0 klar gewonnen, der erste Satz war spannend, weil umkämpft, ab da ging es ganz leicht, unsern Jungs gelang einfach alles. Der Block stand sicher und die Angriffe gingen prompt durch. dadurch war es gar nicht spät, als ich hier dranging. Liest eigentlich noch irgendwer mit? Egal, mir jedenfalls.

 

Donnerstag, 5. 10. 2023

Die Woche vergeht als Urlaub, lieber wäre mir, die Zeit würde viel mehr trödeln. Ich stelle mir vor, ich könnte die fließende Zeit wie eine Sanduhr in die Waagerechte und damit zum Anhalten bringen, ich bin da nicht der Erste mit diesem schönen Traum. Ich konnte alle Tage zum Sport gehen und dabei trödeln und alles, was mir einfiel, abarbeiten. Sogar ein bisschen Dehnen kam wieder mal vor, es stellt sich heraus, die Schlampigkeiten der letzten Wochen bleiben nicht ungestraft. Und da ich weiß, wo ich schon hinkam bei regelmäßigem Vollzug, fühlt sich das Anfängergebiege und -gerecke grauslich an.
Für das Lesen waren gute Lücken da, so bin ich mit großem Vergnügen im o. g. Buch weitergekommen. Erzählte Geschichte, sehr konkret und vielfältig, manchmal sind es mir etwas zu viele Figuren, die mit ihren Lebensläufen vorkommen, die jeweilige Einzelheit ist immer interessant, nur der Zusammenhang ist mir ab und zu etwas nebelhaft. Und der Versuch, das Geheimnis der Gertrud, einer Hauptfigur anzukündigen und dann doch nicht zu verraten, vielleicht später, ist mir ein unnötiger Kniff, wie ein Versuch von Dramatisierung. Trotzdem, Scheers Sprache ist gut lesbar und sie hat was zu bieten. Mir fehlen noch ca 120 Seiten, schaff ich die Woche.
Mit Judith hatte ich mich verabredet, wir wollten uns die Ausstellung im Kunstkubus ansehen, Arbeiten von Wolfgang Laib wurden gezeigt. Er arbeitet mit Blütenstäuben und Bienenwachsen und Reis und Marmor und zeigt sehr essentielle und konzentrierte Ergebnisse. Sehr beeindruckend ist das große gelbe Quadrat aus Kiefernpollen, wohingegen mich die flächenmäßig größte Arbeit, eine ganze Etage voller kleiner Reishäufungen seltsam unberührt gelassen hat. Seine Zeichnungen, sehr einfache und reduzierte Blätter, sind bezwingend schön in ihrer Binnenlogik und erklären oder dialogisieren die Findungen seiner plastischen Arbeiten, außerdem gibt es noch Fotografien zu sehen, während seiner Reisen gemacht, man erkennt Artefakte uns unbekannter Religionsausübungen, man erkennt Formen, die er sich nutzbar machte. In einem schön gemachten und langen Film erklärt er freundlich seine Ideen von Spiritualität, größeren Ideen, die alles zusammenhalten, da konnte ich ihm nicht immer folgen. Das macht aber nichts, das große Viereck aus Blütenstaub ist so überwältigend in einem guten Sinn, wir sind zufrieden raus aus dem Museum.
Heut hab ich einen langen zögerlichen Prozess zu einem Anfang bringen können, davon will ich berichten. Wochenlang lag der Hinweis auf meinem Stapel von zu erledigenden Dingen, ich hatte bemerkt, das selbst meine überbordende Toleranzbereitschaft nicht mehr ausreichte, achselzuckend durch meine Fenster immer weniger sehen zu können. Es wurde dringender. Und der Sommer ist langsam am Schwinden, wenn es zu kalt ist, die Fenster lange zu öffnen, taugt das wieder als Ausrede. Es gab mehrere Tage, an denen ganz klar war, heut geht es los. Die vergingen. Beinahe wäre es wieder so gekommen, dann merkte ich, ich bin so nicht zufrieden mit mir, beginne mich als Pfeife zu empfinden, und es gab keinen Grund nicht anzufangen, die Zeit war wie gemacht dafür, so nahm ich mir den Eimer und den Lappen und den Glasreiniger, mit dem geht es wirklich wie von allein, und habe die ersten beiden Fenster geputzt. Im Bad, durch das Sichtschutzglas, ich soll beim Duschen eher nicht zu sehen sein von draußen, war der Effekt deutlich, es blinkert wieder wie eine gläserne Oberfläche. In der Küche, wo es auch um den Durchblick nach draußen geht, konnte ich plötzlich wieder das Wetter einschätzen, ich sah Menschen, Autos sich vorbei bewegen, als wäre nichts mehr dazwischen. Spektakuläre Veränderung. Zumal es gar nicht so lang dauerte. Morgen, so sage ich hier und heut, mach ich die nächsten.
Dieses widerborstige, schwergängige Beginnen kenne ich schon längere Zeit, mache lieber Dinge, die ich machen will, schiebe Sachen, die nicht am Termin fertig sein müssen, lese lieber oder gehe wandern, zum Sport, oder sitze da und denke nach, so in Kreisen über Gelesenes, Erlebtes. Dieses Kreisen ergibt immer größere Radien, da so viel und immer mehr Erlebtes zur Verfügung steht, es ist ist mir ein angenehmer Zustand, obwohl ich das Gefühl habe, es ist komplett nutzlos. Ist es schon eine Art Retardierung im Alter?
Die Nachlasskiste, mit Sachen meiner vor 6 Jahren gestorbenen Mutter, sie war nach der Wohnungsauflösungen nach dem Tod ihres zweiten Mannes beim Aufräumen zu Stande gekommen, hab ich durchgesehen und überraschende Dinge gefunden. Irgendwie sehr anrührend waren die Schul- und Studienzeugnisse meiner Mutter, es stellte sich heraus, solch Überflieger wie ich dachte, und wie ich auch einer werden sollte, so meine Erinnerung, war sie nicht. Sie schwächelte in den technischen Fächern, da standen Vierer als Noten. Ich weiß noch, wie schrecklich es zu Hause zuging, als ich meinen ersten Vierer brachte, der stand nur unter einer Vokabelabfrage, es war ein Mordgeschrei. Im Zeugnis hatte ich niemals einen Vierer, sollte schon Zweier rechtfertigen. Es endete in Revolte. Über dem Lesen und auch Entziffern alter Familiendokumente vergingen mir allerhand Zeiten, ich bin noch nicht durch. Viele Fotos tauchten auf, meine Großmutter mit meinen Kindern im Garten, die Mutter und die Kinder im Urlaub bergwandernd, ein Familenstammbuch meiner Urgroßeltern ist dabei, vor mehr als hundert Jahren angelegt. Ich werde alles sichten und eigentlich gar nichts weiter machen, als es ordentlich zusammenzuräumen und bereitzustellen für die nächste Weitergabe.

 

Sonntag, 8. 10. 2023

Ein paar Bilder aus der Laib-Ausstellung sind nachzureichen.

 

Das Quadrat aus Pollenstaub

 

Reistrichter, den Titel der Arbeit hab ich vergessen.

 

Stadt des Schweigens

 

Ein Gang ausgekleidet mit Bienenwachstafeln, der Duft ist noch da. Die Arbeit gehört zur ständigen Ausstellung des Hauses.

Ein Fundstück in Rottenburgs Stadtbepflanzung, erst dachte ich, ein Krokus hat sich verlaufen, aber nein, es könnte ein Herbst-Goldbecher sein, verwandt zum Krokus, aber eben herbstblühend.

 

Der neue Lesestoff, die ersten vier Erzählungen, aus den 1960er Jahren, hab ich gelesen und mich gut unterhalten. Nonita, eine davon, handelt von der Liebe eines jungen Burschen zu mindestens achtzigjährigen Greisinnen, das ist herrlich schräg. Manches dürfte oder würde man heute nicht so schreiben, aber das macht gar nichts, ich bekomme es eingeordnet, ohne mich von dem Frauenbild gefährdet zu fühlen.

Der Tag heut verging mir als Zuschauer, ich war zu einem Pokaltournier der Volleyballer. Vier Mannschaften, die Rottenburger gewannen es souverän. Auffällig war die offensichtlichen Leistungssteigerungen aller Spieler, die Blockarbeit war super, völlig aussichtslos für beide Gegner, da durchzukommen. Die Angriffe, früher oft wuchtig und kopflos, kommen in verschiedenen Varianten und werden ins Freie geschlagen, da wo Platz im Feld ist. Fast immer ein Punkt. Die Annahme klappt, einzig einzelne Angaben sind ein wenig harmlos und berechenbar. Mir gefällt die Entwicklung von Niklas Lichtenauer sehr, als ob zu den gewachsenen Fähigkeiten am Ball jede Menge Spielwitz dazugekommen ist. Das färbt in die ganze Mannschaft rein. Da muss man die Trainerarbeit mit ansprechen, die sehe ich zwar nicht, aber die Ergebnisse bei allen Spielern sind Klasse. Heut waren sie fast alle auf dem Feld, so konnten sich die Neuzugänge mal daheim vorstellen und hatten einen gelungenen Start.
Am Ende des Spiels bin ich sofort ins Gym geflitzt, hab einen Klimmzugtag eingelegt, viel Zeit war nicht mehr. Das meiste hab ich draußen am Tower erledigt, bei diesem schönen Wetter das reinste Vergnügen.
Und ab hier, alles vom Plan ist abgehakt, macht sich Unruhe breit, morgen ist der erste Tag in Tübingen, ich starte als Aushilfe mit unklaren Aufgaben. Das wird sich sicher schnell klären, und es ist nicht so, wie in einer neuen Firma anzufangen, trotzdem werde ich kaum jemanden kennen, weiß nocht nicht mal, wo ich hin muss in diesem großen Gelände, ich war bestimmt seit fünf Jahren nicht mehr da. Ich bekenne also meine Nervosität und die Hoffnung, es wird schon klappen.

Montag, 9. 10. 2023

Der Tag ist am Abend angelangt und war sehr in Ordnung. Der Start auf Arbeit war angenehm, ich bin auf viele nette und kompetente Menschen gestoßen und die erste Aufgabe ist mal klar. Es gilt, die Messmittel zu erfassen, durchzusortieren, dafür gibt es willige Kollegen, die mir ihr Fachwissen und Ortswissen teilen wollen. Es soll nach dem Umzug in die nun leere Halle eine sinnvolle Ordnung herauskommen, nicht das sie nicht da wäre, aber nach den massiven Änderungen in den Abläufen muss angepasst werden, so hab ich das verstanden. Ich bin echt erleichtert. Außerdem traf ich auf einige Kollegen, mit denen ich schon in meiner Anfangszeit zu tun hatte, da wird noch manches erzählt werden müssen. Ich fing morgens um acht an, hab also zu Hause gefrühstückt, steckte im Berufsverkehr, das bin ich kaum gewöhnt, wurde an der Pforte erstversorgt mit Zugangsrechten und Parkschein, bekam eine Führung und wurde vorgestellt, das lief wirklich richtig glatt. Mittagspause in einer gediegenen Kantine, nachmittags ein bisschen Mitarbeit im Versand, dann wieder Vorstellung gegenüber den Spätschichtkollegen, viel sprechen und um vier war Feierabend. Von Tür zu Tür 19 Minuten, was verwöhnt mich das Leben. Zu Hause mal durchatmen, alles sacken lassen, nicht sonderlich müde, das sind halt so normale Zeiten. Abends zum Sport, ganz ohne Hatz, ein schönes Brusttraining, sogar je eine Wiederholung mehr pro Satz beim Bankdrücken, schönen Pump gespürt.
Kann das so weiter gehen? Bin bang am Hoffen.
Außen die Welt grad auf dem Weg ins Chaos, Ukraine, jetzt Israel, die Wahlen in Hessen und Bayern, was soll das werden? Der Ami streitet zu Hause ums Rechthaben und dreht derweil der Ukraine den Nachschub runter. Um Israel ist gar keine Lösung zu sehen, das ist so sinnlos und destruktiv. Und die Protestwähler in Deutschland, meinen sie, sie bekommen, was sie sich wünschen. Die Zeit der einfachen Antworten und klaren Ansagen ist doch vorbei, da kann man politisch wollen, was man will, man muss sich austauschen und miteinander suchen, das mit dem Rechthaben, auch mit dem Besserwissen funktioniert gar nicht mehr.

Freitag, 13. 10. 2023

Zum Glück hab ich gar nicht gemerkt, was für ein Datum wir heut haben. Sonst wäre ich gar gegen einen Baum gefahren, gegen eine Tür gelaufen, hätte den Laptop runter geschmissen. So konnten all die abergläubigen Anteile in mir im Ruhezustand bleiben und kein Malheur anrichten. Die erste Woche arbeiten in Tübingen ist rum, ich bin zum entspannten Fan der Normalschicht geworden. Stehe morgens auf gegen sechs, fühle mich ausgeruht und habe Lust auf die Arbeit. Mit dem ersten Schritt, der Inventur der Messmittel, bin ich fast durch, auf meiner Erfassungsliste ist das meiste abgehakt, wenige Lücken sind da, die zu klären ist aufwendig. Nächste Woche hab ich mir vorgenommen, mit kundiger Hife meiner Kollegen überflüssiges auszusortieren, danach soll ich die zur Überprüfung fälligen Artefakte einsammeln und schauen, dass Ersatz dafür da ist, damit weiter gearbeitet werden kann. In dieser Woche hab ich vier Stunden Gleitzeit aufgebaut, obwohl ich Pausen zum Frühstück und Mittagessen abstemple, zwischen drei und vier verlasse ich wohlgemut das Gelände, wurschtel mich durch den Berufsverkehr, es geht alles. Nachdem ich zu Hause ein wenig faul rumhänge, ist genug Luft für mein Programm, diese Woche hatte ich allerhand in der Stadt zu erledigen, dabei sprang ein Bäckerbesuch mit raus, abends war ich alle Tage im Gym, und es hat sich gut trainiert.
Die neuen Abläufe, es ist erst mal alles anders als bisher, strengen mich noch  an, ich muss mich sehr konzentrieren, hab da keinen festen Platz, muss mein Zeugs, das private im Rucksack und das dienstliche, immer dabei haben, arbeite und muss zum Stempeln woanders hin, muss mit neuen Kollegen klarkommen und neue Aufgaben erfüllen. Trotzdem fühl ich mich erstaunlich wohl da, wenn das so bliebe, wäre es wie ein Hauptgewinn.
Der Konflikt in Israel-Gaza erschüttert mich, dass man so hassen kann, war mir nicht bewusst, oder ich wollte es nicht glauben. Nun sind die Nachrichten dermaßen eindeutig und eben schrecklich, dass klar wird, es gibt da kaum Lösungsmöglichkeiten. Auch die Erklärung und Entschuldigung mit bisher von Israel begangenem Unrecht taugt nicht mehr angesichts der Bilder, wo Zivilisten von Hamassoldaten, soll man sie so nennen?, gemeuchelt worden sind, ohne das irgendein militärischer Zweck bestand. Jetzt will ich zumindest für mich und in mir drinnen darauf achten, nicht alle Muslime dahinein verstrickt zu sehen. Da möchte ich meine Welt, die Idee von dem guten Gegenüber, zumindest in mir bewahren.

Sonntag, 15. 10. 2023

In den sieben Tagen dieser Woche war ich tatsächlich siebenmal im Studio und hab auch trainiert. Als mir das heute bewusst wurde, erinnerte ich mich, es gab schon mal den Gedanken, heute nicht, auch passt der Trainingssplit zwei mal in die Woche, dabei hab ich schon geschummelt, sonst wäre dreimal Beintraining rausgekommen. Ein bisschen seltsam komme ich mir also vor. Angesichts dessen, dass es Menschen gibt, die siebenmal die Woche abends vorm Fernseher sitzen, find ich mein Programm dann wieder in Ordnung. An diesem Wochenende hab ich die Putzrunde eins weiter geschoben, eigentlich wäre sie dran gewesen, aber ich fand es noch nicht ausreichend schmutzig. Dadurch entstand der Freiraum zum Lesen und ich habe mir einen Kuchen gebacken. Letztes Wochenende hatte ich mir einen Marmorkuchen vom Bäcker geholt, aber der war dermaßen süß und fettig, dabei ansonsten merkmalslos, meiner ist um Welten besser, obwohl es nur mit Sultaninen aufgepeppter Dr. Oettker ist.
Beim Lesen, den Eco hab ich durch, er brachte wunderbare Perspektivwechsel in seinen kurzen Erzählstücken unter. Zum Beispiel werden die Einwohner von Milano von einem Forscherteam aus Australien genauso begutachtet, wie die Forscher aus Europa es mit den Ureinwohnern sonstwo auf der Welt taten, da wird es skurril und lustig. In einer anderen Erzählung schildert er die Liveübertragung der Ankunft des Kolumbus vor Amerika. Usw. Verspielte, sehr schön erzählte kleine Dichterspäße.
Das nächste Buch ist ein Roman von Michael Crichton mit dem Titel "NEXT". Kommt thrillermäßig in Gang, in flüssiger Sprache, der Plot ist nachvollziehbar, einem an Krebs erkranktem werden nach Therapie und Heilung weiter Gewebsproben entnommen für die Forschung, allerdings ohne Einverständnis des Betroffenen und auch ohne finanzielle Beteiligung, obwohl die unvorstellbar teuer bezahlt werden. Mal sehen, was draus wird, bin erst hundert Seiten drin, und es sind schon allerhand Parallelgeschichten, da endet manches schnell wieder, kommt mir etwas ausgerollt und aufgeblasen vor. Der Autor verkaufte jedenfalls bestens, deswegen wollte ich mal schauen.

 

Freitag, 20. 10. 2023

Die zweite Arbeitswoche in Tübingen ist rum, immernoch warte ich etwas bang, dass jemand kommt und sagt, jetzt geht´s richtig los. Ich kämpf mich wacker durch die vielen Messmittel, bekomme immer neue Ansprüche der Kollegen zu hören, wie es später zu handhaben sein soll. Dabei darf ich mich nur in ganz engen Regeln bewegen, da die vorgegebene Struktur, abhängig von der Einbindung in die EDV, sehr fest zu sein scheint. Anfallsweise denke ich, das bekomme ich niemals eingepflegt, aber immerhin ist mal alles erfasst und so umbenannt, das gleiche Dinge gleich heißen und man dadurch erstmal den Überblick bekommt, was ist denn alles da, mehrfach da oder nicht da. Im Moment sind es noch wie private Parallellisten, immerhin konnte ich die erste Charge, die zur Kallibrierung gehen soll, schnell raussuchen und dabei absichern, dass die Kollegen Ersatz dafür haben. In meiner Liste sieht man auch überfällige Prüftermine, falsche Benennungen, es tauchen Doppelbenennungen auf, die noch niemals bemerkt wurden usw. Im Bereich sind auch zahlreiche Messmittel zu finden, die zu anderen Listen gehören, aus anderen Bereichen sich gefunden haben. Das ist z. B. eine Folge des großen Umbruchs, der mit den Entlassungen von 100 Leuten und der Teilverlagerung von Teilen der Fertigung nach China und in die Türkei große Lücken in vorher funktionierende Abläufe riss.
Jedenfalls gewöhne ich mich schnell an diese Art zu arbeiten, an die Normalschicht und an Abläufe, bei denen man am sozialen Leben teilhaben kann.

 

Dienstag, 24. 10. 2023

Die dritte Woche im Stammwerk läuft und so nach und nach gibt es die ersten Verwunderungen, die in Münsingen so üblich sind, auch hier. Beispiel: Studenten aus Schweden sollen den Durchlauf durch die Fertigung absolvieren, zwei bei mir, der ich völlig des Englischen unkundig bin und gar keine Ahnung von den hiesigen Abläufen habe. Einer der Arbeiter an der Maschine wurde auch gesetzt, war aber die Tage, um die es ging, gar nicht da. Es hat sich dann ein junger Mann, frisch ausgelernt, erbarmt, der konnte wenigstens englisch sprechen, viel vorführen konnte er auch nicht. Mein Projekt ist plötzlich groß geworden, ich soll den kompletten Paternoster umziehen, da sind die Messmittel dabei, aber nur ein kleiner Teil. Ich soll also mit dem ganzen Rümpel in ein anderes Paternostermodell, alles muss auf ein anderes Palettenmaß angepasst werden, Gewicht spielt eine Rolle und ich muss mich kümmern um Sortier- und Lagersysteme, kosten soll es nichts bis nicht viel. Ich werde mich also um ein Wunder bemühen, kein Problem, da ich noch keinen Termin kenne und erst erforschen muss, was das Zeugs wiegt, ob der neue Lift das verträgt, was überhaupt gebraucht wird von den vielen Dingen, manche kann ich noch nicht mal benennen. Ich drück mir die Daumen.
Ansonsten gefällt mir mein Normalschichtleben gut. Durch die eingesparte viele Fahrzeit ist Entspannung da, der Zeitdruck ist weniger stark. Ich bekomm die Lücken sofort gefüllt, das Übliche muss nicht so schnell gehen, und ich schaff manches, was sonst immer für das Wochenende liegenblieb, zum Feierabend und kann trotzdem zum Sport gehen. Mein Sonntag war dadurch ganz frei von irgenddringenden Erledigungen, erst war ich zum Sport, dann Volleyball schauen, die Rottenburger haben diesmal verloren gegen eine Mannschaft, gegen die sie vor paar Wochen klar gewonnen hatten. Und das ging diesmal so schnell, ich konnte eine kleine Wanderung dranhängen. 10 km durch den güldenen Herbst in die Dunkelheit hinein. Der Anfang gab dieses Bild vom Feuerdorn.

Rückzu hätte ich sie nicht gesehen, dafür war es zu dunkel.

Das Buch von Crichton hab ich ausgelesen, das hätte ich auch lassen können. Vom Thema her wäre ein interessantes Buch möglich gewesen, es ging um transgene Lebensformen und die Möglichkeiten genveränderten Lebens und den Umgang der Gesellschaft damit. Er hat eine Räuberpistole draus gemacht, das nicht mal gut, ganz selten versuchte er mal die amerkanische Gesellschaft und ihre Justiz zu bedenken, gen Ende hin, hatte er wohl keinen Bock mehr auf den Mist und ließ es schnell und belanglos auslaufen.

Ich mach weiter mit einem Kinderbuch oder Jugendbuch, so genau weiß ich das noch nicht. Ich hab die ersten Seiten durch, Maile Meloy kann flüssig erzählen, die Charaktere werden plastisch, nachvollziehbar, ein bisschenGesellschaft kommt vor, mal sehen.

 

Samstag, 28. 10. 2023

Der Kuchen bäckt gerade, den hab ich mir noch in der Sommerzeit zurecht gerührt, morgen geht die Uhr nach der Winterzeit. Eine Stunde geschenkt zum Schlafen. Vom Kino sollte ich erzählen, gestern am frühen Abend war ich in dem Film "Anselm-Das Rauschen der Zeit". Wim Wenders hat eine Heiligenanbetung geliefert, leider keinen Kinofilm. Man sieht von Anselm Kiefer, einem zeitweise sehr wichtigen Künstler, hochbezahlt und überall ausgestellt, einen Haufen sehr großer Bilder, zwischen denen er wichtig schaut oder schreitet. Zum Glück kommen einige Nachrichtenbeiträge und Interviewausschnitte von ganz früher, man bekommt eine Ahnung, warum er wichtig wurde. Von später gibt es die Eindrücke seiner immer größer werdenden Ateliers, das aktuelle ist eine Landschaft in Frankreich. Von dort liefert Wenders viele Schreit- und Denksequenzen, sogar in 3D, man muss den Film mit Brille schauen. Das macht die im Raum ruhende Denkerstirn des Anselm noch monumentaler. Die eingesprochenen Gedichte und Texte, meist von Paul Celan sind nur bruchstückhaft zu verstehen, mehr zu erahnen, wer sie nicht kennt, landet im Raunen der Zeit. Ein Film, der nichts zum Verstehen dieser Kunst beiträgt, sich noch nicht mal eine Meinung erlaubt, wenn man von der Anbetung absieht, die so zelebriert wird wie die geistlose Anbetung der Monstranz in der traditionellen katholischen Kirche. Heimradelnd nach dem Film hab ich mich beeilt, bin noch ins Studio, um dem Abend noch zu einem Sinn zu verhelfen.
Der Tag heut fing an wie ein richtiges Wochenende, ich hab ausgeschlafen, gut gefrühstückt und viel gelesen. Das Buch ist wie ein Nachfolger zu Harry Potter, es erreicht nicht die Qualität des Vorbildes, aber ich kann es gut lesen. Da wird gezaubert und Alchemie getrieben im wirklichen Leben, nur dann, wenn es nicht anders geht, aber dann lustvoll. Unsichtbar werden, dazu muss man sich nackert machen, zu Vögeln werden, wenn die Flucht nicht anders möglich ist, Schweigepillen und Wahrheitsserum kamen vor, in Aussicht ist noch ein großer Zauber. Es geht meist spannend zu, die Helden sind sympatisch, gute Unterhaltung, immerhin. Ein bisschen was am Haushalt war zu tun, an einigen Pflanzen musste ich rumtopfen, dann war ich schon wieder im Studio. Heut musste ich einen Jungen retten, der unter der Hantel beim Bankdrücken hätte liegenbleiben müssen. Für die Sauna reichte die Zeit, und dort passierte eine Panne. Bevor ich in die Sauna geh, leg ich den Schlüssel und die Brille auf das Bord, immer, diesmal, als ich rauskam, war die Brille weg. In einem Brillenregal lag eine andere Brille rum, das wäre die Erklärung. Mir würde das nicht passieren, da ich sie sofort wieder aufsetze, irgendwer muss sie in der Hand davongetragen haben. Meine Hoffnung ist, dass sie morgen oder am Montag wieder gebracht wird. Ich bin sehr vorsichtig heimgefahren, hab mir den Ersatz geschnappt und kam mir wieder richtig vor. Eigentlich wollte ich direkt nach dem Gym zum Volleyballschauen gehen, hätte aber nichts gesehen davon ohne meine Sehhilfe. So kam ich knapp zum Anfang, die ersten zwei Sätze haben unsere Jungs knapp gewonnen, dann alle drei verloren, schade, ein bisschen hat das Glück gefehlt, einige Schiedsrichterentscheidungen waren seltsam, dabei haben sie richtig gut gespielt. Den neuen Zuspieler hab ich das erste Mal über´s ganze Spiel erlebt, und er hat seins gut gemacht. Das Spiel ging lange, zweieinhalb Stunden, so wird es wieder spät. Immerhin, der Kuchen ist fertig, der Text jetzt auch, kann ich gleich ins Bett gehen und die eine Stunde zweimal schlafen.

 

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