Michael Oswald

 

 

 

Start
Aktuelles
Fotografie
Zeichnung
Texte und Projekte
Info
Impressum

Leben in den Zeiten von Corona 23

zurück zum Dezembertext

 

Samstag, 1. 1. 2022

Indem ich den Feiertag zum Samstag deklarierte, der er ja tatsächlich ist, konnte ich mich dazu bringen, gegen sich ausbreitende Staubflusen und Blindheiten in allen Becken vorzugehen. Man könnte es einfacher sagen: Ich habe einen Putztag eingelegt. Da im Haus kaum jemand daheim ist, konnte ich den Staubsauger tönen lassen, ohne Nachbarschelte befürchten zu müssen. Vorgesehen war außerdem ein Studiobesuch, da dachte ich an den fälligen Test, auch spürte ich noch Muskelkater von Siggi´s Bauchkurs und neueren vom gestrigen Lauf, mein Buch lockte, paar Sachen am Rechner wollten erledigt werden, so fiel das aus. Morgen, dann sogar verabredet. Morgen steht ein Termin zum Boostern an, den hatte ich online abgegriffen, als mein Ärger über die Neuregelung noch frisch war. In Rottenburg hätte ich warten müssen, in Hirschau klappte es sofort. Lustig finde ich, die Unterlagen soll ich mir ausdrucken, vorher ausfüllen, ich druckerloser Mensch. Hab ich also gewisse Anstrengungen unternommen, meine Papierchen vollständig zu haben. Das Leben ohne Drucker gefällt mir, ich hab mich sooft über verklebte Patronen, nicht erkannte Patronen, rosa Drucke und alle möglichen Fehler geärgert, jetzt nicht mehr. Jedoch, wie es der Teufel will, so sagte meine Mutter immer, seitdem muss ich einmal im Monat irgendwohin laufen zum Drucken, vorher waren es drei Drucke im Jahr. Ich werde es so lassen.
Noch ein Wort zu Neujahr? Eigentlich nicht. Es ist ein Tag in der Folge von Tagen, ich habe keine Lust so zu tun, als müsste ich es begehen. Das putzige Einzelfeuerwerk der Mitternacht, eher als trotzige Geste der persönlichen Freiheit geäußert, hat es nicht bedeutsamer gemacht. Ich werde den Abfallkalender erneuern, den Kalender mit Fotos meiner schönen Enkelkinder ebenfalls, werde ein paar Termine für dieses Jahr einpflegen und weitermachen.

Sonntag, 2. 1. 2022

Es war mein Tag. Morgens beim Kaffee, später als zu einem möglichen Lauftermin, schließlich war ich im Studio verabredet, las ich einige Schauergeschichten. Höchst vergnüglich, jede anders als erwartet, auch wie ein Bericht aus vergangenen Zeiten, aber alle gut erzählt. Jetzt fehlen mir noch paar Seiten an der letzten, das wird mein Betthupferl. Im Studio musste ich vor der Zeit dasein, da ich laut Landesverordnung impftechnisch ungültig bin und getestet werden muss. Vorsichtshalber hatte ich sogar ein Testset dabei, aber es war alles da, gut organisiert. Das Studio war rappelvoll, sind das alles Menschen mit guten Vorsätzen, dann wird es demnächst wieder weniger Betrieb sein. In der NZZ stand ein Artikel, man hat neue Erkenntnisse, wie man Leute dazu bringt, dranzubleiben. Man soll sich nicht um Ziele kümmern, sondern bei verträglichen Häppchen starten und dabei sich gut fühlen, das nützt dann bei der Fortsetzung. Ist jetzt nicht die Riesenerkenntnis, aber ich gehe wegen dem Spaß und das schon ziemlich lange. Das mit den Zielen klappt nebenher manchmal. Wir haben draußen allerhand machen können, zur Mittagszeit wurde es leer im Innenbereich, so dass wir an die Geräte kamen, überhaupt wieder durch kamen. Ich musste die Zeit im Auge behalten, der Impftermin sollte nicht versiebt werden. Nach der Sauna und einem Shake, ein Löffelshake, so dick war der, musste ich nach Hirschau ins Impfzentrum. Das ist perfekt organisiert, mit großer Aufmerksamkeit wurden die Papiere geprüft, ein kurzer Plausch, ein schneller Piks, schon war ich fertig. Mein Dank an das Personal, die setzen ihren Sonntag für die Volksgesundheit, bestimmt werden sie auch irgendwie bezahlt, trotzdem ist das ein großer Einsatz. Es sind viele da, die empfangen, durchleiten, Papiere sichten und übertragen, beim Ausfüllen der Scheine helfen, für die Sicherheit sorgen, stechen und die Zeit danach überwachen. Als ich das Zertifikat hatte und mein Handy drüberhielt, war ich aktualisiert. Die Ärztin mit der Nadel sprach in einem Nebensatz davon, dass die ersten Boosterimpfungen langsam veralten, da werden wir uns vielleicht bald wieder sehen. Zu Hause schnelles Mittag, eine dicke Nudelsuppe mit Käsedecke, das isst sich gar nicht leicht. Schon wieder Lesezeit bis zum Kaffee, bis abends, noch was am Rechner, sonst gar nichts. Eins noch, abends klopfte es an meiner Tür, ich bekam frisch gebackenen Kuchen reingereicht. Na, so ein Spaß, da hat sich was rumgesprochen.

Montag, 3. 1. 2022

Die Nebenwirkungen der Boosterimpfung hatten mich im Griff, nachts bei jedem Sichbewegen tat es weh, morgens beim Wecker ausmachen brachte ich den Arm nur mühsam dran, die Schulter. Den Vormittag verbrachte ich mit mir ringend, soll ich auf Arbeit anrufen und absagen, oder nicht. Noch beim Aufwasch morgens fand ich mich sehr flügellahm, nahm eine Paracetamol, das wurde empfohlen beim Impfen, halb zwölf entschied ich mich für die Arbeit. Im guten Bus hinschaukelnd, die erste Hälfte der Zeit noch recht mich selbst bemerkend, ab da Entspannung. Kopfweh lichtete sich, die Gliederschmerzen verschwanden nach und nach, auf der Heimfahrt fand ich mich schon recht normal. Diesen einen Tag setze ich gegen Omikron, finde den Einsatz nicht zu hoch, wenn ich mir die gehörten Krankengeschichten vergegenwärtige. Wenn ich so durchkomme, kann schon mal ein matschiger Tag dazwischen sein, zumal ich in dem Fall die Ursache kenne.
Viele Gespräche mit Kollegen, wir sind ein mäkeliges Volk. Die Impfung, die Schmerzen, die Wiederholung der Impfung, wie oft denn noch. Ich werde dünnhäutig an vielen Stellen, einer belehrt mich über die Freiheit, der nächste über die Entwicklung der Erkenntnisse, und dass die Regierung alles richtig macht, es müsste noch viel strenger zugehen, einer erklärt mir die Gewinne der Pharmaindustrie, nur deswegen gibt es die dritte, die vierte Impfung. In der Pause nahm ich das Buch heraus, über die Tunisreise von Macke, Klee und Moilliet. Las die Texte, sah die Aquarelle und wurde wieder froh an der Welt. Zwei Zeichnungen, Portraits, die ich nicht kannte, ein kleines Mädchen, ein halbwüchsiger Junge, so was von lebendig und glaubhaft, wurde wieder froh an der Welt.

Dienstag, 4. 1. 2022

Angemeldet war ich, wenn der Wecker erhört wurde, klappt es. Um diesen nichtssagenden Satz zu erläutern, es geht um den Kurs functional training morgens um 8:15 Uhr, eine ungehörige Zeit. Und ich stand auf der Matte, mein Lieblingstrainer war wieder da, eine Stunde ordentlich schwitzen. Die Folgen der Boosterei waren gänzlich ausgestanden, ich hab trotzdem den roten Bereich ausgespart. Hinterher Sauna und ein Shake, es war noch Zeit für einen Minieinkauf und Krimskrams zu Hause, bis es ans Futtern ging und ich zum Bus musste. Wenn ich gegen sechs aufstehe, hat der Vormittag richtig Potential, allerdings ist das nicht die ganze Woche leistbar, wenn ich nach dem Spätdienst erst gegen zwei ins Bett komme. Auf Arbeit: Ich bin verborgt in schwierige Verhältnisse. Ich kenne mich nicht gut aus, in der Vorschicht arbeitet ein Kollege seine letzten Wochen vor dem Ruhestand, ihm ist es ziemlich egal, oder er kann es nicht mehr besser, jedenfalls lerne ich grade täglich neue Fehlermöglichkeiten kennen. Dazu kommt, die zwei Kollegen der Folgeschicht achten sehr drauf, keinen Handgriff zu viel zu machen, sie weisen mich auch nicht auf Fehler hin, die ich oft nicht mal selbst begehe, sondern sorgen für ihre saubere Weste. Es gibt da echt ärgerliche Vorfälle, es geht so destruktiv zu, ich kenn das gar nicht von meinen Kollegen, mit denen ich sonst zusammen arbeite. Heute war es so dämlich, deswegen taucht es hier auf.
Den Macke hab ich durch, die Aquarelle sind selbst in diesem kleinen alten Buch zauberhaft, dazu gibt es Zitate aus dem Tagebuch von Klee. Als nächstes zuppelte ich mir Liao Yiwu, Fräulein Hallo und der Bauernkaiser heraus, eine Interviewsammlung mit Menschen, die sonst nicht in den Medien vorkommen, von denen wir also gar nicht wissen. Im Vorwort, in der Einführung werden Lebensdaten des Schriftstellers erwähnt, 1958 geboren, die Hungersnot überstanden, 30 Millionen Chinesen sind dran kaputtgegangen, politische Haft überstanden. Er hat 1989 das große Gedicht zum Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens verfasst, seit dem ist er als Dissident ungesichert unterwegs. Das Buch erschien 2002, ich muss noch nachlesen, wie es jetzt um ihn steht, er hat viele Preise weltweit bekommen. Schon diese Einführung ist ein Einblick in eine Welt, die parallel zu meinem Leben passierte und von der wir nicht mal ahnten. Die Nachrichten in der damaligen DDR über China waren spärlich, eher nicht vorhanden. Ich bin sehr gespannt drauf.

Mittwoch, 5. 1. 2022

Mit den heiligen drei Königen hab ich nicht viel am Hut, aber dass sie uns einen Feiertag schenken, alle Jahre wieder, das nehm ich dankbar hin. So dachte ich, als ich auf Arbeit war und fing an, mich auf morgen zu freuen. Ich glaube, da schaff ich den Sport, der heut wegen Schlaffheit ausfiel. Am Vormittag hab ich ein wenig telefoniert, nachdem ich nicht vom Schlummer lassen wollte. Da war noch Zeit für das Frühstück, die ersten zwei Gespräche Yiwu´s gab es zu lesen, eins mit einem alten Trauermusiker, gänzlich mir unbekannte Rituale wurden geschildert, eins mit einem Menschenhändler, der verkauft junge Frauen in die Prostitution oder in die Ehe. Den Klomann las ich in der Pause auf Arbeit, jedesmal eine neue, mir fremde Welt. Interessant, manches echt witzig. Für morgen früh gibt es die Einladung zum Laufen nach Hirschau mit anschließendem Anbaden im Baggersee, als sie ausgesprochen wurde, waren draußen 14 Grad und die Sonne lachte. Morgen wird es vielleicht ein Grad kalt sein, wahrscheinlich ohne Sonne, nicht sehr ermunternd.

Donnerstag, 6. 1. 2022

Bei meinen Großeltern musste der Weihnachtsbaum bis Heilige Drei Könige stehenbleiben, auch wenn seine Nadeln größtenteils drunter lagen. Ich hab mir deswegen oder mit dieser Erklärung vor mir selbst heut noch eine Duftkerze und ein Räucherkerzle mit Lavendelduft angemacht, bevor ich das Räuchermännle morgen wegräume. Den Hirschautermin hab ich vorsätzlich verpasst, als die Läufer da ihre Zehen im Baggersee netzten, saß ich gut am frühstücken. Die Erzählungen der Interviewten von Yiwu sind sonderbar, schon in der Anwahl der jeweiligen Personen, man glaubt kaum, dass es sie geben kann. Ich bin gewiss ein Vielleser, und Inhalte aus Amerika oder Russland, aus Osteuropa, auch aus Afrika haben mich niemals so ins Unbekannte geschickt, irgendwelche Beziehungs-, Wohn- oder  Arbeitsverhältnisse egal, aus welchen Zeiten, konnte ich wiedererkennen und nachvollziehen. Bei den Figuren hier geht es mir so fremd zu, ich falle von einer Verwunderung in die nächste, hab noch nie von den Totenrufern gehört, die Verhältnisse von einem "Leprakranken", der es gar nicht ist, von seiner Umgebung aber so abgestempelt und abgesondert wird, gewähren Einblicke in Verhältnisse, in denen Bildung nicht, also gar nicht vorkommt. So geschehen in der Zeit vor 20 Jahren, wir wissen nichts mehr über solche Lebensweisen. Irgendwann bin ich ins Studio gewackelt, hab ich schon von meiner Verwunderung berichtet über meinen testfreien Einlass nach der Boosterei. Am Tag der Impfung war ich vorher da, musste testen, bevor es hineinging. Am Tag zwei nach der Impfung durfte ich ohne rein. Die Möglichkeit sich anzustecken, ansteckend zu sein, ist die so unterschiedlich? Ob man das besser erklären könnte, müsste? Wegen solcher Fragen würde ich nicht zur Demo gehen, fühle mich nicht sonderlich eingegrenzt in meiner Freiheit, ich kann es auch aushalten, dass mir grad niemand drauf antwortet. Würde es trotzdem unter mangelhafter Kommunikation verbuchen. Unter diesem Sammelbegriff gibt es allerdings noch viel mehr solcher Stellen aus allen möglichen Bereichen.
Den Sport hat dieses Nachdenken nicht gestört, ich habe zwei Stunden geschafft, bin ordentlich zermürbt unter die Dusche und konnte einen Haken an die Wochenbillanz machen. Den Nachmittag, Abend verbrachte ich trödelnd, lesend, Kaffee gab es und den erwähnten Lavendelduft, ein wenig getrullert im Netz, wie das so geht, vom Hundertsten ins Tausendste. Am leichtesten fällt es mir, auf YouTube klebenzubleiben, zum Glück bekomme ich manchmal Hunger oder sehe auf die Uhr, oder das Sitzfleisch meldet Druckstellen.

Freitag, 7. 1. 2022

Ein halbernst gemeinter Arbeitstag, die meisten meiner Kollegen sind nach und nach vor der Zeit entschwunden, es wurde immer ruhiger in der Halle. Ich hab ab neun meinen Laden heruntergefahren, der Nachtschicht wurde frei gegeben, also die mussten wegbleiben. Vormittags hatte ich im Kopf, ich sollte mal wieder laufen, es endete immerhin im Sportstudio, anderthalb Stunden hab ich geschafft. Für morgen ist der Plan, den Lauf nachzuholen, das Wetter wird wohl nicht besser, ich bin gespannt auf mich und meine Ausreden.

Samstag, 8. 1. 2022

Ausschlafen am Wochenende, gepflegter Start, dann richtig Haushaltkram erledigen. Wäsche waschen, einen großen Aufwasch wegmachen, Müll der verschiedensten Art in die jeweiligen Tonnen. Katzenkacke vor der Haustür wegmachen, da wünschte ich mir eine SelbstbrüllwieeinLöweAnlage, die loslegt, wenn die Katz kommt und sie so erschreckt, dass ihr das Kacken vergeht. Der Einkauf war nötig, im Kühlschrank hallte es im leeren Raum. Da braucht man ja nicht kühlen, wenn nix drin ist. Ich habe es im Lidl erledigt, da ist nicht so viel Betrieb wie im Handelshof. Gestern abend hatte ich mich noch für einen Spinningkurs angemeldet, wider Erwarten war Platz. Das war in weiser Voraussicht auf meine Unlust zu laufen passiert, so verging ein weiterer lauffreier Tag. Ich bin eine Stunde vor Beginn ins Studio, hab ein wenig an der Kraft trainiert. Der Kurs war recht sanft, die Kursleiterin ist auf Wohlfühlen aus. Ich hatte den FTP-Wert etwas höher angewählt als je zuvor, bin schnell ins Schwitzen und Hecheln gekommen. Hinterher gab es die Sauna, mittlerweile werden die Zugangsregeln freihändig geregelt. Ich war der Fünfte, hätte nicht reingedurft, wir alle Geboosterten legten fest, es ist in Ordnung und schwitzten korrekt. Nach dem Studio wollte ich mal raffinierter einkaufen, hatte über Wochen die Leerstellen notiert, ging also mit Zettel auf die Jagd im Handelshof. Es war sehr entspannt, nicht mehr viel los, und ich habe nach und nach alles gefunden. Es ging besser als gedacht, draußen am Bäcker sah ich eine Kuchenvariante, die kannte ich nicht, jetzt könnte ich das so nicht mehr sagen. Ein kleiner runder Kuchen wie für mich und das Wochenende gemacht, russischer Zupfkuchen, sieht gut aus, schmeckt gut. Nachdem ich meine vielen Sachen vom Sport und vom Einkaufen verräumt hatte gab es Kaffee +, ab da hatte ich keine Lust mehr auf den Rest von meinem Zettel. Blieb es liegen, wie schon öfter mal, kann es morgen machen oder in naher oder ferner Zukunft.
Ich las von einer neuen, der Deltacronvariante, kann die uns nach Omikron noch beeindrucken? Bestimmt, vielleicht, aber heut ist es mir egal, vielleicht ist irgendein anderer Mutant sanft durch mich durchgeboostert, und es juckt mich nicht.

Sonntag, 9. 1. 2022

war Familientag. Zuerst bin ich auf die Alb gefahren, eine Ausstellungseröffnung. Aus einer langen und intensiven Arbeitsperiode zeigte Barbara auf Initiative des Lindenhoftheaters Zeichnungen, die sie gemacht hatte bei Theater- und Tanzproben. Bewegte Menschen, punktuell herausgenommen aus ihrer Dynamik, als ob es eine Stoptaste im Leben gäbe. Das könnte man auch fotografisch erledigen, aber die Gekonntheit einer Zeichnung mit ihren Zusammenfassungen und der Konzentriertheit auf das Wesentliche leistet da eine Verwandlung, mit der es viel deutlicher gesehen werden kann. Dazu gab es eine Performance, eine Tänzerin und ein Flötist hatten angesichts der Zeichnungen ein fünfsätziges Stück entwickelt, bei dem sich die Bewegungen der Tanzenden wie gerade der Zeichnung entsprungen ausnahmen und die Flöte gab den Impuls mit. Sehr gelungen, sehr miterlebbar, die Musik erreichte uns ja ebenso wie die Tänzerin, die drauf reagierte, manchmal auch andersrum. Angekündigt war hinterher das gemeinsame Essen, wir sind nach Mössingen in die Pausa, das ist noch mal einen Extrabesuch wert. Die ehemalige Stoffdruckfabrik ist umgewidmet zu einem sozialen Projekt mit Ausstellmöglichkeit, Bewirtung und Abendveranstaltungen, Theater usw. Außerdem werden regionale Produkte angeboten, das muss ich mir noch mal in Ruhe anschauen. Wundervolle Fotografie von Singvögeln wurde gezeigt, ich war von der Alblinsensuppe und der Gastlichkeit und den Bildern sehr angetan. Wir haben zu fünft innerfamiliär uns austauschen können, manches aktualisiert. Darüber verging so viel Zeit, da hab ich es gerade noch ins Studio geschafft und eine kleine Einheit dranhängen können, schließlich ist der Hirschaulauf ausgefallen. Ab hier läuft der Umstieg in die Frühschichtwoche.

Montag, 10. 1. 2022

Das mit der Schichtzulage ist ganz nett, aber wer soll das wieder gutmachen, wenn ich morgens um 3:35 aus dem Bett kullere, nicht viel von mir weiß außer dass ich müde bin. Die Arbeit ging gut, ich war nicht mehr der Einzelkämpfer in fremder Reihe, ein Kollege kam aus dem Urlaub zurück. Dadurch hatten wir am Ende alle Maschinen am Laufen, ich konnte sogar was Neues erkunden, hatte das Anfängerglück, der erste Versuch klappte halbwegs, der zweite perfekt. Der Bus zum Heimfahren war der gute Bus, es schlief sich vorzüglich. Die erste Kurve beim Losfahren bekam ich mit, dann erst wieder Tübingen, bis Rottenburg war ich fit und kam guter Dinge heim. Es ging weiter mit Kaffee und dem Rest des mir schmeichelnden Zupfkuchens, dabei fasste ich Mut für die Haushaltkacke, die ich machen muss, sonst gibt es kein Obst zu naschen, kein Gemüse zu knabbern, keinen Ingwer zum Käsebrot. Gesunde Ernährung ist bissele zeitfordernd, dabei betreibe ich gar nicht viel Aufwand. Außerdem keine frischen Socken im Regal, das Sportzeug muss immerzu durch die Waschmaschine, sonst wäre ich auffällig als Stinker. Die Zeit für´s Studio kam, ich hab erst díe Eröffnungsroutine gemacht, Seilspringen, Beinschlenkern nach Art der Läufer, 3 mal 12 Klimmzüge, 3 mal 12 Dips im Barren, 3 mal 1 Minute in der langen Planke. Anschließend functional training, eine Stunde draußen am Crossfit-Tower. Knapp über 0 Grad, aber wir waren schnell warm, 10 Stationen, je 30 Sekunden Vollgas, 15 Sekunden Pause, viermal hintereinander, gut bein- und rückenlastig, der Puls blieb oben, ordentlich knülle gönnte ich mir den Saunaabschluss. Ich finde, dass ist allerhand für so einen vermurksten Frühschichttag.

Dienstag, 11. 1. 2022

Die Frühschicht in der Variante "Jugend forscht". Wir zwei verborgte Kollegen haben versucht, den Laden zum Laufen zu bringen. Ich hab das erste Mal in meinem Leben eine dieser Anlagen gerüstet, das komplette Programm, schneller wäre es gegangen, hätte uns jemand eingearbeitet. Das was wir wussten, haben wir durch Fragen in der jeweiligen Situation herausbekommen, den Rest durch probieren, suchen und schlussfolgern erforscht. Da vergeht die Zeit sehr schnell, am Ende lief die Kiste, produzierte, ich hoffe, dass alles passt. Das sieht die Folgeschicht sofort und wird mir schon Bescheid geben. Auf der Heimfahrt holte ich eine Mütze Schlaf nach, wie es eben geht, wenn der Bus rumpelt, als wollte immermal die Welt auseinander fallen. Schon beim Wachwerden versuchte ich mich zu motivieren, der Lauf sollte stattfinden. Das Wetter war gut, bisschen kalt, ein kleiner Wind zuerst von vorn, die zweite Hälfte von hinten, sofort besser, 12 km hab ich im Schnitt von 5:33 min/km geschafft. Es ist jedes Mal so: Wenn ich erst draußen bin und loslaufe, ist gleich alles gut. Die Luft, die Wolken, weiße Reiher auf den Feldern, Krähen am Miteinanderturteln, dazu meine Freiheit, mich bewegen zu können, zu wollen, Atem zu spüren, Ziele zu haben. Ich lief über den verblassenden Schriftzug "Macht Impfen frei?", dachte über meine Freiheit nach und fühlte mich gut. Zu Hause duschen, in die Stadt, ich hatte Bock auf einen Kuchen, den trug ich mir mit einem Kaffee heim. Noch eine Anmerkung: Dieser Text entsteht das erste Mal auf meinem neuen Rechner, ich habe die nötige Struktur endlich fertig. Wenn er dann zu lesen ist, hat auch noch das Hochladen geklappt.

Mittwoch, 12. 1. 2022

In der kurzen Nacht hat mich ein Krampf in der Kniekehle beehrt. Ich kannte den Wadenkrampf, auch die Schenkelinnenseite hat mich schon zum Zwitschern gebracht, diesmal was neues. konnte sich auf der Skala für unangenehm schmerzhaft und eklig ohne weiteres mit den anderen Versionen messen. Vielleicht ist das mein Coronakrampf in immer neuen Mutationen, hoffentlich entsteht irgendwann Immunität. Am Ende fehlte von den viereinhalb Stunden Schlaf eine. Hab versucht auf der Hinfahrt im Rumpelbus aufzuholen. Auf Arbeit bekam ich einen Lehrling zugeteilt, der den Durchlauf im Betrieb macht. Ich habe keinerlei Anweisung, was mit ihm zu tun wäre, außer, zeigst ihm halt bissle, was ihr hier macht. Ich hab ihm ausführlich an einer Maschine den sich wiederholenden Ablauf erläutert, er steckte unter einer Maske, das macht die Verständigung in dieser Geräuschkulisse nicht einfach. Außerdem fehlt das halbe Gesicht, um zu sehen, versteht er mich, langweilt er sich, weiß er das schon alles usw. Ich glaube, uns verging die Zeit recht schnell, bin mir aber nicht schlüssig, war er höflich oder interessiert. Auf der Heimfahrt ist mir was lustiges passiert. Ich wachte im guten Bus kurz vor Rottenburg auf, man kann da wirklich gut schlafen, beim Anziehen der Jacke merke ich, ich habe keine Maske auf. Ich denke, häh, finde sie da, wo ich sie hab, wenn sie mich nicht verschleiert, und fing an mich zu fragen, hab ich sie beim Niederlassen und Anschnallen gedankenlos abgesetzt, bin ich gar ohne eingestiegen, keine Ahnung. Was ist sonst noch schiefgegangen, von dem ich nix gemerkt hab? Soll ich mir noch über den Weg trauen? Zumal ich bei der Heimfahrt, dem letzten Stück im Auto noch eine Vollbremsung hinlegen musste, weil vor mir einer anhielt, wo noch nie jemand angehalten hatte. Das schreib ich nicht hier hin, was ich von dem gedacht hab. Abends war ich im Studio, bei Minusgraden draußen eine Stunde am Tower, im Kurs war es auszuhalten, nur die Hände am Eisen und die Füße waren ziemlich in der Froststarre, mussten hinterher in die Sauna. Bis hier, und Schlafenszeit.

Donnerstag, 13. 1. 2022

Die Arbeit fing mit der Meldung an, vier Kollegen kämen später, sie hätten einen Wildunfall gehabt. Zum Glück ist niur Blech kaputt, naja, das Reh wohl auch. Wir waren wieder zu zweit verborgt in fremder Reihe, und wir hatten den Lehrling dabei, dem wir was zeigen sollen. Ich habe es für mich gelöst in Absprache mit meinem Kollegen, dass er die eine Maschine umrüstet, es war ein einfacher Ablauf, und ich stell mich dazu und erkläre dem Azubi jeden Schritt. Es gab Rückfragen, also Beteiligung, mein Eindruck war, dass wir ein gutes Programm geboten haben. Ich hab es oft so erlebt oder erzählt bekommen, dass die Lehrlinge wie Aushilfen genutzt worden sind, einfache, langweilige Tätigkeiten machen sollten, wo die Mitarbeiter froh sind, wenn es jemand anders erledigt. Dabei lernt man halt gar nichts. Irgendwann waren wir zusammen einen Kaffee trinken, da nahm der Stift das erste Mal die Maske ab, das war wie eine Erstbegegnung. Ich hatte den Fall noch nie, dass ich zwei Tage stundenweise mit jemandem sprach, sein Gesicht aber nicht sah. Irgendwie hatte sich ein vermutetes Gesicht im Hirn gebildet, wie beim Lesen, wenn im Kopf Figuren konkret werden, das stimmte aber gar nicht, ich war wirklich überrascht.
Auf der Heimfahrt beim Aufwachen, geblendet von der Sonne, nahm ich mir vor, keine Ausrede gelten zu lassen, es sollte einen Lauf geben. Ein bisschen brauchte ich noch, bis ich auf die Strecke kam, aber dann. Meine Standardrunde aus vergangenen Zeiten, die 10 km hoch in den Wald. Es ging schwer, kleiner Muskelkater von gestern, die Frühschichtschlappheit, egal, ich war unterwegs. Im Wald musste ich durch eine Vorlesung mittendurch hoppeln, ein Dozent stand oben auf der Wegböschung, dreißig Studenten von der Forstschule frierend lauschend davor. Duschen, Stadtgang mit Bäckerbesuch, sehr strenger Hinweis auf die neuen Coronaregeln, also FFP2-Maske, heute noch ausnahmsweise so, in der Stadt käme man nirgends mehr ohne rein. Na gut, das krieg ich hin, will mich nicht mal dran reiben.

Freitag, 14. 1. 2022

Schon beim Aufstehen war klar, der letzte Frühschichttag, das macht es leichter. Die Arbeit war ein ruhiger Fluss, bin gut durchgekommen. Am Ende liefen acht Anlagen, da ich allein in der Reihe war, hätten fünf genügt. Mein Teamleiter war ganz vergnügt und hat mir bei der letzten Messrunde geholfen, es gab ein paar Störungen, dadurch wäre ich ins Schleudern gekommen. So war alles gut, wir haben uns zufrieden in den Bus gehockt, nach der ersten Kurve schlief ich schon. Daheim hab ich das Wochenende mit einem Stadtgang begonnen, war erst am Bücherschrank, der funktioniert nicht mehr gut, es gab nur Schrott, weiter zum Bäcker, erfolgreich. Eine kleine Haushaltrunde, und ab ins Studio. Zum Spinningkurs war ich angemeldet, vorher hab ich die Routinen für die Kraft teilweise abgearbeitet. Im Kurs eine meiner Lieblingstrainerinnen, sie hat Elan und gute Musik. In 50 Minuten kamen 27 km  raus bei einem Wert von 2,6 Watt pro Kg Körpergewicht, das ist für meine Verhältnisse ein guter Schnitt. Nach der Sauna gabs richtig zu futtern, das macht ein bisschen behäbig, deswegen endet das hier.

Samstag, 15. 1. 2022

Wenn ich so drüber nachdenke, was ich heute hier hinschreiben soll, denke ich, ich könnte den Samstag vor zwei Wochen nehmen, das meiste davon würde zutreffen. Ich könnte im Zweiwochenrhythmus rückwärts weitere Samstage finden, wo alles ähnlich zuging. Das Leben, die Mühle. Dreht weiter, manchmal ändert sich eine Kleinigkeit, selten ändert sich alles. Bis es eben aufhört, dann kann man so was nicht mehr denken, braucht es ja auch nicht. Falls ihr jetzt nachschauen wollt, was vor 14 Tagen drinsteht, schreib ich schnell die Heutevariante hin. Ausgeschlafen, herrlich wieder zu einer Zeit aufzustehen wie normale Menschen. In aller Ruhe, kein Termin drohte, ein gediegenes Frühstück gehalten, lesend, immer noch den Interviewband von Liao Yiwu. Mir fehlen noch um die 70 Seiten, es ging durchgängig so interessant zu, dass ich jede neue Passage staunend las, voller Verwunderung, wie weit daneben es in China ging mit der Erschaffung einer besseren Welt. Wie leicht man da aussortiert werden konnte, es reichte ein falscher Satz, schon war man Staatsfeind und wurde schrecklich behandelt. Es ging auch ohne Anlass, per Zufall konnte man völlig unbeteiligt in die Bredouille kommen und war dann ganz und gar rechtlos dem System, vor allem den kleingeistigen Trägern des Systems ausgeliefert. Wie es zuging im Knast, bei der Umerziehung, im Irrenhaus, so was hab ich noch nie gehört, gelesen.
Auf meinem Plan stand die große Putzrunde, ich bin ganz schön weit gekommen damit, morgen schaff ich den Rest und dann gefällt mir der Zustand daheim wieder. Mittag gab es vom Chinesen, ab und zu muss ich ihn besuchen, sonst denkt er vielleicht, es lohnt sich nicht mit dem Kochen. Beim Bäcker gab es diesen Zupfkuchen, den hatte ich schon, erinnerte mich an das Wohlbefinden beim Verzehr, und kaufte ihn. So als Nachtisch gab es zum Kaffee den ersten Anschnitt, wunderbar. Im Studio, da musste ich bald danach hin, am Wochenende schließt es so früh, fühlte ich mich noch etwas schwer. Hab trotzdem allerhand geschafft, Routinen für die Kraft, bis die Zeit für die Sauna kam. Noch ein wenig Daddelzeit am Rechner, der Tag war ok.

Sonntag, 16. 1. 2022

Zum Laufen gelangte ich nicht, beim Blick auf die Wetterapp bekam ich Gänsehaut. Und Unlust. So hatte ich den Vormittag frei, las und faulenzte. Das sieht so aus, dass ich auf einem der Sofas herumsitze und vor mich hin träume. Denke dies und denke das, stelle fest, die meisten Gedanken sind recht nutzlos. Führen zu nix, aber der Kopf geht spazieren. Und die Zeit vergeht. Als ich Hunger bekam und mich darum kümmern musste, kam wieder Bewegung in die Sache, nicht so viel, aber immerhin wurde dies ungute Gefühl bewältigt. Die aufgehobenen Haushaltgeschichten ließ ich vorsichtshalber für morgen liegen, Tag des Herrn. Nachmittags hatte ich zum Glück einen Termin im Sportpark verabredet, ab vier war ich da, der Läufermichi kam dazu. Wir haben gut trainiert, auch was geschwätzt, mit Sauna beendet. Witzig ist, zum Rein- und Rausgehen, Hin- und Hergehen brauche ich eine FFP2-Maske, damit laufe ich an manchem Spiegel vorbei und sehe, wie mir die Maske die Ohren vom Kopf abstellt. Gestern fand ich das noch viel schlimmer, die Bändel der Maske bürzelten mir die Haare über den Ohren auf, sah aus wie ein Haubentaucher. Hab sie mir vom Schädel geschoren, nun sieht man die Segelohren noch markanter. Ich ziehe an den Bändeln, es wird nicht besser. Am Ende hab ich das verkraftet, warte aber auf neu designte Bedeckungen, die dann passen und meine Würde wahren. Bzw, mittlerweile scheint es uns komplett egal zu sein, wie wir unter den Dingern aussehen, dies Unbearbeitetlassen bedeutet wohl auch, dass wir hoffen, dieser Klamauk ist bald vorbei. Den Abend durfte ich in guter Gesellschaft verbringen, war zu einem kleinen Geburtstagszusammensein geladen. Es ist mir wichtig, ab und zu ein leibhaftiges Gegenüber zu haben, da wir alle geboostert sind, droht keine große Seuchengefahr.

Montag, 17. 1. 2022

Ginge es abends nicht zur Nachtschicht, wäre es wie ein freier Tag. Ich benehme mich auch so, muss aufpassen, dass ich nicht vergesse, pünktlich zum Bus zu erscheinen. Morgens hab ich tatsächlich die offen gebliebenen Punkte meines Wochenendzettel weg gearbeitet, sogar noch großzügig vorausschauend drumrum was. Mittags bin ich ins Studio, es ist da schön leer. Hab erst an der Kraft gearbeitet, dann eine der Vorübungen aus Calisthenics angehängt, und zwar den Handstandkletterer. Man geht aus der Liegestützposition mit den Beinen die Wand hoch, mit den Händen an die Wand ran, je höher je ranner und wieder zurück. Das mehrmals hintereinander, oben stehend kann man das Ganze auf eine Hand verlagern und wechseln auf die andere. Im Moment noch sauanstrengend, irgendwann soll das besser werden und zu frei gestandenen bzw gedrückten Handständen führen. Bei mir auch? Man wird sehen. Zum guten Schluss nahm ich die schweren Jonglierbälle in Betrieb, dabei hab ich mir Trainer Olli dazugeholt, von ihm kam die Anregung. Er hat auch mal probiert, ging gut bei ihm, gelernt ist gelernt. Außerdem hat er größere Hände, so dass er ohne weiteres zwei Bälle in einer Hand greifen kann, damit besser starten kann. Ich hab auch meine Lösungen gefunden, entweder werf ich den geklemmten Ball als erstes  hoch oder ich leg einen ab, werfe den ersten, den zweiten, während ich den dritten greife. Reine Übungssache. Sauna, Mittag vom Chinesen, daheim vorbereiten für die Schicht, das hier, essen und los.
Das Buch von Liao Yiwu hab ich fertig, es fühlt sich an wie das Schließen einer riesigen Bildungslücke. Ich wusste schon von der Kulturrevolution, von Mao und den verschiedenen Hinundherreformen. Aber hier konnte ich es konkret nachlesen, mir den komplizierten Alltag schildern lassen, die Verhältnisse sind haarsträubend. Rechtlosigkeit, Elend, Hunger und anderes existentiell Bedrohliches in nicht endender Aufzählung, hier stehen ja nur die Geschichten von 21 Leuten, das ist ein Milliardenvolk. Unbedingte Leseempfehlung.

Dienstag,18. 1. 2022

Nachtschicht in wieder anderer Reihe, ich verborgtes Wesen, wir hatten viel zu tun. Da alle Schichten wegen einer Veranstaltungswoche schlecht besetzt sind, wird das so bleiben. In dieser einen Woche sollen Teamleiter und je zwei Kollegen aus jeder Schicht darüber nachdenken, was zu verbessern wäre an Abläufen und Zuständen. Beim letzten Mal hatten wir hinterher je nach Größe verschiedenfarbig gekennzeichnete Greiferzangen, auch bunte Markierungen am Scheibenvorrat, die rollen sich mittlerweile wieder runter. Da grundsätzliche und bekannte Mängel von solcherlei Aktionismus niemals berührt wurden, verweigere ich die Teilnahme. In der Pause gab es eine wilde Diskussion, ein aufrechter Impfverweigerer schalt über die Bevormundung durch die Impfpflicht, er muss jeden Tag testen gehen, wenn er auf Arbeit rein will. Da kommt dann alles Mögliche, mangelhaftes und unlogisches aus den Coronaregeln zur Sprache, meist im Duktus von "Die da oben". Ich hab versucht, manches mit Informationen zu unterfüttern oder über solche Entscheidungsfindungen aus aktuellen Wissenschaftergebnissen und politischen Durchführungsbestimmungen zu sprechen, auf parallele Abläufe in unserer Firma hinzuweisen, um die Wut rauszunehmen und ein wenig konstruktives Nachdenken einzupflegen, alles schwierig. Ein Satz wie "Ich lass mir den Dreck nicht reinspritzen" macht schnell die Atmosphäre solche Gespräche klar, schnelle Frontenbildung, auch die Selbstgewissheit der formulierten Position, unterfüttert von so Halblaienwissen, das ganze noch gefiltert nach eigenem Gusto. Da ist also kaum ein Blumentopf zu gewinnen.
Nach unruhiger Schlaferei bin ich mit dem Weckerklingeln raus aus dem Bett, Frühstück, Haushaltkram, dann bin ich raus zum Laufen. Die 10er-Runde durch den Wald, die Sonne war schon weg, alles etwas farblos, ich hab den Ginster mit seinem Potential gegrüßt und auch die Tausendguldenblume, ich weiß doch, wo sie bald wieder hervorkommt.
Lesen: Jostein Gaarder, "Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort". Ein kleines Buch, das nur lesen sollte, wer auf HeileWeltKitsch steht. Nicht gut, nicht gründlich gedacht, obwohl der Herr Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft studiert und auch unterrichtet hat. Er hat Erfolg damit.

Mittwoch, 19. 1. 2022

Viel zu tun in der Nachtschicht, am Ende war das Ergebnis in Ordnung. Heimfahrt, Kratzen am Auto, fast ist es überlegenswert, zur Bushaltestelle zu laufen, mit dem Rad ist das auch schnell zu machen, aber bei der Kälte will ich nicht. Schlafen ging, wurde etwas ausgedehnt, da klar war, den Sport schaffe ich sowieso nicht. Haushalt, Einkaufen und Telefonieren, schon war das bisschen Freizeit weg. Dafür hat mein Kühlschrank was zu bieten, ich war im Lidl, das geht schnell, der Platz ist großzügig bemessen zwischen den Regalen, an der Kasse geht es ohne lange Wartezeiten. Das Sortiment ist etwas anders als im Kaufland, dadurch kommt es zu kleinen Überraschungen. Ich belohne mich mit Goldkiwi, Linsensalat und unbekannten Joghurtsorten.
Lesen: Philip Roth, "Das sterbende Tier", von Anfang an ist klar, der kann erzählen, die Geschichte interessiert mich nicht sonderlich, alter Mann ist geil auf junge Frau, aber der Sog der Schilderung hält mich sofort. Mal sehen, was rauskommt.

Donnerstag, 20. 1. 2022

Ich bin seit langer Zeit sehr kirchenfern unterwegs, seit heute gibt es ein weiteres Argument, dies zu begründen. Dem ehemaligen Papst, mehreren deutschen Kardinälen wird laut Nachrichtenlage nachgewiesen, vielerlei Kindsmissbrauch gedeckt und vertuscht zu haben, schlimmer noch, dadurch die zum Teil jahrzehntelange Fortsetzung des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester und Diakone ermöglicht zu haben. Die Herrschaften erinnern sich nicht, lügen ihr aktenkundiges Fehlverhalten weg, sprechen nicht mit den Opfern. Dieser Benedikt Nr. 16 kann theologisch die Jungfrauengeburt begründen, hat aber nicht die Empathie, hatte sie noch nie, zu ermessen, dass Missbrauch für die Betroffenen lebenslang wirksam sein kann, in vielen Fällen eine verkorkste Lebenslust und Sexualität bedeutet. Von Bekenntnis zu Schuld, Wiedergutmachungsversuchen ist nichts zu hören, die Säcke bleiben weg und tun vergesslich. Sollte man diesen Laden nicht endlich zumachen?
Weiter aus den Nachrichten: Der Vorstand der Grünen und die 1500 € Coronageld. Komisch. Wer hat da nicht aufgepasst? Ich glaube nicht, dass es um einen Bereicherungsversuch geht, die Summe lohnt doch nicht. Es sei ja schon zurückgezahlt. Irgendwer sollte jetzt noch erklären, warum dauernd so dumme Geschichten passieren, und wie man zu korrekten Abläufen bei der Geldverteilung kommt. Vielleicht sollt ein wenig mehr Sachverstand hinzu.
Mein Tag war gut, keine Verpflichtungen nach der Arbeit, ich konnte ausgiebig Sport machen. Zwei Stunden im Studio, alle Routinen abgearbeitet, auch was Neues eingepflegt, für die Sauna hat es nicht mehr gereicht. Egal, frisch geduscht, frisch getestet, gut gegessen, geh ich demnächst zur vierten Nachtsschicht.

Freitag, 21. 1. 2022

Die Presseschau am Morgen, nur zwei Minuten vor sieben auf SWR2, während der Heimfahrt im Auto, alle besprochenen Nachrichten zum Missbrauchsgutachten, da ging es noch viel ruppiger zu als bei mir. Ich hatte mir schon Gedanken gemacht, ob ich so eindeutig werden soll. Es empört noch mehr, und es wird so folgenlos bleiben wie die vielen Äußerungen zum Thema in den vielen Jahren zuvor.
Mein Programm heut war sehr überschaubar, es sollte gelaufen werden. Als ich gefrühstückt hatte und mein Haushalt top war, schaute ich aus dem Fenster in ein kleines Schneetreiben, das war aber schnell vorbei, während ich meine Klamotte zusammensuchte, kam die Sonne raus. Ich bin bei 3 Grad auf die Strecke, flach im Neckartal, die Radwege nach Hirschau, Wurmlingen und wieder zurück. Gab 12 km im Schnitt von 5:27 min/km, an manchen Stellen ging es richtig gut, mit einer gewissen Leichtigkeit. Dazu ein schöner Sonnenuntergangshimmel. Die letzte Nachtschicht wird rumgehen, da wir viel zu tun haben, ist die Zeit immer schnell gelaufen. Mit meinem Kollegen im Sondergang fühl ich mich gut versorgt, bei neuen Sachen, die ich noch nicht kenne, bekomme ich die Unterstützung, die nötig ist, sogar mit einer gewissen Aufmunterung, dass aus mir noch ein richtiger Schleifer werden könnte. So geht es doch.

Samstag, 22. 1. 2022

Der Ausschlaftag, morgens nach langwieriger Busfahrt, dieser Busfahrer schleicht, auch wenn um die Zeit gar kein Verkehr ist, und fährt seltsame Umwege, keiner weiß, warum, alle anderen sind wesentlich schneller, irgendwann war ich doch im Bett. Eingemummelt, nur die Nase und die Buchhaltehand schaut raus, bis sie anfängt zu sinken, dann mach ich schnell das Licht aus, nehme die Traumstartposition ein, genieße noch kurz die Wärme und zuppele das Säckel zurecht, bevor sich das Bewusstsein ganz verabschiedet. Herrlich jedesmal, dieser Start in ein solches Nichtwissen. Den Wecker hatte ich eine Stunde vorgestellt, es ist ein komplexer Vorgang, bis genügend Antrieb entwickelt ist, die Füße raus ins Kalte vor dem Bett zu schwenken, in die kalten Schlappen zu kommen, ab dann ist es ungemütlich genug., nicht länger auf halb acht zu verweilen. Alles weiter wie immer, nur befreit von dem Druck zu takten, als alles gerichtet war, auch meine Blümchen bekamen Wasser und mein Kinn eine Rasur, ging es ins Studio. Sport nach Herzenslust, ich baue ganz langsam mein Programm ein wenig um, auch, um was neues zu lernen. Es sind die Vorübungen aus dem Callisthenics-Kurs dabei, ich tu mal so, als könnte ich das irgendwann. Am interessantesten ist ein Handstandkletterer an der Wand hinauf, der, wenn man dreimal hoch und runter geht, richtig anstrengend wird, und zwar genau da, wo es noch fehlt, im Schulterbereich. Der Abend ist eine gemütliche Telefonierzeit, Lesezeit, wenn ich noch bissle was am Rechner schaffe, war es ein runder und schöner Tag.

Sonntag, 23. 1. 2022

Der Umstieg vom Vormittagsschlaf nach der Nachtschicht in Normalbetrieb ist meist etwas verkünstelt, gestern ging ich ja zweimal ins Bett, brauch mich nicht wundern über einen sehr leichten Schlaf. Bin so aufgestanden, dass ich den Hirschauer Lauftermin erreicht hätte, aber ich hatte keine Lust. Der Blick aus dem Fenster war es diesmal, es sah trübe aus, überhaupt kein bisschen verlockend. So blieb ich länger sitzen, mühte mich mit einem Buch herum, hab´s später doch weg gelegt. Uwe Johnson, "Mutmassungen über Jakob". Ich hab erst gedacht, ich lese unkonzentriert, bin ständig über mir unverständliche Formulierungen gestolpert, hab gerade so verstanden, worum es geht, als ob der Text, der nur manchmal Satzzeichen enthält, aus einer anderen Zeit stammt. Tut er ja auch, von 1952, aus dieser Zeit kenne ich aber viele Bücher, die brillant erzählt sind. Manche Begriffe, manche Tätigkeiten waren mir unbekannt, dazu noch mecklenburgische Mundarteinschübe, die verstand ich auch nicht, es verließ mich nach ca 50 hart erkämpften Seiten die Lust, als ich mal schaute, es sollten noch 250 entschlüsselt werden. Hab bei Wiki nachgeschaut, er wollte so schreiben, eben anders als bisher, es ist begründet und nachvollziehbar, aber ich bekomm es nicht gelesen.
Lange Zeit brachte ich zu beim Umzug meiner Bildarchive vom alten auf den neuen Rechner. Es sind unglaublich viele und während ich mit den Sticks und Ordnern hantierte, dachte ich drüber nach, was damit werden soll, wenn ich die Hufe zusammenklapp. Die Wahrheit ist, ich weiß es nicht. Und hoffe noch genug Zeit zu haben, irgendeine akzeptable Lösung zu finden. Alles weg, das wäre mir zu einfach, auch schade drum, das ist ja zumindest ein Lebensabschnittswerk. Nun ist nicht jedes Bild spektakulär schön oder wichtig, aber solche sind dazwischen. Bei der Gesamtheit kann man sehen, wie hat er gearbeitet, sich entwickelt. Will das jemand, keine Ahnung. Ein Auswahl bewahrenswerter Arbeiten rauszusortieren verkleinert das Volumen, damit auch die Einsicht. Im Moment bin ich noch zu distanzlos, um es zu entscheiden, hab sowieso keine Zeit, mich da durchzuarbeiten. Bin also drauf angewiesen, im Ruhestand Zeit zu haben, hoffentlich weiß das auch der Sensenmann.
Als mir der Stick zum Hals raushing, bin ich ins Studio und habe die Ratlosigkeit wegtrainiert. Abends fing ich ein Buch an zu lesen, das ich verstand, wo sich die Bedeutung des Textes auf Anhieb erschloss und zu einem Lesevergnügen führte. "Hundsgeschrei" von Titus Simon. Jüdische Lebenswege in Deutschland von 1870 bis zumindest in die Nachkriegszeit, so 1955 rum. Genauer weiß ich das noch nicht.

Montag, 24. 1. 2022

So richtig sagen, warum, kann ich nicht, der Vormittag ist ohne einen Lauf vergangen. Als klar war, ich hab genug rumgetrödelt, da reicht die Zeit nicht mehr, bin ich wie zum Ausgleich agil geworden und hab den Rechner alt weggepackt und den Rechner neu auf den freien Platz gestellt, dabei bin ich den Zettelberg angegangen, wo tausend liegengebliebene Dinge notiert waren, hab durchsortiert und ausgesondert. Manches hat sich erledigt, weil Zeit vergangen ist. Anderes soll nicht vergessen werden, taucht auf mannigfaltigen Aufschrieben auf, sieht dadurch mordsviel aus und konnte zusammengefasst werden. Ist trotzdem eine lange Liste geworden, mit neuen Prioritäten, mal sehen, ob es was bringt. Oder ob einfach wieder viel Zeit vergeht. Frisch getestet bin ich zum Bus, die Arbeit war gut zu bewältigen, ich bin wieder in einer anderen Reihe gelandet, die mir aber mittlerweile vertrauter ist. Da ich nicht mehr suchen muss, wie am ersten Tag, brauch ich nicht mehr über jede Einzelheit nachdenken, es läuft flüssiger. Von frisch ertesteten Corona-Verdachtsfällen war zu hören, es ist logisch, dass es näher rückt, mittlerweile sind über zehn Prozent der Bevölkerung infiziert gewesen bzw. genesen. Da kann man durchzählen, eins zwei drei bis zehn, bei einem war´s nicht schön. Oder so. Bin neugierig, wann es  bei mir ankommt.

Dienstag, 25. 1. 2022

Als die Sonne über dem Rammertwald aufging, stand ich bereit zum Kurs im Studio. Functional training war angesagt, es gibt auch zwei dieser Kurse am frühen Abend, aber in der Spätschichtwoche bin ich froh um diese Alternative, auch wenn ich die Uhrzeit, Tageszeit abenteuerlich finde, um Sport zu treiben. Das mit der Sonne jedenfall war richtig schön, wie schnell es ging, dass aus dem ersten schmalen Streifen Licht, in den man sogar noch reinschauen konnte, ein großer Feuerball wurde, der immens blendete, das ist jedesmal ein Erlebnis.
Auf Arbeit gab es eine Abteilungsversammlung, um von Arbeitgeberseite zum Scheitern der Verhandlungen um die Entlassungen in Tübingen zu informieren. Es sollte uns eingeredet werden, der Betriebsrat hätte aus Stolz und falschem Ehrgefühl die Sache platzen lassen, irgendwann kam es mir so komisch vor, dass ich reklamierte, warum niemand vom Betriebsrat anwesend sei, der seine Version der Geschichte darlegen sollte, damit wir von beiden Seiten hörten und uns selbst ein Bild machen könnten. Die großzügigen Angebote für die Freiwilligen, die Transfergesellschaft für die zu Entlassenden, alles sei vom Tisch, ohne dass wir es beurteilen konnten, weil der Betriebsrat so bockig gewesen sei. Wie es weitergehe? Ich hab das Ergebnis ein Unglück genannt, die Lösung über den Schlichter ist schlechter. Hinterher, bei der ersten Nachfrage bei einem Mitglied vom BR klang das so, dass der BR eine Namensliste hätte mit erstellen und abnicken sollen, vorher werde über die Angebote nicht geredet. Das klingt auch nach Bockigkeit. Zumindest habe ich meine Zweifel am Verhandlungsgeschick beider Seiten.
Aus den Nachrichten: Das CDU-Mitglied Otte lässt sich aufstellen als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl. Er kandidiert für die AfD. Was sagt uns das über den Zustand der CDU? Ich will das hier nicht ausformulieren, aber wenn ich in der CDU wäre, was ja nicht passieren würde, wäre mir das peinlich.

Mittwoch, 26.1. 2022

Da ich zur Zeit etwas pussymäßig beim Laufen drauf bin, zu kalt, keine Lust, tausend Ausreden, hatte ich mich am Vorabend für den Spinningkurs angemeldet, so zur Beruhigung des Gewissens. Kurz vor neun saß ich also im Sattel und fing an zu trempeln. Ich hatte mir den FTP-Wert relativ ambitioniert eingestellt, schließlich war es der Kurs für Fortgeschrittene, und bin schnell ins Schwitzen geraten. Am Ende waren 59 Minuten geradelt, eine Strecke von ca 33 km wurde angezeigt und der Wert Watt pro Kliogramm Körpergewicht lag bei 2,6. Nach dem Duschen saß ich zufrieden in der Sauna, hab mir beim Bäcker ein kleines Mittagessen organisiert, zu Hause getestet, bevor ich zum Bus musste. Die Arbeit war geprägt von dem vielen Gerede über die Situation zu den Tübinger Entlassungen. Es gab weitere Infoveranstaltungen der Betriebsleitung für andere Abteilungen, eine Betriebsrätin ist durchgelaufen, gab kurze Erkärungen ab, leider nicht besonders erkenntnisförderd, so dass wir immer misstrauischer gegenüber den voneinander getrennt ratternden Kanälen werden. Beides sieht nach bockigem Beharren auf der verfahrenen Situation aus, natürlich mit der Schuldzuweisung zur jeweils anderen Seite. Es kam an verschiedenen Stellen zu dem Ruf nach einem Schlichter von außen, da die internen Begabungen für eine gute Lösungsorientierung mangelhaft scheinen.
Die Diskussion zur Impfpflicht ist angelaufen. Meine Hoffnung ist, die Pandemie schleicht sich wegen der Durchseuchung mit Omikron und es kommt eine schützende Immunisierung gegen alle künftigen Varianten zu Stande, so dass der Medizinbereich nicht überlastet werden kann, und wir mit den Infekten umgehen können, ohne den Lockdown je wieder zu benötigen. Trotzdem ist es gut, das man die Argumente dafür, dagegen, und auch die Varianten, alle, ab 50, nur in relevanten Bereichen, wie auch immer, anhört und bedenkt und versucht zu einer politischen Lösung zu gelangen, die am besten noch die Spaltung oder Aufsplitterung der Gesellschaft entschärft. Wenn ich das hier hinschreibe, komme ich mir vor wie John Lennon, als er "Imagine" sang.

Donnerstag, 27. 1. 2022

Bei der Überlegung, einzukaufen oder ins Studio zu gehen, gewann die Lust an paar Klimmzügen auf der Stelle, zumal ich beim frühen Frühstück feststellen konnte, der Käse, das Brot, es reicht für einen weiteren Tag. So war ich gegen neun im Sportpark, habe die Routinen abgearbeitet, wollte in die Sauna, dadurch langt die Zeit nicht ganz für alles, da war ich bereit mit mir einen Kompromiss zu machen. Auf Arbeit ähnlich wie gestern, immerhin hat der Betriebsrat erkannt, dass er informieren muss, holte sich verschiedene Gruppen zusammen. Ich weiß nicht, woran es lag, an der Vorbeschallung zum Thema durch Vertreter der Leitung, an unklaren Formulierungen des BRs, an dem Wunsch einzelner Kollegen, den Vorgang Entlassungen auf Tübingen zu begrenzen, es wurde die Stimmung nicht besser, der Durchblick zur Lage wollte sich nicht einstellen. Weiterhin gab es dies unaufhörliche Gesurmel und Geschimpfe, jeder zu jedem, mir war das schnell verwirrend, weil jeder die Zustimmung zu seiner Meinung und Auffassung einholen wollte. Irgendwann kam die Betriebsrätin bei mir lang, wollte mit mir sprechen, ich glaube auch, sich Zuspruch holen, im Verlauf kam auch die persönliche Betroffenheit und Kränkung durch misstrauische Kritik und Rückfragen bei ihr hoch, sie musste dauernd anfangen zu weinen. Ich habe versucht, sie aufzurichten, freundlich bestärkend mit ihr zu sprechen, ich glaube auch, dass das jetzt erst der Anfang der Geschichte ist, unser Boss ist mit der Idee der Gewinnmaximierung angetreten, da kommen noch schwierige Zeiten.
Beim Lesen: Die Repressionen jüdischer Deutscher in einer kleinen schwäbischen Stadt bis 1941, so weit bin ich im Buch, es ist unvorstellbar, wie unvermittelt das Leben nicht mehr funktioniert, wenn ihnen von heut auf morgen alle Rechte weggenommen werden, die anderen das zum großen Teil begrüßen und dabei mittun. Wie wenig stabil die zivile Gesellschaft ist, wenn Druck kommt. Da passt die Lektüre grad zum realen Leben.

Freitag, 28. 1. 2022

Der Vormittag war ausgefüllt mit Ausschlafen, einem gemütlichen Frühstück und Lesen. Sonst hab ich gar nichts gemacht, bevor es auf Arbeit ging. Brauchte mich nicht mal um Mittagessen kümmern, da ich spät dran war. Auch mal schön. Auf Arbeit war es ganz ruhig, als ob alle erst mal Luft holen müssen nach den wilden Diskussionen der vergangenen Tage. So war der Höhepunkt das Kantinenessen, es gab für die Vegetarier Schmorgurke auf Duftreis, das war sehr lecker. Heimwärts ging es mit einem Stadtbus, wenn der über Land fährt, merkt man den Unterschied zu einem Reisebus sehr deutlich. Aber ich war pünktlich zu Hause und schalte sofort um auf Wochenende.
Dänemark beendet laut NZZ alle Corona- Maßnahmen, trotz hoher Ansteckungszahlen, es ist ein interessantes Experiment. Immunität durch die Durchseuchung mit dem hochansteckenden Omikron, der Verlauf sei dann milde. Und die Zukunft sei pandemiefrei, es gäbe eine weitere Grippeform. Das wäre ein eleganter Ausstieg aus dem Maßnahmenvielerlei, dass uns langsam dünnhäutig macht, vielleicht klappt das demnächst in Deutschland auch so.

Samstag, 29. 1. 2022

Mein Zettel war so voll, das konnte nicht gut gehen. Nichts desto trotz hab ich ausgeschlafen und gemächlich begonnen, schon war der erste Punkt fällig. Ich bin in die Stadt gelaufen, an der Vitrine, einem Schaufenster am Metzelplatz, gab es eine Ausstellungseröffnung. Die Tochter einer Lauffreundin zeigte einen Ausschnitt ihrer Sicht auf die Welt unter dem Titel "Ich fühle mich wie ein Alien". Ausdrucksstarke Zeichnungen im Bereich Portrait. Ich fand gut, die Veranstaltung lief draußen ab, recht zwanglos, angenehm einfach, man hat miteinander geschwätzt.
Zu Hause hab ich versucht, das Putzritual durchzuziehen, dabei machte ich einen Kompromiss zwischen der Schnelligkeit und der Gründlichkeit. Diesmal zeigte die Nadel in Richtung sehr schnell. Schließlich war meine Liste noch voll. Ich hab noch was geschafft, bis ich ins Studio musste, war verabredet mit dem Läufermichi. Wir haben ein gutes Training geschafft und hatten viel zu erzählen. Der Einkauf musste sein, ich bin gleich von da in den Handelshof, als ich meine Runde drehte, fand ich, alles ist markant teurer geworden. Ich musste ein ordentliches Sümmchen berappen, nun gut, ins Elend stürzt mich das nicht. Die Woche kam schon die Abrechnung der Stadtwerke, da war die Verteuerung so eindrucksvoll, dass viele mit ihrer Rechnung losgelaufen sind  und da nachgefragt haben, so wurde mir erzählt. Vielleícht war ich deswegen empfindlicher bei den Preisen. Ich hatte vor kurzem einen Artikel gelesen, da wurde beschrieben, wie die empfundene Inflation immer höher ausfällt als die tatsächliche. Ich werde mich wieder beruhigen.
Eine wundervolle Serie mit Bildern und Videos von meinen Enkeln kam an, sie spielen miteinander und spielen Dinge nach, die sie bei den Großen sehen. Total lustig ist Eva´s Versuch zu jonglieren. Es ist nicht jonglieren, aber sie hat so wesentliche Muster dieser Bewegung zusammengefasst, dass man auf der Stelle sieht, worum es geht.

Sonntag, 30. 1. 2022

Wie soll ich das sagen, führte ich das Leben einer Leseratte, die sind aber geselliger als ich, also die Ratten, von daher verstehe ich den Begriff nicht. War es ein Bücherwurmdasein, ich saß ja im Licht, wer hat die Begriffe sich ausgedacht. Wie ein Maulwurf grub ich meinen Lesegang weiter, um einen genauso falschen Begriff zur Metapher zu missbrauchen. Am Ende will ich sagen, ich las ganz schön lange. Die Nachkriegsgeschichte aus der Sicht eines überlebenden Juden, aus dem schwäbischen Deutschland, alles sehr spannend, es ist ja kaum noch jemand da, der es aus eigenem Erleben erzählen kann. Titus Simon hat viel recherchiert, und packt das alles in eine fiktive Lebensgeschichte. Obwohl mir manche Seelenregung, die beschrieben wird, nicht immer nachvollziehbar ist, kommt mir die Gesamterzählung sehr plausibel vor. Aus anderer Literatur und aus den Erzählungen meiner Vorfahren würde ich ihm bestätigen, das alles hätte so stattfinden können, auch wenn der Lebenslauf der Hauptfigur in den Jahren 1941 bis 1954 sehr, sehr kurvenreich ist.
Irgendwann, als ich Hunger bekam, merkte ich, die Sonne schien, dachte, wenn ich jetzt esse, kann ich erst laufen, wenn es dunkel wird, mein Gott, bin ich umständlich am Formulieren. Ich ging auf die Strecke, mit Rückenwind bis Kiebingen über das freie Feld, dann hoch in den Rammert, am Kloster vorbei immer höher, die Steigung hört nie richtig auf bis zur Dünnbachhütte, dann läuft man alles mühselig Erklommene in einer Viertelstunde abwärts zurück nach Hause. Gab 12 km im 5:38er Schnitt, bei 245 Höhenmetern. Die ersten Schneeglöckchen am Wegesrand, Verheißung Frühling. Zu Hause gab es zu futtern, ich konnte einfach weiterlesen, was für ein schöner Sonntag. Demnächst ist das Vorbereiten für die Frühschichtwoche dran, das Runterbeamen auf zeitig ins Bett fällig.

Montag, 31. 1. 2022

Verborgt in mir nicht mehr ganz unbekannte Verhältnisse, die Arbeit war frei von Stress, da wir gut besetzt sind. Mittags in der Kantine, es gab Kartoffeln und Ei und Spinat, der Spinat war nicht fertiggerichtmäßig zermühlt, sondern schlappte in langen Binsen im Rahm herum, hat gut geschmeckt und war schwierig zu essen, also die Handhabung war nicht leicht. Hinterher hatte ich das Gefühl, mir überall Spinatfäden hingeschlenkert zu haben, fand einen am Kinn und fragte mich nach sonstigem Grün an mir dran. Rückzu bin ich tatsächlich an einem Spiegel vorbei, um zu prüfen, so schlimm war es nicht.
Gute Laune gemacht hat der Kurs am Crossfit-Tower, bei Temperaturen um Null und Schneeregengraupel waren wir voll besetzt, wenn es mal angefangen hat, ist das Wetter sowieso egal. Morgen wird es Muskelkater geben in den Beinen und im Arsch, gefühlt tausend Varianten Ausfallschritte, dazu Pistol Squats mit Anhalten, dass man nicht umfällt, alles sehr apart. Das Abendprogramm steuert auf das Zubettgehen zu, wenn es vor Mitternacht klappt, war es gut.

Dienstag, 32. Januar

Morgens über die verschneite Alb, hab ich mir sagen lassen, bin erst vor dem Werkstor aufgewacht. Auf Arbeit richtig viel zu tun, die anderen Schichten sind so schlecht besetzt, dass sie nur laufen lassen, nicht rüsten können. Das bleibt für uns, wir sind gut besetzt. Dadurch verging die Zeit sehr schnell, hab nicht mal gemerkt, wie müde ich bin. Das kam im Bus, drückte sich in Tiefschlaf aus bis auf den letzten Meter, der Kollege musste mich wecken. Gut genutzte Fahrzeit. Aus allen Ecken kommen Coronameldungen, es hat Kollegen erwischt und Sportsfreunde, in der Nachbarschaft ist es da und durchseucht uns anscheinend nach und nach, alle machen es zu Hause klar, die Kliniken sind normal belegt. In Dänemark fällt die Inzidenz, nachdem sie auf 4000 angestiegen war. Anscheinend löst es sich, weil ansteckbare Menschen weniger werden. Bin in dieser Hoffnung.
Mein Feierabend begann mit einer Stunde im Haushalt, dann gönnte ich mir einen Stadtgang. Am Bücherschrank gab ich nur hinein, ging mit leerem Rucksack davon. Beim Bäcker gab es einen Kaffee und ein Stück Käsekirschkuchen, mit Streuseln obendrauf. Tasche packen für den Sport, zwei Stunden Training um den Muskelkater herum. Am Ende noch eine Runde Jonglierversuche, anscheinend ist es wie beim Radfahren, hat man es einmal gelernt, geht es nicht verloren. Die Präzision schwindet etwas, aber ich bin durch fast alle Sequenzen gekommen, die ich schon mal konnte. Immerhin. Ein Shake zum Schluss, Abendbrot daheim, vorbereiten für morgen, das hier, und ab ins Bett.

 

weiter zum Februartext