Mittwoch, 1. 12. 2021
Auf der Arbeit mit lustigen Fehlern gekämpft, damit viel Zeit
vertan, das ist nichts Neues. Mein Kollege ebenso. Da geht
Aufmerksamkeit drauf für Dinge, die man richten könnte. Am Ende kam
noch ein neuer Fehler zum Vorschein, als ob die Anlage alles
vorführen wollte. Da war es aber mein Feierabend, damit plagt sich
die Ablösung. Zu Hause war nicht viel zu tun, auch schön, ich ging
in die Stadt, wollte mir beim Bäcker Gutes tun. Das geht so nicht
mehr. Seit heute müssten zu den Impfzertifikaten die Ausweise
geprüft werden, das will der Bäcker nicht, weigert sich und darf
nicht mehr bewirten. Wenn ich da allein im Eck meinen Kaffee
schlürfte, wäre ich garantiert nicht der Pandemietreiber. Aber unser
Ministerpräsident in seiner fürsorglich über alles bestimmenden Art
hat salbungsvoll schwäbisch alles klargemacht, so ließ ich mir den
Kuchen einwickeln, trug den Kaffee im Pappbecher heim, so ein Kack,
dachte ich bei jedem Schritt und ließ es mir zu Hause schmecken. Ich
war resilient, hab mit der Verkäuferin einen netten Schwätz
gehalten, wir landeten kichernd da, dass ich demnächst wohl die
Hosen runterlassen müsse, wöllte ich den Kuchen da verzehren. Der
Kurs am Crossfit-Tower fing an ohne Regen, ein paar Tropfen, mit
jeder Station wurde es mehr, am Ende platschten wir draußen rum,
meine letzte Übung war das Krokodil, da stand ich im Wasser. Hat
trotzdem Spaß gemacht, war ordentlich anstrengend, die Sauna war die
Zielprämie. Noch zweimal Frühschicht.
Donnerstag, 2. 12. 2021
Sehr müde durch den Tag geschleppt, ich bin kein Lerchenmensch. Zum
Glück war es auf der Arbeit ruhig und gut zu schaffen und es gab
wenige Störungen, manche wurden sogar beseitigt durch die
Instandhaltung. Heim, ein Käffchen und ein bisschen Zeit zum Nixtun.
Haushalt, Sportpark, ich war angemeldet zu Siggi in den Bauchkurs.
Kurz und knackig, bis zum Organversagen, nein, so schlimm nicht,
aber der Muskelkater wird kommen. Sonst wollte ich trainieren und
kam nicht dazu, musste schwätzen. Oder eher zuhören, ein
Sportsfreund erzählte über das Hickhack um Pisa, um die Bewilligung
der Gelder dafür, das war interessant. Drei Schritte weiter, und ich
wurde informiert über einen demnächst stattfindenden Workshop zu
Calisthenic, wurde freundlich eingeladen und beruhigt auf meine
vorsichtige Anfrage hin, ob ich so was mitmachen kann. Vorfreude,
fast wie das Öffnen eines Fensterls am Adventskalender.
Freitag, 3. 11. 2021
Neben all der Müdigkeit am fünften Tag der Frühschichtwoche gab es
einen Höhepunkt. In der Kantine, ich geh zum Mittagessen, gab es
Kaiserschmarren auf Frucht-Beerensuppe. Damit kriegt man mich. Voll
im Glück hab ich die letzte Stunde gearbeitet, die Messrunde fertig
gemacht und den Gang zur Übergabe geordnet, bevor es heimrumpelte.
Ich war durch nichts mehr zu erschüttern, schlief bis Gomaringen, da
wachte ich durch lautes Geschrei auf, der Busfahrer war an der
Haltestelle da vorbeigefahren. Nachmittags war ich verabredet auf
einen Kaffee und einen gepflegten Schwätz, ein guter Start ins
Wochenende. Einkaufen musste ich, Obst war ganz alle. Für abends war
ich zum Spinningkurs angemeldet, bin vorher ins Studio, hab noch
paar Geräte untergebracht, bis es losging. Ich wollte es mal wieder
ausprobieren, weil ich so wenig laufe. Es war eine milde Trainerin
da, die uns jetzt nicht fürchterlich striezen wollte, dadurch war
der Anfang gut zu machen. Hinterher die Sauna, perfekt. Eine kleine
Beobachtung muss ich hinschreiben. Beim Umziehen war noch ein junger
Bengel neben mir am kruschteln, er nahm einen Löffel Proteinpulver
in den Mund, Wasser hinterher und dann schüttelte er den Kopf, in
der Art, wie man den Shaker schüttelt, energisch. Ich musste lachen,
so hatte ich das noch nie gesehen. Er erklärte, er muss auf diese
Art nicht einen ganzen Shake trinken und braucht nichts auswaschen.
Pfiffig, oder? Die neuen Regeln zur Pandemie sind da. Zum Freitag
abend gehen sie raus und gelten ab morgen. 2 G+, ausgenommen
Geboosterte, so hab ich das verstanden. Leut, das ist schon mal
schlechtes Handwerk, erst wochenlang gar nichts, dann dies zu einer
Zeit, wo alle schon im Wochenende sind. Im Sportpark hieß es, Tests
wären gerade auch keine verfügbar, wie umgesetzt werden soll, weiß
grad niemand. Es gibt in den Gesprächen zwei verschiedene Wüte, das
soll jetzt die Mehrzahl von Wut sein, vielleicht wäre auch Wuts
richtig oder Wuten. Die eine meint Ungeimpfte, die uns das
einbrocken, ob da die Zuordnung schlüssig ist, weiß ich nicht. Die
andere richtet sich auf oder gegen die verantwortlichen Politiker,
die vieles mangelhaft managen. Dass in der Situation wieder mal kein
Impfstoff da ist, oder wenn, dann so kurzfristig geliefert wird,
dass keine Patienten erreichbar sind, dürfte in dieser vierten oder
fünften Welle nicht passieren.
Samstag, 4. 12. 2021
Ich bin ganz aus dem Häuschen, mit einem Kloß im Hals sitz ich
erschöpft vorm Bildschirm und bin vor lauter Schönheit vergangen.
Ein Arte-Konzert, Santana in Montreux, 2004, er nannte es hymns for
peace, hat mich das Fliegen gelehrt. Die Musiker von Santana sind
sowieso großartig, seine Percussiongruppe einzigartig, dazu hatte er
Gäste von Rang und Namen. Herbie Hancock, Chick Corea, Ravi Coltrane
u. a., ich wusste es gar nicht, hab am Anfang das nebenher laufen
lassen wollen, es hat mich ganz schnell so in den Bann gezogen, da
ging nix anderes. Man findet es auf YouTube, wenn man den
Winterblues vertreiben will, passt das. Mein Eindruck außerdem, die
Musiker hatten sehr viel Spaß aneinander, das konnte man sehen, Arte
hat das richtig gut gefilmt. Tagsüber hab ich frei gehabt, zum
Genießen, spät aus der Kiste, lang gelesen, zum Sport und da hab ich
mir drei Stunden gegönnt, endlich wiedermal ohne jeden Zeitdruck
trainieren, alle Übungen wacker abgearbeitet, keine Abkürzung
gebraucht, hinterher Sauna und was zu futtern bei meinem Chinesen.
Da war ich neugierig, ob ich was bekomme und dort essen darf, aber
ich wurde nur nach geimpft gefragt, saß allein im Eck und hatte
genug Ruhe zum nebenher Lesen.
Sonntag, 5. 12. 2021
Als wäre ich ein Sportler, so tat ich heut. Morgens, es war nicht
ganz leicht, rechtzeitig aus dem Bett zu kommen, bin ich pünktlich
in Hirschau angekommen zum Lauftermin. Wir waren gar nicht viele,
die meisten waren wohl beim Nikolauslauf in Tübingen dabei. Zu fünft
ist unsere Gruppe los, Richtung Weilheim, Derendingen, nach
Kressbach hoch, da sind zwei von uns auf die Abkürzung, zu dritt
sind wir über den Eckhof in den Rammert rein bis Bühl, von da aus
zum Neckar und drüber, zurück bis Hirschau, gab 21 km, wir haben es
unter 6 Minuten auf den Kilometer geschafft, obwohl der Aufstieg
Kressbach richtig steil ist. Vergnügt heimgefahren, geduscht, Mittag
gab es aus dem Frost, ein Nickerchen. Nachmittags hab ich mich
meinem neuen Rechner gewidmet, paar Programme laden und paar Daten
vom alten Rechner rüberschaufeln. Bis jetzt funktioniert alles,
obwohl ich keine Ahnung hab. Morgen den Rest. Zu um fünf eilte ich
in den Sportpark, am Wochenende macht er schon um sieben zu. Ein
kleine Kraftrunde, die Beine hab ich ganz in Ruhe gelassen, die
hatten genug vom Vormittag. An der Theke gab es die erste Nachricht,
dass die Neuregelung für Corona nachgebessert wurde und jetzt eine
gewisse Logik hat. Es dürfen ab morgen auch Ungeboosterte, die
zweimal geimpft sind, es darf nicht länger her sein als 6 Monate,
ohne frischen Test rein, ich glaube, da haben sich noch mehr Leute
aufgeregt und das ist angekommen bei den Regelverfassern. Das finde
ich jetzt gut, trotzdem wankt mein Vertrauen in die Arbeit der
verantwortlichen Politiker gehörig, haben sie ihren Fachleuten nicht
zugehört, oder einfach schlampig formuliert, zumal ich das beim
ersten Hören reklamiert habe, aber ich wäre davon betroffen gewesen,
mein Ministerpräsident und Konsorten sind bestimmt schon
drittgeimpft. Jedenfalls habe ich gemerkt, dass ich auf so neue
Zumutungen mit Lust auf Krawall reagiert habe, da ist eine
Dünnhäutigkeit da.
Dienstag, 7. 12. 2021
Gestern war ich willens zu liefern, dann klopfte mein Nachbar, er
hätte eine Störung , kein Festnetz, kein Internet, da hab ich von
meinem Anschluss aus versucht, mit der Telekom klarzukommen.
Eigentlich erst mit dem Sprachautomaten, der in der Dialogform recht
begrenzt ist, als ich da endlich durch war, er, dieser Automat
entschieden hatte, ich bräuchte jetzt ein leibhaftiges Gegenüber,
endlich mit einem Techniker, der das Problem auf Anhieb verstand,
eingrenzte, Messungen veranlasste, es kam zur Terminabsprache für
den Besuch eines Technikers. Die Telefongesellschaften, aber auch
die Geldinstitute und Versicherungen könnten allerhand Verärgerung
und Unwillen ihrer Kunden umgehen, wenn das Verfahren handhabbarer
wäre und zielführend. Nun gut, meine Zeit war weg, immerhin
für einen guten Zweck, darum die Lücke. Der heutige
Tag ist nicht sonderlich ereignisreich, Schlafen nach der
Nachtschicht, Frühstück und Haushalt, zum Sport. Trainer Olli hat
viel an mir rumkorrigiert, da findet sich überall Nachholbedarf. Als
ich das die ersten Male erlebte, war ich verunsichert, hab es für
Meckerei gehalten, mittlerweile und durch das regelmäßige Erleben
empfinde ich es als sehr nützlich, zumal sich mein´Training dadurch
verändert, verbessert. Es kommen Übungen dazu, fast immer sind es
die Schwachstellen, die er aufspürt und bearbeiten will. Es kommt
mir so vor, als ob er noch was aus mir machen will. Die
Nachrichten: Kretschmann entschuldigt sich für das Regelchaos vom
Wochenende, na, immerhin. Der Landtag, die Oppaosition, nutzt die
Gelegenheit, ihr Mütchen zu kühlen, macht viel Lärm drumrum, der nix
zur Sache bringt. Der Papst im Flüchtlingslager schilt mit der
Welt über den Umgang mit den Ärmsten, den Beutel macht er aber nicht
auf. Wohlfeile Worte, morgen sind sie vergessen.
Mittwoch, 8. 12. 2021
In der Mühle. Was soll erzählt werden? Die hundertste Wiederholung
von Nachtschicht und Schlafverschiebung. Von einem Regentag, an dem
das Laufen zwar auf dem Plan stand, aber ob des Wetters abgeblasen
wurde. Ich saß daheim, hab so bisschen an Papieren was geordnet,
sonst einen auf Erholung gemacht. Manchmal hält die innere Hatz an,
immer noch was erledigen zu müssen, ich greif zum Buch oder hock am
Rechner, denk, egal, es läuft nicht weg. Ist das beginnende
Altersweisheit, Gelassenheit, die mir nun doch zuwächst? Keine
Ahnung, aber es fühlt sich an wie Entlastung, gar nicht schlecht.
Mal sehen, wie lang das hält, und wie es mir damit geht. Wir
haben eine neue Regierung. Mir gefallen die Nachrichten von Aufbruch
und Neustart, auch dass sich drei verschiedene Gruppen
zusammenraufen müssen, finde ich gut. Die Akteure wirken auf mich
sehr aushaltbar, schon in den Koalitionsverhandlungen gefiel mir die
Unaufgeregtheit und Zielorientierung. Arbeit gäbe es genug. Die CDU
scheint tatsächlich Erholung und Erneuerung nötig zu haben, sie
wirkt wie durch das Raster gefallen, ohne Merkel erst recht.
Donnerstag, 9. 12. 2021
Alles im grünen Bereich, nichts außergewöhnliches. Die neue
Regierung startet, wieder ist alles anders als erwartet. Die
Liberalen müssen sich mit der Impfpflicht auseinandersetzen, die
andern ja auch. Die Grünen schlagen sich in Europa mit der Ansicht
vom klimafreundlichen Atomstrom herum. Die SPD darf nicht an die
Schuldenbremse ran. Bin ich froh, dass ich nur Nachtschicht habe.
Lesen: Ein Buch, "Nach Hause schwimmen", ein Roman von Rolf Lappert.
Nach den ersten 140 Seiten bin ich begeistert. Eine eindringliche
Art zu erzählen. Es fiel mich sofort an, aufzuhören, je eine Zeile
zu schreiben, der kann es viel besser. Fragmente aus verschiedenen
Leben, auch verschiedenen Zeiten werden so geschildert, dass ich nie
den Faden verliere, die Geschichte glaube und sehr neugierig bin,
was draus wird. Ich hatte bestellt, heute konnte ich mein neues
Spielzeug abholen. Es gibt drei schwere Jonglierbälle, und zwei
verschiedene Kontaktjonglierbälle. Beim Auspacken hab ich gleich
probieren wollen, die schweren hab ich nur zu zweit in die Luft
bekommen, die sind so groß, dass ich erst üben muss, zwei in einer
Hand zu halten, wie das werfen des ersten gehen soll, weiß ich noch
gar nicht. Mal sehen, ob ich ie zum laufen bringe, oder ob sie
unterm Bett landen.
Samstag, 11. 12. 2021
Gestern hat es nicht gereicht. Bzw. ich entschied, der Sport soll
wichtiger sein. Also hatte ich ausreichend Studiozeit, sonst keine.
Als ich später auf Arbeit ankam, sollte ich sofort in eine andere
Abteilung, wieder die Nummer mit dem Auffädeln von Platte und Hülse.
In unserer Reihe kommt gerade wenig Arbeit an, deswegen versucht
unser Teamleiter, uns woanders unterzubringen. Die Kolleginnen, die
uns in die Spur bringen, wir haben da keine Ahnung, machen es nett
und geduldig, und außer dieser durchgängigen kleinen
Dauerkonzentration, die die richtige Reihenfolge ergeben soll, ist
das recht entspannend für mich. Man hat nicht viel Verantwortung, es
ist so was Meditatives, auch ist der Arbeitsbereich ganz klein, ein
knapper Quadratmeter vor meinem Bauch, da ist alles in Reichweite,
was ich brauche. Ist eine Lage abgeräumt, oder ist alles
aufgefädelt, kann man aufstehen, Nachschub holen, sich mal
durchbewegen. Zu Hause, in der Morgendämmerung schlafen gegangen,
heut hab ich es geschafft, sehr pünktlich aufzustehen, dadurch war
Zeit für Haushalt und Einkaufen, beim Sport war ich natürlich auch.
Die Sauna danach macht Gemächlichkeit an die Hatz, alles mögliche zu
erledigen. Und jetzt hab ich´s bis hier geschafft und bin schon
ziemlich bettreif.
Sonntag, 12. 12. 2021
Auf Hirschau hatte ich keine Lust, es war ein Lauf zum
Glühweintrinken angekündigt, das ist nicht so mein Ding. So gab es
einen lauffreien Tag, das klingt jetzt wie eine Begründung, die
Wahrheit ist, ich hatte Lust auf einen gepflegt langsamen Tag,
Ausschlafen, gemächlich starten und nur einen Besuchstermin, sonst
gar nichts. Erst war Lesezeit, das Buch erzählt mir auf gediegenste
Weise kleine Fenster in andere Leben hinein. Ich sitze staunend vor
manch nie gelesener Formulierung, die es genau trifft, zumindest
habe ich das Gefühl, ich kann sofort die dazugehörigen Bilder
entwickeln. Und, was mir noch auffällt: Dieses Buch, auch andere
vorher erzählen mir von Menschen, die manchmal nicht mehr jung sind,
nicht mal mehr mittelalt, aber jünger als ich. Ja, denke ich, so
geht altern, u. a.. Nach dem Mittag bin ich losgefahren nach
Kirchheim zu meiner Kunstfreundin, wir hatten uns in ihrem Atelier
verabredet. Ich war ziemlich lange nicht da, so erhielt ich einen
Einblick in lauter fertige und angefangene Kunstwerke, es war fast
wie ein Ausstellungsbesuch. Das Schöne an ihren Arbeiten ist neben
aller formalen Gediegenheit und der inhaltlichen Klarheit, es geht
lustig zu. Da blitzt der Humor auf, nicht krakeelend, aber schon
gehörig schmunzelnd. Macht mir gute Laune. Wir sind nach der Schau
in die Stadt gelaufen, haben uns in einen Bäcker gehockt, es gab
guten Kuchen zum Kaffee. Dass man immerzu seine Maske, den Ausweis
und das Impfzertifikat bereithalten muss, manchmal noch Luca
benutzen soll, macht das Leben nicht einfacher, ist im Ergebnis aber
viel besser als ein Lockdown. Wir konnten viel reden, haben beide
gemerkt, Corona und Impfpflicht sind schwierige Stellen. Mit jeder
markant eindeutigen Aussage ist man schnell dabei, nicht mutwillig
und nicht böse, andere auszugrenzen. Zum Glück sind wir da ähnlich
unterwegs, was Mediennutzung und Wissensquellen anbelangt. Der
Wissensstand ist noch recht ursprünglich, vor einem Vierteljahr gab
es das Wort Impfdurchbruch noch nicht in allgemeinem Volksgebrauch,
so geht es an vielen Stellen zu, Omikron kennen wir jetzt als
Bezeichnung, was es mit uns machen wird, was nachkommt, wieviele mir
unbekannte griechische Buchstaben wir noch benutzen werden, alles
offen. Ich bin abends zufrieden heim gefahren, so viele Nachmittage
in gediegenster Gesellschaft hab ich ja nicht.
Montag, 13. 12. 2021
Den Wecker hab ich ausgemacht, ein bisschen verzögerte sich das
Aufstehen wegen der Wohlbefindlichkeit unterm Zudeck. Herrlich, was
einem da durch den Kopf springen kann. Immer noch rechtzeitig stand
ich aufrecht, ich habe konzentriert begonnen. Das Frühstück war
bereit, die Wäsche lief, als ich las, der Aufwasch ging schnell und
der Sanitärputz auch, die Wäsche war zu hängen und ich wollte
laufen, wenigstens ein bisschen. Da ich schon wieder eine lange
Lücke hatte, und die Zeit knapp wurde, gönnte ich mir eine
Fünfkilometerrunde, nur hoch zur Forstschule, einmal drumherum und
zurück. Schließlich musste ich noch duschen, einen Test machen was
futtern vor der Schicht und los zum Bus. Auf Arbeit werden wir mit
dem Bestand wohl gerade übers Restjahr kommen, wir denken alle, ab
Neujahr wird es besser, ohne dafür einen Grund zu haben. Man wird
sehen. Jetzt mache ich mit Bildern weiter, einmal die Sicht beim
Lauf, die Luft war herrlich feucht, der Ausblick begrenzt, dadurch
ist nicht viel auf dem Bild.
Zeigen wollte ich, wie groß meine neuen Jonglierbälle sind, ich habe
die ersten geglückten Versuche erlebt, alle drei ein paar Runden,
wenige Runden zu starten. Der Anfang ist gelöst, ich muss links und
rechts einen Ball in der Hand haben, den dritten klemme ich
dazwischen und probier ihn so zu werfen, dass ich den zweiten
losschicken kann, den dritten, dann muss ich den ersten schon
fangen. Das alles soll der erste Wurf ermöglichen, der aber so ganz
neu für mich ist. Es muss geübt werden.
Dienstag, 14. 12. 2021
Ich bin wirklich zeitig aufgestanden, war pünktlich um 8:15 zum
functional training im Sportpark. Es ist nicht meine Lieblingszeit
zum Sportmachen, aber es ist in den Wochen von Nacht- und
Spätschicht der einzige Kurs dieser Art, den ich erreichen kann, da
muss ich ran. Nach einer Stunde waren wir durch, es war wieder was
Unbequemes dabei, da muss ich gegen meine Verkürzungen ankämpfen und
es reicht nur geradeso, die Übung durchzuführen. Der Kurs war
beinlastig, morgen werde ich was davon merken. Die Sauna war zum
Glück in Betrieb, ich hab es mir ausführlich gegönnt. Ab da war der
ganze Tag recht entspannt, ich konnte zu Hause noch bisschen
Krimskram erledigen, auf Arbeit war es auch ganz ruhig, die
Maschinen liefen gut. Es war genug Zeit, mal was zu reden mit
einzelnen Kollegen, einer hat mir erzählt, wie er sein Longcovid
bewältigt hat, wie es war, richtig krank zu sein, nicht zu wissen,
wann, ob es je besser werden wird. Dazu die Gespräche auf Arbeit,
als es wieder losging, warum so lange, und er wäre gesehen worden,
vor seinem Haus sitzend. Ich erinnere mich, das war manchmal das
Gerede unter seinen Kollegen. Da kommt zu der eigentlichen
Erkrankung noch solcher Mist dazu, das macht es nicht einfacher.
Mittwoch, 15. 12. 2021
Es war nichts los. Der Tag verlief ruhig, morgens gönnte ich mir
Fußpflege, es ist immer köstlich, danach auf neuen Füßen zu
schweben, da drückt keine Hornhaut mehr. Auf dem Rückweg bin ich in
eine Bank rein, wollte eine kurze Beratung, kein Mensch war da, ich
bekomm einen Termin. Es muss alles seine Ordnung haben. Am Ende werd
ich mit meiner Frage in fünf Minuten zu Potte kommen. Immerhin ging
es schneller als am Telefon, bis man durch das Fragemenü durch ist,
vergehen viele Minuten und meine anfangs gute Laune verschlechtert
sich mit jeder neuen unsinnigen Abfrage. Die Arbeit lief gut, ich
bin wieder verborgt, das geht schon so lange an dieser Stelle, ich
fang an mich auszukennen.
Donnerstag, 16. 12. 2021
Wieder ein Termin, zu dem ich früh aufstehen soll, damit ich ihn
erreiche. Im Ergebnis ganz und gar unbefriedigend. Ich war bei einer
Bank, wollte mich beraten lassen, um dem Verwahrgeld, welches bei
meiner Hausbank im Moment alle Monate anfällt, zu entgehen. Da kam
ich vom Regen in die Traufe, sollte schon für das Konto an sich
Gebühren zahlen, hätte das volle Programm in Anspruch nehmen müssen,
das ich gar nicht brauche. Also gut, da ist als Ergebnis eines
soliden Lebens ein bisschen Geld liegengeblieben, nachdem ich all
die Kredite meiner Gründerzeit abgestottert hatte, was sich wegen
eindrucksvoller Zinsen zu jener Zeit hinzog, nun soll ich wieder
Geld an die Bank abdrücken, damit ich es ablegen kann. Unmut ist da
ein zu schwaches Wort. Dazu kommt, wie mir die Beraterin wortreich
auswendig gelernt die harten Zeiten für die Bank schildert, schon
war ich mir wiedermal ganz sicher, Geld macht nicht glücklich. Ich
werde für meine paar Groschen auf jeden Fall eine Lösung unter dem
plumpen Radar der Finanzindustrie finden und mir den Buckel küssen
lassen. Richtig blöd an diesem Versuch war, meine Zeit war hinterher
zu knapp für einen Besuch im Studio oder einen Lauf. Sinnlose und
zeitfressende Wedelein. Auf Arbeit wieder alles gut gewesen, ich bin
in der Reihe mit den neuesten Anlagen, da funktioniert das Meiste
gut, die Maschinen laufen wie am Schnürchen. Beim Blick in meine
Reihe sah ich die Kollegen wiedermal mit Fehlern und Defekten
kämpfen. Nun ja, das hatten wir schon. Die Arbeitszeitplanung zum
Jahresausgang ist unbefriedigend. Es gibt keinen Gedanken daran, es
für die Arbeiter gut zu gestalten. Wir hatten vor kurzem Schließtage
aus heiterem Himmel, mit denen hätte man ohne weiters und bei
demselben Betriebsergebnis die einzelnen Arbeitstage frei geben
können, so muss eine Nachtschicht gearbeitet werden, bzw. eine
Spätschicht, der Rhythmus ist schon gestört, das läppert dann so
halbentschlossen vor sich hin, entspricht der einfachsten Lösung.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach der Motivation der
Belegschaft einfach lustig, wir könnten das beantworten. In den
Nachrichten kam die Prämienzahlung an die Daimlermitarbeiter vor. da
wird eindrucksvoll motiviert. Das wäre noch eine Antwort.
Freitag, 17. 12. 2021
Es hat mich ereilt, morgens hab ich den Wecker ausgemacht und
weiter geschlafen. Nicht mal unanständig lang, aber für Sport hat es
nicht gereicht. Immerhin hab ich zu Hause mit den dicken
Jonglierbällen bisschen gespielt, es ist ziemlich anders. Ich muss
mich konzentrieren, immer wieder, bei jedem der Würfe genug Energie
mitzugeben, sonst kommt eine mickrige, schnell den Boden anstrebende
Parabel raus und es endet. Es endet sowieso immerzu. Da will noch
viel geübt werden. Schon nach ein paar Minuten wirkt sich das
Gewicht eindrücklich aus, ich kann mir vorstellen, dass da ein
Kraftzuwachs zustande kommt. Beim Wiegen kam pro Ball ein Kilogramm
raus, genau 976 Gramm, die dann bewegt werden wollen. Ich bin
neugierig, wie sich das anfühlt, wenn ich das dauerhaft beherrsche
und lange Sequenzen schaffe, komme ich da ins Schwitzen, brauche ich
Pause? Beim Lesen, immer noch den Lappertroman, bin ich intensiv
berührt, getroffen, die Hauptfigur, ein junger Mann, hat nach vielen
Wendungen in seinem Leben seinen frühzeitig verlorenen Vater
wiedergefunden, ganz anders, als er sich vorstellte, da sind zwanzig
Jahre vorbei. Es fehlen noch 80 Seiten von 600, ich bin gespannt,
was sich da ergibt. Mein Vater war nicht gar so lange weg, die Lücke
von 8 Jahren fühlte sich an wie nach der Zeitenwende und es war gar
nicht das Herzschmerzglücksfinale, das im Fernsehen inszeniert wird
unter getrennten Geschwistern oder so. Da jetzt was parallel lesen
zu können, das kommt nicht so oft vor. Lesen ist eben nicht nur das
Erfahren von irgendwelchen Geschichten, es kann das pure Leben drin
stecken, sogar meins.
Samstag, 18. 12. 2021
Was war das heute? Ich war in kleiner Erschöpfung und großer
Verstimmung unterwegs, hätte mich am liebsten zu Hause eingegraben,
zum Buch gegriffen, Musik angemacht, die mich noch trauriger machen
kann und gehofft auf morgen. Vielleicht Sonne oder Gesellschaft. So
ging es nicht. Ich hatte zugesagt bei einem Workshop im Sportpark,
Calisthenics bei der neuen Trainerin, sie hatte mich so freundlich
dringend geladen, ich wollte sie nicht hängenlassen. Der Kurs war
überraschend gut besucht, ich kam auch noch als letzter und wurde
extra begrüßt, fast zu einer Vorführung gedrängt, das konnte ich
irgendwie abwimmeln. Dazu kam es dann zur Stunde der Wahrheit, ich
hatte es geahnt, ich konnte gar nicht liefern. Überall fehlte es an
Kraft und Fähigkeit. Das besserte die Stimmung mitnichten. Nun gut,
ich glaube, es war auch für die anderen zu sehen. Am Ende hab ich es
überstanden, mit der Einsicht, die besten Jahre sind vorbei. Es ist
jetzt nicht so, dass ich komplett den Mut verloren gebe, ich glaube,
wenn ich an den Zielen was ändere, muss ich nicht aufhören Sport zu
machen. Den Lappertroman hab ich fertig, bei weitem das
berührendste Buch für mich seit langer Zeit. Die Sicht auf eine
Verzweiflung am Leben, auf jede Menge Missgeschick und Handicap, auf
Unmut und Unlust, es weiterzuleben, es kam mir vor, als würde ich
eine Sprache finden, die ich auf Anhieb gut verstehe, als meine
erkenne. Verblüfft haben mich Schilderungen von Szenen, die ich
selbst erlebte, wieso fragte ich mich, kann er das wissen. Wenn ich
so drüber schreibe, ist das schon das deutliche Bekenntnis zu einer
gewissen Schwermut, ich bin mir gar nicht sicher, ob das so hierher
gehört. Andererseits sind das Nachrichten, die mit mir zu tun haben,
soll ich davon schweigen? Warum? Wäre es eine Zumutung, wenn es so
vorkommt, nicht literarisch verbrämt und anonym versteckt in der
Fiktionalität von etwas Buchartigem. Halten meine einzelnen Leser
das aus? Oder soll ich Vitamin D und Sonnenschein in hoher Dosierung
machen lassen, außerdem eine innere Zensurschere, dass es hier
durchgängig heiter zugeht? Solche Fragen, morgen wieder ein Text.
Sonntag, 19. 12. 2021
Der Anfang war in Ordnung, mit dem Klingeln des Weckers begann der
Tag. Lesend, gestern hatte ich mir mal wieder einen Spiegel gekauft,
weil mich der Titel interessiert, es geht um Geschwisterbeziehungen.
Klasse, mal nicht Corona. Ich habe zwar keine Geschwister, aber zwei
Kinder, auch kenne ich viele Geschwistermenschen. Im Text kam raus,
wie viele Varianten es gibt, wie viele Einflüsse das Ergebnis
gestalten, Überblick hab ich keinen, vielleicht gibt es den gar
nicht ob der Vielfalt. Gerade so um neun fuhr ich in Hirschau ein,
es ging schnell auf die Strecke. 20 km im Schnitt unter 6 Minuten,
bei 350 Höhenmetern ist es ok. Unterwegs gab es einen Läufer, der
lauthals seine Ansichten zur Nachrichtenlage verkündete, immer in
der Intension, alles durchgängig abschätzig zu bewerten, das gab ein
Geschimpfe. Drumherum ging es wortkarg zu, ich hab mich manchmal
zurückfallen lassen, um der Versuchung, ständig zu widersprechen
oder eine andere Bewertung zu liefern, zu entkommen. Am Ziel gab es
eine kleine Glühweinseeligkeit, der hab ich mich auch entzogen, bin
gleich heimgefahren. Duschen, Mittag aus dem Frost, es kam die
Anfrage, auf um fünf im Studio anzufangen. So hab ich noch gelesen,
meine Blümchen gegossen und telefoniert. Ein anstrengendes Gespräch,
ich wollte versuchen gegen die vorhersehbare Art zu reagieren eine
Alternative einzupflegen, was am Ende gelang nach großer
Beharrlichkeit. Da gab es ein Konfliktpotential, das jetzt
hoffentlich im Bearbeitungszustand ist. Schon war Studiozeit, wir
hatten beide Muskelkater von dem Kurs gestern, haben wacker drumrum
trainiert und uns mit einem Saunagang belohnt. Zu Hause geht es um
die Vorbereitung für die Schicht morgen, hauptsächlich den Versuch,
beizeiten schlafen zu gehen, die Zeit im Bett nutzbringend zu
verschwenden.
Dienstag, 21. 12. 2021
Juppdiheißa, fang ich mal an, für dieses Jahr ist die Arbeit
geschafft. Es waren diese zwei Tage Frühschicht, das taugt schon als
Ausrede für das Fehlen des gestrigen Textes, die in anderthalb
Wochen frei führen, das sind gute Aussichten. Von gestern wäre zu
berichten, dass wir zum functional training abends im Sportpark
allerhand Muskelkater mitbrachten vom Samstagkurs. Allen, die
teilgenommen hatten, tat irgendwas weh. Wir haben in grimmiger Kälte
am Tower alles gegeben. Heute war die Arbeit eine Pseudoaktion, wir
ließen einzelne Maschinen noch bissle laufen, haben geputzt und
aufgeräumt, waren ab und zu einen Kaffee trinken, die meisten sind
eher abgehauen, bis auf die Busfahrer. Für den Nachmittag ging ich
im Biobäcker lang, mir mit einem leckeren
Kirschkäsewohlschmeckkuchen Gutes zu tun, außerdem war Kino geplant.
Um sechs ein Film über Billie Holiday. Eine Journalistin hatte in
den 1970ern den Kollegen nachgespürt, weil sie besessen war von der
Musik. Niemand vor Billie und nach ihr konnte so singen, vor allem
so Texte interpretieren und so aus einem harten und schwierigen
Leben berichten. Und alle aus dem Umfeld, Musiker und Produzenten,
bestätigten als erstes dies, dazu entstand aus den Erzählunge ein
trostloses Bild Amerikas aus der damaligen Zeit. Der Filmemacher
hatte das unvollendete Projekt der Journalistin in die Finger
bekommen und sich an die Arbeit gemacht. Die Originalmusikeinspieler
kann man wohl alle auf YouTube finden, manche kannte ich, aber in
dieser Zusammenballung und mit den mitlaufenden Lyrics war es
umwerfend. Wenn sie Strange Fruit singt, nur Stimme vor ganz wenig
Piano, das ist so stark und langt punktgenau in die damalige
gesellschaftliche Situation hinein, hört man eins der
Jahrhundertwerke. Eigentlich wollte ich nach dem Film heimrasen,
die Sporttasche schnappen und los. War gnädig mit mir, erinnerte
mich ans Älterwerden, auch meldete sich eine kleine Müdigkeit und
Hunger und ich fand die Vorgabe, den Text nachzuarbeiten, für heut
zu liefern, hatte die Einsicht, es würde sehr spät werden, wöllte
ich alles durchziehen. Vielleicht gelingt mir noch ein angemessener
Umgang mit mir selbst.
Hoppla, der Mittwoch fehlt, ich hab´s vergessen.
Donnerstag, 23. 12. 2021
Es war gar nichts weiter los gestern, ich war vormittags beim
Spinningkurs, eine Ersatzhandlung, weil es so kalt draußen war, da
hab ich mir das Laufen verkniffen. Zwischenrein Stadtgang, am
Bücherschrank, am Bäcker lang, erfolgreich. Und abends war der Kurs
am Crossfit-Tower, es war knackig kalt. Trotz Schwitzen und Hecheln
waren die Füße sehr kalt geworden, Turnschuhe sind keine
Winterschuhe, ich habe hinterher in der Sauna wiederbelebt. Heut war
Pause, Tag für Soziales. Also telefonieren, einen Besuch machen und
in feinster Gesellschaft gut aufgehoben sein. Abends zu Siggi in den
Bauchkurs und wieder in die Sauna. Diesmal in netter Runde mit
schönen Menschen, sehr entspannt, sogar mit Aufguss. Die
Nachrichten: Die Politik traut sich nicht, einen effizienten
Lockdown zu verkünden, wegen Weihnachten und den vielen Protesten.
Hinterher wird man überall lesen können vom Politikversagen, wenn
Omikron sich austobt. Ich will es diesmal hier schon vorher sagen,
wir werden in die fünfte Welle schlittern, obwohl wir es besser
hätten machen können. Ich bin froh, kein Verantwortlicher zu sein,
muss mich nur um mich kümmern.
Freitag, 24. 12. 2021
Ich habe es wie einen freien Tag genommen, an dem ich nichts
auszustehen hab. Morgens lesend beim Frühstück, das Buch musste ich
weglegen. "Der Zirkel", von Peter Zeindler, 1985 erschienen. Hundert
Seiten hab ich geschafft, es war vor Erzählduktus so wie diese
Fernsehserie aus dieser Zeit, Der Alte hieß sie vielleicht,
laaaaangsam, wortkarg, beschreibungsarm, eine freudlose Diät. Ich
hatte mich auf eine Binnenstory aus dem BND gefreut, so verkündete
der Klappentext, es kam so karg daher, dass mich hartgesottenen
Leser der Mut verließ. Es war der Haushalt zu ordnen und zu
packen, die Fahrt nach Bad Reichenhall stand an. Wie immer ging es
mit Sperrung und Umleitung los, die erste Stunde mühsam über Land,
durch niegesehene Dörfer, ab Autobahn war es besser. Am Ende war ich
gar nicht viel länger unterwegs und wurde außerordentlich freundlich
von den Kindern, den kleinen und den großen begrüßt. Die beiden
Kleinen scheinen sich doch an mich zu erinnern, oder sie fremdeln
gar nicht mehr, jedenfalls gerieten wir schnell ins spielen und
kichern. Sie fangen an zu reden, sprechen vieles nach, benennen
manches und verstehen sowieso das meiste. Dadurch werden die Spiele
sofort vielfältiger und interessanter. Was auch köstlich ist, sie
entdecken das Zusammentun. Da hocken sie voreinander und schreien
los, bis sie merken, viel schöner kommt es, wenn sie gleichzeitig
einsetzen. Man kann richtig mitverfolgen, wie die neuen
Möglichkeiten erkannt und ausprobiert, dann verfeinert werden.
Dadurch, dass Weihnachten ist, hat das Sportstudio hier in der Nähe
zu, auch am Wochenende, so dass ich meine Klamotte dafür gar nicht
eingepackt habe, aber die Laufsachen sind dabei. Wenn das Wetter
einigermaßen ist und die Zeit langt, gehe ich ab morgen an der
Saalach hoppeln.
Samstag, 25. 12. 2021
Frühstücken in der Obhut meiner Quartierswirtin, interessantes
Gespräch über ihr Erleben von Coronazeiten und dem Versterben
einiger ihrer Verwandten, von denen ich wusste, sie hatte vorher mit
gepflegt. Auch über christliche Weihnachten und die Scheinheiligkeit
von vielen in den Kirchen, sie schilderte mir manch seltsames
Erlebnis. Weiter mit Kinderrunde, spielen und rausgehen,
Spaziergänge sind es im Moment nicht, da ohne Wagen, mit den
laufenden Kindern kommt man nicht allzu weit. Also nahe Umgebung,
sie waren trotzdem gehörig eingesaut nach Schnee- und Wiesenkontakt.
Es gab Mittag für die Kleinen und die übliche kleine
Einschlafhutscherei. Die Großen bekamen Mittag, ich bin ohne los auf
die Laufstrecke. Das immergleiche Ziel hier, Auenland, ergab knapp
11 km an der Saalach links ruff und rechts nunner. Mit Sichtung von
drei Gänsesägern. Duschen, Essen, Spielzeit. Schöne Zeit. Zum Abend
zum einschlafen hatte ich den Johannes auf dem Arm und hab ihm eine
Geschichte geflüstert, da schlief er bald. Mir hat sie so Spaß
gemacht, drum schreib ich sie hier dazu.
Die Geschichte von den zwei Grashalmen
Und es begab sich, dass auf einer Wiese ein Grashalm stand, der sich
über seinen Grashalmnachbarn wunderte. Immer, wenn er nickte, nickte
der andere auch, damit nicht genug, ging das Nicken nach rechts,
dann bei beiden, nach links, ebenso, auch nach vorn machte der
andere mit, natürlich auch nach hinten. Der Grashalm dachte nach,
warum, macht er das? Will er mich nachäffen, ärgern, wieso wird ihm
das nicht langweilig? Hat er gar keine eigene
Grashalmpersönlichkeit? Tagaus, tagein, schon, als wir klein waren
ging das wohl so, fiel da noch nicht so auf, weil er noch nicht
danach schaute. Vom vielen Nachdenken ermattet, nickte er ein in der
sanfte Sommerbrise, er nickte nach vorn nickend ein. Und ihm träumte
von einem Grashalm, der mit seinem Nachbarn gemeinsam nickte ...
Als beide Kinder schliefen, haben wir gegessen und noch schön
Erzählzeit gehabt.
Sonntag, 26. 12. 2021
Ein sehr ähnlicher Ablauf wie am Tag zuvor, kein Lauf, dafür ein
Mittagsschläfchen, mit den Kindern war es schön. Vormittags sind wir
zu viert zum Bäcker gewandert, die Kleinen sind gut gelaufen,
Johannes den ganzen Weg, Eva ließ sich manchmal tragen. Da wird aus
einem Zehnmiutenweg eine Stunde, wo wir vieles anschauen müssen,
benennen müssen, da muss man anhalten und bis es weiter geht, das
dauert eben. Wieder zu Hause gab es zu futtern, mit dem
Mittagsschlaf hat es sehr schnell geklappt, die beiden waren müde.
Dadurch bin ich in meiner Geschichte nur bis zum nächsten
Gänseblümchen gekommen, das meiste hab ich mir selbst erzählt, der
Bursche schlief schon auf meinem Arm. Nachmittags eine
Kellerspielrunde, da ist Platz zum hin und her fahren, außerdem ist
eine Spielecke eingerichtet, gut für Zeiten, wenn es regnet. Später
noch eine Runde mit Legobausteinen, mit Bällen, alle Spiele laufen
anders als gedacht, die beiden finden ihren Spaß an unvermuteten
Stellen.
Montag, 27. 12. 2021
Ich könnte den Text von gestern verwenden, in der Mittagspause gab
es einen schönen Lauf. 10 km in der Wintersonne. Spielrunden mit den
Kindern, da haben alle ihren Spaß. Neues Wort von Eva, Dagute, was
immer das heißen mag, wir haben es nicht enträtselt. Sie sagt es
unterwegs und in der Kellerspielzeit, auch beim Essen, ist das der
Spaß am Plappern oder heißt es was. Die alte Nachbarin klopft, zeigt
eine Post vor, sie hat Verwandtschaft in Sachsen, die haben ihr
tatsächlich Werbematerial irgendeiner Impfgegnerschaft geschickt,
sie war entrüstet. Es geht der Riss tatsächlich mitten durch
Familien.
Dienstag, 28. 12. 2021
Ich war wie eine Amme beschäftigt, also ohne Milchgeben, sonst von
früh bis Schlafenszeit mit Windeln und Füttern, Rausgehen und
Spielen. Da ich das noch nicht oder nicht mehr routiniert mache, bin
ich konzentriert bei der Sache, bei Zwillingen ist es anspruchsvoll,
und es kommt nicht zu einem anderen Nachdenken. Deswegen ist der
Text momentan eher schmal. Eine Episode: Eva nach dem Essen, sie
reckt mir ihre Hände hin zum Abwischen, den Mund auch, ich hab mal
gesagt, jetzt die Gusch. Sie sagt es nach, das Wort gefällt ihr.
Einen Tag später sagt sie es selbst, bevor ich es sagen kann, und
reckt mir dann ihren Mund entgegen. Ich komme mir vor wie ein
richtiger Großvater.
Donnerstag, 30. 12. 2021
Der Tag gestern war voll, es passte kein Text mehr hinein. Dies wäre
nachzureichen: Vormittags ging mit den Kindern, die waren bisschen
quengelig, schnell herum, mittags wollten sie nicht gut essen, mehr
zetern, dann haben wir sie in den Schlaf gebrummelt, diesmal hatte
ich die Eva, auch sie musste sich was über Grashalme und Pusteblumen
anhören und ist schnell in den Schlaf geflüchtet. Die Heimfahrt
dauert eben, viereinhalb Stunden sitz ich im Auto und denke über das
Beamen nach. Im Radio eine Sendung über Sterbevorsorge, wie man
seine Verhältnisse ordnen kann, was man absprechen sollte, das
meiste ist mir klar, manches kam dazu, das alles ist im Zustand des
guten Vorsatzes. Ich will es angehen, irgendwann. Die, die zu Wort
kamen als Kundige bzw als Befragte, waren jünger als ich. Daheim wie
immer, auspacken, einkaufen, schnell zum Sport. Da beim Check in war
die Ampel rot, irgendwas sei mit dem Vertrag, es sei nicht wegen dem
Impfstatus, den ich vorlegen wollte. Heute fing es später an als
in Reichenhall, und ging über in ausgiebige Lesezeit. Roald Dahl´s
Buch der Schauergeschichten. Ich schätze ihn als Autoren, hier hat
er von anderen das Beste dieses Genres zusammengesucht, er hätte ca
750 Geschichten gelesen, von denen 25 gut wären, 14 haben es in
diese Sammlung geschafft. Verdientermaßen. Ich habe fünf geschafft
und es ist gediegene Unterhaltung. Manchmal spannend, auch gruselig,
immer unwahrscheinlich, das tut aber nichts. Wenn es so weitergeht,
habe ich noch zwei gute Lesetage vor mir. Eine Einkaufsrunde stand
an, so seltsame Dinge wie passende Schnürsenkel, destilliertes
Wasser, das im Supermarkt aus war, eine Led-Taschenlampe, die ich
bisher nicht gefunden hatte in meinem umgeräumten Markt. Fast alles
fand ich im Picksraus, das Wasser gab´s im Baumarkt. Mittags hatte
ich Lust, hab selbst gekocht, naja, in einer Viertelstunde hatte ich
Nudeln dampfend auf dem Teller, den Kaffee gab es auswärts. Zu
Siggis Bauchkurs hatte ich mich angemeldet, wieder die rote Lampe
beim Einlass. Diesmal klärte es sich, mein Impfstatus ist zwar noch
derselbe, aber die Regel hatte sich geändert. Ganz ohne Mitteilung,
meine Zweitimpfung gilt nur drei Monate, geboostert wäre ich in
Ordnung. Mit einem Test vor Ort kam ich rein. Ich hab Unmut
geäußert, weil diese Regel nicht logisch ist, nicht mal
bekanntgegeben wurde, irgendwo im Studio auf einem Bildschirm waren
aus den bisherigen 6 Monaten 3 geworden, das sehe ich erst, wenn ich
davor stehe. Ich frage mich, ist es eine Bestimmung vom Land
herausgegeben oder vom Vorstand im Studio festgelegt. Mir gefällt
das Studio, ich glaube, sonst hätte ich meine Kündigung geschrieben.
Jedenfalls war es ein milder Bauchkurs, danach noch eine kurze
Geräterunde, dann zu zweit Sauna, zwei Runden.
Freitag, 31. 12. 2021
Es stand ein Lauftermin an, mittags in Hirschau, ich hab mir einen
gemütlichen, verlesenen Vormittag gegönnt, bis es Zeit war.
Unheimlich viele Läufer, die Lust auf eine Stunde Spitzberg hatten,
bei dem Wetter und der freundlichen Einladung vom Lauftreffleiter
Winne kein Wunder. Der Pulk zog los, bald auseinander, ich erwischte
eine kleine schnelle Gruppe, zwei Ladies zeigten uns die Grenze. Wir
zwei Herrren sind geradeso mit gekommen, am Berg jedesmal kurz vor
dem Gehtnichtmehr. Am Ende waren auf knapp 12 km 310 Höhenmeter
geschafft, bei einem Schnitt unter 5:40 min/km. Am Ziel wurde es
wieder gesellig, viele hatten was zu knabbern, zu trinken
mitgebracht, eine fröhlich schwätzende, große Runde. Zu Hause
duschen, spätes Mittagessen, Nudeln mit eingelegten Riesenbohnen,
lecker. Ein wenig telefonieren, ein Kaffee, Lesezeit. Am Abend, als
ich immer noch satt war, hatte ich keine Lust auf Normalbetrieb, ich
bin auf eine Nachtwanderung gegangen. Wollte nach Bühl, da hatte ich
einen neu aufgestellten Bücherschrank gesehen. Am Radweg lang immer
mal geblendet von den Autos auf der höher liegenden Straße, hab
manchmal die Augen zugemacht, nachdem ich mir die Richtung gemerkt
hatte. Das ging erstaunlich gut, einmal landete ich in der Wiese,
das merkt man sofort, mit den Füßen. In den Dunkelzeiten schaukelte
die Deichsel vom Großen Wagen über dem Spitzberg, auf der anderen
Seite über dem Rammert war richtig was los, ich kenn die Sternbilder
nicht. Es waren viele, und es war schön. Angelangt, holte ich meine
Taschenlampe aus dem Rucksack und stöberte, fand einiges und mein
Rucksack nahm an Gewicht zu. Heimwärts mit einem guten Gefühl, ich
war lange nicht so unterwegs. Nicht mal die wenigen kläglichen
Feuerwerksversuche störten. Der Hunger meldete sich rechtzeitig, so
dass ich mich laufend schon freute auf schönen Käse und frisches
Brot und Oliven, was geht´s mir gut. Damit endet das zweite
Coronajahr, um Vorsätze für das neue Jahr brauche ich mich nicht
kümmern, wie ich mich kenne, werde ich an den laufenden Geschichten
ausgelastet sein. Vielleicht nehme ich ein bisschen von dem
Erwartungsdruck raus, ich muss nicht alles erfüllen, was auf meinen
Listen steht. Nehm ich mir vor, mich nicht so schlecht zu fühlen,
wenn ich dies oder jenes Ziel nicht erreiche, werde den Weg dahin
wertschätzen.
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