Freitag, 1. 10. 2021
Schon war die Zeit in Bayern rum, Heimfahrtag, nachdem ich
ausgecheckt hatte, haben wir die Gelegenheit genutzt, sind zu zweit
auf einen Schwätz und Spazierweg los, natürlich an der Saalach durch
die schöne Landschaft. Die anschließende Autofahrt, das Navi zeigte
schon gleich rot, Störung, Sperrung, Umleitung, das Autofahren wird
nicht nur teurer wegen des Spritpreises, sondern unleidlich, weil
die Straßen mittlerweile immer zu voll sind. Noch bin ich allerdings
etwas schneller als mit der Bahn, und billiger von den Kosten her.
Da steht uns wohl allerhand Umlernen bevor, auch die Politik muss
noch sich ermutigen beim Dreh an der Preisschraube, sonst wird das
nichts mit den Klimazielen. Passend zu diesen Gedanken, sie befallen
mich beinahe bei jeder dieser Fahrten, kam auf SWR2 eine Sendung
"Bauhaus Erde", da wurde über die nötige Reduzierung von
Kohlendioxid in der Atmosphäre nachgedacht. Als Verursacher von CO2
wurde die Baubranche mit ca 40 % Anteil benannt und der
Zementverbrauch. Alternativ die Überlegung, Beton durch Holz als
Baustoff zu ersetzen, damit nachhaltig umzugehen, so dass es keinen
Abfall mehr gibt und durch Nachwachsen CO2 zu Sauerstoff werden
soll. Die Kenntnisse seien da, es gäbe alle nötige Technologien,
auch für Hochhäuser und Industriebauten. Ein bestechend logischer
Gedanke, besser als CO2 zu verklappen. Allerdings kamen dann die
vielen Hindernisse zur Sprache, die Holzknappheit und Wartezeit auf
nachgewachsenes. Die Überreaktionen des Marktes, wenn sich diese
Erkenntnis ausbreitet, das sahen wir an den Preisturbulenzen dieses
Frühjahres beim Bauholz. Aber eben eine Möglichkeit, die mir auf
Anhieb richtig vorkommt. Endlich zu Hause, hab ich schnell die
Sachen verräumt, alles in Betrieb genommen, und bin zum Sport. Der
Kurs am Tower war ausgebucht, ich kam nicht rein. Musste mein Zeug
trainieren, auch noch drinnen irgendwie, das ging schon. Irgendwann
war gut, Sauna, dort stieß ich auf Andi, wir befanden uns, wie fast
immer in wilden Diskussionen zu Corona und den Medien und der
Politik. Wir konnten uns nicht auf alles einigen, aber das kennen
wir und wir schaffen es, trotzdem im interessierten Gespräch zu
bleiben. Wir geben uns da beide Mühe, weil es spannend ist, und
siehe da, es geht. Das ist die Bedingung dazu. Ich bin das zweite
Mal mit in die Sauna, damit wir weitereden konnten, irgendwann hab
ich gedrängelt, ich musste noch was einkaufen, der Kühlschrank war
leer. Wir haben also redend geschwitzt, geruht, geduscht, uns
umgezogen, geredet, bis wir an den Autos standen, dann musste ich
energisch beenden, um noch ins Kaufland reinzukommen. Gradeso,
deswegen kommt der Text von gestern auch erst heute.
Samstag, 2. 10. 2021
Da ich wieder in meinem Schneckenhaus sitze, mich verkriechen kann,
hab ich mir Lesezeit gegönnt. Gestern abend hatte ich zwar allerhand
auf einen Plan für heute geschrieben, die Sachen, die ganz schnell
gingen, hab ich auch erledigt, aber das meiste blieb einfach
unberührt von irgendwelchen Bemühungen. Die Bilanz ist entsprechend.
Allerhand Zeugs ist weggelesen, telefoniert hab ich, ein paar
Überweisungen waren nötig. Das Buch ist weiterhin außerordentlich
vergnüglich, so langsam setzt ein Bedauern ein, es wird demnächst zu
Ende sein. Die Zielprämie allerdings tröstet ungemein, hinten gibt
es den Anhang, da sind all die im Buch erwähnten und für gut
befundenen Titel mit den Autoren, sogar die deutschen Ausgaben. Da
sehe ich was auf mich zukommen, immerhin sind es mehrere Seiten mit
insgesamt über hundert Büchern, von denen ich nur ein Dutzend kenne.
Ich werde nicht drumrum kommen, einen Pakt mit dem Teufel zu
schließen, werde ihm wohl mein Seelenheil verpfänden müssen für
ausreichend Lesezeit. Das wäre überhaupt die Lösung, auszuhandeln,
dass ich alle guten Bücher lesen darf, die da sind und die
erscheinen werden und werden und werden. Ob der Teufel das mitmacht?
Der Deal wäre besser als der vom Faust, und wenn wirklich mal keine
guten Bücher mehr erschienen, dann könnte ich ihn den Deckel
zuklappen lassen. Zum Glück kam eine Anfrage vom Läufermichi, wir
haben uns im Sportpark verabredet. Wir haben Training und Schwätz
untergebracht, ich sitze jetzt sehr zufrieden hier am Bildschirm und
spüre die Müdigkeit in den trainierten Bereichen und das Potential
zum Muskelkater. Außerdem huldigten uns vorbeispringende Kinder, die
zueinander, aber für uns vernehmbar sagten: "Guck, was die für
Muckis haben." Wie ich mich da fühle.
Sonntag, 3. 10. 2021
Tag der deutschen Einheit, die Wahlergebnisse z. B. haben
vorgeführt, mit der Einheit ist es nicht weit her. Der Osten pendelt
von links zu AfD, warum auch immer, Hauptsache dagegen. Und es
entstehen neue Gräben, nicht nur in Deutschland, aber eben auch und
von markanter Tiefe. Da geht es um Corona, nicht als Gespräch, eher
als Distanzierung, nach dem Motto, ich hab immer recht, und was du
sagst, ist mir wurscht. Die Klimadebatte entfaltet ähnliches
Potential. Ich erlebe das ganz konkret, egal, in welcher
Gesellschaft, es wird nicht geredet, sondern geschimpft und
polemisiert. Ich unterstelle mal, an Lösungen und konstruktivem
Gespräch gibt es wenig und weniger zu hören und: Je halber das
Wissen, umso lauter ergeht man sich. Reflektion? Selten. Ich
versuche manchmal zu sagen, Nein, es war nicht böser Wille, es war
Panne bei der Wahl in Berlin. Oder Tempo 130 nimmt uns nicht all zu
viel an Lebensqualität, außerdem, wann erreicht man dieses Tempo auf
unseren vollen Straßen? Dies Gespräch hat mir einer auf´s Auge
gedrückt, der nicht mal ein Auto hat. Hä? Manchmal verliere ich da
die Lust an der Welt, ein bisschen mehr Grips wäre oft Klasse.
Ein Lauf am Vormittag, damit kann man nicht viel falsch machen.
Diesmal mit den Hirschauern, ich hatte Lust auf die Strecke, und in
der Infomail waren Fotos vom fransenlippigen Enzian zu sehen, der
blüht gerade auf dem Spitzberg. Und siehe da, den hab ich gefunden.
Mein Foto ist allerdings nicht gut, so dass ich es hier nicht
beweisen kann. Nach den 20,3 km war ich ziemlich platt, bin stolz
nach Hause und hab einen Saunanachmittag eingeschoben. So war es mir
doch ein schöner Feiertag.
Montag, 4. 10. 2021
Auch dieser Tag ist mir so durch die Finger gerutscht, ich weiß
schon, warum. Es ist so verführerisch, das Buch noch fertig zu
lesen, die letzten hundert Seiten, das ist nicht viel. Vergessen hab
ich, es war ein wundervolles Buch und ich saß hinterher tief
luftholend, nachdenkend, froh, dass es zu mir fand, da und brauchte
zur Lesezeit noch die Besinnungszeit. Es hatte ein würdiges Ende,
war traurig, aber nicht ohne einen Lichtblick. Wir haben so viele
Sorgen an der Welt, was soll da ein bisschen Literatur ausrichten.
Tut sie aber doch, und ich weiß ganz genau, es geht nicht nur mir so.
Ich legte das Buch weg in der Gewissheit, es gibt sie, die
Inseln von Vernunft und Schönheit und Wissen und Klarheit. Man muss
ein wenig waten, von einer zur nächsten zu gelangen, aber es lohnt
sich um den Preis des Lebens. Nachdem ich aus dem Traum der
schönen Welt wieder hier ankam, bin ich zum Sport. Es ist der Tag
vor der Nachtschicht, ich hatte viel Zeit und hab es genossen. Das
Training lief richtig, ich habe neue Sachen eingebaut, die gelangen
überraschend gut und sollen zu Routinen werden, auf das mein
Programm rund und gut werde. Ich war ab Mittag, da ist nicht viel
los, ich hatte überall freie Bahn. Hinterher war ich beim Chinesen,
was essen. Die Fahrten, es regnete immerzu, ich war mit dem Auto,
waren wieder so sinnlos langwierig. 20 Minuten für zwei Kilometer,
ich könnte schneller laufen. Die Stadt ist so zugestaut, es sind
wieder einige Umleitungen, Baustellen. Wir als Masse sollten langsam
merken, so geht es nicht. Es macht den Eindruck, als könnte es nie
wieder besser werden, vor lauter Hamsterrad gehen wir immer wieder
schimpfend in diese Mühle.
Dienstag, 5. 10. 2021
Halb sechs abstempeln, müde, zum Bus, schnell in die Schlafhaltung
und weg. Aufwachen vor der Zeit mit dem Gefühl, ein Backhähnchen zu
sein, im Bus ist der Regler für die Heizung nicht ok, die Fahrt war
unangenehm und dauerte. Um sieben zu Hause, Zähne putzen, ins Bett.
Um elf Geklapper an der Tür, Hausordnung wird gemacht. Hinterher
wird wieder überall das Wasser stehen, die Taktik dahinter ist, es
soll registriert werden. Ein blödes Prinzip, aber ich verstehe es.
Das war es mit Schlafen, um eins bimmelt der Wecker, es ist
unbefriedigend. Frühstück, ein Buch, diesmal ein Scheißbuch aus dem
Kopp-Verlag, Brückner und Ulfkotte, Politische Korrektheit. Es ist
mir zugelaufen, und ich wollte den Ruf des Kopp-Verlages mal
nachvollziehen. Das gelingt auf den ersten Seiten, die stecken
voller Manwirdsjawohlmasagendürfen. Aus Einzelfällen, die werden
manchmal belegt, und Einzelsätzen wird verallgemeinert auf die
böswilligste Art. Den Grünen wird aus der Cohn-Bendit Geschichte,
ein uraltes und missglücktes Interview, von dem er sich später
distanzierte, unterstellt, dass sie Kinder zum Sex nutzen wollen. In
der Türkei und der Elfenbeinküste sei der Inzest gesetzlich
geregelt, erlaubt. Kein Beleg. Immer so weiter. Egal, welchen Punkt
ich lese, es ist immer die schlimmstmögliche Variante draus gemacht.
Zigeunersoße und Mohrrübe kommen auch vor. Eigentlich spricht es
viel über unsere Gesellschaft, wenn solch ein Mist gedruckt und
verkauft wird. Halb drei, aufwaschen, Mülltonnen, Telefonieren
mit Steuerberater und Finanzamt, das klingt, als hätte ich viel mit
Geld zu tun, nein, manches muss einfach geregelt werden, wenn so
Anforderungen ins Haus flattern. Halb vier, keinen Bock mehr auf so
Zeugs, Sportsachen packen, mit dem Radel durch den Stau. Ich war der
Schnellste. Halb sechs, Sportprogramm erfüllt, ging gut, das meiste
draußen. Duschen, heim, halt am Bäcker, Brot mitnehmen, Shake
trinken, an den Text. Diesen hier. Zeit bis sieben, dann Schicht
vorbereiten, was zu Futtern machen, Essen, um acht zum Bus. Mal
sehen, wie er temperiert ist, zur Not zieh ich alles aus. Auf Arbeit
ist eine Versammlung angesetzt für jede Schicht, wir sind um zehn
dran, zu den Ereignissen in Tübingen. Bin neugierig.
Donnerstag, 7. 10. 2021
Gestern war das vorgesehene Zeitfenster für Text verlorengegangen,
war einfach verschwunden. Ich hab meine Betroffenheit ausgedrückt.
Das hab ich am Dienstag abend von unseren Betriebsräten gelernt.
Zwei Wochen nach der Verkündigung des Arbeitsplatzabbaus in Tübingen
ist mehrfach und immer wieder von der großen Betroffenheit die Rede,
(das kann man auch schriftlich bekommen,) auch vom Solidarischsein,
das erschöpft sich allerdings in der Äußerung von Betroffenheit. Und
man hat sich der Solidarität der Gewerkschaft versichert, die auch
Betroffenheit in Worte fasst. Ach, einen Rechtsanwalt hat man
beauftragt, der soll prüfen. Unsere Werksleitung stand dabei, still,
kein Wort. Haben sie einen Maulkorb verordnet bekommen? Beim
Lesen: Ich hab mich eine Weile rumgemüht mit den Ergüssen zur
Politischen Korrektheit, das Vorwort war anstrengend, Brückners
Thesen sind in Einfalt erstellt, der Teil von Ulfkotte fängt an mit
folgendem Dreisatz: "Deutschland war einmal das Land der Dichter und
Denker, der Erfinder und Tüftler. Auf einem Heer von
leistungswilligen Menschen beruhte ein weltweit beneideter
Wohlstand. Die 68er haben das alles inzwischen zerstört." Da kam mir
das Lachen, der Versuch solch ein Buch vorturteilslos zu untersuchen
endete an dieser Stelle wegen übergroßer, nicht zu bewältigender
Dummheit. Ich hab es zugeklappt, werde es im Altpapier entsorgen,
dass mit diesem Exemplar niemand mehr Zeit vertrödelt. Wie erlöst
aus schlechter Gesellschaft nahm ich das nächste Buch, Inge von
Wangenheim, "Die Entgleisung", 1980 in der DDR erschienen. Es geht
los mit dem Entgleisen des letzten Waggons eines Zuges in der Nähe
eines thüringischen Dorfes, der Inhalt ergießt sich und wird zuerst
von der Dorfjugend gefunden, es handelt sich um pornographische
Druckerzeugnisse aus dem benachbartem VEB, sollen nach Schweden, für
Valuta tut man alles. Die nun beginnenden Verwicklungen, die
Reaktionen der örtlichen Beamten, das fängt so lustig an, dabei hab
ich erst 40 Seiten. Ich stell mir vor, das mit 20 zu lesen, in
ähnlichem Zustand der Unschuld. Und bin verwundert, die Zensur in
der DDR muss große Lücken und blinde Stellen gehabt haben.
Gestern war ich laufen, heut im Studio, auf den Ohren hatte ich
einen Konzertmitschnitt von Miles Davis, aus seiner funkytime. Das
steckt voller Energie und die Standards werden wirklich neu
interpretiert. Großartig, als es zu Ende war, musste ich noch mal.
Freitag, 8. 10. 2021
Wenig geschlafen, schlecht dazu, irgendwas hat immer gejuckt,
gepoltert, genervt. Nicht verdrießen lassen, gelesen zum Frühstück,
das Buch ist so ein Spaß. Dialekteinschübe aus dem Thüringischen,
und die Beschreibung von Atmosphäre bei Versammlungen in der Schule
oder im Druckbetrieb ist so genau, dass ich mich erinnere an das
Gedöns, welches ich in jungen Jahren auch erlebte. Die
Verklemmtheiten von Parteisekretären und Schuldirektoren, auch die
komplette Unbeholfenheit, umzugehen mit Unvorhergesehenem, das ist
hier zwar fiktional, aber ich würde es für die Wahrheit halten. Ob
sich jemand gemeint gefühlt hätte, hätte er es 1980 gelesen?
Hier ist das sehr lustig, es steckt aber auch das Potential der
Bedrohung drinnen, wenn die intellektuelle Begrenztheit der
Funktionäre sich angegriffen fühlt oder vom Klassenfeind bedroht,
und nicht anderes weiß als zu drohen und Lebenswege zu behindern aus
dieser Position der zugeteilten Macht heraus. Ansonsten war ich
beim Sport, das ist mein Aufbegehren gegen dies fremdbestimmte Leben
von Arbeit und Schicht.
Samstag, 9. 10. 2021
Den Vormittag im Bett verbracht, von der Nachtschicht ausschlafen.
Eigentlich zu lange, mal sehen, wie der Umstieg auf Normalbetrieb
klappt. Mit gutem Vorsatz, mit Elan gestartet. Haushalt, Bett neu
beziehen, Bude durchsaugen, bei Nachbars nach dem Rechten sehen und
Blumen gießen, ich bin Urlaubsvertretung. Rechtzeitig fertig
geworden und losgelaufen. 10 km über die Neckarwiesen, in den
Sonnenuntergang hinein. Vorbei an vier weißen Reihern, die aber so
scheu sind, da bekomme ich kein Foto, auf dem man erkennt, was es
ist, wenn man es nicht weiß. Laufend halten sie mich aus, sobald ich
stehenbleibe, gehen sie in die Luft. In den Senken stand schon kalte
Luft, die Temperatur wechselte immerzu um mehrere Grad. Zugvögel
sind unterwegs, vor dem Abendhimmel gibt das schöne Bilder, also zum
Schauen, fotografieren will ich das nicht. Duschen, Kaffee holen,
ich hab gestern einen Padeffkekuchen, kleines Format, gekauft, Äpfel
in Pudding unter Streuseln, nahm es als Wochenendprämie. Beim Lesen,
ich feier das so, die Döschigkeit des Ortspolizisten, der da
Abschnittsbevollmächtigter hieß, wie er auf die vielen
unvorhergesehenen Zwischenfälle des Lebens reagiert, ich kenne es
wieder und mir fallen die Auseinandersetzungen mit Uniformierten
während meiner Jugendzeit ein, so schön beschrieben hab ich die
Ratlosigkeit noch nie gefunden, wenn sich die Tochter mit dem
Ortsrowdy verabredet. Oder der Umgang mit der Empörung seiner Frau,
die ihn mit dem Schwedenporno erwischt hat. Dabei wollte er sich nur
für die Einwohnerversammlung kundig machen, sagt er. Der
Feierabend, Textschreiben läuft, dazu eine Sendung, natürlich SWR2,
über einen legendären Jazzpianisten aus Kuba. So ist die Welt gut
aushaltbar.
Sonntag, 10. 10. 2021
Nicht ganz optimal aus der Kiste gekommen, schlaf mal gründlich zu
einer Zeit, wo sonst Arbeit angesagt war. Das wird mich immer wieder
durcheinander bringen. Jedenfall saß ich noch vormittags,
ausgeschlafen am Frühstück und freute mich am Wetter und am Buch.
Die Sonne schien mir auf die Zeilen, auch auf den Jungschwan, der
draußen auf dem Grünstreifen am Grase fraß. Ein paar Dinge, die
gestern nicht vollendet wurden, nahm ich trotz des Gebotes des Herrn
vom siebten Tag in Angriff, und ein bisschen Zeit hab ich am Rechner
verdaddelt. Danach denk ich immer, was für eine blöde
Zeitverschwendung, aber ich habe nebenher Radio gehört, dadurch ist
es nicht nur fatal. Zum Nachmittag hatte mich der Läufermichi zum
Sportpark bestellt, das hat die Billanz in Ordnung gebracht. Morgen
geht es ein wenig unkalkulierbar zu, der Heizungsmonteur soll
kommen, wir sprechen es ab, wie es gehen soll mit dem Wechsel der
Gastherme, will er schon umbauen, oder sprechen und planen, ich weiß
es nicht. Muss ich abwarten und mich drumherum sortieren. Lang
nicht von Corona gehört, ist es weg? In den Nachrichten, auf den
Portalen, alles mögliche, aber keine Zahlen und Zustände. Wenn sich
das schleicht, das wäre doch schön.
Montag, 11. 10. 2021
Absprache mit einem Handwerker ist wie die Absprache mit einer
Dachrinne. Es funktioniert nur bedingt. Da es ohne Handwerker nicht
geht, habe ich eine neue Absprache getroffen. Meinen Vormittag hab
ich trotzdem verplempert, erst mit dem Warten auf, dann in der
Vertröstungsschleife, muss ich mich glücklich schätzen, dass ich
immerhin darin gelandet bin? Für so was stehe ich sehr zeitig auf,
es soll ihm in der Hölle draufgerechnet werden. Einen
Schnelleinkauf hab ich noch untergekriegt, zum Netto, ein wenig Obst
und Käse und Sojajoghurt. Bus, eine Fahrt als Grillgut, die Heizung
in diesem Teil scheint unsteuerbar, Spätschicht, verborgt in eine
andere Reihe, wenn es so weitergeht, kann ich bald überall nichts.
Scheint egal zu sein, mir dann auch. Heim im Bus, diesmal erst auf
den letzten Kilometern der Übermut der Heizung, da bleibt einem die
Luft weg. Man könnte ihn, den Bus, vielleicht besser als mobile
Sauna nutzen. Das Buch von der Entgleisung, mir fehlen die
letzten 50 Seiten, es hat niemals nachgelassen. Die Putzigkeit der
ostdeutschen Provinz und Einfältigkeit fand ich noch nirgends
lustiger und liebenswerter beschrieben. Von der Autorin gibt es
vielleicht noch mehr, da muss ich mich drum kümmern.
Dienstag, 12. 10. 2021
Die Entgleisung, begeistert fertig gelesen, es ist gut aufgelöst,
der Schluss kam mir ein bisschen glatt vor, aber sie musste raus aus
der Geschichte. Hat es gelöst mit dem Auftreten von Geisteskraft,
die überzeugen konnte zu einer zumindest im Detail neuen und
angemessenen Weltensicht. Also nicht mich heute, sondern die Bürger
in ihrer damalig verstaubten Provinz. Ich würde eine unbedingte
Leseempfehlung aussprechen, zumindest bei ehemaligen DDR-Bürgern
sollte es funktionieren, ob es bei Unbetroffenen auch aus der Kraft
der Sprache tut, müsste man auasprobieren. Für den Sport hat es
gereicht, vormittags anderthalb Stunden, da kam ich ganz schön weit.
Die Routinen zum Einstieg, dazu die neuen Bemühungen,
vernachlässigte Bereiche zu kräftigen. Da es regnete, benutzte ich
drinnen die Beinpresse und die Bank zum Drücken. hab ich ewig nicht
gemacht, kam mir wie ein Anfänger vor. Vom Gewicht ist das
ausbaufähig. Im Komfortbus durchschlafend zur Arbeit, in
unvertrauter Reihe das, was ich kann, mein dortiger Kollege geht
sehr nobel mit mir um. schlafend wieder heim. Damit stimmt die
Gesamtzeit halbwegs, ohne Busfahrt wäre ich totmüde. Meine
Läuferkollegin brachte mir Äpfel und Birnen aus dem eigenen Garten
mit, Sorten, die ich im Laden niemals sehe. Werde ich alle
probieren.
Mittwoch, 13. 10. 2021
Kleine Ereignisse, wenig zu berichten. Auf Arbeit eine Anregung
gegeben, die tatsächlich zu einer Verbesserung führen wird. Dadurch
fiele an zwei Maschinen Alltagsärger weg. Mal sehen, wann die
Realisierung stattfindet. Einen Fehler an einer anderen Maschine
gefunden, beseitigt, ein Haarriss in einem Spannbolzen, längs, noch
nie gesehen, der spannt mit dem halben Durchmesser, die andere
Hälfte weicht aus, dadurch mehrere Merkmale schlecht. Einen anderen
Fehler beim Einlernen des Roboters durchschaut und berichtigt,
plötzlich lief die Kiste. Die kleinen Alltagsabenteuer, vieles davon
vermeidbar durch Kommunikation. Also ganz einfach. Aber schwer zu
machen anscheinend, zumindest unter Dreischicht/Coronabedingungen,
wir begegnen einander immer noch nicht, es gibt keine
Schichtübergabe, und es gibt niemanden im Leitungsbereich, der sich
genügend dafür interessiert, es überhaupt erkennt. Nur vor dem
Zertifizierungsaudit muss alles gut sein. Beim Lesen ins nächste
gute Buch gestolpert, aus meiner Stapelei zog ich Mario Vargas Llosa
raus, "Der Geschichtenerzähler", 1987 erschienen. Nach 50 Seiten ist
ganz klar, ein großer Geschichtenerzähler erzählt von einem großen
Geschichtenerzähler.
Donnerstag, 14. 10. 2021
Corona auf Arbeit: Da aus Stuttgart von der Landesregierung keine
neuen Lockerungsregeln kommen, bleiben all die Vorgaben im Betrieb
bestehen. Weiter keine Schichtübergabe wegen der Regel, sich
schichtintern zu bewegen, obwohl Zweischichter durch alles wechseln,
Vorgesetzte zu allen sprechen müssen. Die Ein- und Ausgänge bleiben
getrennt, die Rein- und Rauszeiten sind auf die Minute vorgegeben.
Auf Klo nur mit Maske, den Schniedel darf ich dann ins Freie halten.
Und wenn die Vorgesetzten heimgehen, wird alles, was nicht
nachprüfbar ist, seingelassen. Morgens war ich im Wald, es war
kalt, vier Grad, aber schönster Sonnenschein. Die letzten Nebel
stiegen auf, es funkelte der Tau im Gras. Knapp 10 km, die
Standardrunde, begegnet bin ich der Elster, dem Spatz, dem Falken,
dem Grünspecht, dem Eichelhäher und dem Bussard. Und einem Kollegen.
Das ist eine interessante Geschichte: Obwohl er allen möglichen
Verschwörungsgeschichten aufsitzt, der Plan hinter Corona und den
Impfungen, die Krise, die jetzt kommt, usw. geht er jetzt wieder
laufen, weil sein Arzt ihm erklärt hätte, alles sei ganz ok, nur das
Gewicht. Das heißt, er ist ansprechbar durch die Stimme der
Vernunft, und in der Lage, daraus folgende Erkenntnis umzusetzen in
rationales Verhalten. Er kann also der Menschheit noch nicht ganz
verlorengegangen sein. Hoffe ich, so freute ich mich.
Freitag, 15. 10. 2021
Vormittags den Einkauf untergebracht, immerhin ist das geschafft.
Ich war spät dran, eigentlich wollte ich zum Sport und hätte den
leeren Kühlschrank noch einen Tag länger ausgehalten, so hab ich
frisches Obst und Gemüse zu futtern. Auf Arbeit war ich wieder mal
ganz verborgt, in einer anderen Abteilung, ich wurde gut
eingewiesen, es geht da freundlich zu, dadurch ist es gut
auszuhalten. Außerdem war es der letzte Tag, bevor eine ganze Woche
frei ansteht. Das sind Aussichten. Nicht, dass ich eine Woche nix
machen kann, es ist viel liegengeblieben, ich werde also Stress
haben, vielleicht sogar, wenn es klappt, mit meinem Heizungsbauer.
Samstag, 16. 10. 2021
Erster freier Tag, wahrhaft geschönt vom Altweibersommer, oder wie
heißt die Zeit jetzt. Ich hab mir beim Frühstück die Sonne durch die
Finger scheinen lassen und konnte mich kaum trennen vom Buch, vom
Lesen über den Geschichtenerzähler. Fremde Welten, unbekannte
Weltenentwürfe von indigenen Kleinstvölkern aus Perus Wäldern. Vor
Staunen das Kauen und Schlucken vergessen, dann dauert´s seine Zeit.
Irgendwann war der Kaffee kalt, und ich hab mich doch in den Tag
getrullert. Ein bisschen Stubenordnung herstellen, planen, ab ins
Studio. Köstliche Doppelschatten im Freien, mich am Tower ausgetobt,
ich hatte das Gefühl, nachholen zu müssen von der letzten Woche.
Schnelles Mittagessen zu Hause, ab nach Wendelsheim, da war ich zu
einem Spaziervortrag angemeldet, Thema Künstliche Intelligenz.
Eine kleine Gruppe, mein Eindruck, die Hälfte kannte den Prof. Wir
sind vom Parkplatz in Richtung Märchensee, an sonnigen Flecken gab
es kurze Impulsvorträge und jeweils gemeinsames Nachdenken, Sprechen
vom Gehörten ausgehend. Autonomes Fahren, Pflegeroboter, die
Geschäfte der Banken, die militärischen Einsätze, immer vor dem
Hintergrund, wie wollen wir leben. Mein Eindruck ist, ähnlich wie
beim Klimawandel, wir machen an vielen Stellen die Augen zu und
warten es ab. Dabei gibt es viele Vorteile, auf die wir nicht mehr
verzichten wollen, es ist aber unangenehm, sich selbst als
ausgeliefert zu empfinden, als Objekt zur Datenabschöpfung. Das ist
im Moment noch völlig unbegrenzt mit dabei, jedes Handy gibt
allerhand preis. Und es geht noch viel weiter. Was zu hören war von
der Whistleblowerin von Facebook, wie die Algorithmen gestrickt
sind, das scheinen wir kollektiv verdrängen zu wollen. Naja, ein
weites Feld, eine asymmetrische Auseinandersetzung, weil unsereins,
Otto Normalverbraucher kaum genug weiß drüber. Auf dem Rückweg
holte ich mir einen Kaffee, Kuchen hatte ich daheim, gestern
vorgesorgt. Ein sehr leckerer Rhabarberkäsekuchen vom Lidl, sehr
süß, ich versetze mein Wissen von gesunder Ernährung in den
Pausenzustand und schlemme. Dann kam mir die Lust auf Stadtgang,
Bücherschrank, mal übern Markt schlendern und die Sonne untergehen
lassen. Abends läuft das Radio mit SWR2, heute extra für mich,
Übertragungen von Jazzkonzerten aus Donaueschingen, die haben
100-jähriges Jubiläum. Ab zehn Jazztime, Musik des Weinens und des
Lachens, der Komponist und Jazzpianist Mikhail Alperin, ich kannte
ihn nicht, es war hochinteressant.
Sonntag, 17. 10. 2021
Der Anfang war mühsam, die ersten Stunden hab ich vertrödelt, habs
unterdessen gemerkt und kam nicht aus diesem Modus raus. Das
Bedenken, tu ich dies, mach ich das, wollte sich erstrecken ohne
Ende. Abwägen als Zeitfresser. Als es egal wurde, Hauptsache, es
geht mal los, bin ich zum Laufen raus. Immerhin war eine schöne
Laufstrecke erdacht. Ich bin am Neckar und unter strahlender Sonne
nach Bad Niedernau, durch den Kurpark vorbei an der Siebentälehöhle
hinauf zur Weilerebene, im Zickelzackel, weil ich den Weg nicht
kannte, bis zur Altstadtkapelle, da war Gemeindefest, was die wohl
gedacht haben, als ich durchhoppelte, wieder runter zum Neckar und
heim. 15 km im Schnitt von 5:34 min/km, bei 260 Höhenmetern ist das
gar nicht so langsam. Auf den Ohren hatte ich pure Energie, den
Konzertmitschnitt von Miles Davis, ich kannte ihn schon und hatte
wieder Lust drauf. Seine silberhelle Trompete zieselt Melodielinien
so ganz klar in den freien Raum, aber auch drumrum die Musiker sind
großartig. Nach Duschen, Pflegen, Essen saß ich wieder am Buch fest,
so verging die Restzeit bis zum Kino. Ich bin dein Mensch, ein guter
Film zum Thema Mensch und Maschine. Also ein Roboter, der kaum
unterscheidbar ist vom Menschen, der programmiert werden kann, in
dem Fall sollte sich die Erproberin in ihn verlieben. Das fängt
herrlich plump an, irgendwann kippt es, da der Robot mehr kann als
nur gefällig sein. Sie durchschaut das Ganze, ist aber auch gefangen
in dem Spiel, es gibt wichtige Reflexionen zu den Folgen einer
solchen Veränderung. Gestern der Vortrag zu KI, da war der Film grad
die richtige Ergänzung. Jetzt hier schreibend überdenke ich meinen
verlorenen Vormittag, empfinde mich da wie ausgeliefert, eine
fehlerhafte Software tut ihr Unwesen. Brauch ich ein Update? Oder
bin ich ein 3-86er, veraltet und der Welt nicht mehr gewachsen?
Montag, 18. 10. 2021
Mit einigermaßen klammen Fingern sitz ich hier am Bildschirm und
versuche, gegen die Kälte anzuschreiben. Die Heizungsbauer waren am
Werk, sind aber nicht fertig geworden. So hab ich wieder Wasser
überall, aber eben noch keine Wärme. Zum Glück ist es nicht mitten
im Winter, so werd ich das wohl überstehen. Morgen gegen Mittag soll
alles gut sein. Da steht mir ein außerplanmäßiger Putz- und Räumtag
ins Haus. Als die Handwerker Feierabend gemacht haben, bin ich so
notdürftig mit dem Staubsauger durch, dann bin ich raus. Hatte mich
angemeldet zum Crossfitkurs am Tower, das hat Spaß gemacht, ich hab
noch eine Stunde angehängt und ein paar von meinen Routinen
trainiert. Der Kurs war sehr beinlastig, ich bin hinterher noch in
die Beinpresse, das wird morgen wehtun. Ist jetzt schon so zitterig.
Da ich Zeit hatte, schließlich ist es ein freier Tag, auch wusste
ich ja, zu Hause wird es nicht gemütlich, bin ich in die Sauna, hab
die Wärme genossen, geschlemmt sozusagen oder geschlemmert? Laut
Duden geschlemmt, im Gebrauch wird Schlemmermenü draus, müsste das
Schlemmmenü heißen, da wird Deutsch zum Abenteuer.
Dienstag, 19. 10. 2021
Pünktlich wie die Maurer kamen die Heizungsbauer und haben
losgelegt. Mittags war alles fertig und es gab die ersten Geräusche
vom Zünden, da fing ich an, mich auf Wärme zu freuen. Handwerker im
Haus sind immer eine Zumutung, schließlich müssen sie bei mir zu
Hause Sachen machen, von denen ich kaum Ahnung hab, auch fällt Dreck
an, und es sind einfach Leute da, wo ich sonst meine Ruhe hab. Die
beiden haben ihre Sache gut gemacht in dem Rahmen, wie es möglich
war. Ich hab in der Zeit an einer Webseite gebastelt, da muss ich
mich ziemlich konzentrieren, an dieser war ich ewig nicht dran und
musste erst wieder die Struktur durchschauen. Am Ende war ich durch
gekommen, und sie funktionierte nach einer Korrektur makellos. Und
saß wieder allein zu Haus. Den ganzen Dreck hab ich ignoriert und
bin erst mal zum Chinesen was futtern gegangen. Anschließend, mir
war so, weiter in die Stadt zum Bäcker auf einen Kaffee und Kuchen.
Putzen stand an, grauslich, wo der Bohrstaub sich überall hinlegen
will. Muss ich morgen weiter einsammeln. Als es dunkel war, fiel mir
der Sport ein, an freien Tagen bestehe ich drauf, ausführlich zu
trainieren. Es war voll, ich hab draußen angefangen, später wurde es
leerer und ich kam gut zurecht. Nun nur noch ein paar Zeilen, da
isses schon fertig. Das Buch vom Geschichtenerzähler hab ich
ausgelesen, eine sehr eindrucksvolle Erzählstimme. Eine mir ganz
fremde Welt, von Amazonasindianern, deren Weltbilder und Traditionen
und Riten, dazu das Eintauchen eines jungen Mannes, der keinen Sinn
sieht in der normalen Zivilgesellschaft, in diese ursprüngliche
Daseinsform, alles hoch interessant und grandios geschildert. Ich
hab nicht alles verstanden, es ist ein ganz eigener Weltentwurf,
doch hat es eine verblüffende Aktualität über die Entfremdung der
Menschen in der Gesellschaft, die seltsam antriebslose Sinnsuche
oder Sinnstiftung, wie wir sie kennen. Vielleicht eher ein Buch für
hartnäckige Leser.
Mittwoch, 20. 10. 2021
Den Tag ohne Handwerker beginnen, also spät aufstehen. Die Heizung
überraschte mich damit, morgens um sechs loszulegen, es war so warm,
davon bin ich aufgewacht. Das hatte ich gestern vergessen zu
kontrollieren. Ich hab sie also eingestellt, bin wieder ins Nest,
konnte nicht gleich schlafen wegen warm und alles neu, dadurch ging
es dann länger und ich war um zehn wirklich ausgeschlafen. Hab den
Tag dem Putzen und Räumen gewidmet, die Spuren des Umbaus reduziert,
so gut es ging. Mittag gab es hier, aus der Pfanne aus dem Frost.
Ein Verwandter eines sich auf Reisen befindlichen Nachbarn kam zu
mir, ich hätte die Schlüssel, ich kannte ihn vom Sehen, er müsste am
Auto was richten und dazu in die Garage. Eine blöde Situation, ich
hätte ihn auch fortschicken können, wäre ich nicht da gewesen, wäre
auch nichts gegangen. Jedenfalls, ich hatte das Gefühl, es wird
schon passen, dauerte es ewig, klappte nicht mal, ich hab das
Verfahren beschleunigt, weil ich fort musste, wollte. Ich hatte nach
den Heizungsbauern genug von Leuten, die in meine Abläufe
reinlangen. Am Ende war die Garage wieder zu, das Auto hatte keinen
Muckser gemacht, besonders sachkundig kam es mir auch nicht vor, was
da lief, die Leute sind unverrichteter Dinge wieder weg. Meine Zeit
war auch weg. Ich bin trotzdem schnell zum Bäcker, diesmal der beim
Biofritz, es gab leckersten Kuchen zum Kaffee auf der Terasse über
der Stadt. Ein Telefonat mit meiner Kunstfreundin, wir sind in
Terminnot, können grad nichts miteinander machen und haben es so
bequatscht. Zum Sport, ich war angemeldet zum Crossfit am Tower,
nach einer knappen Stunde spürte ich mich an vielen Stellen. Hab
hinterher die unbehandelten Regionen malträtiert und einen
Jonglierversuch gemacht, nach langer Pause ging es ungelenk zu.
Egal, das kommt wieder. Die Sauna gönnte ich mir, danach beim Ruhen
las ich im Stern einen Artikel über Ungeimpfte, über Leute, die
keine Querdenker sind, aber sich für sich selbst begründen, das die
Impfung zu riskant sei, da Studien und Erfahrungen mit dem Impfstoff
fehlen. Die Argumente kamen mir nicht schlüssig vor, eine Angst
verdrängt da die andere und gesellschaftliche Interessen kommen gar
nicht vor. Warum der Stern da eine Titelgeschichte draus macht, ist
mir schleierhaft, da geht es auch wieder nur um Eigeninteresse, um
Auflage. Von den Enkeln sind Videos gekommen, erste Versuche mit
der Gabel zu essen, mit dem Trinkhalm zu trinken. Wir sind uns gar
nicht bewusst, dass man das alles erst lernen muss. Johannes trinkt,
also zieht Wasser mit dem Halm, lässt den Halm raus, das Wasser
kommt hinterher in diesem kleinen Strahl, als wäre der Strohhalm
noch da. Sein Papa ist nass, sein Bauch, er hat keine Sorgen,
herrlich, dieser Zustand der Unschuld. Die Fortschritte, die sie
machen, sind atemberaubend, vor einem Vierteljahr fing grad das
Laufen an.
Donnerstag, 21. 10. 2021
Da ich frei habe, versuchte ich mal den Sport so zu machen wie zu
der Zeit, als ich nur am Wochenende arbeitete. Bin vormittags Laufen
gegangen, 12 km über die stürmig durchwindeten Felder und Wiesen vom
Neckartal. Vorbei an einer Schar Graugänse, da waren helle
dazwischen, sind das Albinos oder welche ganz anderer Sorte. Sie
ließen mich nicht ran, waren auf weite Entfernung sehr achtsam und
startbereit. Nach Duschen, Essen, Stadtgang, ich mußte an der
Drogerie lang, gab es Sofalesezeit, dann ging es zu Siggi zum
Bauchkurs. Ich war lange nicht, so war es deutlich schmerzhaft, das
wird morgen lustig beim Nießen. Im Anschluss, es geht der Kurs nur
25 Minuten, hab ich mich komplett eingestampft, damit eine
Ganzkörperwonne draus werden kann, die ich morgen mitnehme zum
Crossfitkurs, da hab ich mich grad eben angemeldet. Ansonsten ist an
einem solchen Tag nicht viel passiert, nicht mal Zeit für Daddeln
kam raus. Das klingt alles so beansprucht, nebenher hab ich mir noch
die Rübe enthaart, dauert seine Zeit, und getrödelt. Manchmal denke
ich dabei was nach, nicht immer.
Freitag, 22. 10. 2021
Die Pandemielage soll enden am 26. November, so schlägt unser
Gesundheitsminister vor. Und kassiert sofort scharfe Kritik von
Herrn Lauterbach. Diesmal verstehe ich ihn sogar. Die Zahlen gehen
hoch, die Belegungen von Intensivbetten auch, der Herbst und Winter
kommt, wo die Zahlen sowieso höher gehen, die Impferei stockt. Die
Wahlen sind vorbei, was also hat der Herr Spahn gedacht. Will er
Herrn Laschet beerben? Das lohnt auch nicht. Mein Tag verging mit
Papieren für das Finanzamt, ich versteh zwar deutsch, aber die
Sprache der grüngrauen Blätter ist mir sehr verzwickt. So war mein
Ergebnis sehr vage, ich schrieb überall, wo ich nicht weiter wusste,
siehe Anlage rein. Und habe allerhand Papier dazugelegt. Für mich
ist der Vorgang, um den es geht, sehr klar ersichtlich, ob das Amt
das so mitmacht, ich bin mal gespannt. Es ist ein blödes Gefühl, so
ins Nebulöse zu arbeiten, andererseits helfen selbst die ewig
ausführlichen Erklärungsbögen nicht, weil mir die Sprache
unverständlich bleibt, ich die Begriffe nicht kenne oder aus anderem
Zusammenhang mit anderer Bedeutung, das nützt aber hier gar nicht.
Jetzt verstehe ich de Forderung nach einfacher Sprache im
Amtsdeutsch. Ziemlich frustriert habe ich am Ende alles in einen
großen Briefumschlag gesteckt, hatte keine Lust mehr, ihn
fortzubringen und ging zum Mittagessen. Lesend Nudeln essend, mich
rehabilitierend, hinterher zum Bäcker, ihr wisst schon. Eigentlich
hatte ich mir noch die letzten Arbeiten und Nachbesserungen an einer
Webseite vorgenommen, dafür langte die Zeit schon nicht mehr. Der
Crossfitkurs im Sportpark rückte näher. Da es kalt ist, nahm ich was
zum Überziehen mit, das war gut. Der Kurs, bei Olli, das heißt,
immer ein paar Finessen und kleine anstrengende Gehässigkeiten
dabei, hat Spaß gemacht, obwohl ich an manchen Stellen schmerzhaft
war, von gestern, vorgestern. Im Austausch danach stellte sich raus,
es ging mir nicht allein so. Vom Lesen: David Benioff, "Stadt der
Diebe". Ein vage möglicher Plot im belagerten Leningrad von 1941,
das Buch erscheint 2008, ein Jahr später in deutscher Übersetzung
und sei hochgelobt von Lesern und Kritikern. Mir kommt es vor, als
ob der Zauberlehrling von Dan Brown mit einem sehr großen Stoff
unterwegs ist, die Erzählsprache passt gar nicht zum Inhalt, es geht
flapsig und oberflächlich zu. Hat allerdings eine durchgängige
Spannung. Wäre der Zeitrahmen näher am Jetzt, die Handlung nicht in
von diesen Kriegsgräueln umstellt und durchwoben, ..., aber dann
wäre es ein anderes Buch. Benioff schreibt, als wäre er Nachfahre
russischer Juden, so wird ihm alles nachgesehen, sonst würde ihm das
Buch um die Ohren fliegen, siehe die Rezensionen zu Takis Würgers
Stella. Es bleibt ein Abenteuerromanchen, eigentlich nicht der Rede
wert.
Samstag, 23. 10. 2021
Am Vormittag kam der Stein ins Rollen, soll heißen mir ist ein Stein
vom Herzen. Es war ein lang hängengebliebener Vorgang, der konnte
abgeschlossen werden. Die Webseite, die ich schon lange in
Arbeit hatte, da waren jetzt eigentlich nur noch paar Korrekturen
reinzubaschteln, es ist vollbracht. Ich kann drüber hinaus sehen,
mir die nächsten Dinge vornehmen, keine Bange, da wartet noch
allerhand. Und so endet die freie Woche mit einer schönen Billanz.
Vor lauter Freude daran hab ich noch einen Einkauf erledigt, so
Haushaltkram, da war allerhand aus. Die leeren Flaschen fortbringen,
da muss man normalerweise nicht drüber reden, aber im Handelshof
sind neue Rücknahmeautomaten da, und fast wäre ich im Anfall
gelandet. Es hat wesentlich länger gedauert, als bisher, wo es von
lebendigem Personal freundlich erledigt wurde, das Teil gab jede
zweite Flasche zurück, nahm sie eventell beim zweiten Versuch,
manche Flaschen musste ich achtundzwanzig mal reinstupfen, dazu muss
man sie jedesmal ganz rausnehmen, sonst geht gar nix. Unterwegs am
Bildschirm die Meldung, bitte reinigen, die anderen zwei Automaten
wahren belegt, da mühten sich andere redlich, ihr Leergut
loszuwerden. Ein verschlafener Junge im Diensthemd stand rum und
brauchte sehr lang für den Entschluss des Tätigwerdens. Die Software
startet neu, langsam, es war nicht besser nach der Aktion. Ich hatte
Mordgedanken. Nein, eigentlich stellte ich mir vor, der Erfinder
dieses Gerätes müsste sein Dasein mit Leergutzurückgeben verbringen,
solange, bis ihm was Besseres einfällt. Meine Betriebstemperatur
ging nicht runter, der ganze Handelshof wird vergrößert und dabei
umgeräumt. Ich fand gar nichts auf Anhieb, das meiste spät und
manches nicht. An den Kassen wurde ich vollgemault von einer Lady,
die stand an der längsten Schlange, weil ich eins weiter ging und
dann näher am Ziel war. Fast wollte ich Joghurt werfen, wenn ich mir
vorstell, wie so ein Halbliterbecher auf ihr platzt, mir wurde ganz
kicherig. Irgendwann saß ich zu Hause, hatte alles eingeräumt,
vor mir der Kaffee und das Buch. Stadt der Diebe bekommt von mir den
Titel "Schlechtestes Buch seit langem". Der Gegensatz der
geschilderten Zeit, Leningrad, belagert von der Wehrmacht 1941, und
der Sprache einer flapsigen Jungs- Abenteuergeschichte könnte nicht
größer sein als hier, und es dient nicht dem Verständnis.
Unterhaltungsschmonz, aber nicht mal da sonderlich gut. Warum Khaled
Hosseini das Buch auf dem Umschlag eine Empfehlung mit gibt, nur
darum hab ich´s angewählt, verwundert mich sehr. Ich nehm mir was
Besseres vom Stapel. Abends war ich Volleyball schauen, die
TV-Mannschaft spielt nun dritte Liga, d. h. in kleinerer Halle, man
ist näher dran und sieht viel mehr. Die Jungs haben nach schwachem
Anfang klar gewonnen, die Emotionen, wenn was gelingt, sind
ansteckend. Blöd ist, man muss die ganze Zeit die Maske dranhaben,
da waren wir schon lockerer. Obwohl bestimmt die meisten geimpft
sind.
Sonntag, 24. 10. 2021
Obwohl ich gestern, als ich die Augen zuklappte, ganz unentschlossen
war, ich stellte mir den Wecker auf rechtzeitig mit der Option,
weiterzuschlafen, bin ich morgens aufgestanden, fühlte mich dabei
dem Heldenbereich zugehörig, es war noch ganz dunkel und kalt
draußen. Gefrühstückt und das Morgenritual vollführt, damit
unterwegs nichts schiefgeht, neun Uhr pünktlich war ich in Hirschau
und traf auf eine große Meute Laufwilliger. Die geplante Runde
gefiel mir, wir sind los nach Wurmlingen, weiter nach Wendelsheim,
am Anfang liefen viele aus Gruppe zwei mit vorn, dann hab ich nicht
aufgepasst als es sich sortierte, und hing an Gruppe eins, die
anderen waren weg. Aber ich hatte Glück, es war nicht nur mir zu
schnell, nach dem Motto: Schummeln mit Renate gingen wir ab da
unsere eigene Route bei eigenem Tempo. Am Ende waren wir über 17,5
km im 5:45er Schnitt unterwegs gewesen, froh, dass wir es geschafft
hatten und sind zufrieden heim. Die Reifwiesen, die flach stehende
Sonne, die vielen Graugänse auf den Feldern, es war eine schöne
Tour, wir haben dazu noch eine gepflegte Unterhaltung hinbekommen
mit interessanten Einblicken in das jeweils andere Leben. Besser
kann´s nicht gehen. Duschen, essen, selbstgewärmtes, ein
Mittagspäuschen auf dem Sofa, schließlich fehlte Schlaf, der
Gang zum Bäcker, streuselgedeckter Apfel auf Hefeteig, sehr lecker.
Immer wieder Lesezeiten, "Der Club" von Takis Würger. Das kleine
Büchlein kommt als Roman daher, die Sprache ist eher ein Bericht,
etwas hölzern, nach 90 von 236 Seiten hab ich keinen blassen
Schimmer, worum es geht. Der Haupterzähler, ein junger Mann aus
einer Familie mit schwierigen Lebensläufen wird mit einer Aufgabe
betraut, die er allerdings noch nicht kennt, wechselt dazu den
Wohnort, die Schule, das Land, die Sprache, und er erlebt seit
frühester Jugend, oder später Kindheit immerzu Sex mit grade
anwesenden Mädchen oder Frauen. Kommt mir sehr ausgedacht vor, mal
sehen, was draus wird. Da die Seiten sehr lose bedruckt sind, wird
es schnell fertig gelesen sein. Die Bezeichnung Roman kommt mir
nicht stimmig vor. Den neuen Rechner, der läuft vor lauter ich
muss mich erst einrichten und alles abfragen, noch sehr langsam, ich
versuche ihn zu benutzen, mittlerweile ist das ein blödes
Passwortgedöns an jeder Kurve, was waren das noch für schöne Zeiten,
als der Rechner mit einem Enter zufrieden war. Immerhin hab ich alle
Programme, also Apps sagt man jetzt, installiert bekommen und muss
nur noch paar Arbeitsdaten rüberschaufeln, dann sollte der Umstieg
perfekt sein.
Montag, 25. 10. 2021
Letzter freier Tag, abends gehts in die Nachtschicht. Sehr zögerlich
in den Tag gestartet, gelesen, am Rechner was, telefoniert, dann zum
Sport. Im Altweibersommer zwischen den vielen Spinnfäden mein
Programm am Tower durchgerattert, immer wieder Fäden von der Nase
und den Ohren gepult, die Spinnen sind unermüdlich. Irgendwann war
ein Reparaturtrupp an den Skaterrampen, die waren mit schwerem
Gerät, Dieselschwaden zogen über die Plätze, ich bin rein ins Studio
geflohen. Hab da den Rest erledigt, bin in die Sauna, am Ende waren
es drei Stunden nur dort, so vergeht die Zeit schnell. Den
Nachmittag setzte ich für Krimskram, viele Wege, kleine Ergebnisse,
muss eben gemacht werden. Die Abfahrt zur Schicht rückt näher.
Dienstag, 26. 10. 2021
Mit dem Schleicherfahrer im Rumpelbus gings heim, immerhin war die
Temperatur in Ordnung. Die Nachtschicht, naja, wieder an einer
Stelle gearbeitet, wo ich kaum Ahnung hab, diesmal musste ich zwei
Maschinen stehenlassen. Der kompetente Kollege, der das alles weiß,
saß ebenfalls zur Aushilfe, da, wo er auch nicht viel Ahnung hat.
Ich wundere mich nicht, dass mir da manches egal wird. Schlafen
schwierig, Krach im Haus und interne Störungen. Vor dem Wecker
aufgestanden, beim Frühstück das Buch fertig gelesen. Der Club, eine
seltsam künstlich erdachte Geschichte, dabei gäbe es Berichte von
solchen Vorkommnissen zu Hauf. Es geht um die Aufklärung einer
Vergewaltigung. Der Autor hat irgendwie das Bedürfnis, sich in
schwer erschließbare Seelenzustände einzufühlen und scheut vor der
mordskonstruierten Geschichte nicht zurück, um loserzählen zu
können. Von diesem Autor werde ich erst mal nix mehr lesen. Ein
kleiner und schneller Einkauf, ich war im Aldi, kaum Menschen, freie
Bahn zur Kasse, und ich hab alles gefunden, was ich brauche. So mein
Eindruck bis jetzt, hab jedenfalls das Gefühl, nichts fehlt. Da hat
die Zeit für das Studio gereicht, man konnte sogar draußen was
machen. Die Stangen sind bissle kalt, aber sonst war es gut. Im
Studio drinnen war es sehr voll, die Luft draußen ist besser, ich
hab fast alles geschafft, für die Sauna hat es nicht gereicht. Egal,
heim, texten, Schicht vorbereiten, essen, zum Bus.
Mittwoch, 27.10. 2021
Wenig Neues, kaum Gedanken. Ein Flyer lag im Hauspostkasten, Angebot
zu verschiedenen Massagen. In der kleingedruckten Beilage folgende
letzte Sätze: "Zur Zeit kann ich aus medizinischen Gründen keine
Gäste annehmen, die sich gegen SARS-2 impfen lassen haben (sowohl
MRNA, als auch Vektorimpfstoff) Durch die lebensgefährlichen
Nebenwirkungen, wie Hirnvenenthrombose, plötzliche Nervenschocks
oder Ohnmachtsanfälle habe ich große Bedenken Sie zu massieren."
Ob die Herausgabe eines solchen Flyers Sinn macht, wenn man von
vornherein ca 80 % der Kundschaft ausschließt? Ungeimpfte Kinder
gehen eher selten zur Massage. Ich habe zwar von Nebenwirkungen
gehört, aber nicht durch von Massage ausgelösten Nebenwirkungen, da
schließe ich mal auf eine gewisse Verschrobenheit des Verfassers,
würde mich deswegen ungern unter seine Hände begeben. Lesen:
Norbert Scheuer, "Die Sprache der Vögel", ein Titel, der mich sofort
interessiert. Hab achtzig Seiten, lose bedruckt, mit Aquarellen von
Vögeln, der Bericht eines Soldaten, um 2003 in Afghanistan
stationiert, der Verweis auf seinen Vorfahren, einen Reisenden und
Forschenden in Sachen Vögel, von der Freundin, den Stubenkameraden,
von den Eltern gibt es einzelne Berichte, und alles zusammen liest
sich sehr zauberhaft. Wie die gemalten Vögel, aus dickem Kaffee
hingetupft, funktioniert auch der Text, sehr sparsam, aber sicher
gesetzte Mitteilungen vermitteln die jeweilige Welt/Atmosphäre
anschaulich. Gefällt mir, bin gespannt auf das Ganze. Beim Sport
war ich, anderthalb Stunden, meist draußen.
Donnerstag, 28. 10. 2021
Goldener Herbst, aufgewacht bei strahlendem Sonnenschein, beim
Frühstücken immerzu Sonnengeblinker, nachdem ich meine Ordnung
hergestellt hatte, bin ich raus zum Laufen. Die Standardrunde, 10
km. Fast wäre ich geendet wie Gulliver im Zwergenland. Man stelle
sich vor, die Millionen von Spinnenfäden kämen nicht nacheinander,
immerzu ein paar, alle Schritte verreiße ich welche, sondern alle
auf einmal. Es wäre um mich geschehen. Bewegungsunfähig, gefesselt
an allen Gliedern müsste ich meinem seelig Ende entgegenharren. Bei
Gulliver ist es irgendwie anders ausgegangen, ich weiß es gar nicht
mehr, und ich hatte auch Glück. Gutgelaunt und von der
Runtasticgemeinde angefeuert, kam ich bei Sonnenuntergang wieder
heim. Beim Lesen wars gut, das Buch ist wirklich stark, auch die
Zeichnugen, alle Vögel sind erkennbar bis hin zur Art, sich zu
bewegen.
Freitag, 29. 10. 2021
Der Termin für den Reifenwechsel lag so, dass drumrum die Zeit für
den Sport nicht reichte. Ein fauler Tag, und ich brauche es nicht
mal zu rechtfertigen. Hab in aller Ruhe das Buch von der Sprache der
Vögel fertig gelesen, es endet mit dem Ende verschiedener Leben. Ich
fand es wundersam dicht geschrieben, aus Andeutungen wurde sehr
klar, unter welchem Druck Leben stattfndet und das es nicht immer
weiter geht oder ein gutes Finale hat. Das war mir nicht neu, aber
es wurde brillant dargestellt. Was mich verwundert und angesprochen
hat, ist die Art der Aufschriebe, es geht tagebuchartig zu, nicht
alle Tage sind belegt, und es kommen andere Erzählelemente dazu. In
den geschilderten Lebensfragmenten passiert ordentlich was, aber es
gibt viele Eintrage, die mir vorkommen, als könnten sie hier
irgendwo dazwischen stehen. Am Nachmittag, als ich die Reifen
auslud, hörte ich dem Hausrotschwanz zu mit dem Gefühl, es könnte
sein, das wer ihn versteht. Es ist jetzt die Zeit vor der
letzten Nachtschicht, ich werde sie in einer anderen Abteilung
zubringen, aushelfend, so heißt es, und damit bei uns die
Arbeitsproduktivität hoch bleibt. Jeden Tag, wenn wir alle da sind,
wird einer verborgt und herausgerechnet für dies eine Merkmal. Da
sitzt dann einer von uns mit einer viel höheren Lohngruppe, tut
ungewohnte Arbeit langsamer als die dortigen Stammkräfte, wie dort
die Arbeitsproduktivität schöngerechnet wird, ist mir nicht bekannt,
ich glaube, dass unsere studierten Kräfte da allerhand Fähigkeiten
aufbringen.
Samstag, 30. 10. 2021
Nach der Nachtschicht, im Bus, diesmal in weiser Voraussicht weit
entfernt von meinen zwei ratschenden Kollegen den Platz gesucht, es
nützt nicht. Wie die dümmsten Klatschbasen, erst vor Schichtende
paar Bier an der Tanke reinlassen, dann ohne jegliche Rücksicht auf
die Schläfer, als wäre man allein im Universum, gutgelauntes Gelaber
und Gegacker. Niemals möchte ich in dieses Stadium von
Geistlosigkeit kommen. Die Arbeit war nett, ich war ja als
Plattenbeweger verborgt, daneben eine Kollegin, die ihre Maschine
anschreit, am Anfang hab ich dauernd hingeschaut, was los ist. Sie
ruft: Warum siehste du nix?, aber da steht die Maschine schon in
Störung, antwortet nicht. Der andere Kollege neben mir versucht sie
zu beruhigen, aber sie schreit schon wieder. Ich hab derweil meinen
persönlichen Rekord geschafft, über siebentausend Platten ausgebaut
und gepinnt. Unter dieser Formulierung kann sich kaum jemand was
vorstellen, denke ich, da ich aber im Zustand nach der Nachtschicht
bin, wenig geschlafen habe, und auch schon die Bude geputzt habe und
zum Sport war, immerhin über zwei Stunden, lass ich das mal so
stehen. Außerdem muss ich zu all dem Kuddelmuddel des Umsteigens in
Normalbetrieb die Zeitumstellung verkraften, ohne dass sich mir der
Sinn erschließt. Der Mensch legt fest, wie spät es sein soll, ich
find, wir haben Glück gehabt, dass es nur um eine Stunde geht und
dass es nur zweimal im Jahr passiert.
Sonntag, 31. 10. 2021
Probeweise den Wecker gestellt für den Hirschauer Lauf und siehe da,
rechtzeitig aus dem Bett gekommen, gegen neun sind wir los. Bei der
Hinfahrt war es noch kalt, die Wurmlinger Kapelle thronte auf einer
Nebelbank, darunter der Berg war weg. Schnell kam die Sonne raus, es
wurde wärmer und die Nebel verschwanden, wir haben als Fünfergruppe
einen Halbmarathon geschafft, auch der Schnitt von 5:42 war
akzeptabel, immerhin waren 225 Höhenmeter dabei. Auf dem Tübinger
Schloss wartete ein Lauffreund mit einer überraschenden
Verpflegungsstation, da ging die zweite Hälfte gut rum. Kaum zu
Hause, noch ungeduscht, klingelt das Handy, eine spontane
Verabredung zum Kunstschauen und schwätzen, die Kirchheimmer
Kunstfreundin hat mich geschwind überzeugt. Ok, die Ausstellung hat
mir gar nicht gefallen, ihr schon, diesmal konnten wir uns nicht mal
ansatzweise auf irgendwas einigen, mussten es so lassen. Dafür haben
wir uns danach in ein neues, schönes Kaffee verkrümelt und ganz
gemütlich die lange Zeit nacherzählt, die wir uns nicht gesehen
hatten. Wir brauchten sogar noch einen Spazierweg, um durchzukommen.
zum Novembertext
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