Michael Oswald

 

 

 

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Leben in den Zeiten von Corona 19

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Mittwoch, 1. 9. 2021

Stolz wie Bolle bin ich mit meinem vollständig gültigen Impfzertifikat ins Sportstudio eingelaufen, ich bekam meinen Vermerk und brauche mich darum nicht mehr kümmern. Mein coronafreies Leben kann starten, wobei das nicht heißen soll, ich bleibe coronafrei, ich kann es ja trotzdem noch bekommen, aber ich gehöre zu den 60 % der Bevölkerung, die wieder im Besitz von allerhand Bürgerrechten ist. Ich habe alle Tage mit Menschen aus der Gruppe der 40 % zu tun, höre da die verschiedensten Begründungen für diese Zugehörigkeit, die meisten kann ich nicht nachvollziehen. Darunter sind zu Hauf unkritische Nutzer jeglichen Fortschrittes, nur beim Impfen gibt es diese seltsame, auch uninformierte Verweigerung.
Auf Arbeit: Mein Kollege hatte heute mit einer dieser fehlerbehafteten Maschine zu tun und sich wacker einen abgekämpft. Was wir da an Zeit verplempern, immer wieder und sicher vermeidbar, und dann bekommen wir gesagt, unsere Arbeitsproduktivität sei nicht in Ordnung. Putzig.
Den Butt hab ich geschafft, es war ein dickes Buch und ich hab lange gebraucht, fand es anstrengend. Nicht das ich mich nicht anstrengen will beim Lesen, aber es kam zu wenig raus dabei. Wenn ich die schon reklamierten, ewigen Wiederholungen rausstreichen würde, würde gefühlt ein Sechstel des Umfanges übrigbleiben, das könnte interessant sein. das Buch gebärdet sich modern, neuartig in der Erzählhaltung, ständig wechseln Perspektiven und Zeiten, gen Ende hin spricht die Erzählstimme aus allen Personen gleichzeitig, wird Mann oder Frau, Frau ist Mann und andersrum, ohne dass dieses Aufschäumen besonders plausibel rüberkommt oder zur Erkenntnis führt. Eigentlich wird sehr wenig geboten, ledglich so einige Reklamationen am Weltenlauf, die mir aber nicht neu vorkommen, auch 1977, im Jahr des Erscheinens nicht neu vorgekommen wären, allerhand Unzulänglichkeiten werden in dieser Schüttelreimerei immerzu auf´s Neue verrührt, bis es mir zum Hals raushing. Man muss eigentlich nicht bis zum Ende lesen, ich wollte mit meiner Ehrfurcht vor dem großen Schreibernamen wissen, ob noch was kommt, nicht dass mir was entgeht, nun ja. Hab schon ein neues Buch aufgeblättert.
Gestern abend sah ich auf YouTube eine Tageszusammenfassung von den Paralympics und war sofort beeindruckt von den Sportlern und auch angerührt. Wenn eine Handbikerin oder eine Reiterin erzählt, wie sie sich aus der Krankheit rangekämpft haben und was der Sport ihnen an Lebensqualität bietet, ist das für mich wie eine Lehrstunde. Mir hat das so imponiert, wie geschwommen wird oder Tischtennis gespielt wird, das Kugelstoßen, Ringen und Sitzvolleyball, alles so noch nie gesehen und sogleich die Intensität erfasst, da will ich gern weitermachen mit meinem Sport und über die paar Zipperlein, die anfallen, lachen.

Donnerstag, 2. 9. 2021

Mikis Theodorakis ist gestorben, in hohem Alter, nach reichem Leben. Seine Musik bleibt uns, sein Canto General war mir in jungen Jahren der Einstieg in die Weltmusik, die moderne Klassik, wo immer man das hinordnen will. Ohne ihn wäre Alexis Sorbas nicht so eindrucksvoll.
Es war Pausentag, ich musste etwas ausschlafen, keine Zeit mehr für den Sport, ein wenig telefonieren ging noch und ein paar Papiere vorbereiten, das war schon alles. Im beheizten Bus ging es bei schönstem Sonnenschein zur Arbeit, nicht nur, dass es rumpelt, die Heizung sei laut Busfahrer auf Null, tat aber wie Winterbetrieb. Abends war es in Ordnung, lag es am Bus, am Fahrer, an höheren Mächten? Auf Arbeit sehr entspannt, keine Vorgesetzten waren da. Die Maschinen sind alle gelaufen, wir können es auch so.

Freitag, 3. 9. 2021

Geschafft, es geht ins Wochenende. Vormittags mit dem Rad zum Sport, draußen am Tower allerhand durchgezogen, Mittag vom Bäcker, die Seele mit Schafskäse, im Bus, ungeheizt, zur Arbeit, da fing es an mit dem Angebot, heimzugehen. Stückzahl sei erreicht, Material ist kaum was da, das hätte was genutzt, wenn es gestern verkündet worden wäre. Da war alles von heute sichtbar. Nur war eben keiner anwesend, der mitgedacht hat. Ich fahr nicht über eine Stunde mit dem Bus durch die Gegend, um dann wieder heimzufahren. So sind wir dageblieben, waren nicht sonderlich motiviert, haben unsers gemacht. Jetzt vergess ich das alles, freue mich auf morgen, da kann ich lesen, laufen gehen, hab auch allerhand zu tun, Einkauf, die Webseite endlich fertig machen, Papiere ordnen, Bude putzen usw. Die Briefwahl muss gekreuzelt werden, dann ist meine Wahl getan. Diesmal ist es ganz einfach, für mich stellt sich nur eine Möglichkeit als sinnvoll dar.

Samstag, 4. 9. 2021

Es ist zum Lachen, da war aus der Woche so viel ligengebleiben, dass es nicht mal geklappt hat, laufen zu gehen. Nach gemächlichem Anfang mit Lesefrühstück und Lesen ohne Frühstück hab ich angefangen, von meinem Zettel die wichtigsten, die unaufschiebbaren Dinge abzuarbeiten. Ich bin gut vorwärts gekommen, aber manche Dinge dauern.
Eine Unterschrift musste ich einholen, da sollte ich gleich kommen und zum Kaffee bleiben, dafür hab ich sofort was anderes gecancelt. Ich saß frohgemut auf einem Balkon in der Sonne und ließ es mir gutgehen. Eine Coronageschichte hab ich gehört, die hat mich geschwind erschüttert. Ein Impfverweigernder behandelt ebensolche mit einem Bonusvorteil. Weil sie zum Fähnlein der Aufrechten gehören. Ich will nicht konkreter werden, diese Variante von Querdenken kannte ich noch nicht. Sie sind überall und unter uns, ich merke, dass ich schnell an die Stelle komme, dass ich so jemanden nicht ernst nehmen will. Bei Tetanus und Diphterie, gibt es da auch solche Haltungen? Da ist es dann eher mit persönlichen Konsequenzen versehen, zumindest bei Tetanus, während bei Diphterie und Corona wegen der Ansteckungsverbreitung die Folgen für alle da sind. Es ergibt sich da eine seltsame Haltung aus Halbwissen, Laienschlussfolgerungen, merkwürdigen Freiheitsauffassungen und Lagerdenken, es gibt bestimmt noch mehr Zutaten. Ich bin froh um die Möglichkeit des Impfens, als die Pest noch durch die Lande ging, hatte man nicht viel dagegenzusetzen. Mit dieser meiner Haltung lasse ich mich dann beschimpfen als naiv, schlecht bzw. von den falschen Medien informiert, als obrigkeitshörig und was noch alles. Wie soll man da miteinander reden?

Sonntag, 5. 9. 2021

Gutgelaunt im Spätsommer, es fing an ohne Zeitdruck, Erzählungen aus den Inselstücken zum Frühstück, Zeugs für Freibad richten, die Anmeldung auf dem Handy parat haben, wir waren verabredet zum Aquajoggen. So als letzte Gelegenheit, das draußen zu genießen, das war die Idee, mein Sportskollege hatte angefragt. Nach dem Einschwimmen war es schnell rum mit genießen, es war ziemlich anstrengend, ich hatte es lange nicht gemacht. Das Programm war knackig: 5 min, 3 min, 1 min Vollgas, dazwischen je 1 min Pause, diese Sequenz viermal. Wir hatten den Bereich unter dem Sprungturm ganz für uns. Michi im Rhythmus einer schnellen Nähmaschine neben mir, bei der einen Minute hat er noch einen Zahn zugelegt, es fing an zu schäumen. Ich hab alles gegeben, bin gut durchgekommen. Hinterher ausschwimmen und ein bisschen warme Dusche, noch kurz in der Sonne  aufwärmen, wir waren über eine Stunde im Wasser, auch wenn das 23 Grad hat, kühlt man runter. Mittags gab es zu Hause, ich hatte mir gestern Champignons gekauft, die hab ich auf die Pfanne geschmissen, drei Eier dazu und gewärmtes Dinkelvollkornbrot, das war perfekt. Nachmittags war ich mit dem Rad in der Stadt, am Bücherschrank hab ich ausgeladen, aber auch was eingepackt, u. a. ein Kinderbuch von Christoph Hein. Ist mir neu, dass er sowas gemacht hat, und ich bin neugierig drauf. Meine Stapel nehmen so nicht ab, immerhin verändern sie sich wenigstens inhaltlich. Auf dem Rückweg, den ich so gestaltet hatte, war der Bäcker offen, naja, ihr wisst, was passiert ist. Das war mein Programm, ich habe den Rest vertrödelt, geruht, gelesen. Als ich abends das Rad in den Keller bringen wollte, bin ich vorher am Schlachthof lang gefahren und siehe da, die Mahnwache stand davor. Alle 14 Tage sonntags, sie halten durch.
Ein Ding noch: Es gibt neues Videomaterial von Rezo, er zerstört vor der Wahl, diesmal nicht nur die CDU. Er erteilt ein berechtigtes Ungenügend, die Politik zur Klimaveränderung betreffend. Und er kann es eindrucksvoll belegen. Es gibt zwei Videos, ein drittes soll noch kommen. Er wollte auch im Vorfeld der Wahl die Kandidaten einladen auf Twitch sich den Fragen der jungen Generationen zu stellen, die über Fernsehen nicht erreichbar sind, da hat Laschet gekniffen. Diesen Vorgang schildert er in einem Extravideo. Ich empfehle das alles zu schauen.

Montag, 6. 9. 2021

Frühschicht, das sagt alles, ein Tag im Schlafdefizit. Auf Arbeit mit demselben Fehler an derselben Maschine gekämpft wie vorige Woche, immerhin ist diesmal ein Stillstand und Reparaturauftrag rausgekommen. Wenn wir Glück haben, schaut ein Kundendienstler der Herstellerfirma danach, es ist grad jemand im Haus. Komplizierte Abläufe auch in der Personalabteilung, mit dieser Bezeichnung oute ich mich als Boomer, man sagt HR. Ich muss anklopfen, darf aber wegen Corona die Tür nicht selbst öffnen. Werde verwiesen an die nächste Tür von einer telefonierenden Dame, da ist dann niemand. Von vorn. Ich bin diesmal eingelassen worden, darf mein Begehr sagen, werde belehrt über fehlende Kreuzle und dieVertracktheit des Verfahrens. Darf gehen, aber nicht die Tür öffnen. Muss bittend auffordern, wenn das Prozedere so sein soll.
Nachmittags, daheim, gestresst nach vielen Ungehörigkeiten der mich Umgebenden, das will ich nicht aufzählen, mach ich die Tür zu, meine Welt. Stadtgang mit Seelentröster, ein Stück Mandarinenschmandkuchen zu Kaffee, ich darf drinnen sitzen, vom Porzellan essen, bin 3G-gültig. Mit Luca-App geht es schnell und ohne Papier. Ich war mit dem Fahrrad unterwegs, dadurch ging es schnell, und ich war zeitig beim Sport, konnte noch bisschen Routinen abarbeiten, bevor es in den Crossfitkurs ging. Eine knappe Stunde, eh anstrengend, dazu war mein Trainingskollege dabei und hat mit Gewichten vorgelegt. Da ein Muskelkater von der Nummer gestern im Aufbau ist, ging es richtig an die Grenzen, manchmal kontrahierte nicht mehr der Muskel, eher der Willen. Am End waren es über zwei Stunden Sport, da ich mit dem Rad da war, noch mehr. Auf dem Rückweg hab ich den Läufermichi begleitet, er zu Fuß im Affenzahn durch die Stadt, ich gemächlich radelnd. Vielleicht hätte ich ihn bisschen besser von dem Verkehr abschirmen sollen, da fehlt mir jegliche Erfahrung. Jetzt also das hier fertig, schnell in die Kiste, Schlaf nachholen.

Dienstag, 7. 9. 2021

Besser geschlafen als letzte Nacht, aber noch weit vom guten Zustand entfernt. Dazu ist über Nacht der Muskelkater vom Aquajoggen gereift, ein neuer entwickelt sich dazu vom Crossfit, das war beinlastig und der Arsch meldet sich beschwerlich. Auf Arbeit angekommen, da stört sowas nicht. Ein Wunder ist passiert, die kaputte Spanneinheit der schwächelnden Maschine wurde repariert, wie ich es verstanden hab, waren die zwei Stellventile für die Druckdosierung ausgefallen, keine große Sache. Wenn ich denke, wir haben uns zwei Wochen mit der Kiste gemüht, Zeit verplempert und Ausschuss gehabt und Spannzeug, das ist teuer, zerstört, weil die kleine Reparatur nicht stattfand. Ich würde das anders regeln. Dafür fiel an einer anderen Kiste die Kamera aus, wegen Verölung, da war ich wieder beschäftigt. Im Bus heimzu hab ich mir das alles aus dem Kopf geschlafen.
Eigentlich wollte ich laufen gehen, aber ich war ein Totalschaden, so hab ich mir das Rad rausgeholt, bin in den Spätsommer über die Felder gefahren, an den ersten Herbstzeitlosen vorbei, in Wurmlingen wollte ich schauen, ob der Bäcker offen ist. Das Ergebnis war: Ja, ich saß also mit einem Aprikosenschmandstück in der Sonne. Weiter nach Hirschau, eine Runde um den Baggersee, der ist aber so zugekrautet, da hatte ich keine Lust auf Baden. Heimradeln, ich war doch verschwitzt, wollte nun doch noch laufen, da das Rad gut ging, auch, damit sich das Duschen lohnt. Hab mir eine Strecke ausgedacht, so am Neckar lang, ohne Berg, bin raus und fühlte mich sehr schmerzhaft an auf den erste Metern. Es war mühsam, ich hab es sofort eingekürzt, bin bis zm Freibad gekommen und hab gewendet. Es waren nur 5 langsame Kilometer, fühlte sich an wie Halbmarathon. So trullere ich mich beizeiten ins Bett in dem Wissen, das geht alles wieder weg.

Mittwoch, 8. 9. 2021

Ich gebe nach, gebe meinen inneren Widerstand immer schluckweise auf. Über mein Leben legt sich wie die Spinnweben im Altweibersommer die Struktur des Dreischichtbetriebes, es geht ja schon ein Jahr so. Nur noch Erinnerung ist die Zeit, als ich noch Wochenendarbeiter war, mit drei Tagen war es abgegolten, wo es nun fünf braucht. Die innere Revolte wird leiser, ich merke es daran, dass ich mir vieles gar nicht mehr vornehme, Kinobesuche, VHS-Vorträge, Onlineseminare, die Schreibseminare an der Uni, das Lauftraining am Sportinstitut, alles gecancelt, weil die Zeit fehlt. Von dieser Stelle aus, mit diesem neuen Referenzpunkt versuche ich, es schön zu haben. Heut ist es gelungen. Stadtgang per Rad, Halt beim Bäcker, die lustloseste Bäckereiverkäuferin seit langem, das war schon wieder zum Lachen, Bücherschrank, Buch hin, Bücher her, mich unterwegs an der Sonne freuen, dann zum Sport. Kurs am Tower, immer wieder neue Übungen, Grenzen werden in der Gruppe später wirksam, also kurz vorm Zusammenbruch vielleicht. Wir haben´s gutgelaunt durchgezogen. Damit war der Tag schon voll, all das Nichterledigte bleibt einfach liegen.
Wieder einer neuen Begründung von Impfunwilligkeit begegnet, die ich auch nicht nachvollziehen konnte. Dabei laufen die Kliniken nach und nach voll, die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Inzidenz geimpft bei 15, ungeimpft 180, ergibt irgendwas von gesamt knapp hundert. Die schlimmen Verläufe haben in ebendem Verhältnis die Ungeimpften, dabei könnte es schon ausgestanden sein, wären wir eine immune Herde. Corona läuft also weiter und beeinflusst unser aller Leben, die Bildung, die Wirtschaft, die Kultur, weil es diese naive Auffassung von "meiner Freiheit" gibt. Ich hab noch keine einzige überzeugende Argumentation gegen das Impfen gehört. Auch von einer freiwilligen Übernahme der Krankenhauskosten durch ungeimpft Erkrankte hörte ich noch nie, das wird selbstverständlich der Versicherung aufs Auge gedrückt, die von allen gezahlt wird.

Donnerstag, 9. 9. 2021

Ein Dreizeiler muss reichen: Arbeit ok, nachmittags kurz im Paradies vorbeigeschaut, ich fand mich zum Kaffee auf einer Terasse, es gab Heidelbeerkuchen, der Verkehr brauste weit weg unter mir und ging mich nichts an, ich war zu Fuß da. Später mit dem Rad durch den Stau in der verstopften Stadt, die Autos warten, ich passe durch, zum Sport, Höhepunkt war Siggis Bauchkurs. Sie lässt niemals locker, wird nie fertig mit dem Zählen, es tut immer weh bei ihr und macht hinterher das Gefühl, gewonnen zu haben. Dann wollt ich mich belohnen, war in der Sauna, die Zeit fehlt jetzt hier.

Freitag, 10. 9. 2021

Die letzte Frühschicht, ich war meist allein in meiner Reihe, daneben auch Notbesatzung. Das Defizit beim Schlafen hatte sich aufgesammelt, zeitweise blinkerten mich die öligen, glitzenden Platten fast ins Delirium. Zum Glück war die Arbeit stetig, keine langen Rumstehpausen, die Zeit verging und Freude aufs Wochenende kam. Nachmittags, Feierabend, nach tranceähnlichem Busschlaf war ich froh um den Freiraum, ich hatte ein Geburtstagsfest abgesagt, weil ich mich so maulfaul, mürrisch niemandem zumuten wollte. Hab mir einen Kaffee gegönnt, langsam kamen die Lebensgeister wieder hervor, ich bin durch die zugestaute Stadt zum Sport geradelt. Die Baustelle macht mit ihren Sperrungen alle Tage alle Straßen zu einem Parkplatz. Ich fahr vorbei, spüre die Wut der Autofahrer, wenn ich mich durchdrängle, durch die Lücken fahr, die zufällig da sind, der Radweg wird nirgends beachtet. Ein Höhepunkt der Baustellerei ist, das Radwege weg gemacht werden, weil daneben Autos parken, dann sei es gefährlich für die Radfahrer, wenn ein Autofahrer die Tür aufmacht, ohne zu schauen, der Platz sei zu knapp. So fahre ich wieder mittendrin unter den Autos und LKWs und fühle mich so was von sicher. Im Studio gab es den Crossfitkurs mit neuen Übungen, das Krokodil und den Hängetwist hatte ich noch nie. Es war ein Anfänger da, an dieser Stelle wird offensichtlich, dass regelmäßig kommen wirklich nützt.

Samstag, 11. 9. 2021

Vor zwanzig Jahren, erst hab ich das kaum glauben wollen, ich war auf Arbeit, da wurden die Nachrichten zeilenweis durchgesagt, zu Hause hab ich den Fernseher angemacht. Das schlimmste war für mich, das ich Leuten zusah, die in den Tod fielen.  Bin Laden ist lange tot, das Prinzip Rache verstehe ich in dem Fall, finde es trotzdem nicht richtig. Es macht keinen Sinn.
Mein Tag begann spät, ich hab nachgeholt und fand es köstlich, ausgeschlafen aufzustehen. Danach mühte ich mich redlich, manches zu erledigen, hatte mit Widerständigkeiten zu tun, dadurch dauerte es lange. Als mir die Lust verging, band ich die Laufschuhe zu und hab meine übliche, schöne Strecke absolviert, unterwegs fand ich die späten Beeren des Aronstabes und die letzten Blüten vom Feinstrahl. Ich hatte eine Regenpause erwischt, als ich zu Hause aufschloss tröppelte es wieder los. Dusche, Mittag beim Chinesen, mittlerweile fragt er mich, was los ist, ich komme so selten. Von der Shedhalle in Tübingen wusste ich, es gibt Sommerfest, ich hatte Lust auf eine Fahrradtour, bin bei trockenen Verhältnissen los, weiter vorn sah man die Sonne durch die Wolken blinkern, es regnete ab dem zweiten Kilometer eindrucksvoll. Patschnass kam ich in Tübingen an, fand das Radfahren auf breiten blauen Spuren Klasse, fühlte mich wertgeschätzt und spürte auch den Respekt der Autofahrer, Verhältnisse wie in Amsterdam, das sind Radler die Könige. An der Shedhalle lief ein Konzert, es gefiel mir nicht sonderlich, außerdem sah man durch die nassen Hosen das Muster meiner Unterhosen, gar meinen kleinen Pim?, ich kam mir nackicht vor. So bin ich bald wieder auf den Rückweg, brauchte ungefähr bis Rottenburg, um abzutrocknen und hab mir dort eine kleine Ausstellung von den hiesigen Künstlerhofleuten augeschaut. Das mit dem Rad hat Spaß gemacht, das Gefühl, dem Wind und Regen zu trotzen, schnell zu sein, klarzukommen, ist mir angenehm. Abends holte ich mir einen Rechner, der günstig angeboten wurde, ich war froh um den schnellen Entschluss, weil man sich da beim Auswählen und Vergleichen auch sehr verzetteln kann. Jetzt hab ich wahrscheinlich nicht den besten und günstigsten, aber da steht er, morgen werde ich ihn in Betrieb nehmen.

Sonntag, 12. 9. 2021

Der Tag der Orgel und der Tag des Textausfalls.

Montag, 13. 9. 2021

Wirklich, ich hatte es mir fest vorgenommen, ich wollte in der Zeitlücke, die im Vordernachtschichttag liegt, die Webseite fertig machen, das heißt, die paar Änderungen noch einpflegen. Und ich hab ja gut angefangen. Aber dann war es wie immer, es fehlten die entscheidenden zwei Stunden. Ich hab den Wocheneinkauf geschafft, alles verräumt, Gemüse geputzt, Obst gewaschen, mich um die Wäsche gekümmert, war zum Sport und stellte mit dem Blick auf die Uhr fest, wieder nix. Es muss ein entscheidender Zauber über meinen Zeitenläufen liegen, ich glaub, ich weiß auch ungefähr, wo er sich versteckt. Es ist der Fehler schon im mir Vornehmen der Ration für den Tag. Da muss in meinem Hirn ein Simsalabim wirken, ich schreib mir alle Vorhaben auf, denke, ja, bisschen viel vielleicht, aber wird schon gehen, und jedesmal landet es am Abend weit vor der Vollendung. Normal schlaue Menschen würden versuchen, rauszubekommen, woran liegt es. Zuviel vorgenommen, Zeit vertrödelt, Zeit falsch eingeschätzt für einzelnes, summiert sich zu einem wieder nicht geschafft. Ich kann es ignorieren, male abends tapfer den neuen Zettel voll und lege den alten auf den Stapel. Wäre er fertig abgearbeitet, könnte er weg, das würde ich gern mal wieder erleben.
Der Wahlkram läuft. Scholz liegt vorn, ich denk, ich weiß, warum. Wir schrecken zurück vor fälliger und dringender Veränderung, das mit dem Klima sehen wir schon ein, solange es nicht unser Verhalten betrifft. Dafür, so scheint es, steht Scholz. Laschet steht für gar nichts, soviel sowohl als auch bringt niemand anderes in einem, in jedem Satz unter. Und Baerbock will soviel verändern, wirkt ein bisschen wie übereifrige Klassenbeste, wie Möchtegern.

Dienstag, 14. 9. 2021

Die Nachtschicht wurde ich verborgt in einen Bereich, der schon lange zusätzliche Kräfte aus der ganzen Firma beschäftigen muss, aus eigener Kraft geht es nicht, ging es noch nie. Die Chefin dieses Bereiches war stimmführend bei der Begründung, die Wochenendarbeit abzuschaffen, sie konnte anhand ihrer Zahlen nachweisen, dass alles in der normalen Wochenarbeitszeit zu schaffen ist. Komisch, warum ich meinen Führungskräften nicht immer über den Weg traue. Es war trotzdem interessant, diesen Bereich kennenzulernen, ein frisch Ausgelernter hat mich eingewiesen. Er hat es gut gemacht, nur waren da genausolche Stolperfallen, die ich aus den mir vertrauten Abläufen kenne, und schon gab es ein kleines, unnötiges Durcheinander. Heut gehe ich wieder in meinen Bereich, mal sehen, ob genug Material da ist. Morgens die Heimfahrt, auf dem letzten Stück wurde es hell, die Nebel stiegen über den Neckarwiesen auf, es war eine Zauberwelt. Eigentlich hätte ich fotografieren gehen müssen, war aber zu müde. Ging also schlafen, gut schlafen bis zum Weckerklingeln. Halb zwei saß ich am Frühstück, lesend, Jules Verne´s Erstling, "Fünf Wochen im Ballon", erschienen 1864. Das Buch tut noch heute, schon am Anfang sind köstliche Beschreibungen seines Personals, ganz präzise Schilderungen vom Miteinanderagieren, wie man es heut genauso finden kann. Beispiel: Der Freund des Helden will ihn von seinem Vorhaben abbringen, tönt vor dem Diener, wie er das anstellen wird. Der Diener sagt ihm freundlich, jetzt bist du so laut, warten wir bis mein Herr kommt. Er wird dich auffordern mitzutun und du wirst es machen. So kommt es eine Seite später.
Meinen neuen Rechner hab ich ausgepackt und eingerichtet, dabei geht die Freiheit des Menschen zum Teufel. Wenn man den Vereinbarungen nicht zustimmt, geht es nicht weiter. Es ist nicht so dass man nur einen Rechner gekauft hat, man liefert sich Microsoft ziemlich aus und ist auch noch einverstanden damit. Sonst tut der Rechner nicht. Im Ergebnis Unwohlsein.
Zum Sport gegangen, das alles wegtrainiert, eine riesige Heuschrecke kam mich besuchen, wir haben einander eine Zeit lang zugeschaut, dann musste sie weiter. Ich ja auch.

Donnerstag, 16. 9. 2021

Nicht geschafft, gestern nicht und heute auch nicht. Und siehe da, die Welt dreht sich weiter. Das soll nicht das Ende sein hier, es wäre mir zu banal. In der Gewissheit, es kommen bessere Zeiten, halte ich das jetzt aus. Aber nicht gern.

Freitag, 17. 9. 2021

Ich kann mir dabei zusehen, wie die Form verlorengeht. Einmal die Woche laufen reicht eben nicht, um Läufer zu bleiben. Heute waren es die 10 km, wo ich unterwegs schon denke, ganz schön weit. Im Schnitt gerade noch unter 5:30 min/km. Lustig fand ich, hab trotzdem paar Radfahrer am Berg überholt. Die Herbstzeitlose reckt ihre schönen Krokusblüten auf den Wiesen. Die letzte Nachtschicht steht noch an, das Wochenende danach ist kurz und schon komplett verplant.

Samstag, 18. 9. 2021

Umsteigen von nachtaktiv auf Normalbetrieb, es hat geklappt. Nach ein paar Stunden Schlaf bin ich relativ zeitig aus der Kiste gekrochen und hab nach dem Lesen zum Frühstück angefangen, gleich angefangen, die Bude zu putzen. Am Nachmittag war ich zum Sport verabredet, wir haben ein bisschen trainiert und ziemlich viel geschwätzt, uns auch klar gemacht, das ist schon in Ordnung so. Den Einkauf musste ich dranhängen, sonst wäre es ein sehr diätöses Wochenende geworden.
Auf Arbeit kam letzte Nacht die Nachricht an, dass in Tübingen eine ganze Abteilung geschlossen wird, verlegt nach China. Nicht etwa wegen der Kosten, nein, nie im Leben, sondern dort wächst der Markt. 107 Leute seien plötzlich überflüssig. Bei der Verkündigung der Nachricht sei Security dabei gewesen. Komische Welt. Bin gespannt auf die Reaktionen des Betriebsrates.
Lesen: Einer flog über das Kuckucksnest, von Ken Kesey, 1962 erschienen, hab ich die passende Literatur dazu. Der Anfang, weiter bin ich noch nicht, ist Klasse. Schnurstracks wird die Atmosphäre in einem Irrenhaus geschildert, in den USA der Endachtziger kein gemütlicher Aufenthalt. Ein Neuer kommt auf die Station, erzählt wird von einem Insassen. Sofort erschließt sich das Machtgefälle vom Personal zu Patienten, viele Rechte verblieben  ihnen nicht. Es gab 1975 den Film dazu, und ich hab in jungen Jahren in Berlin auch ein Theaterstück gesehen, fand alles sehr beeindruckend, und als mir dieser Tage das Buch aus dem Bücherschrank zuwinkte, brauchte ich nicht lang überlegen.
Verpasst hab ich ein Treffen von Jongleuren und Akrobaten in Tübingen, dafür hat die Zeit nicht gereicht. Schade, ich wöllte mich manchmal verdoppeln.

Sonntag, 19. 9. 2021

Das Wochenende diente der Erholung, es schien nötig zu sein. Jedenfalls war ich recht faul. Vormittags konnte ich ein paar kleine unaufschiebbare Dinge erledigen, beim Mittagessen ließ ich mir helfen, ich hab´s bestellt und heimgetragen, schon musste ich ins Auto, es sollte nach Esslingen gehen zur Villa Merkel. Natürlich bin ich im Stau gelandet, so dass es eine halbe Stunde länger dauerte, kam zu spät. Die Ausstellung, fiction? better than reality!, in der Hauptsache Videos, die meisten aufwändig gemacht, teilweise anschauunfreundlich, wenn unten der Text schnell, zu schnell durchlief, hatte man drüber was verpasst, erreichten mich kaum, es war nicht die Bildsprache, bei der ich länger zuschauen will. Ein bisschen hab ich gedacht, jetzt bin ich alt geworden, die Kunst geht neue Wege, ich?
Hinterher war ich in der Sauna, dem Leib was Gutes tun, nach dem ersten Schwitzen gab es Kaffee und Kuchen, das Programm war eindeutig besser als das in der Ausstellung. Und schon isses rum, das Wochenend, auf das sich alle so freuen.

Montag, 20. 9. 2021

Es fing an mit einem Zahnarzttermin, da musste ich zeitig aufstehen, war pünktlich da und bekam meinen endgültigen, gut passenden Ersatzzahn montiert. Es ging schnell, ohne Spritze, fühlte sich gut an, lustig fand ich, am Ende bekam ich die Abdrücke meines Gebisses in die Hand gedrückt, soll ich vier Jahre aufheben. Es hätte sogar für Sport gereicht, aber ich hab nicht damit gerechnet, sondern wollte ein bisschen Krimskrams erledigen, war also tanken und im Gebrauchtwarenladen. Da such ich nach verschiedenen Kleinigkeiten, geh ab und zu hin und jedesmal nehme ich was anderes mit, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es brauchen könnte. Heute war es Liebe auf den ersten Blick, eine uralte Keramikvase von zeitloser Schönheit stand in meinem Weg, für einen Euro kam sie mit mir. Hab mich zu Hause beim Vorbeigehen jedes mal an ihr erfreut. Und voller Elan hab ich an meinem Haushalt noch was gerichtet, der Sanitärputz - Haken dran, die Wäsche war trocken und aufzuräumen - Haken dran usw., es hat mir sogar noch zum Bäcker gereicht, da kam mein Mittag her, ein köstlicher Gemüsekuchen.
Auf Arbeit, nach den Nachrichten vom Freitag, keiner unserer Chefs geht durch, informiert, beantwortet Fragen, auch vom Betriebsrat niemand da, kein Aushang am schwarzen Brett, nichts. Wir sollen einfach so weiter machen, wie Schafe, weitermachen, bis die Reihe an uns ist. Ich dachte bisher, so was kann man lesen in grauseligen Büchern über den Kapitalismus, wir können das live erleben. Ich bin wieder verborgt, arbeite in einer Reihe, da kann ich bedienen aber nicht rüsten, nun ja, es macht auch nicht viel Sinn da lernen zu wollen, mittlerweile arbeite ich an vier Stellen, da wird sich das bisschen Ahnung, das ich an einer hab, wohl bald verlieren, ab dann wird es egal, wo ich bin.
Corona, so scheint es, schleicht sich langsam aus, die anderen Themen nehmen wieder mehr Raum in den Nachrichten ein. Zur Wahl kann man viel hören, die U-Boot-Geschichte zwischen Frankreich und Amerika, da hakt es. Und jede Menge Abschied von Merkel. Es werden Einzelsätze aus irgeneinem Zeitraum ihres Wirkens genommen, um haufenweise Thesen zu belegen, wie ihre Ära in die Geschichte eingehen wird. Mein Eindruck ist, da werden Medienhäppchen produziert, aus dieser Masse wird sich irgendwann ein vereinfachendes Ergebnis herauskristallisieren und das wird bleiben.

Dienstag, 21. 9. 2021

Der Höhepunkt meines heutigen AufderWeltseins ereignete sich auf der Heimfahrt von der Bushaltestelle nach Hause. Es war vorher ein guter Tag gewesen, vormittags war ich zeitig aus dem Bett gekommen, nach dem Ritual vom Morgen lief ich schon Punkt Neun im Studio ein, dadurch war genug Zeit für gutes Training. Es war ein kühler Spätsommertag, so dass ich das meiste draußen am Tower machen konnte, manchmal bin ich zum Aufwärmen rein gegangen. Ein wenig an Fitness fehlt, so dass ich nicht mehr zwei Stunden durchtrainieren kann, vor Corona ging das ohne weiteres. Egal, hab alles gegeben und bin zufrieden unter der Dusche gestanden. Die Arbeit fing kompliziert an, viele Maschinen standen mit Störungen, nach viel Mühe und Hilfe der Instandhaltung lief allerhand. Die Halblebigkeiten sind zumeist nur überbrückt, man muss sich noch drum kümmern. Es gab ein Flugblatt der MLPD zu den Vorgängen in der Firma inTübingen, das ist zumindest mal eine Schilderung von innen, die sonstige Quellenlage bleibt sehr dünn, weder Vorgesetzte noch Betriebsrat haben bisher was verkündet. Sind wir ein Schrebergärtnerverein?
Dann also, die Ansage im Radio, Jazz vor elf, ein mir unbekanntes Werk mit Pharoa Sanders. Movements von Sam Shepherd, das Album heißt Floating Points. Es fing so betörend an, das ich kaum aus dem Auto rauskam. Ich hab schnell was gegessen und mich vor den Rechner gepackt, auf YouTube gesucht und gefunden und jetzt entschwebe ich grad der Realwelt, mir fehlt nix und es möchte ewig so dauern. Der empfindlich, brüchige Ton des fabulierenden Saxophons mit dieser speziellen Pharoa-Tönung im Kontrast zu eindringlichen Streichern des London Symphony Orchestra, Musik um der Musik willen, das geht noch so weiter, drum höre ich hier mit dem Geschreibsel auf und lasse mich fluten.

Mittwoch, 22. 9. 2021

Mein Vormittag fing gut an, zeitig genug, schließlich wollte ich laufen gehen. Es kam anders. Ich bin telefonierend in einer Zeitraffermaschine gelandet, hab mich bei allen kurz gefasst und trotzdem war die Uhr schneller durch als ich. Da es keinen Sinn machte, schmollend zu verweilen, hab ich immerhin meine Zeichnungen aus dem letzten Kurs durchsortiert, die meisten geschrottet und drei in die Archivkiste geräumt. Herrlich der Griff nach vorhandener Box, die dem Format Bleibe bieten kann. Vor Jahren lagerte ich so große Fotodrucke. Um ranzukommen, musste ich allerdings große Fotorahmen abräumen, wobei sich sofort wieder die Frage nach dem Sinn solcher Archivierungen stellt. Die großen Bildteile, immerhin 120 cm x 160 cm, wurden einmal gezeigt in einer Ausstellung, für die sie auf Drängen meines damaligen Kunstdozenten gemacht wurden, stehen seitdem raumfordernd und nutzlos hier rum und werden nur bewegt für solch weitere sinnfreie Archivierungen. So geht es in vielen Ateliers zu, nur dass meist die Einlagerungsfrequenz viel höher ist.
Auf Arbeit, der Chef ging durch und fragte, wie es so geht. Immer bei einzelnen Kollegen oder Kleingruppen. Immerhin hat er sich ordentlich den Fragen, meist zu Tübingen gestellt, sie auch in Bezug auf Münsingen gut beantwortet. Ich hab ihm vorgeschlagen, sein Statement für unseren Standort zu verschriftlichen und für alle lesbar am schwarzen Brett aufzuhängen, das würde die Unruhe in der Belegschaft mindern.
Beim Lesen fand ich im Kuckucksnest eine Stelle, da kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus. Zehn Insassen der Anstalt hatten sich den Freigang erkämpft, wollten mit zwei Ladys eine Bootsfahrt machen und angeln. Wie es endlich dazu kommt, ist schon lustig, dann kommt die Angelszene:

Donnerstag, 23. 9. 2021

Nur gelesen, Sport gemacht, gearbeitet. Also nichts erlebt, könnte man sagen. Sport war Klasse, draußen am Tower in der Sonne, fühlte sich wie Urlaub an. Auf Arbeit gab es endlich ein Zeichen vom Betriebsrat, eher von der Qualität, dass kundgetan wurde, wir sind da und in Funktion, auch wenn wir aktuell gar nichts zu melden haben außer der Betroffenheit, der übergroßen. Es erschien mir mager, spät sowieso. In der Pause und auch mal beim Kaffeetrinken gab es einen Schwätz mit einem befreundetem Kollegen, das ist so selten, wir begegnen uns sehr wenig, verschiedene Schichtmodelle, da wird es zum Höhepunkt. Ein Austausch über die Veränderung in der Gesellschaft, in seinem Freundeskreis seit Corona und der Impfdiskussion, bzw. auch der Auseinandersetzung zum Klimawandel und der damit verbundenen nötigen Umgestaltung unserer Leben. Auch über die Schwierigkeiten, zu argumentieren. Ich erlebe das nur ansatzweise auf Arbeit, im Freundeskreis oder in der Familie bin ich da gut aufgehoben, wir folgen doch meist den Erkenntnissen von Wissenschaft und Fachleuten. Da gibt es auch immer wieder Korrekturen und Nachbesserungen, weil die Erkenntnisse wachsen, aber mit dem großen geheimen Plan brauche ich mich nicht auseinandersetzen.
Morgen letzter Arbeitstag, eine Woche Gleitzeitfrei steht an, ich bin voller Vorfreude.

Freitag, 24. 9. 2021

Zum Sport hat es gereicht, draußen im Sonnenschein, besser geht es nicht. Es war sogar ganz entspannt, weil ich zeitig genug aus dem Bett kam. Auf Arbeit wurden wir begrüßt von Leuten der MLPD, die standen vor dem Tor und verteilten Flugblätter mit dem Bericht von vergangenem Freitag, als die Schließung einer Abteilung bekanntgegeben wurde. Das kannte ich schon. War wohl ein bisschen auch als Wahlwerbung gedacht, aber wer soll MLDP wählen? Ich hab meinen zweiten Tag als Aushilfe in einer anderen Abteilung zugebracht. Die Arbeit ist nicht anstrengend, aber man muss dranbleiben bei dieser simplen Handarbeit. Und es sind zahlreiche Ungereimtheiten und Unklarheiten aufgetaucht, die den Ablauf behindern, Nachfragen erforderlich machen, weil es schlecht organisiert ist. Es stehen falsche Angaben in Arbeitsplänen oder keine Angaben, für die Aushilfen, die ständig wechseln, gibt es keine guten Einweisungen, der junge frisch ausgelernte Kollege, der selber relativ neu da ist, kämpft sich wacker durch, aber sichere Prozesse sehen anders aus. Ich war nicht überrascht von diesen Verhältnissen.
Und jetzt ist es soweit, ich bin im Frei gelandet. Freue mich auf´s Lumpern, auf Ausfühlichkeit beim Lesen oder Sportmachen, ich kann den neuen Rechner einrichten und und und.

Samstag, 25. 9. 2021

Mit Ausschlafen fing es an, gründlich. Der Tag begann spät, ich fand es herrlich, musste sogar mit der Anfechtung kämpfen, einfach im Bett zu bleiben. Naja, das war schnell entschieden, ein bisschen genießen und auf geht´s. Lesen zm Frühstück, das Kuckucksnest ist fertig, ich hab es hochzufrieden weg gelegt. Sehr kluge Gesellschaftsspiegelung, Vorführen von Macht und Machtgefälle, zeitlos gültig, wir Menschen sind so. Ein nächstes Buch angefangen, von Laurence Cossé "Der Zauber der ersten Seite", von 2009. Da hat mich der Titel angesprochen, schließlich bin ich auch ein Leser. Der Anfang ist gut erzählt, es passieren allerhand Unglücke, ich weiß noch nicht.
Irgendwann fing es an mich zu stören, dass noch gar keine Bewegung vorkam, so hab ich rausgeschaut, die Sonne gesehen und die Laufschuhe drangeschnürt. Über die Neckarwiesen bis Hirschau, über Wurmlingen zurück, ergab 12 km, nicht schnell, es war sehr warm. Am Ende war ich froh, dass ich es geschafft hatte, der Asphalt der Feldwege strahlte richtig Wärme ab. Unterwegs fand ich, aufgesprüht auf dem Asphalt in die Anonymität der Weitläufigkeit hinein die Frage "Macht Impfen frei?". Da hatte ich für den Rest desWeges was zu denken. Man könnte auch fragen, "Macht Impfen schönes Wetter?", das wäre eine ähnlich sinnfreie Äußerung, oder "Macht Impfen unfrei?". Beim Umkreisen dieses Satzes, des urprünglichen, kam mir noch die Fragestellung, "Macht Impfen gesund?". Ich glaub, alles nicht. Stünde da, "Kann die Impfung einen schlimmen Verlauf der Covid19Erkrankung verhindern?", das wäre mal eine sinnvollere Frage, die man beantworten könnte. Nach derzeitigem Erkenntnisstand zumeist. Warum erkennt der des Schreibens Mächtige nicht die Sinnfreiheit seiner Formulierung, bzw. will er was ganz anderes damit ausdrücken? Vielleicht zählt er all die Geimpften zu den uninformierten und unmündigen Bürgern und will uns klarmachen, wir seien nicht ganz richtig. Und wie sollte ich mit ihm, dem Formulierer umgehen, stellte er mir die Frage konkret und persönlich. Soll ich ihm die Klinikbelegungszahlen erläutern, das Verhältnis von geimpft zu ungeimpft, wahrscheinlich will er das nicht wissen. Soll ich ihn darauf hin einen Ignoranten nennen, da wäre unser Gesprächsversuch auch schnell zu Ende. Wir landen an dieser Stelle in einer Zweiklassengesellschaft, und zwischen diesen zwei Lagern gibt es einen immer sich vertiefenden Graben der Gesprächslosigkeit, der Unfähigkeit, sich zu verständigen. Da beide Lager die Ursache dafür jeweils dem anderen zuweist, entsteht keinerlei Entkrampfung, auch keine Bewegung. Weiß irgendwer auf der Welt einen Lösungsansatz, oder bleiben wir verstritten, quer durch Familien, Freundeskreise, das werden dann ehemalige, durch vormals funktionierende Gruppierungen. Es kommt mir vor wie die Suche der Alchimisten nach Gold, die Suche nach dem Stein der Weisen, wegen mir auch dem Heiligen Gral. Dort ist der Ausgang bekannt.

Sonntag, 26. 9. 2021

Seit 18 Uhr wird gezählt, das Ergebnis klingt nicht nach Neuanfang, eher nach Weiterso. Das wäre nicht gut. Die unbestellten Felder würden weiter brach liegen, deren gibt es viele. Eine große Koalition hätte eine große Gestaltungsmacht, die haben 16 Jahre verstreichen lassen. Warum der Wähler da so ängstlich auf Ruhighalten kreuzelt, wo wir wissen können, der ganze Mist fällt uns paar Jahre später umso heftiger auf die Füße, verstehe ich nicht. Im Heute gibt es noch Gestaltungsspielraum, in vier Jahren oder später ???
Ein Wort noch zu den Medien: In den letzten Tagen sollten wir auf allen möglichen Portalen Frau Merkel anschauen, die anscheinend grad von einem der sie belagernden Sittiche gebissen wird. Dabei macht sie ein Gesicht, von dem ich nicht wöllte, dass es in der Zeitung kommt. Die journalistische Leistung dabei ist nahe Null. Den Nutzen dieser Darbietung kann ich nicht erkennen, mich verärgert die Unanständigkeit der Hetzenden Meute. Sind das die, die dann über die Gaffer bei Unfällen o. ä. herziehen?

Montag, 27. 9. 2021

Nebenher muss ich noch sagen, gestern bin ich in Bad Reichenhall angekommen, paar Tage sind geplant mit der Enkelfamilie. Die Fahrt ging schrecklich los, ich kam schon kaum auf die Autobahn und fuhr die ersten hundert Kilometer von Stau  zu Stau. Dabei waren noch nicht mal LKWs auf der Strecke. Irgendwann lief es flüssiger, die zweite Hälfte ging schnell. Die Kinder waren anfangs sehr vorsichtig und zurückhaltend, irgendwann entspannte sich das. Sie haben die ersten Tage Eingewöhnung in der Kindertagesstätte und sind da etwas gestresst, weil alles anders ist als zu Hause. Die Eltern sind ja noch dabei, ein Glück, ab heut war es nur der Papa. Morgen soll die Trennung probiert werden, mal sehen. Mittags kamen sie heim, haben noch was gegessen, ich war der Füttermeister. Das ging schon sehr gut, anscheinend bin ich noch vertrauenswürdiger als die Menschen im Kindergarten. Nach dem Mittagsschlaf hatten wir eine Spielrunde, mit Holzbauklötzern und Steckspielen, das geht viel besser als beim letzten Mal, die Türme werden höher und bleiben länger stehen. Ich hab auch meinen Spaß. Vor dem Abend gab es eine Wiesenspielrunde, jedes Stöckchen wird hergezeigt und die Blümchen und die Vögel und die Flugzeuge, alles so interessant. Abends hab ich eine Runde Sportstudio eingeschoben, mittlerweile sind die Verhältnisse unkompliziert, ich brauchte nicht mal den Impfnachweis vorzeigen. Rein und raus mit Maske, sonst alles wie vor Corona, paar Schilder weisen auf Abstand hin, duschen soll ich einzeln, da sind nur zwei Plätze, alles easy. In meinem Hotel sollte ich den Nachweis vorlegen, ab da war alles klar, die Vorschriften von Test und Anmeldung sind für mich erledigt.
Lesen: In der NZZ jede Menge Einschätzungen der Wahlergebnisse, wieso im Osten die AfD so viele Stimmen kriegt, versteh ich nicht. Wenn ich´s mal böse sagen will, als ob da Dumme Dumme wählen.
Lesen: Das Buch wird immer besser, die Anschläge auf drei Autoren wurden auf den ersten Seiten abgehandelt, darauf folgend wird die Geschichte der Gründung eines Komitees namens "Der gute Roman" erzählt und dies klingt mir so sinnig und logisch erzählt, dass ich am liebsten immer weiter lesen würde. Das mach ich auch gleich.

Dienstag, 28. 9. 2021

Die Zeit war knapp, dies Gejammer kennt ihr schon. es hat nicht gereicht zum Lesen, dafür war ich ziemlich beschäftigt. Vormittags sind ja neue Zeiten angebrochen, die Kleinen werden professionell beschäftigt und lassen es immer mehr zu. Die erste Trennung von beiden Eltern hat funktioniert, mittags kamen recht müde Kinder zu Hause an. Da gabs noch etwas zum Mittag, so bisschen nachgefüttert, vielleicht mehr zur Beruhigung der Eltern, der Mittagsschlaf fing reibungslos an. Ich hatte die Gelegenheit genutzt und war laufen, hier in dieser schönen Landschaft. Bin an der Salach bis zum Auenland, auf der anderen Seite zurück, und fand auf einem Dammweg ein paar Blütenstengel, die ich noch gar nicht kannte. Der Sommerwurz, ein Vollparasit, der sich auf jeweils eigene Pflanzen spezialisiert hat, so gibt es den Efeu-Sommerwurz, den Sonnenblumen-S., den Salbei-S. usw. Ca 100 Arten, und bisher kannte ich keine einzige. Außerdem waren manchmal die Berge zu sehen, die Gipfel in Wolken, alles sehenswert, am Ende hatte ich reichlich zehn Kilometer zusammen. Nachmittags war Kinderbaden angesagt, ging schnell und gut und ohne Geheule wie früher. Das Wetter wurde immer besser, wir sind alle zusammen in den nahen Park spaziert, das erste Mal überhaupt mit den Kindern an der Hand, ohne den Wagen, das geht langsam, aber nicht, weil sie so langsam laufen, sondern weil es ständig was zu sehen und zu zeigen gibt, bei den kleinen Steinlöwen müssen wir anhalten, auch an der Kehrmaschine, das sind die ersten dreißig Meter. An der Ampel muss man sie gut festhalten, sie wollen nicht warten, jedes Auto muss angezeigt werden. Zum Glück ist der Park nicht weit, dort ist kein Verkehr, Hunde dürfen auch nicht rein, es ist ein Kurpark, da entspannt es sich. Die Kleinen nutzen das volle Gelände, alles ist interessant, weil plötzlich erreichbar. Lustig war die große Treppe am Kurschloss, da mussten sie hoch und runter und immer wieder und wir müssen das natürlich alles mitmachen. Wer führt da wen aus?
Abends Sportstudio und das hier, und schon hatte der Tag keine Stunden mehr.

Mittwoch, 29. 9. 2021

Die Nacht verging mit einer eindrucksvollen Demonstration, wie so kleine Lebensformen wie die Influenzellerie geschwind für ein Schachmatt sorgen können. Ich merkte schon am Abend, dass es so kommen wird. Ich glaube, es kam über ein Kind, die Mutter hatte einen mühsamen Tag, dann auf mich. Am Morgen hatte ich meinen Vorrat an Papiertaschentüchern fast aufgebraucht, nach dem Frühstück holte ich mir ein Mittel aus der Apotheke, das erleichterte die nächsten Stunden ungemein. Da ich so selten was davon nehme, ist die Wirkung fast wie Zauberei. So bin ich halbwegs über den Tag gekommen, nachmittags gab es sogar noch eine dieser Spazierrunden mit tapfer marschierenden Kindern. Abends hab ich den Sport weg gelassen und vor mich hin geruht und hoffe, morgen ist der Zinnober nicht mehr schlimm. Dafür konnte ich abends ein Kind in den Schlaf hutschern, das war wie ein kleiner Trostpreis.

Donnerstag, 30. 9. 2021

Als wäre es ein böser Spuk gewesen, so war heut alles wieder richtig. Es kratzt noch etwas im Hals und manchmal brauch ich schnell ein Taschentuch, aber der Kopf ist in Ordnung, soweit man das bei meinem Zustand behaupten kann. Vormittags haben wir an verschiedenen Haushaltreparaturen Zeit verbraucht, es reichte noch für einen kleinen Lauf. Im Wald fand ich die Alpenveilchen, die sind hier häufig und kommen grad erst zum Blühen. In unserer Gegend sieht man sie nur im Blumenladen. Ein guter Bericht kam aus dem Kindergarten, nach anfänglichem Stress ging alles gut, anscheinend wird es schnell besser mit dem Eingewöhnen. Die Kleinen kamen recht erledigt heim, nach dem Mittagsschlaf waren sie wieder fit, und wir sind raus zur Parkrunde. Sie laufen wirklich schön, und wenn sie mal hinfallen, geht es glimpflich ab, sie weinen wenig und nicht lange, zu Hause fanden wir die aufgeschrappten Knie bei beiden. Das wird heilen, der Spaß, selbst hinter einer großen Krähe herzulaufen ist groß genug. Da sie noch nie so lang auf eigenen Füßen unterwegs waren, hat sie beim Essen fast die Müdigkeit überwältigt, das Einhutschern zum Schlafen ging sehr schnell. Für mich ist das sofort sinnstiftend, wenn ein Kind in meinen Armen erschlafft und einschläft.
Das Buch vom Zauber der ersten Seite hält den Zauber über lange Strecken, ich bin in der Mitte und freue mich mit am unerwartet großen Erfolg des Buchladenprojektes vom guten Roman. Das Buch erreicht mich dermaßen, dass ich mich frage, ist es vielleicht extra für Gerneleser konzipiert. Jedenfalls freue ich mich auf die zweite Hälfte.
Aus den Nachrichten: YouTube will die Inhalte von Impfgegnern sperren. Will gegen Fake News und Hass im Netz vorgehen. Eigentlich eine gute Nachricht. Nur wird das nicht funktionieren. Um Nutzer bei der Sache zu halten, sind die Algorithmen zum Weiterleiten und Empfehlen von Inhalten erdacht, das ist das Geschäft der Webanbieter. Je länger ein Nutzer zuschaut, um so mehr Werbung sieht er, umso mehr Geld ist verdient. Je erregender die Inhalte sind, je individueller die Empfehlung ist, ... . Das Angebot in alle Richtungen ist da, wenn aber ein Impfgegner auf die Korrekturen seiner Ansichten stößt und nicht auf deren Bestätigung, hört er auf zu schauen. Das Ungeheuer ist von der Leine, ohne dass ein kundiger Dompteur bereitstünde.

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