Montag, 1.3.2021
Frühschicht, bei frostkalter Nacht zum
Bus, arbeiten, viel Zeit aufwenden für Störungen und komische
Abläufe. Mittagspause, da sitz ich als einziger Dreischichter, der
sich Zeit nimmt für gute Ernährung, das ist ein Lob für unsere
Kantine, also für das Personal da, unter den zumeist leitenden
Normalbeschäftigten und höre zwangsläufig, was so gesprochen wird.
Diesmal gab es eigenzentriertes Geschimpfe über Lehrer unter
Coronaverhältnissen, das erhöht mein Zutrauen in die
Reflektionsfähigkeit meiner Chefetage nicht wesentlich. Ich habe
mich sehr bemüht, das über meinem Buch auszublenden. Heimfahrt,
schönstes Wetter, warm, im Haushalt schnell alles richten, dann raus
an den Sportparktower. Der Trainingsfreund kam dazu, wir haben
trainiert und geredet, bis es mir zu kalt wurde, da war der kommende
Nachtfrost schon zu ahnen. Es gab Belohnungskaffee, auch -kuchen,
ich freu mich da am Leben, überm Telefonieren vergeht bisschen Zeit,
aber soziale Kontakte sind lebensfördernd, entspannend, wohltuend,
ablenkend und noch vieles mehr. Ein kleines Abendprogramm noch, mit
dem Ziel rechtzeitig in Bett zu gelangen, mit dem Gefühl von
vollstängigem, guten Ergebnis.
Dienstag, 2.3.2021
Das wäre geschafft, dank Kurzarbeit hat die Arbeitswoche nur zwei
Tage. Der Frühling kommt, das Wetter stimmt, um rauszugehen, das
passt mir gut. Nachdem die Arbeit geschafft war, der Busschlaf
gelang, war daheim noch etwas Pause nötig, die Frühschicht zieht mir
einfach den Stecker. In die beginnende Dämmerung hinein hab ich mein
Läufchen gestartet bekommen, die Standardrunde, knappe 10 km durch
den dunkel werdenden Wald, ich hab gedacht, mich wird schon kein
Wildschwein jagen wollen. War also die kleine Angst der Antrieb oder
wollte ich dem dunklen Wald entrinnen, es war am Ende eine gute
Zeit, die zweite Hälfte alle km unter 4:30. Halt bergab. Gemütlich
Kaffeetrinken danach, genießend und in Vorfreude auf freie Tage. Gar
nicht auf das Vergehen der Zeit achtend, die Lumperei kann ich mir
leisten, bin ich am Radiohören hängengeblieben, eine zweistündige
Sendung über Lindsay Cooper, eine wundervoll komplexe Jazzmusikerin.
Ich hab fasziniert zugehört, wie ihr Lebensweg beschrieben wurde,
dieser unendliche Kampf um Erfolg und Wahrgenommenwerden und dem
Sichdurchsetzen in einer Männerwelt. All die Stationen und
verschiedenen Zusammenarbeiten mit vielen Musikern, dazu die
Musikbeispiele. Man kann es noch einen Monat nachhören auf der
SWR2-Webseite.
Beim Lesen: Obwohl das Soldatentagebuch sehr
nüchtern verfasst ist, ergänzt werden die Tageseinträge mit den
Meldungen aus der Überwachung durch die IM und historische
Kalenderwidmungen und Artikeln bzw Überschriften aus dem jeweiligen
ND (Neues Deutschland-das Klassenkampfmedium der DDR), ensteht ein
spannendes Zeitbild, zumindest für mich, da ich an vielen Orten in
dieser Zeit ebenfalls DDR erlitten habe. Überraschend ist die
Erwähnung von der Pilgerlatsche zur Schwarzen Madonna nach
Tschenstochau zu Solidarnosczeiten, als man kaum nach Polen reisen
durfte. Mit einer persönlichen Einladung, die man sich organisieren
musste, und ein bisschen Glück ging es. Fast gemeinsame Erlebnisse,
vielleicht waren wir da wirklich beide zugleich auf der Strecke.
Lücke
Donnerstag, 4.3.2021
Was ist los, könnte man fragen. Am freien Tag keinen Text geliefert,
Zeit wäre gewesen, die Stimmung war trübe. Die Ursache behalte ich
für mich und versuche, hier weiterzumachen. Höhepunkt gestern war
ein Training am Tower in guter Gesellschaft. Lesen und zu Hause
rumwirtschaften, davon sieht man nicht viel, trotzdem muss Gemüse
geputzt werden, bevor es gefuttert werden kann, Blumen gießen und
beschneiden, Wäsche waschen usw. Telefonieren dauerte lange und
wollte hinterher nachbedacht werden. Heute begann ich mit Lesen, das
Soldatenbuch hatte solch einen Sog entwickelt, dass ich die letzten
hundert Seiten auf einen Ritt fertighaben wollte. Ein gutes Buch,
wenn man eine persönlich erlebte Vorwendezeitschilderung erleben
will. Starke Sätze zu den Folgen der Armeezeit, der Verrohung der
Sitten unter diesen Umständen, denen junge Erwachsene ziemlich
ausgeliefert sind. In einem Brief eines Spatensoldaten (in der DDR
die Möglichkeit der Waffenverweigerung) wird reflektiert, dass man
nach einem halben Jahr in dieser Atmosphäre Gelüste zum Morden
bekommt. Die Einschübe aus Stasiberichtdaten machen klar, dass viele
Ereignisse einfach erfunden wurden, warum auch immer, Wichtigtuerei
oder die Not, irgendwas zu liefern, die Betroffenen hatten dann ein
Riesenproblem, wussten meist, zumindest am Anfang gar nicht, warum.
Ich konnte das so nachfühlen, bei mir war es ein Satz in der siebten
Klasse im Staatsbürgerkundeunterricht, der zur unwiderruflichen
Kennzeichnung als unsicheres Element geführt hatte. Leseempfehlung:
Joerg Waehner, EinStrichKeinStrich)
Aus den Nachrichten: Leichte
Lockerungen in Aussicht, die Museen dürfen wieder öffnen, je nach
Inzidenz, ich kann das Wort kaum noch hören, die Geschäfte, manche
zumindest auch, die Bedingungen sind beim ersten Hören nicht ganz
klar, werden beim Kommentieren miteinander verglichen und wirken
dann sofort arm an Logik. Dass es überhaupt soweit kam, ist einer
durch Umfragen herauskommenden Stimmung zur Revolte in großen Teilen
der Bevölkerung zu verdanken, das hat nichts mit den Querdenkern zu
tun. Wir haben in der Mehrheit verstanden, dass die Impfungen nicht
gut laufen, zu langsam, auch im Vergleich zu anderen Ländern, dass
es keine schlüssige Teststrategie gibt, obwohl für die Ausarbeitung
genug Zeit verging. Das Gehampel um den Impfstoff von Astra-Zeneca
wirkt nicht kompetent, die Medien blasen das auf, da hat bestimmt
nicht jeder Schreibende den Durchblick, den er vorgibt.
Interessant finde ich das Befragungsergebnis zum Reisen, die meisten
wollen schnell zurück zum Vorherzustand, da stehen uns noch viele
Überlegungen und Auseinandersetzungen bevor. Die Klimakrise ist weit
nach hinten gerutscht, sie ist aber nicht weg.
Ach ja, gelaufen
bin ich, 16 km, über viele Höhen, vorbei an vielen wunderschönen
Seidelbasten, heißt so die Mehrzahl von Seidelbast. Sein Lilablühen
im noch wintergrauen Wald überzeugt.
Freitag, 5.3.2021
Es mus ein Zauber über meinen Tagen liegen, manchmal sehr
wirkungsvoll. Er scheint die Zeit schneller vergehen zu lassen. So
sitz ich am Abend da, verwundert ob der späten Stunde, frag mich,
wieso ich´s wieder nicht gemerkt habe, dass die Stunden mogeln im
Verlauf, sie kürzen ab, springen wie ein Floh aus dem Jetzt in die
Vergangenheit, weg sind sie. Ein Dilemma. Mein voller Zettel, zum
guten Teil mit dem Ergebnis verschwundener Zeiten der vergangenen
Tage gefüllt, soll heißen, das Liegengebliebene wird mehr und kommt
zu neu Anfallendem dazu. Von der einen Seite mehr, auf der anderen
weniger, es kann nicht funktionieren. Irgendeinen Frosch muss ich
wohl an die Wand werfen.
Vormittags ein erhellender Amtstermin,
Vordenken, Nachdenken, Mittag. Essen, Einkaufen, den Kram verstauen,
schnell hoch zum Tower. Ein kleines Stündchen war drin, dann kam
Regen, wurde zu Eisgraupeln, ich ergriff die Flucht. Telefonieren,
Lesen, Kaffee, Lesen, rum. Nachrichten, ausführlicher gehört, mich
schier kaputtgelacht über die Öffnungsverordnungen, wer darf, wer
hat genug Quadratmeter, wo muss ich mich anmelden zum Sockenkaufen,
und hab ich Lust, das auf Terminabsprache zu machen. Da sitzen von
Amts wegen haufenweise Menschen und berechnen das, und organisieren
die Höhe der Strafen bei entdeckten Mängeln, statt endlich die
Impferei anzuschieben und die Testerei klug zu gestalten. Man könnte
fast von einer Pandemie names Bürokratie/Amtsschimmel sprechen.
Samstag, 6.3.2021
Der Winter lässt nicht locker, schickt polarkalten Wind unter der
Sonne, beim Blick aus dem Fenster sieht es gemütlich aus, wenn ich
draußen bin, bläst es fröstelerzeugend an mich ran. So hab ich nach
einer reichlichen Stunde am Tower abgebrochen. Immerhin konnte ich
einige Übungen durchziehen, teilweise in Gesellschaft. Ein sich
ertüchtigender Busfahrer, ich hab schon mit ihm gesprochen, ein
Kollege aus dem Sportpark, die haben auch nicht länger
durchgehalten. Zwischenrein kam ein Fotograf vom Tagblatt, dem
sollten wir was vorturnen für das Sportbild der Woche, das haben wir
versucht. Mal sehen, ob ich mich in der Zeitung wiederfinde.
In
den Nachrichten: Mecklenburgs Ministerpräsidentin meckert öffentlich
mit sehr scharfen Formulierungen an der Beschaffungspolitik des
Bundes für die Schnelltests, sie hätte geahnt, dass es nicht
funktioniert und auf eigene Faust 2 Millionen Sets bestellt. Greift
die Revolte um sich? Gelesen in der NZZ: China, Russland, Indien
beliefern die ärmeren Länder, machen damit Politik, während die EU
für die eigene Bevölkerung hamstert, bzw die Zulassungen nicht
hinbekommt und über die drei Länder schimpft. Kann der Begriff
scheinheilig da weiter helfen?
Fundstück beim Lesen in der NZZ:
Samuel Beckett in einem Brief: Ich habe
meist unrecht, außer bei jenen Gelegenheiten, wo ich recht hatte,
unrecht zu haben. Das nehme ich unter meine verschiedenen
Lebensmottos, wie ist die Mehrzahl von Motto, Motti, Mottili,
Mottoen, es taugt mir als Rechtfertigung, wenn ich mich mal wieder
heftig geäußert habe. An euch, die ihr mit mir zu tun habt, bitte
bedenkt es immer mit.
Lesen: (Inflation von Doppelpunkten, mir
fällt auf die Schnelle keine Alternative ein) Kazuaki Takano -
Extinction, unter dem Begriff Thriller, endlich mal nicht zu viel
versprochen. Es geht auf den ersten 160 Seiten interessant und
spannend zu, bildet die Welt in einigen Facetten vor ca 10 Jahren
ab, hat mehrere Erzählstränge, von denen ich annehmen kann, sie
laufen irgendwann zusammen. Das Buch ist aus der englichen Version
ins Deutsche übersetzt, da gibt es lustige Verkürzungen oder
Misslingungen, z. B. wird von winterlichen Zugvögeln gesprochen,
naja.
Auf SWR2 läuft eine Sendung über Betty Carter, eine
prägende Jazzsängerin, das ist so gut, da musste ich so lange
weiterschreiben, bis wieder Nachrichten kommen. Nein, hier endet es,
ich höre zu.
Sonntag, 7.3.2021
Morgens Frost, ich hab mich nicht ins Bockshorn jagen lassen, war
pünktlich in Hirschau zum Lauftermin. Die geplante Tour ist wirklich
schön, es sollte am Märchensee langgehen. Der Anfang zum Warmwerden,
gleich hoch bis zum Sattel vom Kapellenberg, die ersten Veilchen
gesehen, dann über die Felder an Wurmlingen und Pfäffingen vorbei
bis zum See, durch Wendelsheim über die Felder zum Neckar und zurück
ins Ziel. 20,4 km im Schnitt von 5:40 min/km bei 335 Höhenmetern,
das ergab eine wohltuende Mattigkeit, nach dem Duschen, Essen,
Mittagspäusle war alles wieder gut. Lesezeit und Kaffee, das Buch
entwickelt eine intelligente Spannung, erklärt komplizierte
Vorgänge, z. B. Mutationen und Evolution für mich gut verstehbar,
auch der Plot ist in sich logisch und die geschilderte Bösartigkeit
einer fiktiven amerikanischen Regierung entspricht erschreckend mir
bekannten Realitäten der letzten Zeit. Nachmittags wollte ich einen
Stadtgang machen, am Bücherschrank wurde ich mit fünf Schätzen
belohnt, Solschenizin und Thomas Mann, Erzählungen, dabei. Auf dem
Hinweg hab ich schon gesehen, vorm Schlachthof sortierte sich eine
Mahnwache hin, ich hatte gehofft, sie heute da vorzufinden. Rückzu
bin ich ins Gespräch gegangen, eine Regionalgruppe will regelmäßig
hier und vor anderen Schlachthöfen auf die schrecklichen Zustände
bei der industriellen Tierproduktion hinweisen. Da wir das
routiniert ignorieren beim Futtern, scheint es bitter nötig zu sein.
Ich bekam gleich einige Papiere mit ein paar Webadressen für den
veganen Einstieg, ohne dass ich bedrängt oder beschimpft wurde,
naja, zumindest bin ich als Vegetarier unterwegs. Das werd ich mir
anschauen, muss ausprobieren, ob das Einkaufen funktioniert bzw für
mich praktikabel ist, und ob der Käseersatz genießbar ist. Da ich
wirklich nur noch mit dem Käse dabei bin, und sich in letzter Zeit
da viel bewegt hat, es gibt ein viel größeres und leichter
verfügbares Sortiment, will ich es zumindest ausprobieren. Bestimmt
wird bald was dazu im Text auftauchen.
Montag, 8.3.2021
Frauentag, was wären wir ohne euch. Wenn wir diesen Tag auf´s Jahr
ausweiten könnten, es normal wäre, dass Frauen den gleichen Anteil
an der Welt erhielten, könnte es für alle wesentlich aushaltbarer
werden. Männerherrschaft hat uns nicht gutgetan, war selten
zielführend mit dem Blick nach links und rechts, überall
Spitzenleistungen, die die anstehenden Katastrophen ignorieren.
Frauen holen auf im Gefüge der Macht, noch ein weiter Weg, bei
Merkel sieht es so aus, als ob sie Herrschaft nicht korrumpiert. Sie
wird demnächst loslassen. Meine Hoffnung wäre, dass Frau und Macht
nicht zu so merkwürdigen Ergebnissen führt wie Mann und Macht.
Historischer Tag: Zum ersten Mal in diesem relativ geistlosen
Lockdown gab es ein paar Lockerungen. Wir dürfen im Freien Sport
machen und der Sportpark hat sofort reagiert und bietet Kurse am
Tower an, so dass zumindest limitiert wieder normale
Trainingserlebnisse stattfinden können. Neun Leute und der Trainer,
das ist draußen erlaubt. Ich hatte mich gestern angemeldet, war eine
Stunde vorher am Platz, wollte noch ein wenig von meinem Programm
vorschalten, die Sonne schien, es war frisch, man musste sich
bewegen, sonst ging´s an´s Frieren. Zum Kursbeginn kamen die
anderen, es war eine fröhliche Begrüßung, wir hatten uns lang nicht
gesehen. Funktionales Training, neun Stationen, immer eine
Muskelgruppe, vier Durchgänge mit je zwei wechselnden Übungen, 30
sec Vollgas, 15 sec Pause. Die lange nicht erlebten Übungen waren
sofort anstrengend, allein macht man auch längere Pausen, wir sind
schon ins Hecheln geraten. Aber darum ging es ja.
Drumrum las ich
weiter, das Buch ist sehr spannend und das geschilderte Abenteuer
hoch interessant. Deswegen passierte gar nichts anderes, stimmt gar
nicht, das Putzen hab ich erledigt, meine Bude blinkert wieder.
würde jemand eine Staub- und Schmutzvermeidungstechnologie finden,
ich würde den Nobelpreis vorschlagen.
Dienstag, 9.3.2021
Den Vormittag am Telefon zugebracht und am Rechner, Adressen und
Nummern raussuchen, Kontakte machen, Ablauffragen besprechen, ein
Stück Klarheit erarbeitet. Die Briefwahlunterlagen waren nicht
angekommen, auf Nachfrage stellt sich heraus, S-Mail oder unser
Hauspostkasten könnte das Problem sein. Das Prozedere für Ersatz ist
kompliziert, mit eidesstattlicher Erklärung und ausdrucken,
unterschreiben, scannen, schicken per Mail, auch noch per Post.
Scheitert am nicht vorhandenen Drucker. Morgen erscheine ich der
Dame auf dem Rathaus leibhaftig, gebe da meinen Eid ab und kann
gleich da kreuzeln und einwerfen.
Der andere Kram ist mir
wesentlich unklarer, und ich muss mit vielen Menschen, die ich gar
nicht kenne, einen Amtsprozess in Gang halten. Vor jedem Gespräch
muss ich mich sehr konzentrieren, sollte wissen, was ich will, meist
kommt es schnell anders, ich muss nachfragen, bisher bin ich auf
lauter auskunftsfreudige und -fähige Leute gestoßen, so dass es
immer ruckelweise vorwärts geht. Mittags, als ich ein Etappenziel
erreicht hatte, bin ich voller Lust laufen gegangen, endlich wieder
was Vertrautes. Die Standardrunde mit einem kleinen Muskelkater,
bergauf war es mühsam, bergab nicht sonderlich schnell, unterwegs
gingen Grüße raus ans Hungerblümchen und den Ehrenpreis, auch der
Seidelbast bekam gewinkt. Keith Jarrett auf den Ohren, das Wiener
Konzert, da sind Sequenzen von so herzbetörender Schönheit drin, ich
denke immer, das will ich hören, wenn ich beim Sterben bin, da kann
es nicht schlimm werden. Mittag war übrig von gestern, wohlweislich
mikrowellengerecht eingelagert, da kam es wie von selbst auf den
Tisch. Nach kurzer Erschlaffung musste ich kopieren, in
Lockdownzeiten nicht einfach. Telefonisch zappenduster im Copyshop,
zum Glück gibt es im Kaufland so eine Notkopierecke, das ist zwar
mitten im Einkaufstrubel, aber besser als nichts. Nach wie vor halte
ich fest am Vorsatz, mir keinen Drucker daheim hinzustellen, beim
letzten sind immer wieder die Patronen eingetrocknet, bzw waren sie
nach dem Reinigungsdruck leer, für meine 17 Jahresblätter muss es
ohne gehen.
Letzter fester Punkt war der Kurs am Tower, um den
Schaden von gestern wegzusporteln, ob das geklappt hat, stelle ich
morgen fest. Es hat Spaß gemacht, die härteste Übung war die mit dem
Beast, zwei Gummiseile, die man auf Spannung zieht und schwingt.
Herrlich, wie schnell die beanspruchten Muskeln Schlappheit
signalisieren, der Puls geht hoch, es fordert Ganzkörperspannung,
sonst bekommt man keinen Widerstand, ich war froh, als die Zeit
abgelaufen war, die Pause ist zu kurz zum Erholen und gleich geht´s
weiter. Auf dem Heimweg holte ich mir die kleine Belohnung, einen
Kaffee und ein süßes Stückle. Beim Lesen, das Buch nach wie vor gut,
verzehrt.
Mittwoch, 10.3.2021
Die Zeit im Paradies endet gleich, ich muss auf Arbeit, zur
Nachtschicht. Drum schnell. Das gestern angeleierte Bürokramzeug hat
heute weiter geklappt, die Briefwahl ist gelungen. Meine Stimme
zählt. Nicht so viel, aber sie ist gewichtiger als in meiner
Frühwählerzeit, wo vorher schon feststand, wie ich abstimmen würde
und wo es schon ein feindlicher Akt war, die Wahlkabine zu benutzen.
Diese Zeit ist vorbei, und ich habe der DDR noch nicht einmal
nachgetrauert. Im Hier und Jetzt gibt es was zu wählen, und es hat
Einfluss auf das Ergebnis, wohin ich, der freie Bürger, mein Kreuz
setze.
Beim Sportpark glaubte ich heute an die Wiedererstehung
des Volleyballwunders. Ok, der Trainer ist ein bisschen älter
geworden, die Spieler jünger, aber alle vier Felder waren mit U 16
Spielern belegt und es sah aus wie richtiges Training. Was für ein
Spaß. Auch am Tower war eine Gruppe im Kurs, klein zwar aber es hat
Spaß gemacht. Auf dem Nachbarplatz im Freien lief auch ein Kurs,
fast könnte man denken, der Coronamist ist vorbei. Im Radio auf dem
Heimweg dann die Diskussion über das langsame Impfen und die
Bürokratie. Gut fand ich, jemand hat sachlich begründet, wie es dazu
kam, und das es eben nicht Schikane oder Unfähigkeit war bis hier,
sondern den Umständen geschuldet. Zu wenig Impfstoff und
komplizierte Lagerung führte zu den Impfzentren, jetzt versucht man
es zu erweitern, bei besserer Verfügbarkeit und Handhabbarkeit der
Ampullen. Das war gut nachvollziehbar, ich befürchte, in anderen
Medienbereichen wird nicht so sachlich informiert und in den
sozialen Netzwerken entgleist es oft in Richtung dumme Beschimpfung.
Das sind dann einfachere Sätze, da hören mehr zu. Jetzt schnell zum
Schichtbus.
Donnerstag, 11.3.2021
Die dritte Welle wird von den Medien herzubeschworen, die Zahlen der
Neuinfektionen gehen um ca 20% hoch, die Sterbezahlen steigen zum
Glück nicht. Entscheidend wird das Tempo beim Impfen sein. Die
Zahlen der belegten Intensivbetten bleiben gleich, weil lang
aufgeschobene Operationen nachgeholt werden. Mehr braucht man gar
nicht dazu sagen.
Sobald es meine Zeit erlaubt, will ich mir eine
Ausstellung anschauen, fast egal, welche, Hauptsache, mal wieder vor
Bildern bzw. Kunstwerken stehen und mich auseinandersetzen damit.
Aus allen Ecken kommen die Durchsagen: Wir öffnen wieder.
Nach
dem Schlafen und Lesen, ich wurde fertig mit dem Buch "Extinction",
spreche ich eine Leseempfehlung aus. Das Teil ist spannend bis
zuletzt, wird befriedigend aufgelöst, ohne ganz im Kitsch zu landen,
es ist spannend wie die besten Dan-Brown-Bücher, es wird wesentlich
mehr an Themen reingenommen und anregend abgehandelt und es hat
immer wieder mit mir und meinem Sein in der Welt zu tun. Mensch sein
unter anderen, Beziehungen zu haben, Macht gegenüber zu stehen,
eigene Sinnfragen immer neu zu behandeln, alles vergnüglich und
intensiv.
Draußen regnete es, und die Zeit schnurrte zusammen, so
dass es erst nicht langte, an den Tower zu gehen, dann war es knapp
für ein Läufchen, bei Sonne hätte ich mich aufgerafft, am Ende wird
es ein Tag ohne Sport gewesen sein, was soll´s. Das schreib ich auf
den Zettel für morgen und schon hab ich´s von der Backe.
Freitag, 12.3.2021
Das Tübinger Modell soll Modellstadt im Schwabenländle werden, viele
Tests und dadurch schnelle Unterbrechung von Ansteckungsverläufen.
Dabei will die Stadt vieles öffnen bzw erlauben, von außen Kommende
müssen durch den Schnelltest, ich glaub, freiwillig. Das wäre doch
mal eine Alternative zu der ewigen Lockdownerei.
Zwischen den
Nachtschichten hab ich es geschafft, hab mich aufgerafft zum Laufen.
Einfach ist das nicht, zumal ich die Ausrede vom Regen hätte
benutzen können. Der kam, wie im April, ganz schnell und kurz viel
zum Sonnenschein oder dunklen Wolken. Ich bin irgendwann los, da war
der Regen aus und die Frühlingsluft belohnte mich. Unterwegs eine
Begegnung mit Staren, ganz viele auf der Wiese und dann Kapriolen
fliegend. So was Schönes.
Auf den Ohren hatte ich Neil Young mit
einem Mitschnitt eines Konzertes mit den Crazy Horses. Das hat
Energie, ist so mitreißend, dass ich unterwegs fast Schnappatmung
bekomme. Es ist eine Musik, die mittlerweile selten gehört wird, im
Radio nicht vorkommt, mir ist die Frage aufgekommen, wie bewahrt man
sowas vor dem Vergessenwerden. Allein durch das Vergehen der Zeit
sammeln sich immer mehr solcher Preziosen, ich mag mir gar nicht
vorstellen, was da alles schon auf Nimmerwiedersehen die Zeitkante
hinuntergefallen ist. Heute wird es wenigstens digital bewahrt und
bleibt verfügbar, was ist mit Gesängen und Lesungen usw aus der
vordigitalen Zeit. So manche Aufführung, von der ich noch weiß und
erzählen kann, wird nach meinem selig Ende nie mehr erwähnt werden.
Ein bisschen wie das Artensterben, ein bisschen ein Grund zum
Traurigsein. Man stelle sich vor, ein gregorianischer Chorgesang vor
vielen hundert Jahren, der kann nur noch literarisch beschrieben
werden, weil man weiß, es muss ihn gegeben haben.
Samstag, 13.3.2021
Nach der letzten Nachtschicht, in jungen Jahren hab ich da einfach
durchgemacht, um wieder in den Normalbetrieb zu kommen. Schade, aus
dem Alter bin ich raus, ich geh ein paar Stunden in die Kiste,
versuch einen Kompromiss mit mir auszuhandeln und stell entschlossen
den Wecker. Das Aufstehen ist frei von Entschlossenheit, dauert
seine Zeit, ich bin froh, wenn ich es zum Frühstück schaffe,
einigermaßen klar in die Welt zu schauen. Es ging gemütlich zu, ich
brauchte nicht raus in den Regen und Sturm, an meinen Fenstern flog
allerhand vorbei, hatte die Bodenhaftung verloren. Nach dem Regen
und mit dem Eindruck, erholt zu sein ging es für eine Stunde hoch
zum Tower, der Platz war patschnass, alle Stangen tropften, nachdem
ich mir die Zugriffe trocken gerieben hatte, ging es gut. Also fast,
der Handstand wollte gar nicht gelingen, ein Glück, niemand war da
und sah es. Das Kichern der Meisen konnte ich aushalten.
Vom
Lesen: "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", Christiane F, ein ehemals
legendärer Bericht aus dem Berliner Drogen- und Kinderstrichmilieu.
Ich fand es im Bücherschrank, hatte davon gehört, kannte es noch
nicht. Die Schilderung ist sofort heftig, C beschreibt eine
verkorkste Kindheit mit prügelndem Vater, Scheidung der Eltern, dann
das Zugehörigkeitsgefühl zu Heranwachsenden aus ähnlichen
Verhältnissen und das schnelle Hineinrutschen in den Gebrauch immer
härterer Drogen, der daraus folgenden Geldnot und -beschaffung durch
Prostitution. C ist ein halbes Jahr jünger als ich, ich hatte in dem
von ihr beschriebenen Lebensabschnitt ähnliche Probleme, lebte aber
in der ostdeutschen Provinz, so dass zum Glück nur Nikotin und
Alkohol vorkamen. Diese Süchte verlaufen gemächlicher und zerstören
nicht so schnell und fordern nicht so viel Geld. Trotzdem, auch da
blieben manche auf der Strecke und ich bilde mir ein, ich weiß genau, was sie da
beschreibt, kenne den Zustand völliger Perspektivlosigkeit und das
Gefühl, keine Wahl mehr zu haben. C hat überlebt, ich bin gespannt,
wie sie das beschreibt, bei mir ging es auch gut bis hier.
Sonntag, 14.3.2021
Nachts klang es nach viel Regen, beim Frühstücken gab es wieder
Wasser vom Himmel, da geriet ich in Zweifel, soll ich mit den
Hirschauern los. Je näher die Zeit rückte, um so klarer wurde es,
ich fuhr bei Sonnenschein los. Eine schöne Tour, gleich am Anfang
die Steigung zum Sattel vom Kapellenberg, um Wurmlingen rum,
Rottenburg streifend, bis Kiebingen, ins Bühler Tal rein und raus
Richtung Bühl, Kilchberg runter zum Neckar, über die Brücke und über
die Felder zurück nach Hirschau. Ergab 20 km im Schnitt von 5:46
min/km. Es war eine entspannte Tour, kein Regentropfen. Zu Hause
Duschen, Essen, Mittagspause liegend, lesend. Ein völlig gemütlicher
Nachmittag auf dem Sofa und vor dem Rechner, ich hab auf Youtube
einiges weggeguckt, was ich mir ins Später ansehen vermerkt hatte,
wenn ich immer nur einsammle, wird die Liste wie meine Bücherstapel.
Also endlos und nicht mehr beherrschbar. Das ging so, bis wieder
Hunger kam, hab ich halt was gegessen, dann so weiter.
Die
Wahlergebnisse kamen in den Nachrichten, Frau Eisenmann fuhr das
allzeitschlappeste Ergebnis für ihre QuarktaschenCDU ein, dann
vermeldet sie, dass sie das Ergebnis selbstverständlich auf ihre
Kappe nimmt. Ach, wer hätte das gedacht. Wenn es eine Ampel gibt,
ist die CDU ganz raus aus der Regierung, wird sie da irgendwer
vermissen? So, wahrscheinlich haben jetzt alle gemerkt, dass ich
kein Fan der CDU bin, da kann ich aufhören zu lästern.
Montag, 15.3.2021
Die Spätschichtwoche beginnt, morgens bin ich am Buch
hängengeblieben, konnte es nicht vor der letzten Seite weglegen. Und
war durchgängig beeindruckt von der Intensität der Schilderung,
dadurch wird der Sog der Sucht sehr deutlich und auch das
Ausgeliefertsein. Heute weiß man mehr drüber, es gibt mehr
Ausstiegsangebote und Therapiemöglichkeiten. Damals, es ist erst 45
Jahre her, war die Perspektive ziemlich schwarz.
Ich habe es grad
so geschafft zum Bus, der kam wegen einer Panne verspätet und nur
bis Tübingen, wir haben es trotzdem auf Arbeit geschafft. Ich hatte
einen Termin zum Mitarbeitergespräch, da wird die Arbeit des
vergangenen Jahres bewertet. Ich komme mit meinem neuen Teamleiter
gut zurecht, dadurch war es schnell und einverständlich gelöst. Die
Arbeit lief auch gut, alles kam schön nacheinander, keine Hektik,
kein Leerlauf, dadurch geht die Zeit schnell rum. Zu Hause gab es
was zu futtern, Kantinenzeit ist lange her, jetzt sitz ich am Text
und überlege, gäbe es noch was herzuschreiben. Die Leere im Kopf und
die Unwesentlichkeit der Restgedanken ist so überzeugend, dass es
hier enden muss.
Dienstag, 16.3.2021
Ein guter Tag. Zeitig morgens aus dem Bett gekämpft, das
Morgenritual durchgezogen, nur verlängert von einer kleinen Trödelei
am Küchenfenster. Da war auf dem Neckar eine weiße Ente zwischen den
Stockenten, alles war gut, bis ein einzelner Schwan auf sie los ist.
Mit Flügelklatschen und langem Hals auf dies kleine Entlein. Zum
Glück konnte sie tauchen, verschwand rechtzeitig unter Wasser und
entfernte sich ein Stück vom Aggroschwan. Kaum schwamm sie wieder
auf dem Wasser, dauerte es nicht lang, bis der Schwan sie wieder
sah. Ein Mordsgeplansche ging los, wieder eine Runde. Bestimmt zehn
Minuten. Irgendwann versteckte sie die Ente zwischen den anderen,
vielleicht war der Schwan auch knülle. Von wegen idyllisches
Tierreich. Ich bin dann auf die Strecke los, das Laufen hatte ich
mir vorgenommen. Ich will nicht wegen dieser Arbeiterei keinen Sport
mehr machen. Ein wenig mühsam war es, weil Schlaf fehlte. Hinterher
ist es trotzdem besser. 10 km im Schnitt von 5:23, naja. Duschen,
Notmittag vom Bäcker, Seele mit Gemüse und Hirtenkäse, richtig gut.
Zum Bus, heute pünktlich, wie fast immer. Die Arbeit war gut, ich
konnte ganz in Ruhe eine Maschine rüsten und einfahren, alles
gelang. Langsam verliere ich die Unsicherheit des Einstiegs in die
Wochenarbeit, der Umgang mit so vielen Kollegen will erst gelernt
sein.
Auf SWR2 läuft eine Sendung über eine iranische Sängerin,
sie heißt Mahsa Vahdat, lebt jetzt in den USA, weil die politschen
und gesellschaftlichen Verhältnisse ihr das Singen, die
Selbstverwirklichung immer unmöglicher machten. Sie singt
wunderschön, es ist fremd, aber ich höre von der Sehnsucht und der
Liebe. Dieser "mein" Sender bietet immer wieder neue Schätze, und es
ist so wichtig, dass diese Stimme in der Welt gehört wird, wir
wüssten sonst nicht.
Mittwoch, 17.3.2021
Die Nachrichten sind schrecklich, die dritte Welle, das wieder
verlangsamte Impfen, dazu die Äußerungen von verschiedenen
Politikern, Laschet, Lauterbach. Mich wundert, dass diese Menschen
zwar munter rauslassen, anscheinend aber Vorstellungen entwickeln,
was das mit den Zuhörern macht, die ganz anders sind als
z. B.
meine Reaktionen darauf. Was will mir der Herr Lauterbach bewirken,
wenn er sagt dieser Impfstoff macht wohl die Hirnthrombosen, aber es
sei nicht gut, mit dem Impfen auszusetzen. Diese sicher verkürzte
Sprecheeinlage kommt in den Meldungen. Da es nicht das erste Mal
ist, dass er überall zitiert wird, sollte er vielleicht doch ein
wenig konzentrierter vor die Mikrophone gehen.
Es gab Schnee auf
der Alb, ich bin zum einen froh, dass ich nicht selber fahren muss,
und bewundere die Busfahrer, die mit allerhand Leuten drin souverän
auf die Strecke gehen. Durch den Matsch und die Steigungen hinunter
durch enge Kurven, heute rutsche ihm z. B. ein Moped knapp vorbei,
alles heikel.
Auf Arbeit hatte ich die schwierigen Baustellen,
viel Malheur mit den alten Maschinen, alles hat lange gedauert. Man
braucht nicht mehr drüber reden, die Fehler bleiben uns. Manchmal
wirkt es wie ein Test, ob es noch bisschen komplizierter geht, oder
wieviele Störungen verträgt der Arbeiter, bis er aufgibt.
Ausgleichende Freude ist mir das Kantinenessen, es schmeckt, ist
manchmal richtig raffiniert, ich würde mir zu Hause niemals so viele
verschiedene schöne Gerichte bereiten. Heute waren es Spinatnudeln
mit zwei unterschiedlichen Soßen und Parmesan, an sich nicht riesig,
aber eben lecker, dazu noch Salat mit mindestens fünf Abteilungen.
Wir sitzen so was von vereinzelt in der Kantine, müssen uns fast
rufend verständigen. So kann offenbleiben.
Donnerstag, 18.3.2021
Wieder eine Beobachtung vom Neckar, der fließt halt vor meinem
Küchenfenster vorbei. Irgendwas zu gucken gibt es immer. Fußgänger,
viele mit Hunden, vom Sehen kenn ich síe zumeist, Radfahrer,
Jogger*innen, Mütter mit Kindern/Kinderwägen, Omas und Opas genauso,
Angler. Die zwei Waldbaumläufer kommen regelmäßig, selten mal ein
Eisvogel, schwimmend die Enten, Schwäne, Hühner und ein Paar
Zwergtaucher. Ich schau gern hin. Als ich heute so sinnierend auf
die Wasserfläche blicke, auf ein Stück, da war nichts, nicht mal ein
Kräuseln, macht es mir ein Bild hin. Mit einen Blubb taucht ein
Komoran auf, fast hab ich mich erschrocken. Es ist oft so, dass ich
die Reiherenten sehe oder die Zwergtaucher und denke, jetzt tauchen
sie. Sie machen das sehr elegant in einem kleinen Schwung mit
angedeutetem Köpfer, dann sind sie weg, ein paar Ringe laufen breit.
Es ist viel seltener, dass man grad auf die Stelle schaut, wo
demnächst was auftaucht. Herrlich unerwartet.
Die Arbeit lief
gut, ganz ohne Störungen. Alle Kisten sind fast makellos gelaufen,
das spricht eher für uns als für die Maschinen, wenn wir unsere
Sache gut machen und all die Macken der Anlagen beachten, kommt es
auch mal so. Dafür gab es eine neue Anweisung zum Umgang mit Handys.
Alles verboten, alles mit Strafen bedroht, mit arbeitsrechtlichen
Konsequenzen, alles verbrämt mit der Ausrede von der
Arbeitssicherheit. Wenn ich mir vorstelle, man würde das strikt
durchziehen, würde es, glaube ich, sehr, sehr still in der Halle und
den Büros.Vielleicht gäbe es dann nicht mal mehr den Chef.
An
Sport gab es an den beiden letzten Tagen Notlösungen zu Hause, die
Zeit war knapp. Hab ich jeweils eine Dreiviertelstunde gegen das
Einrosten gearbeitet, paar Liegestütze, Situps und Ausfallschritte
gehen immer, dazu kommt ein Gummiband ins Spiel, man kann es in
viele Richtungen ziehen, und wenn ich es kurz fasse, wird es schnell
anstrengend.
Freitag, 19.3.2021
Vor über einem Jahr fing dieser Text an, gestern war Startdatum, ich
hab´s verpasst. Dass uns Corona so lange beschäftigt, ist ein
richtiger Mist, und wir sind ja noch lang nicht durch. Dass dieser
Text genauso lang läuft, gefällt mir schon. Da ich hier mein ganz
und gar belangloses Leben beschreibe, und doch zu Text gekommen bin,
dass ich durchgehalten habe, bis auf wenige Lücken, ich muss die
Tage mal zusammenzählen, dass manches, was vergessen worden wäre,
nun nachlesbar ist, das alles gefällt mir. Planlos geht es noch
immer zu, keine Ahnung, wann und wie es enden soll. Muss man also
abwarten.
Vormittags flockte der Schnee hier umher, da fand ich
es Klasse, dass Einkauf und Stadtgang gemacht werden musste.
Kühlschrank und Brotkorb, alles leer. Ich wurde rechtzeitig fertig,
kam pünktlich zum Bus, dann fing der Spaß an. Erst meine Kollege,
dann ich, man hätte uns beim Ausrasten zuschauen können. Alles so
voller putziger Baustellen, man langt hier hin, geht nicht, da hin,
genauso, dies fehlt und das ist nicht in Ordnung, da kann man schon
mal geschwind die Fassung verlieren. Wir haben uns schnell
eingekriegt, ich glaube, an uns liegt es nicht, und haben noch
ziemlich viel zum Laufen gebracht. Bis dann beim letzten Auftrag,
kurz vor Feierabend wieder Scheitern dran war. Jetzt freu ich mich
auf das Wochenende, hoffentlich geht was mit Sport draußen.
Samstag, 6.3.2021
Frei, ausschlafen und ganz in Ruhe lesend frühstücken, sonst erst
mal nix. Herrlich, wenn Zeit vergehen darf. Ich wollte an den Tower,
aber wann ich anfang, egal. Hab ich glatt erst mein Buch ausgelesen,
Schlafes Bruder von Robert Schneider. Ich hatte vor langer Zeit den
Film im Kino gesehen, hatte ihn in guter Erinnerung, das Buch
entsprach dem. Hier war die Reihenfolge erst Buch, dann Film, beides
verschieden und gelungen. Vorher hatte ich den Club der toten
Dichter gelesen, da war zuerst der Film da, aus dem Drehbuch machte
jemand ein Buch. Das entwickelte keinerlei erzählerische Kraft,
klebte am Film und übernahm alle Verkürzungen, die dem Medium nun
mal innewohnen, dadurch war das Ergebnis ungenügend. Ich fand
interessant, das mir das sofort beim Lesen auffiel, ich hab es bei
Wiki nachgeschaut und siehe da.
Kalt am Tower, aber
Sonnenschein, das machte es aushaltbar, eine Woche ohne richtigen
Sport war rum und ich habe es gemerkt. Alles ging mühsam, auch mal
nicht. Das wird demnächst noch schlimmer, denn die Kurzarbeit endet
im März, da bleibt es beim Zeitmangel. Ich geh davon aus, dass es im
Studio und mit Kursen ein wenig abgemildert wird, zufrieden bin ich
nicht damit. Als ich ein Wochenendarbeiter war, brachte ich das
besser unter. Soll ich also wegen der Arbeit nicht mehr laufen oder
trainieren, das stelle ich mir lieber nicht vor. da wird wohl
anderes liebgenbleiben müssen. Vielleicht verlottere ich dann zu
Hause vollständig.
Ab Ostern soll die Impferei bei den Hausärzten
losgehen, die Zahl der Geimpften wächst so langsam, dass die dritte
Welle sich ausbreitet. Das ist so unbefriedigend, zumal es in vielen
Ländern schneller geht. Aus den Erzählungen von Leuten, die mit den
Ämtern zu tun hatten wegen der Testerei oder mit den Impfzentren
Kontakt hatten, weiß ich um allerhand Pannen und Umständlichkeiten
in Einzelfällen, wenn ich da verallgemeinere und die Zahlen sehe,
erschließt sich das. Die Warnapp tut nicht richtig, es gibt
unendliche Dispute um einzelne Impfstoffe, mit hü und hott fasse ich
das trefflich zusammen. Wer meckert, muss sich verwahren, kein
Querdenker sein zu wollen, das ist beknackt. Dazu kommt, Deutschland
hat einen der längsten und strengsten Lockdowns, ohne dass die
Ergebnisse überzeugen. In Tübingen, auch in Rostock, versucht man
ein alternatives Konzept, das liefert gute Zahlen, taucht manchmal
in den Nachrichten auf, dann sprechen wieder Söder und Lauterbach,
die machen einfach mehr Lärm beim Verbieten.
Sonntag, 21.3.2021
Neun Uhr stand ich laufbereit in Hirschau, die Tour sollte über den
Österberg führen, ich kannte sie noch nicht und wollte mit. Rückzu
ging es über den Spitzberg, so dass fast 400 Höhenmeter
zusammenkamen. Nach zwei Stunden war das Ziel erreicht, knapp 21 km,
die Strecke fand ich lustig, teilweise führte es uns mitten durch
Tübingen. Mittags lesend Selbstgekochtes verzehrend, es gab ein
Päuschen auf dem Sofa, der Nachmittag verging im Kampf mit
Handydaten, die gesichert werden sollten, schneller als gedacht, die
Fotos und Videos müssen aussortiert werden. Bin nicht fertig
geworden. Schnell am Schlachthof vorbeischauen, ja, es war eine
Mahnwache da, find ich gut.
Lesen: Dave Eggers, Der Circle, ein
doofer Titel, es sei ein Spiegelbestseller gewesen. Die ersten 70
Seiten, viel aufgeschäumtes Erzählen, die Geschichte fängt sehr
schleppend an, die Hauptfigur tritt ihre neue Stelle in der
bedeutsamsten Firma an, so eine Überfirma, die Google und Facebook
usw vernetzt und uns Kunden gläserner macht. Alle Klischees des
Silicon Valley werden ausgewalzt, mal sehen, ob es noch interessant
er wird. Der Plot müsste eigentlich funktionieren.
In den
Nachrichten: Der Mann von Minister Spahn sei in Maskengeschäfte
verwickelt, schreibt der Spiegel. Er schreibt nicht, er ist, er
schreibt, er sei. Der Vorstand der betroffenen Firma dementiert,
meldet, der Mann hätte nichts zu tun damit und von nichts gewusst.
Vor Zeiten konnte man sich auf Spiegelmeldungen verlassen, was fang
ich an mit der jetzigen Formulierung. Ich werde es verfolgen, sollte
nicht mal die Form von sei verwickelt stimmen, muss ich den Spiegel
endgültig aus meinem Kosmos kicken.
Montag, 22.3.2021
Frühschichtwoche, unbekömmlich, von zuverlässiger Müdigkeit
begleitet, zum Glück diesmal nur zwei Tage, der letzte Ausläufer der
Kurzarbeit. Im Moment führen wir die Diskussion über freiwillige
Mehrarbeit, da ist wohl der Empfang von Staatsknete bis hier
optimiert.
In den Nachrichten wird vom Ringen von Bund und
Ländern um die Verlängerung des Lockdowns berichtet, die Rede ist
von einer nächtlichen Ausgangssperre. Das wird wohl nicht
durchgehen, trotzdem frage ich mich, wo lebe ich. Soll ich mich
rechtfertigen, wenn ich zur Nachtschicht gehe? Ich will ja nachts
nicht viel raus, aber wenn es mich rappelt und ich muss ein bisschen
spazieren gehen, werde ich niemanden fragen, ob ich darf. Es kommt
mir nicht zielführend, sondern einfallslos vor, zumal zwar die
Zahlen etwas hochgehen, aber die Belegung der Intensivbetten kaum.
Dazu die Komödie um den einen Impfstoff, da meint auch irgendjemand
für mich entscheiden zu müssen. Dabei will und kann ich auf Grund
meines jetztigen Kenntnisstandes selbst festlegen, wie ich damit
umgänge, das ist aber noch kaum eine Frage, da es an der
Verfügbarkeit fehlt. Ich bin da auch nicht der Einzige, es wird
Zeit, höchste Zeit, die Eigenverantwortlichkeit der Bürger wieder
zuzulassen.
Nach meinem Heimfahrtbusschlaf bin ich zum Bäcker
ran, Brot musste ich kaufen, dazu kam ein mich in Wonne versetzendes
Stück vom Zwetschgenkuchen und ein Kaffee. Da ward mir so wohlgemut,
dass ich das Wetter ignorieren konnte, bei leisem Getröpfel bin ich
am Tower gestartet. Mit diesem Schlafdefizit nach der Frühschicht
war es etwas mühsam, trotzdem hab ich allerhand geschafft.
Allerdings kamen später zwei Jungs dazu, die haben mit solcher
Leichtigkeit calisthenische Kunststückle aneinandergereiht, da kam
mir meins vor wie ein aussichtsloser Kampf gegen den Verfall. Nun
gut, ich muss meine Ziele modifizieren, bin kein junger Hirsch, nenn
ich´s meinen Vorruhestandssport, da gehts wieder.
Dienstag, 23.3.2021
Unausgegorene Regulierungen, die Kategorie Ruhetag ist neu, wer
zahlt das, wir lockdownen uns zu Tode, damit wir das überleben. Ich
geb die Schimpferei gleich wieder auf, keine Lust mehr. Auf Arbeit
hat es die Führungskräfte aufgescheucht, alle Dienstpläne sind
unklar und die Bedingungen, unter denen gearbeitet werden soll oder
eben nicht, kommen noch nicht vor. Halb zwei hab ich mich in den Bus
gesetzt, die Arbeitswoche beendet, nach einem Schläfchen kam ich
heiter zu Hause an. Die Kantine verdient Erwähnung, Spaghetti und
eine üppige Pilzsoße, die war dermaßen lecker, da ist die pure Wonne
ausgebrochen.
Nach einer Pause bin ich zum Sportpark hoch, hab in
aller Ruhe die Routinen abgearbeitet und war zur Dämmerung fertig.
Anfangs spielten auf dem Volleyballfeld ein paar
halbwüchsige Jungen, am Anfang mit Trainer, dann lustvoll selbst,
gutgelaunt und unbekümmert lachend über misslungene Aktionen, das
war ansteckend.
Das Auto musste in die Werkstatt gebracht werden,
Kundendienst und Reifenwechsel. Hab ich also die Sommerreifen
eingeladen und bin zwei Dörfer weiter gefahren. Rückzu wollte ich
mit dem Bus fahren, aber die Nacht, naja, der Abend war so schön
klar und nicht sehr kalt, da bin ich losgelaufen. Ein schöner Weg
über die Felder, viele Sterne, da draußen sieht man sie besser, und
der Mond machte mir einen Schatten. Der lief unter mir mit, im Dorf
übernahmen das Schattenmachen die Straßenlampen und Hofleuchten, da
war er weit voraus, auch hinter mir, so weit ich weiß, ich hab es
nicht immerzu kontrolliert. Katzen waren unterwegs, auch Wiesel,
Menschen nicht, oder in Autos. Mir hat es gefallen, auch mit Blick
auf die Freiheit, nicht effizient sein zu müssen, die Zeit zu
setzen, die dann zwar weg ist, aber eben schön war.
Mittwoch, 24.3.2021
Das hätte ein schöner freier Tag werden können, hätte ich mir nicht
haufenweis Termine reinorganisiert. Vormittags musste ich nach
Tübingen auf einer Bank merkwürdige Dinge regeln, das war nur der
Anfang, da muss ich wohl noch mehrmals dran ruckeln. Ich fuhr mit
dem Zug, das Auto hatte ich ja abgegeben für den Kundendienst. Das
dauert etwas länger, der Zug hält ja nicht vor meiner Haustür und
nicht vor der Bank, aber es vermittelt neue Sichten auf die Strecke
und die Art den Ort zu wechseln. Es gab sogar einen Schaffner, der
die Fahrkarte sehen wollte. Als ich wieder zu Hause war, musste ich
selbst kochen, mein Chinese hat zu, hoffentlich hat er nicht ganz
aufgegeben. Die Nudeln waren gut. Das Auto musste geholt werden,
vorher war noch Postkram zu kopieren, und es gab einen Kaffee auf
die Hand. Bis zur Abfahrt des Busses saß ich vorm Bahnhof in der
Sonne, es war richtig schön warm. Das Auto war fertig, es war gar
nicht teuer. Einen Lauf hatte ich geplant, bin also in den milden
Abend gestartet, fand im Wald bei beginnender Dämmerung die
ersten Himmelschlüssel und sah weit vorn Wildschweine den Weg
kreuzen. Ein wenig nervös bin ich da vorbeigehoppelt, dachte,
hoffentlich sind sie beschäftigt. Unterm Mond kam ich wieder auf
meinem Hof an, die Zeit war ganz gut, wahrscheinlich hat mich die
Angst vor der wilden Sau beschleunigt. 11,5 km, 250 Höhenmeter im
Schnitt von 5:20, ein gutes Gefühl. Duschen, Gemüse putzen, Ingwer
schälen, Obst waschen, Abendbrot mit einem schönen
Dinkelvollkornbrot und stinkigem Käse, fast konnte ich nicht
aufhören.
Das Buch entwickelt nun doch einen Sog, es kamen
interessante Ideen ins Spiel und eine geheimnisvolle Figur. Es
wird ein Leben in den sozialen Medien beschrieben, vor dem ich mich
erschrecke, wir haben manches im realen Leben, aber die
Offenlegungen im Buch sind so allübergreifend, dass mir
Fluchtgedanken bei diesen Aussichten kommen. Bin bei der Hälfte und
erwarte einen großen Knall, den Ausstieg der Hauptfigur.
Über die
Nachrichten will ich heut gar nicht schreiben, es ist zum
davonlaufen unprofessionell. Was unsere Elite da gestern angerichtet
hat und heute versucht wieder einzufangen, verärgert mich
tatsächlich, diesmal ernsthaft. Wenn die Querdenker nicht gar so
blöd wären, geriete ich in Revolutionsgelüste, aber in diese
Gesellschaft möchte ich mich nicht begeben, so muss ich halt meine
individuelle Wut allein pflegen, werde ihrer Herr durch den Sport.
Donnerstag, 25.3.2021
Ausschlafen, beim Aufstehen in die Sonne blinzeln. Lesend den
Vormittag versäumt, ich weiß, warum. Zum einen ist das Buch
außerordentlich spannend geworden, die Digitalisierung und totale
Transparenz aller Menschen wird als Heilsprojekt eingeführt und mit
guten Argumenten unterfüttert. Die Nachteile bzw Unerträglichkeiten
eines solchen Daseinszustandes schwingen beim Lesen sofort mit, so
dass ich in einer ständigen inneren Auseinandersetzung war und
werden später im Buch mitbeschrieben. Das ganze in nachvollziehbaren
Handlungssträngen und Konflikten. Zum anderen standen auf meinem
Tagesplan eine Menge Dinge, die ich prokrastiniert habe, oder wie
benutze ich dies schwere Wort, soll also heißen, ich hab wegen
Lustlosigkeit geschoben. Ich zähl auf: Bude putzen, mit Ämtern
telefonieren und merkwürdigeVorgänge durchschaubar machen.
Geschafft hab ich, die Blumen zu gießen, das Bett zu beziehen, Post
zu erledigen und ein paar Anrufe hab ich abgearbeitet. Mittag gabs
zu Hause. Nachmittags war ich froh, zum Tower gehen zu können, den
Sport mach ich gern. Es war herrlich warm, man konnte im T-Shirt
draußen sein, ich bin gut durch mein Programm gekommen. Zwischenrein
haben mich drei fröhliche Kinder besucht und wollten mir alles
nachmachen, wir hatten ziemlich Spaß miteinander. Der große Bub war
herrlich neugierig, ich musste alles erklären und begründen, was ich
da mach. Dann hat er erzählt von seinen neun Geschwistern, drei
waren da. Außerdem war eine junge Sportsfreundin trainieren, wir
haben geschwätzt. Sie hat erzählt vom Onlineunterricht in der elften
Klasse, von den vielen Schwierigkeiten und Mängeln, und dass sie
sich vieles allein erarbeiten müssen. Ich glaube, in diesem
Lebensalter ist der Coronamist viel erheblicher und auch nicht
beendet, wenn die Impfung mal durch ist. Das soziale Leben für die
jungenMenschen ist so was von unvollständig, dabei sind sie kaum
betroffen von Corona, tragen aber einen Großteil der Belastung. Ich
will nie wieder Gemecker über die egoistische Jugend hören.
Abends sitz ich am Text und am Plan für morgen, der noch allerhand
schiebewürdige Dinge enthält. Wenn ich so öffentlich wäre wie die
Hauptfigur im Buch, würde ich von meinen Followern beschimpft werden
wegen meiner Unzulänglichkeit, zum Glück muss ich das nur mit mir
ausmachen und bin recht großzügig.
Freitag, 26.3.2021
Friedliche Tage, wenn man nicht arbeiten muss. Der Anfang
genussvoll, Kaffee zum Frühstück und viele Seiten gelesen. Im
Hinterkopf drängt mancherlei Vorhaben, davor sitzt die Möglichkeit
zu schieben. Ich hab rechtzeitig die Kurve genommen und doch noch
einiges in Gang gebracht. Meine Hütte blinkert wieder, nachdem die
Staubmäuse markant geworden waren. Auch mit der Wäsche bin ich im
Reinen, und paar Telefonate sind erledigt. Mittags muss ich´s in
meiner Küche richten, der Chinese hat nicht mal eine Nachricht an
seinem Stand, wielange er abgetaucht ist. Ich spekuliere mal,
Merkels Ruhetag hat ihm den Stecker gezogen. Nachmittags war ich
einkaufen, zum Glück war noch nicht viel los. Am Käsestand gab es
lustige Angebote, so dass ich große Teile kaufen musste, alles
Sorten, die ich nicht kenne, mindestens eine davon hat ein strenges
Aroma in meinen Kühlschrank gezaubert. Am Bäcker gab es einen
Käsekuchen, den hab ich mitnehmen müssen. Dadurch entstand ein
KaffeeundLesestündchen. Den Circle hab ich ausgelesen, am Ende gab
es nur eine kümmerliche, sehr begrenzte Revolte, das fand ich etwas
enttäuschend. Trotzdem würde ich das Buch empfehlen, es sind
allerlei Aspekte von Big Data abgehandelt. An manchen Stellen hab
ich mich erwischt gefühlt, wir schwafeln von Datenschutz und
benutzen das Internet und tracken Aktivitäten, da ist ganz klar,
wann ich wo bin. Am Ende tun wir alle so, als wären diese Daten
geschützt und kümmern uns nicht drum, wenn aber eine App zur
Kontaktverfolgung wegen Corona empfohlen wird, werden wir schwierig.
Menschen halt und die komplizierte Auffassung von Freiheit.
In
der Mediathek von SWR2 war mir ein Beitrag über Hugh Masakela
aufgefallen, ein Trompeter aus Südafrika, er ist 2018 gestorben. Die
Hälfte der Titel kannte ich bereits, die andere Hälfte war ebenfalls
hörenswert. Es ist ganz erstaunlich, er hat einen Sound entwickelt,
an dem ich ihn erkenne. Seine Trompete klingt wie keine
andere. Er hat mit den anderen großen Musikern aus Südafrika
zusammengespielt und gearbeitet, mit Miriam Makeba und Abdullah
Ibrahim, auch mit Fela Kuti, der ist aus Nigeria, und er hat es
geschafft, die Musik seiner Heimat im Jazz wirksam werden zu lassen,
dadurch wird es so was Besonderes.
Laufen war geplant, ich bin
mit der Trompete im Kopf auf die Strecke gegangen, in die Dämmerung
gestartet nach Hirschau, Wurmlingen, es waren 13 km im Schnitt von
5:03. Ich kam ganz knülle an, aber als ich die Zeit sah, war ich es
zufrieden.
Während ich das hier hin schreibe, läuft eine CD, Nina
Simone, auch so Musik von oberhoheitlicher Schönheit und Würde,
keine Ahnung, warum ich heute abend der gefühlt Einzige bin, der so
kultiviert hört. Ich würde es so gern in viele Ohren träufeln, eine
Verführung, die aus sich selbst heraus gelingen müsste, bestimmt
würde die Welt davon ein Stück besser werden.
Samstag, 27.3.2021
Minister Spahn auf allen Kanälen: Wir müssten eigentlich den totalen
Lockdown machen für die nächste zwei bis drei Wochen. Lauterbach
würde am liebsten das Leben verbieten. Ich hör mir das an und denk,
impft doch einfach. Nach Ostern sollen Hausärzte mit impfen, obwohl
sie seit Wochen klarmachen, dass sie mitmachen wollen und sie haben
kluge Argumente dafür. Da warten wir also noch eine Woche drauf. Die
dritte Welle läuft derweil.
Den Vormittag hab ich meinen Blümchen
gewidmet. Bevor das Frühjahr richtig in Gang kommt, mussten die
Ableger meiner Orchidee vormVermuckern gerettet werden, die hingen
frei schwebend mit allen Wurzeln in der Luft über der Mutterpflanze.
Die Scilla, die eigentlich Drimiopsis maculata heißt, hatte ihre
Größe vervierfacht, die kleine Pflanzschale völlig überwuchert. Die
Rooba, ein wirklich schönes Dickblatt hatte verzehnfacht und dann
den Heizungswinter nicht gut gefunden, jetzt gibt es kleine Pflänzle
in neuer Erde, mal sehen, ob sie damit klarkommt. Das alles klingt
sehr banal, aber es ist zeitaufwändig, wenn man es nicht macht, gibt
es kurze Lebensläufe.
Lesen wollte ich auch, hab wieder paar
Sachen für nächste Planungen geschoben, nachmittags war ich
verabredet mit einem Freund in Mössingen. Wir sind zu einer kleinen
Runde über die Felder aufgebrochen, da haben wir die Zeit zum
Besprechen und miteinander nachdenken. An einer Stelle war der Wind
so heftig, er wehte das gesprochene Wort weg, bevor es gehört werden
konnte. Beim Heimfahren gab es ein Wolkenloch im Abendhimmel, die
Sonne schickte ihr Licht durch, ein beeindruckender Lichtdom. Den
Sport ließ ich am Ende ganz und gar weg wegen Lustlosigkeit, nein,
eigentlich fand ich es nach den paar warmen Tagen unverschämt kalt,
es wird mir nicht schaden.
Sonntag, 28.3.2021
Hirschau, der Lauf begann, da war es noch sehr kalt, aber die Sonne
kam, es wurde richtig schön, wir sind nach Wurmlingen, an Pfäffingen
vorbei durch Unterjesingen in die Weinberge, da gab es ordentlich
Höhenmeter, über den Schwärzlochhof zum Spitzberg rauf, wieder
bergauf, dann haben wir gemogelt und sind über den Panoramaweg ins
Ziel. Ein gemütlicher Lauf, 19 km im Schnitt von 6:10, 420
Höhenmeter. Mittags selbstgenudelt, Pause lesend, dösend auf dem
Sofa, Lust bekommen auf einen Spazierweg in den Frühling. Kleine
Runde gemacht, schauend verweilt auf dem Klausenfriedhof. Die Daten
auf den Grabsteinen der Kriegsgräber haben mich berührt, da liegt
mancher Franz und mancher Horst, die sind nach 18 oder 20 Jahren
schon aus dem Leben. Das waren ja noch Milchbärte, schon an dieser
einen Tatsache wird die Ungeheuerlichkeit von Krieg deutlich.
Lesen: Deon Meyer, "Der traurige Polizist", ein Krimi aus Südafrika.
Ich bin grad in der Hälfte, und abgesehen davon, dass Krimi Mord und
Aufklärung braucht, wird die Hauptfigur und ihre Situation in der
Gesellschaft interessant und sensibel beschrieben. Was mich
allerdings verwundert hat, der Titelheld wirkte auf mich 150 Seiten
lang wie ein gealterter, im Dienst behäbig gewordener Polizist, dann
stellt sich heraus, er ist erst 34. Er ist übergewichtig, kurzatmig,
Raucher, weiß nicht, ob er im Ernstfall einen hochkriegt, sein neuer
Chef gibt ihm ein Limit vor, bis zu dem er konditionell und
gewichtsmäßig wieder fit sein muss, mir entstand das Bild eines über
Fünfzigjährigen. Die Auseinandersetzungen zum Rassismus und zur
Geschichte des Burenstaates, und des Wandels zu einer Heimat für
Gleichberechtigte ist gut geschildert.
Ein nachrichtenfreier Tag,
das C-Wort fällt nicht.
Montag, 29.3.2021
Die Tagesplanung ist insofern missglückt, dass die Zeit für den Text
knapp ist bzw nicht vorhanden. Drum schnell. Ein Termin auf dem
Rathaus führte zum benötigten Papier. Stadtgang, im Zentrum unter
Maske, obwohl da nicht viele unterwegs sind, ist lästig und blöd.
Unter der warmen Mittagssonne war ich am Tower, fast zwei Stunden,
es war warm genug, zum Abschluss ein bisschen mit den Jonglierbällen
zu spielen, und siehe da, es ging. Post erledigen, Kopieren gehen
für die nächste, zwei Projekte sind auf gutem Weg, aber eben noch
nicht fertig. Und dann kommt die Nachtschicht immer näher.
Mittwoch, 31.3.2021
Die Inzidenzzahlen steigen, die Politik will immer mehr Lockdown,
ein Impfstoff fällt aus. Die Lust, nach vorn zu sehen, ist nur mit
großer Disziplin aufrecht zu erhalten. Die Stimmung in den Kreisen,
wo ich verkehre, ist schwer aushaltbar, viel Geschimpfe, aber wer
will das jemandem vorwerfen, es zerbröselt grad so viel an der
Kultur, im Vereinsleben, die kleinen Läden gehen reihenweise
krachen, der Reichtum sammelt sich markanter bei den Großen, das
bedeutet, den Kleinen wird die Luft dünn. Die Prognosen, wann wir da
durch sind, reichen immer weiter in die Zeit, die anderen vielen
Problemfelder bleiben liegen. Was wird es für eine Zeit danach sein?
Die Nachtschicht läuft und frisst meine Freizeit auf, gestern hab
ich einen Lauf geschafft, aber der Text fiel aus, heut musste
eingekauft werden, um den Vorosterbetrieb zu meiden, da war die
Sportstunde reduziert, eine Einheit am Tower ist grad so
rausgesprungen. Es war voller Volleyballbetrieb, vier Plätze voller
schöner Menschen in Bewegung, schon deswegen hat es sich gelohnt.
Draußen ist es warm und der Frühling duftet, die Magnolien
explodieren förmlich, sprengen die graupelzige Winterhaut von den
Knospen und entfalten sich in lilaweißer Opulenz. In der Stadt sind
Mohnblumen in den Pflanzkübeln, das ist, als wenn jemand ruft, hier
geht´s zum Paradies.
zum Apriltext