Michael Oswald

 

 

 

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Leben in den Zeiten von Corona 13

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 Montag, 1.3.2021

Frühschicht, bei frostkalter Nacht zum Bus, arbeiten, viel Zeit aufwenden für Störungen und komische Abläufe. Mittagspause, da sitz ich als einziger Dreischichter, der sich Zeit nimmt für gute Ernährung, das ist ein Lob für unsere Kantine, also für das Personal da, unter den zumeist leitenden Normalbeschäftigten und höre zwangsläufig, was so gesprochen wird. Diesmal gab es eigenzentriertes Geschimpfe über Lehrer unter Coronaverhältnissen, das erhöht mein Zutrauen in die Reflektionsfähigkeit meiner Chefetage nicht wesentlich. Ich habe mich sehr bemüht, das über meinem Buch auszublenden. Heimfahrt, schönstes Wetter, warm, im Haushalt schnell alles richten, dann raus an den Sportparktower. Der Trainingsfreund kam dazu, wir haben trainiert und geredet, bis es mir zu kalt wurde, da war der kommende Nachtfrost schon zu ahnen. Es gab Belohnungskaffee, auch -kuchen, ich freu mich da am Leben, überm Telefonieren vergeht bisschen Zeit, aber soziale Kontakte sind lebensfördernd, entspannend, wohltuend, ablenkend und noch vieles mehr. Ein kleines Abendprogramm noch, mit dem Ziel rechtzeitig in Bett zu gelangen, mit dem Gefühl von vollstängigem, guten Ergebnis.

Dienstag, 2.3.2021

Das wäre geschafft, dank Kurzarbeit hat die Arbeitswoche nur zwei Tage. Der Frühling kommt, das Wetter stimmt, um rauszugehen, das passt mir gut. Nachdem die Arbeit geschafft war, der Busschlaf gelang, war daheim noch etwas Pause nötig, die Frühschicht zieht mir einfach den Stecker. In die beginnende Dämmerung hinein hab ich mein Läufchen gestartet bekommen, die Standardrunde, knappe 10 km durch den dunkel werdenden Wald, ich hab gedacht, mich wird schon kein Wildschwein jagen wollen. War also die kleine Angst der Antrieb oder wollte ich dem dunklen Wald entrinnen, es war am Ende eine gute Zeit, die zweite Hälfte alle km unter 4:30. Halt bergab. Gemütlich Kaffeetrinken danach, genießend und in Vorfreude auf freie Tage. Gar nicht auf das Vergehen der Zeit achtend, die Lumperei kann ich mir leisten, bin ich am Radiohören hängengeblieben, eine zweistündige Sendung über Lindsay Cooper, eine wundervoll komplexe Jazzmusikerin. Ich hab fasziniert zugehört, wie ihr Lebensweg beschrieben wurde, dieser unendliche Kampf um Erfolg und Wahrgenommenwerden und dem Sichdurchsetzen in einer Männerwelt. All die Stationen und verschiedenen Zusammenarbeiten mit vielen Musikern, dazu die Musikbeispiele. Man kann es noch einen Monat nachhören auf der SWR2-Webseite.
Beim Lesen: Obwohl das Soldatentagebuch sehr nüchtern verfasst ist, ergänzt werden die Tageseinträge mit den Meldungen aus der Überwachung durch die IM und historische Kalenderwidmungen und Artikeln bzw Überschriften aus dem jeweiligen ND (Neues Deutschland-das Klassenkampfmedium der DDR), ensteht ein spannendes Zeitbild, zumindest für mich, da ich an vielen Orten in dieser Zeit ebenfalls DDR erlitten habe. Überraschend ist die Erwähnung von der Pilgerlatsche zur Schwarzen Madonna nach Tschenstochau zu Solidarnosczeiten, als man kaum nach Polen reisen durfte. Mit einer persönlichen Einladung, die man sich organisieren musste, und ein bisschen Glück ging es. Fast gemeinsame Erlebnisse, vielleicht waren wir da wirklich beide zugleich auf der Strecke.

Lücke

Donnerstag, 4.3.2021

Was ist los, könnte man fragen. Am freien Tag keinen Text geliefert, Zeit wäre gewesen, die Stimmung war trübe. Die Ursache behalte ich für mich und versuche, hier weiterzumachen. Höhepunkt gestern war ein Training am Tower in guter Gesellschaft. Lesen und zu Hause rumwirtschaften, davon sieht man nicht viel, trotzdem muss Gemüse geputzt werden, bevor es gefuttert werden kann, Blumen gießen und beschneiden, Wäsche waschen usw. Telefonieren dauerte lange und wollte hinterher nachbedacht werden. Heute begann ich mit Lesen, das Soldatenbuch hatte solch einen Sog entwickelt, dass ich die letzten hundert Seiten auf einen Ritt fertighaben wollte. Ein gutes Buch, wenn man eine persönlich erlebte Vorwendezeitschilderung erleben will. Starke Sätze zu den Folgen der Armeezeit, der Verrohung der Sitten unter diesen Umständen, denen junge Erwachsene ziemlich ausgeliefert sind. In einem Brief eines Spatensoldaten (in der DDR die Möglichkeit der Waffenverweigerung) wird reflektiert, dass man nach einem halben Jahr in dieser Atmosphäre Gelüste zum Morden bekommt. Die Einschübe aus Stasiberichtdaten machen klar, dass viele Ereignisse einfach erfunden wurden, warum auch immer, Wichtigtuerei oder die Not, irgendwas zu liefern, die Betroffenen hatten dann ein Riesenproblem, wussten meist, zumindest am Anfang gar nicht, warum. Ich konnte das so nachfühlen, bei mir war es ein Satz in der siebten Klasse im Staatsbürgerkundeunterricht, der zur unwiderruflichen Kennzeichnung als unsicheres Element geführt hatte. Leseempfehlung: Joerg Waehner, EinStrichKeinStrich)
Aus den Nachrichten: Leichte Lockerungen in Aussicht, die Museen dürfen wieder öffnen, je nach Inzidenz, ich kann das Wort kaum noch hören, die Geschäfte, manche zumindest auch, die Bedingungen sind beim ersten Hören nicht ganz klar, werden beim Kommentieren miteinander verglichen und wirken dann sofort arm an Logik. Dass es überhaupt soweit kam, ist einer durch Umfragen herauskommenden Stimmung zur Revolte in großen Teilen der Bevölkerung zu verdanken, das hat nichts mit den Querdenkern zu tun. Wir haben in der Mehrheit verstanden, dass die Impfungen nicht gut laufen, zu langsam, auch im Vergleich zu anderen Ländern, dass es keine schlüssige Teststrategie gibt, obwohl für die Ausarbeitung genug Zeit verging. Das Gehampel um den Impfstoff von Astra-Zeneca wirkt nicht kompetent, die Medien blasen das auf, da hat bestimmt nicht jeder Schreibende den Durchblick, den er vorgibt.
Interessant finde ich das Befragungsergebnis zum Reisen, die meisten wollen schnell zurück zum Vorherzustand, da stehen uns noch viele Überlegungen und Auseinandersetzungen bevor. Die Klimakrise ist weit nach hinten gerutscht, sie ist aber nicht weg.
Ach ja, gelaufen bin ich, 16 km, über viele Höhen, vorbei an vielen wunderschönen Seidelbasten, heißt so die Mehrzahl von Seidelbast. Sein Lilablühen im noch wintergrauen Wald überzeugt.


Freitag, 5.3.2021

Es mus ein Zauber über meinen Tagen liegen, manchmal sehr wirkungsvoll. Er scheint die Zeit schneller vergehen zu lassen. So sitz ich am Abend da, verwundert ob der späten Stunde, frag mich, wieso ich´s wieder nicht gemerkt habe, dass die Stunden mogeln im Verlauf, sie kürzen ab, springen wie ein Floh aus dem Jetzt in die Vergangenheit, weg sind sie. Ein Dilemma. Mein voller Zettel, zum guten Teil mit dem Ergebnis verschwundener Zeiten der vergangenen Tage gefüllt, soll heißen, das Liegengebliebene wird mehr und kommt zu neu Anfallendem dazu. Von der einen Seite mehr, auf der anderen weniger, es kann nicht funktionieren. Irgendeinen Frosch muss ich wohl an die Wand werfen.
Vormittags ein erhellender Amtstermin, Vordenken, Nachdenken, Mittag. Essen, Einkaufen, den Kram verstauen, schnell hoch zum Tower. Ein kleines Stündchen war drin, dann kam Regen, wurde zu Eisgraupeln, ich ergriff die Flucht. Telefonieren, Lesen, Kaffee, Lesen, rum. Nachrichten, ausführlicher gehört, mich schier kaputtgelacht über die Öffnungsverordnungen, wer darf, wer hat genug Quadratmeter, wo muss ich mich anmelden zum Sockenkaufen, und hab ich Lust, das auf Terminabsprache zu machen. Da sitzen von Amts wegen haufenweise Menschen und berechnen das, und organisieren die Höhe der Strafen bei entdeckten Mängeln, statt endlich die Impferei anzuschieben und die Testerei klug zu gestalten. Man könnte fast von einer Pandemie names Bürokratie/Amtsschimmel sprechen.

Samstag, 6.3.2021

Der Winter lässt nicht locker, schickt polarkalten Wind unter der Sonne, beim Blick aus dem Fenster sieht es gemütlich aus, wenn ich draußen bin, bläst es fröstelerzeugend an mich ran. So hab ich nach einer reichlichen Stunde am Tower abgebrochen. Immerhin konnte ich einige Übungen durchziehen, teilweise in Gesellschaft. Ein sich ertüchtigender Busfahrer, ich hab schon mit ihm gesprochen, ein Kollege aus dem Sportpark, die haben auch nicht länger durchgehalten. Zwischenrein kam ein Fotograf vom Tagblatt, dem sollten wir was vorturnen für das Sportbild der Woche, das haben wir versucht. Mal sehen, ob ich mich in der Zeitung wiederfinde.
In den Nachrichten: Mecklenburgs Ministerpräsidentin meckert öffentlich mit sehr scharfen Formulierungen an der Beschaffungspolitik des Bundes für die Schnelltests, sie hätte geahnt, dass es nicht funktioniert und auf eigene Faust 2 Millionen Sets bestellt. Greift die Revolte um sich? Gelesen in der NZZ: China, Russland, Indien beliefern die ärmeren Länder, machen damit Politik, während die EU für die eigene Bevölkerung hamstert, bzw die Zulassungen nicht hinbekommt und über die drei Länder schimpft. Kann der Begriff scheinheilig da weiter helfen?
Fundstück beim Lesen in der NZZ: Samuel Beckett in einem Brief: Ich habe meist unrecht, außer bei jenen Gelegenheiten, wo ich recht hatte, unrecht zu haben. Das nehme ich unter meine verschiedenen Lebensmottos, wie ist die Mehrzahl von Motto, Motti, Mottili, Mottoen, es taugt mir als Rechtfertigung, wenn ich mich mal wieder heftig geäußert habe. An euch, die ihr mit mir zu tun habt, bitte bedenkt es immer mit.
Lesen: (Inflation von Doppelpunkten, mir fällt auf die Schnelle keine Alternative ein) Kazuaki Takano - Extinction, unter dem Begriff Thriller, endlich mal nicht zu viel versprochen. Es geht auf den ersten 160 Seiten interessant und spannend zu, bildet die Welt in einigen Facetten vor ca 10 Jahren ab, hat mehrere Erzählstränge, von denen ich annehmen kann, sie laufen irgendwann zusammen. Das Buch ist aus der englichen Version ins Deutsche übersetzt, da gibt es lustige Verkürzungen oder Misslingungen, z. B. wird von winterlichen Zugvögeln gesprochen, naja.
Auf SWR2 läuft eine Sendung über Betty Carter, eine prägende Jazzsängerin, das ist so gut, da musste ich so lange weiterschreiben, bis wieder Nachrichten kommen. Nein, hier endet es, ich höre zu.

Sonntag, 7.3.2021

Morgens Frost, ich hab mich nicht ins Bockshorn jagen lassen, war pünktlich in Hirschau zum Lauftermin. Die geplante Tour ist wirklich schön, es sollte am Märchensee langgehen. Der Anfang zum Warmwerden, gleich hoch bis zum Sattel vom Kapellenberg, die ersten Veilchen gesehen, dann über die Felder an Wurmlingen und Pfäffingen vorbei bis zum See, durch Wendelsheim über die Felder zum Neckar und zurück ins Ziel. 20,4 km im Schnitt von 5:40 min/km bei 335 Höhenmetern, das ergab eine wohltuende Mattigkeit, nach dem Duschen, Essen, Mittagspäusle war alles wieder gut. Lesezeit und Kaffee, das Buch entwickelt eine intelligente Spannung, erklärt komplizierte Vorgänge, z. B. Mutationen und Evolution für mich gut verstehbar, auch der Plot ist in sich logisch und die geschilderte Bösartigkeit einer fiktiven amerikanischen Regierung entspricht erschreckend mir bekannten Realitäten der letzten Zeit. Nachmittags wollte ich einen Stadtgang machen, am Bücherschrank wurde ich mit fünf Schätzen belohnt, Solschenizin und Thomas Mann, Erzählungen, dabei. Auf dem Hinweg hab ich schon gesehen, vorm Schlachthof sortierte sich eine Mahnwache hin, ich hatte gehofft, sie heute da vorzufinden. Rückzu bin ich ins Gespräch gegangen, eine Regionalgruppe will regelmäßig hier und vor anderen Schlachthöfen auf die schrecklichen Zustände bei der industriellen Tierproduktion hinweisen. Da wir das routiniert ignorieren beim Futtern, scheint es bitter nötig zu sein. Ich bekam gleich einige Papiere mit ein paar Webadressen für den veganen Einstieg, ohne dass ich bedrängt oder beschimpft wurde, naja, zumindest bin ich als Vegetarier unterwegs. Das werd ich mir anschauen, muss ausprobieren, ob das Einkaufen funktioniert bzw für mich praktikabel ist, und ob der Käseersatz genießbar ist. Da ich wirklich nur noch mit dem Käse dabei bin, und sich in letzter Zeit da viel bewegt hat, es gibt ein viel größeres und leichter verfügbares Sortiment, will ich es zumindest ausprobieren. Bestimmt wird bald was dazu im Text auftauchen.

Montag, 8.3.2021

Frauentag, was wären wir ohne euch. Wenn wir diesen Tag auf´s Jahr ausweiten könnten, es normal wäre, dass Frauen den gleichen Anteil an der Welt erhielten, könnte es für alle wesentlich aushaltbarer werden. Männerherrschaft hat uns nicht gutgetan, war selten zielführend mit dem Blick nach links und rechts, überall Spitzenleistungen, die die anstehenden Katastrophen ignorieren. Frauen holen auf im Gefüge der Macht, noch ein weiter Weg, bei Merkel sieht es so aus, als ob sie Herrschaft nicht korrumpiert. Sie wird demnächst loslassen. Meine Hoffnung wäre, dass Frau und Macht nicht zu so merkwürdigen Ergebnissen führt wie Mann und Macht.
Historischer Tag: Zum ersten Mal in diesem relativ geistlosen Lockdown gab es ein paar Lockerungen. Wir dürfen im Freien Sport machen und der Sportpark hat sofort reagiert und bietet Kurse am Tower an, so dass zumindest limitiert wieder normale Trainingserlebnisse stattfinden können. Neun Leute und der Trainer, das ist draußen erlaubt. Ich hatte mich gestern angemeldet, war eine Stunde vorher am Platz, wollte noch ein wenig von meinem Programm vorschalten, die Sonne schien, es war frisch, man musste sich bewegen, sonst ging´s an´s Frieren. Zum Kursbeginn kamen die anderen, es war eine fröhliche Begrüßung, wir hatten uns lang nicht gesehen. Funktionales Training, neun Stationen, immer eine Muskelgruppe, vier Durchgänge mit je zwei wechselnden Übungen, 30 sec Vollgas, 15 sec Pause. Die lange nicht erlebten Übungen waren sofort anstrengend, allein macht man auch längere Pausen, wir sind schon ins Hecheln geraten. Aber darum ging es ja.
Drumrum las ich weiter, das Buch ist sehr spannend und das geschilderte Abenteuer hoch interessant. Deswegen passierte gar nichts anderes, stimmt gar nicht, das Putzen hab ich erledigt, meine Bude blinkert wieder. würde jemand eine Staub- und Schmutzvermeidungstechnologie finden, ich würde den Nobelpreis vorschlagen.

Dienstag, 9.3.2021

Den Vormittag am Telefon zugebracht und am Rechner, Adressen und Nummern raussuchen, Kontakte machen, Ablauffragen besprechen, ein Stück Klarheit erarbeitet. Die Briefwahlunterlagen waren nicht angekommen, auf Nachfrage stellt sich heraus, S-Mail oder unser Hauspostkasten könnte das Problem sein. Das Prozedere für Ersatz ist kompliziert, mit eidesstattlicher Erklärung und ausdrucken, unterschreiben, scannen, schicken per Mail, auch noch per Post. Scheitert am nicht vorhandenen Drucker. Morgen erscheine ich der Dame auf dem Rathaus leibhaftig, gebe da meinen Eid ab und kann gleich da kreuzeln und einwerfen.
Der andere Kram ist mir wesentlich unklarer, und ich muss mit vielen Menschen, die ich gar nicht kenne, einen Amtsprozess in Gang halten. Vor jedem Gespräch muss ich mich sehr konzentrieren, sollte wissen, was ich will, meist kommt es schnell anders, ich muss nachfragen, bisher bin ich auf lauter auskunftsfreudige und -fähige Leute gestoßen, so dass es immer ruckelweise vorwärts geht. Mittags, als ich ein Etappenziel erreicht hatte, bin ich voller Lust laufen gegangen, endlich wieder was Vertrautes. Die Standardrunde mit einem kleinen Muskelkater, bergauf war es mühsam, bergab nicht sonderlich schnell, unterwegs gingen Grüße raus ans Hungerblümchen und den Ehrenpreis, auch der Seidelbast bekam gewinkt. Keith Jarrett auf den Ohren, das Wiener Konzert, da sind Sequenzen von so herzbetörender Schönheit drin, ich denke immer, das will ich hören, wenn ich beim Sterben bin, da kann es nicht schlimm werden. Mittag war übrig von gestern, wohlweislich mikrowellengerecht eingelagert, da kam es wie von selbst auf den Tisch. Nach kurzer Erschlaffung musste ich kopieren, in Lockdownzeiten nicht einfach. Telefonisch zappenduster im Copyshop, zum Glück gibt es im Kaufland so eine Notkopierecke, das ist zwar mitten im Einkaufstrubel, aber besser als nichts. Nach wie vor halte ich fest am Vorsatz, mir keinen Drucker daheim hinzustellen, beim letzten sind immer wieder die Patronen eingetrocknet, bzw waren sie nach dem Reinigungsdruck leer, für meine 17 Jahresblätter muss es ohne gehen.
Letzter fester Punkt war der Kurs am Tower, um den Schaden von gestern wegzusporteln, ob das geklappt hat, stelle ich morgen fest. Es hat Spaß gemacht, die härteste Übung war die mit dem Beast, zwei Gummiseile, die man auf Spannung zieht und schwingt. Herrlich, wie schnell die beanspruchten Muskeln Schlappheit signalisieren, der Puls geht hoch, es fordert Ganzkörperspannung, sonst bekommt man keinen Widerstand, ich war froh, als die Zeit abgelaufen war, die Pause ist zu kurz zum Erholen und gleich geht´s weiter. Auf dem Heimweg holte ich mir die kleine Belohnung, einen Kaffee und ein süßes Stückle. Beim Lesen, das Buch nach wie vor gut, verzehrt.

Mittwoch, 10.3.2021

Die Zeit im Paradies endet gleich, ich muss auf Arbeit, zur Nachtschicht. Drum schnell. Das gestern angeleierte Bürokramzeug hat heute weiter geklappt, die Briefwahl ist gelungen. Meine Stimme zählt. Nicht so viel, aber sie ist gewichtiger als in meiner Frühwählerzeit, wo vorher schon feststand, wie ich abstimmen würde und wo es schon ein feindlicher Akt war, die Wahlkabine zu benutzen. Diese Zeit ist vorbei, und ich habe der DDR noch nicht einmal nachgetrauert. Im Hier und Jetzt gibt es was zu wählen, und es hat Einfluss auf das Ergebnis, wohin ich, der freie Bürger, mein Kreuz setze.
Beim Sportpark glaubte ich heute an die Wiedererstehung des Volleyballwunders. Ok, der Trainer ist ein bisschen älter geworden, die Spieler jünger, aber alle vier Felder waren mit U 16 Spielern belegt und es sah aus wie richtiges Training. Was für ein Spaß. Auch am Tower war eine Gruppe im Kurs, klein zwar aber es hat Spaß gemacht. Auf dem Nachbarplatz im Freien lief auch ein Kurs, fast könnte man denken, der Coronamist ist vorbei. Im Radio auf dem Heimweg dann die Diskussion über das langsame Impfen und die Bürokratie. Gut fand ich, jemand hat sachlich begründet, wie es dazu kam, und das es eben nicht Schikane oder Unfähigkeit war bis hier, sondern den Umständen geschuldet. Zu wenig Impfstoff und komplizierte Lagerung führte zu den Impfzentren, jetzt versucht man es zu erweitern, bei besserer Verfügbarkeit und Handhabbarkeit der Ampullen. Das war gut nachvollziehbar, ich befürchte, in anderen Medienbereichen wird nicht so sachlich informiert und in den sozialen Netzwerken entgleist es oft in Richtung dumme Beschimpfung. Das sind dann einfachere Sätze, da hören mehr zu. Jetzt schnell zum Schichtbus.

Donnerstag, 11.3.2021

Die dritte Welle wird von den Medien herzubeschworen, die Zahlen der Neuinfektionen gehen um ca 20% hoch, die Sterbezahlen steigen zum Glück nicht. Entscheidend wird das Tempo beim Impfen sein. Die Zahlen der belegten Intensivbetten bleiben gleich, weil lang aufgeschobene Operationen nachgeholt werden. Mehr braucht man gar nicht dazu sagen.
Sobald es meine Zeit erlaubt, will ich mir eine Ausstellung anschauen, fast egal, welche, Hauptsache, mal wieder vor Bildern bzw. Kunstwerken stehen und mich auseinandersetzen damit. Aus allen Ecken kommen die Durchsagen: Wir öffnen wieder.
Nach dem Schlafen und Lesen, ich wurde fertig mit dem Buch "Extinction", spreche ich eine Leseempfehlung aus. Das Teil ist spannend bis zuletzt, wird befriedigend aufgelöst, ohne ganz im Kitsch zu landen, es ist spannend wie die besten Dan-Brown-Bücher, es wird wesentlich mehr an Themen reingenommen und anregend abgehandelt und es hat immer wieder mit mir und meinem Sein in der Welt zu tun. Mensch sein unter anderen, Beziehungen zu haben, Macht gegenüber zu stehen, eigene Sinnfragen immer neu zu behandeln, alles vergnüglich und intensiv.
Draußen regnete es, und die Zeit schnurrte zusammen, so dass es erst nicht langte, an den Tower zu gehen, dann war es knapp für ein Läufchen, bei Sonne hätte ich mich aufgerafft, am Ende wird es ein Tag ohne Sport gewesen sein, was soll´s. Das schreib ich auf den Zettel für morgen und schon hab ich´s von der Backe.

Freitag, 12.3.2021

Das Tübinger Modell soll Modellstadt im Schwabenländle werden, viele Tests und dadurch schnelle Unterbrechung von Ansteckungsverläufen. Dabei will die Stadt vieles öffnen bzw erlauben, von außen Kommende müssen durch den Schnelltest, ich glaub, freiwillig. Das wäre doch mal eine Alternative zu der ewigen Lockdownerei.
Zwischen den Nachtschichten hab ich es geschafft, hab mich aufgerafft zum Laufen. Einfach ist das nicht, zumal ich die Ausrede vom Regen hätte benutzen können. Der kam, wie im April, ganz schnell und kurz viel zum Sonnenschein oder dunklen Wolken. Ich bin irgendwann los, da war der Regen aus und die Frühlingsluft belohnte mich. Unterwegs eine Begegnung mit Staren, ganz viele auf der Wiese und dann Kapriolen fliegend. So was Schönes.
Auf den Ohren hatte ich Neil Young mit einem Mitschnitt eines Konzertes mit den Crazy Horses. Das hat Energie, ist so mitreißend, dass ich unterwegs fast Schnappatmung bekomme. Es ist eine Musik, die mittlerweile selten gehört wird, im Radio nicht vorkommt, mir ist die Frage aufgekommen, wie bewahrt man sowas vor dem Vergessenwerden. Allein durch das Vergehen der Zeit sammeln sich immer mehr solcher Preziosen, ich mag mir gar nicht vorstellen, was da alles schon auf Nimmerwiedersehen die Zeitkante hinuntergefallen ist. Heute wird es wenigstens digital bewahrt und bleibt verfügbar, was ist mit Gesängen und Lesungen usw aus der vordigitalen Zeit. So manche Aufführung, von der ich noch weiß und erzählen kann, wird nach meinem selig Ende nie mehr erwähnt werden. Ein bisschen wie das Artensterben, ein bisschen ein Grund zum Traurigsein. Man stelle sich vor, ein gregorianischer Chorgesang vor vielen hundert Jahren, der kann nur noch literarisch beschrieben werden, weil man weiß, es muss ihn gegeben haben.

Samstag, 13.3.2021

Nach der letzten Nachtschicht, in jungen Jahren hab ich da einfach durchgemacht, um wieder in den Normalbetrieb zu kommen. Schade, aus dem Alter bin ich raus, ich geh ein paar Stunden in die Kiste, versuch einen Kompromiss mit mir auszuhandeln und stell entschlossen den Wecker. Das Aufstehen ist frei von Entschlossenheit, dauert seine Zeit, ich bin froh, wenn ich es zum Frühstück schaffe, einigermaßen klar in die Welt zu schauen. Es ging gemütlich zu, ich brauchte nicht raus in den Regen und Sturm, an meinen Fenstern flog allerhand vorbei, hatte die Bodenhaftung verloren. Nach dem Regen und mit dem Eindruck, erholt zu sein ging es für eine Stunde hoch zum Tower, der Platz war patschnass, alle Stangen tropften, nachdem ich mir die Zugriffe trocken gerieben hatte, ging es gut. Also fast, der Handstand wollte gar nicht gelingen, ein Glück, niemand war da und sah es. Das Kichern der Meisen konnte ich aushalten.
Vom Lesen: "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", Christiane F, ein ehemals legendärer Bericht aus dem Berliner Drogen- und Kinderstrichmilieu. Ich fand es im Bücherschrank, hatte davon gehört, kannte es noch nicht. Die Schilderung ist sofort heftig, C beschreibt eine verkorkste Kindheit mit prügelndem Vater, Scheidung der Eltern, dann das Zugehörigkeitsgefühl zu Heranwachsenden aus ähnlichen Verhältnissen und das schnelle Hineinrutschen in den Gebrauch immer härterer Drogen, der daraus folgenden Geldnot und -beschaffung durch Prostitution. C ist ein halbes Jahr jünger als ich, ich hatte in dem von ihr beschriebenen Lebensabschnitt ähnliche Probleme, lebte aber in der ostdeutschen Provinz, so dass zum Glück nur Nikotin und Alkohol vorkamen. Diese Süchte verlaufen gemächlicher und zerstören nicht so schnell und fordern nicht so viel Geld. Trotzdem, auch da blieben manche auf der Strecke und ich bilde mir ein, ich weiß genau, was sie da beschreibt, kenne den Zustand völliger Perspektivlosigkeit und das Gefühl, keine Wahl mehr zu haben. C hat überlebt, ich bin gespannt, wie sie das beschreibt, bei mir ging es auch gut bis hier.

Sonntag, 14.3.2021

Nachts klang es nach viel Regen, beim Frühstücken gab es wieder Wasser vom Himmel, da geriet ich in Zweifel, soll ich mit den Hirschauern los. Je näher die Zeit rückte, um so klarer wurde es, ich fuhr bei Sonnenschein los. Eine schöne Tour, gleich am Anfang die Steigung zum Sattel vom Kapellenberg, um Wurmlingen rum, Rottenburg streifend, bis Kiebingen, ins Bühler Tal rein und raus Richtung Bühl, Kilchberg runter zum Neckar, über die Brücke und über die Felder zurück nach Hirschau. Ergab 20 km im Schnitt von 5:46 min/km. Es war eine entspannte Tour, kein Regentropfen. Zu Hause Duschen, Essen, Mittagspause liegend, lesend. Ein völlig gemütlicher Nachmittag auf dem Sofa und vor dem Rechner, ich hab auf Youtube einiges weggeguckt, was ich mir ins Später ansehen vermerkt hatte, wenn ich immer nur einsammle, wird die Liste wie meine Bücherstapel. Also endlos und nicht mehr beherrschbar. Das ging so, bis wieder Hunger kam, hab ich halt was gegessen, dann so weiter.
Die Wahlergebnisse kamen in den Nachrichten, Frau Eisenmann fuhr das allzeitschlappeste Ergebnis für ihre QuarktaschenCDU ein, dann vermeldet sie, dass sie das Ergebnis selbstverständlich auf ihre Kappe nimmt. Ach, wer hätte das gedacht. Wenn es eine Ampel gibt, ist die CDU ganz raus aus der Regierung, wird sie da irgendwer vermissen? So, wahrscheinlich haben jetzt alle gemerkt, dass ich kein Fan der CDU bin, da kann ich aufhören zu lästern.

Montag, 15.3.2021

Die Spätschichtwoche beginnt, morgens bin ich am Buch hängengeblieben, konnte es nicht vor der letzten Seite weglegen. Und war durchgängig beeindruckt von der Intensität der Schilderung, dadurch wird der Sog der Sucht sehr deutlich und auch das Ausgeliefertsein. Heute weiß man mehr drüber, es gibt mehr Ausstiegsangebote und Therapiemöglichkeiten. Damals, es ist erst 45 Jahre her, war die Perspektive ziemlich schwarz.
Ich habe es grad so geschafft zum Bus, der kam wegen einer Panne verspätet und nur bis Tübingen, wir haben es trotzdem auf Arbeit geschafft. Ich hatte einen Termin zum Mitarbeitergespräch, da wird die Arbeit des vergangenen Jahres bewertet. Ich komme mit meinem neuen Teamleiter gut zurecht, dadurch war es schnell und einverständlich gelöst. Die Arbeit lief auch gut, alles kam schön nacheinander, keine Hektik, kein Leerlauf, dadurch geht die Zeit schnell rum. Zu Hause gab es was zu futtern, Kantinenzeit ist lange her, jetzt sitz ich am Text und überlege, gäbe es noch was herzuschreiben. Die Leere im Kopf und die Unwesentlichkeit der Restgedanken ist so überzeugend, dass es hier enden muss.

Dienstag, 16.3.2021

Ein guter Tag. Zeitig morgens aus dem Bett gekämpft, das Morgenritual durchgezogen, nur verlängert von einer kleinen Trödelei am Küchenfenster. Da war auf dem Neckar eine weiße Ente zwischen den Stockenten, alles war gut, bis ein einzelner Schwan auf sie los ist. Mit Flügelklatschen und langem Hals auf dies kleine Entlein. Zum Glück konnte sie tauchen, verschwand rechtzeitig unter Wasser und entfernte sich ein Stück vom Aggroschwan. Kaum schwamm sie wieder auf dem Wasser, dauerte es nicht lang, bis der Schwan sie wieder sah. Ein Mordsgeplansche ging los, wieder eine Runde. Bestimmt zehn Minuten. Irgendwann versteckte sie die Ente zwischen den anderen, vielleicht war der Schwan auch knülle. Von wegen idyllisches Tierreich. Ich bin dann auf die Strecke los, das Laufen hatte ich mir vorgenommen. Ich will nicht wegen dieser Arbeiterei keinen Sport mehr machen. Ein wenig mühsam war es, weil Schlaf fehlte. Hinterher ist es trotzdem besser. 10 km im Schnitt von 5:23, naja. Duschen, Notmittag vom Bäcker, Seele mit Gemüse und Hirtenkäse, richtig gut. Zum Bus, heute pünktlich, wie fast immer. Die Arbeit war gut, ich konnte ganz in Ruhe eine Maschine rüsten und einfahren, alles gelang. Langsam verliere ich die Unsicherheit des Einstiegs in die Wochenarbeit, der Umgang mit so vielen Kollegen will erst gelernt sein.
Auf SWR2 läuft eine Sendung über eine iranische Sängerin, sie heißt Mahsa Vahdat, lebt jetzt in den USA, weil die politschen und gesellschaftlichen Verhältnisse ihr das Singen, die Selbstverwirklichung immer unmöglicher machten. Sie singt wunderschön, es ist fremd, aber ich höre von der Sehnsucht und der Liebe. Dieser "mein" Sender bietet immer wieder neue Schätze, und es ist so wichtig, dass diese Stimme in der Welt gehört wird, wir wüssten sonst nicht.

Mittwoch, 17.3.2021

Die Nachrichten sind schrecklich, die dritte Welle, das wieder verlangsamte Impfen, dazu die Äußerungen von verschiedenen Politikern, Laschet, Lauterbach. Mich wundert, dass diese Menschen zwar munter rauslassen, anscheinend aber Vorstellungen entwickeln, was das mit den Zuhörern macht, die ganz anders sind als z. B. meine Reaktionen darauf. Was will mir der Herr Lauterbach bewirken, wenn er sagt dieser Impfstoff macht wohl die Hirnthrombosen, aber es sei nicht gut, mit dem Impfen auszusetzen. Diese sicher verkürzte Sprecheeinlage kommt in den Meldungen. Da es nicht das erste Mal ist, dass er überall zitiert wird, sollte er vielleicht doch ein wenig konzentrierter vor die Mikrophone gehen.
Es gab Schnee auf der Alb, ich bin zum einen froh, dass ich nicht selber fahren muss, und bewundere die Busfahrer, die mit allerhand Leuten drin souverän auf die Strecke gehen. Durch den Matsch und die Steigungen hinunter durch enge Kurven, heute rutsche ihm z. B. ein Moped knapp vorbei, alles heikel.
Auf Arbeit hatte ich die schwierigen Baustellen, viel Malheur mit den alten Maschinen, alles hat lange gedauert. Man braucht nicht mehr drüber reden, die Fehler bleiben uns. Manchmal wirkt es wie ein Test, ob es noch bisschen komplizierter geht, oder wieviele Störungen verträgt der Arbeiter, bis er aufgibt. Ausgleichende Freude ist mir das Kantinenessen, es schmeckt, ist manchmal richtig raffiniert, ich würde mir zu Hause niemals so viele verschiedene schöne Gerichte bereiten. Heute waren es Spinatnudeln mit zwei unterschiedlichen Soßen und Parmesan, an sich nicht riesig, aber eben lecker, dazu noch Salat mit mindestens fünf Abteilungen. Wir sitzen so was von vereinzelt in der Kantine, müssen uns fast rufend verständigen. So kann offenbleiben.

Donnerstag, 18.3.2021

Wieder eine Beobachtung vom Neckar, der fließt halt vor meinem Küchenfenster vorbei. Irgendwas zu gucken gibt es immer. Fußgänger, viele mit Hunden, vom Sehen kenn ich síe zumeist, Radfahrer, Jogger*innen, Mütter mit Kindern/Kinderwägen, Omas und Opas genauso, Angler. Die zwei Waldbaumläufer kommen regelmäßig, selten mal ein Eisvogel, schwimmend die Enten, Schwäne, Hühner und ein Paar Zwergtaucher. Ich schau gern hin. Als ich heute so sinnierend auf die Wasserfläche blicke, auf ein Stück, da war nichts, nicht mal ein Kräuseln, macht es mir ein Bild hin. Mit einen Blubb taucht ein Komoran auf, fast hab ich mich erschrocken. Es ist oft so, dass ich die Reiherenten sehe oder die Zwergtaucher und denke, jetzt tauchen sie. Sie machen das sehr elegant in einem kleinen Schwung mit angedeutetem Köpfer, dann sind sie weg, ein paar Ringe laufen breit. Es ist viel seltener, dass man grad auf die Stelle schaut, wo demnächst was auftaucht. Herrlich unerwartet.
Die Arbeit lief gut, ganz ohne Störungen. Alle Kisten sind fast makellos gelaufen, das spricht eher für uns als für die Maschinen, wenn wir unsere Sache gut machen und all die Macken der Anlagen beachten, kommt es auch mal so. Dafür gab es eine neue Anweisung zum Umgang mit Handys. Alles verboten, alles mit Strafen bedroht, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, alles verbrämt mit der Ausrede von der Arbeitssicherheit. Wenn ich mir vorstelle, man würde das strikt durchziehen, würde es, glaube ich, sehr, sehr still in der Halle und den Büros.Vielleicht gäbe es dann nicht mal mehr den Chef.
An Sport gab es an den beiden letzten Tagen Notlösungen zu Hause, die Zeit war knapp. Hab ich jeweils eine Dreiviertelstunde gegen das Einrosten gearbeitet, paar Liegestütze, Situps und Ausfallschritte gehen immer, dazu kommt ein Gummiband ins Spiel, man kann es in viele Richtungen ziehen, und wenn ich es kurz fasse, wird es schnell anstrengend.

Freitag, 19.3.2021

Vor über einem Jahr fing dieser Text an, gestern war Startdatum, ich hab´s verpasst. Dass uns Corona so lange beschäftigt, ist ein richtiger Mist, und wir sind ja noch lang nicht durch. Dass dieser Text genauso lang läuft, gefällt mir schon. Da ich hier mein ganz und gar belangloses Leben beschreibe, und doch zu Text gekommen bin, dass ich durchgehalten habe, bis auf wenige Lücken, ich muss die Tage mal zusammenzählen, dass manches, was vergessen worden wäre, nun nachlesbar ist, das alles gefällt mir. Planlos geht es noch immer zu, keine Ahnung, wann und wie es enden soll. Muss man also abwarten.
Vormittags flockte der Schnee hier umher, da fand ich es Klasse, dass Einkauf und Stadtgang gemacht werden musste. Kühlschrank und Brotkorb, alles leer. Ich wurde rechtzeitig fertig, kam pünktlich zum Bus, dann fing der Spaß an. Erst meine Kollege, dann ich, man hätte uns beim Ausrasten zuschauen können. Alles so voller putziger Baustellen, man langt hier hin, geht nicht, da hin, genauso, dies fehlt und das ist nicht in Ordnung, da kann man schon mal geschwind die Fassung verlieren. Wir haben uns schnell eingekriegt, ich glaube, an uns liegt es nicht, und haben noch ziemlich viel zum Laufen gebracht. Bis dann beim letzten Auftrag, kurz vor Feierabend wieder Scheitern dran war. Jetzt freu ich mich auf das Wochenende, hoffentlich geht was mit Sport draußen.

Samstag, 6.3.2021

Frei, ausschlafen und ganz in Ruhe lesend frühstücken, sonst erst mal nix. Herrlich, wenn Zeit vergehen darf. Ich wollte an den Tower, aber wann ich anfang, egal. Hab ich glatt erst mein Buch ausgelesen, Schlafes Bruder von Robert Schneider. Ich hatte vor langer Zeit den Film im Kino gesehen, hatte ihn in guter Erinnerung, das Buch entsprach dem. Hier war die Reihenfolge erst Buch, dann Film, beides verschieden und gelungen. Vorher hatte ich den Club der toten Dichter gelesen, da war zuerst der Film da, aus dem Drehbuch machte jemand ein Buch. Das entwickelte keinerlei erzählerische Kraft, klebte am Film und übernahm alle Verkürzungen, die dem Medium nun mal innewohnen, dadurch war das Ergebnis ungenügend. Ich fand interessant, das mir das sofort beim Lesen auffiel, ich hab es bei Wiki nachgeschaut und siehe da.
Kalt am Tower, aber Sonnenschein, das machte es aushaltbar, eine Woche ohne richtigen Sport war rum und ich habe es gemerkt. Alles ging mühsam, auch mal nicht. Das wird demnächst noch schlimmer, denn die Kurzarbeit endet im März, da bleibt es beim Zeitmangel. Ich geh davon aus, dass es im Studio und mit Kursen ein wenig abgemildert wird, zufrieden bin ich  nicht damit. Als ich ein Wochenendarbeiter war, brachte ich das besser unter. Soll ich also wegen der Arbeit nicht mehr laufen oder trainieren, das stelle ich mir lieber nicht vor. da wird wohl anderes liebgenbleiben müssen. Vielleicht verlottere ich dann zu Hause vollständig.
Ab Ostern soll die Impferei bei den Hausärzten losgehen, die Zahl der Geimpften wächst so langsam, dass die dritte Welle sich ausbreitet. Das ist so unbefriedigend, zumal es in vielen Ländern schneller geht. Aus den Erzählungen von Leuten, die mit den Ämtern zu tun hatten wegen der Testerei oder mit den Impfzentren Kontakt hatten, weiß ich um allerhand Pannen und Umständlichkeiten in Einzelfällen, wenn ich da verallgemeinere und die Zahlen sehe, erschließt sich das. Die Warnapp tut nicht richtig, es gibt unendliche Dispute um einzelne Impfstoffe, mit hü und hott fasse ich das trefflich zusammen. Wer meckert, muss sich verwahren, kein Querdenker sein zu wollen, das ist beknackt. Dazu kommt, Deutschland hat einen der längsten und strengsten Lockdowns, ohne dass die Ergebnisse überzeugen. In Tübingen, auch in Rostock, versucht man ein alternatives Konzept, das liefert gute Zahlen, taucht manchmal in den Nachrichten auf, dann sprechen wieder Söder und Lauterbach, die machen einfach mehr Lärm beim Verbieten.

Sonntag, 21.3.2021

Neun Uhr stand ich laufbereit in Hirschau, die Tour sollte über den Österberg führen, ich kannte sie noch nicht und wollte mit. Rückzu ging es über den Spitzberg, so dass fast 400 Höhenmeter zusammenkamen. Nach zwei Stunden war das Ziel erreicht, knapp 21 km, die Strecke fand ich lustig, teilweise führte es uns mitten durch Tübingen. Mittags lesend Selbstgekochtes verzehrend, es gab ein Päuschen auf dem Sofa, der Nachmittag verging im Kampf mit Handydaten, die gesichert werden sollten, schneller als gedacht, die Fotos und Videos müssen aussortiert werden. Bin nicht fertig geworden. Schnell am Schlachthof vorbeischauen, ja, es war eine Mahnwache da, find ich gut.
Lesen: Dave Eggers, Der Circle, ein doofer Titel, es sei ein Spiegelbestseller gewesen. Die ersten 70 Seiten, viel aufgeschäumtes Erzählen, die Geschichte fängt sehr schleppend an, die Hauptfigur tritt ihre neue Stelle in der bedeutsamsten Firma an, so eine Überfirma, die Google und Facebook usw vernetzt und uns Kunden gläserner macht. Alle Klischees des Silicon Valley werden ausgewalzt, mal sehen, ob es noch interessant er wird. Der Plot müsste eigentlich funktionieren.
In den Nachrichten: Der Mann von Minister Spahn sei in Maskengeschäfte verwickelt, schreibt der Spiegel. Er schreibt nicht, er ist, er schreibt, er sei. Der Vorstand der betroffenen Firma dementiert, meldet, der Mann hätte nichts zu tun damit und von nichts gewusst. Vor Zeiten konnte man sich auf Spiegelmeldungen verlassen, was fang ich an mit der jetzigen Formulierung. Ich werde es verfolgen, sollte nicht mal die Form von sei verwickelt stimmen, muss ich den Spiegel endgültig aus meinem Kosmos kicken.

Montag, 22.3.2021

Frühschichtwoche, unbekömmlich, von zuverlässiger Müdigkeit begleitet, zum Glück diesmal nur zwei Tage, der letzte Ausläufer der Kurzarbeit. Im Moment führen wir die Diskussion über freiwillige Mehrarbeit, da ist wohl der Empfang von Staatsknete bis hier optimiert.
In den Nachrichten wird vom Ringen von Bund und Ländern um die Verlängerung des Lockdowns berichtet, die Rede ist von einer nächtlichen Ausgangssperre. Das wird wohl nicht durchgehen, trotzdem frage ich mich, wo lebe ich. Soll ich mich rechtfertigen, wenn ich zur Nachtschicht gehe? Ich will ja nachts nicht viel raus, aber wenn es mich rappelt und ich muss ein bisschen spazieren gehen, werde ich niemanden fragen, ob ich darf. Es kommt mir nicht zielführend, sondern einfallslos vor, zumal zwar die Zahlen etwas hochgehen, aber die Belegung der Intensivbetten kaum. Dazu die Komödie um den einen Impfstoff, da meint auch irgendjemand für mich entscheiden zu müssen. Dabei will und kann ich auf Grund meines jetztigen Kenntnisstandes selbst festlegen, wie ich damit umgänge, das ist aber noch kaum eine Frage, da es an der Verfügbarkeit fehlt. Ich bin da auch nicht der Einzige, es wird Zeit, höchste Zeit, die Eigenverantwortlichkeit der Bürger wieder zuzulassen.
Nach meinem Heimfahrtbusschlaf bin ich zum Bäcker ran, Brot musste ich kaufen, dazu kam ein mich in Wonne versetzendes Stück vom Zwetschgenkuchen und ein Kaffee. Da ward mir so wohlgemut, dass ich das Wetter ignorieren konnte, bei leisem Getröpfel bin ich am Tower gestartet. Mit diesem Schlafdefizit nach der Frühschicht war es etwas mühsam, trotzdem hab ich allerhand geschafft. Allerdings kamen später zwei Jungs dazu, die haben mit solcher Leichtigkeit calisthenische Kunststückle aneinandergereiht, da kam mir meins vor wie ein aussichtsloser Kampf gegen den Verfall. Nun gut, ich muss meine Ziele modifizieren, bin kein junger Hirsch, nenn ich´s meinen Vorruhestandssport, da gehts wieder.

Dienstag, 23.3.2021

Unausgegorene Regulierungen, die Kategorie Ruhetag ist neu, wer zahlt das, wir lockdownen uns zu Tode, damit wir das überleben. Ich geb die Schimpferei gleich wieder auf, keine Lust mehr. Auf Arbeit hat es die Führungskräfte aufgescheucht, alle Dienstpläne sind unklar und die Bedingungen, unter denen gearbeitet werden soll oder eben nicht, kommen noch nicht vor. Halb zwei hab ich mich in den Bus gesetzt, die Arbeitswoche beendet, nach einem Schläfchen kam ich heiter zu Hause an. Die Kantine verdient Erwähnung, Spaghetti und eine üppige Pilzsoße, die war dermaßen lecker, da ist die pure Wonne ausgebrochen.
Nach einer Pause bin ich zum Sportpark hoch, hab in aller Ruhe die Routinen abgearbeitet und war zur Dämmerung fertig. Anfangs spielten auf dem Volleyballfeld ein paar halbwüchsige Jungen, am Anfang mit Trainer, dann lustvoll selbst, gutgelaunt und unbekümmert lachend über misslungene Aktionen, das war ansteckend.
Das Auto musste in die Werkstatt gebracht werden, Kundendienst und Reifenwechsel. Hab ich also die Sommerreifen eingeladen und bin zwei Dörfer weiter gefahren. Rückzu wollte ich mit dem Bus fahren, aber die Nacht, naja, der Abend war so schön klar und nicht sehr kalt, da bin ich losgelaufen. Ein schöner Weg über die Felder, viele Sterne, da draußen sieht man sie besser, und der Mond machte mir einen Schatten. Der lief unter mir mit, im Dorf übernahmen das Schattenmachen die Straßenlampen und Hofleuchten, da war er weit voraus, auch hinter mir, so weit ich weiß, ich hab es nicht immerzu kontrolliert. Katzen waren unterwegs, auch Wiesel, Menschen nicht, oder in Autos. Mir hat es gefallen, auch mit Blick auf die Freiheit, nicht effizient sein zu müssen, die Zeit zu setzen, die dann zwar weg ist, aber eben schön war.

Mittwoch, 24.3.2021

Das hätte ein schöner freier Tag werden können, hätte ich mir nicht haufenweis Termine reinorganisiert. Vormittags musste ich nach Tübingen auf einer Bank merkwürdige Dinge regeln, das war nur der Anfang, da muss ich wohl noch mehrmals dran ruckeln. Ich fuhr mit dem Zug, das Auto hatte ich ja abgegeben für den Kundendienst. Das dauert etwas länger, der Zug hält ja nicht vor meiner Haustür und nicht vor der Bank, aber es vermittelt neue Sichten auf die Strecke und die Art den Ort zu wechseln. Es gab sogar einen Schaffner, der die Fahrkarte sehen wollte. Als ich wieder zu Hause war, musste ich selbst kochen, mein Chinese hat zu, hoffentlich hat er nicht ganz aufgegeben. Die Nudeln waren gut. Das Auto musste geholt werden, vorher war noch Postkram zu kopieren, und es gab einen Kaffee auf die Hand. Bis zur Abfahrt des Busses saß ich vorm Bahnhof in der Sonne, es war richtig schön warm. Das Auto war fertig, es war gar nicht teuer. Einen Lauf hatte ich geplant, bin also in den milden Abend gestartet, fand im Wald  bei beginnender Dämmerung die ersten Himmelschlüssel und sah weit vorn Wildschweine den Weg kreuzen. Ein wenig nervös bin ich da vorbeigehoppelt, dachte, hoffentlich sind sie beschäftigt. Unterm Mond kam ich wieder auf meinem Hof an, die Zeit war ganz gut, wahrscheinlich hat mich die Angst vor der wilden Sau beschleunigt. 11,5 km, 250 Höhenmeter im Schnitt von 5:20, ein gutes Gefühl. Duschen, Gemüse putzen, Ingwer schälen, Obst waschen, Abendbrot mit einem schönen Dinkelvollkornbrot und stinkigem Käse, fast konnte ich nicht aufhören.
Das Buch entwickelt nun doch einen Sog, es kamen interessante Ideen ins Spiel und eine  geheimnisvolle Figur. Es wird ein Leben in den sozialen Medien beschrieben, vor dem ich mich erschrecke, wir haben manches im realen Leben, aber die Offenlegungen im Buch sind so allübergreifend, dass mir Fluchtgedanken bei diesen Aussichten kommen. Bin bei der Hälfte und erwarte einen großen Knall, den Ausstieg der Hauptfigur.
Über die Nachrichten will ich heut gar nicht schreiben, es ist zum davonlaufen unprofessionell. Was unsere Elite da gestern angerichtet hat und heute versucht wieder einzufangen, verärgert mich tatsächlich, diesmal ernsthaft. Wenn die Querdenker nicht gar so blöd wären, geriete ich in Revolutionsgelüste, aber in diese Gesellschaft möchte ich mich nicht begeben, so muss ich halt meine individuelle Wut allein pflegen, werde ihrer Herr durch den Sport.

Donnerstag, 25.3.2021

Ausschlafen, beim Aufstehen in die Sonne blinzeln. Lesend den Vormittag versäumt, ich weiß, warum. Zum einen ist das Buch außerordentlich spannend geworden, die Digitalisierung und totale Transparenz aller Menschen wird als Heilsprojekt eingeführt und mit guten Argumenten unterfüttert. Die Nachteile bzw Unerträglichkeiten eines solchen Daseinszustandes schwingen beim Lesen sofort mit, so dass ich in einer ständigen inneren Auseinandersetzung war und werden später im Buch mitbeschrieben. Das ganze in nachvollziehbaren Handlungssträngen und Konflikten. Zum anderen standen auf meinem Tagesplan eine Menge Dinge, die ich prokrastiniert habe, oder wie benutze ich dies schwere Wort, soll also heißen, ich hab wegen Lustlosigkeit geschoben. Ich zähl auf: Bude putzen, mit Ämtern telefonieren und merkwürdigeVorgänge durchschaubar  machen. Geschafft hab ich, die Blumen zu gießen, das Bett zu beziehen, Post zu erledigen und ein paar Anrufe hab ich abgearbeitet. Mittag gabs zu Hause. Nachmittags war ich froh, zum Tower gehen zu können, den Sport mach ich gern. Es war herrlich warm, man konnte im T-Shirt draußen sein, ich bin gut durch mein Programm gekommen. Zwischenrein haben mich drei fröhliche Kinder besucht und wollten mir alles nachmachen, wir hatten ziemlich Spaß miteinander. Der große Bub war herrlich neugierig, ich musste alles erklären und begründen, was ich da mach. Dann hat er erzählt von seinen neun Geschwistern, drei waren da. Außerdem war eine junge Sportsfreundin trainieren, wir haben geschwätzt. Sie hat erzählt vom Onlineunterricht in der elften Klasse, von den vielen Schwierigkeiten und Mängeln, und dass sie sich vieles allein erarbeiten müssen. Ich glaube, in diesem Lebensalter ist der Coronamist viel erheblicher und auch nicht beendet, wenn die Impfung mal durch ist. Das soziale Leben für die jungenMenschen ist so was von unvollständig, dabei sind sie kaum betroffen von Corona, tragen aber einen Großteil der Belastung. Ich will nie wieder Gemecker über die egoistische Jugend hören.
Abends sitz ich am Text und am Plan für morgen, der noch allerhand schiebewürdige Dinge enthält. Wenn ich so öffentlich wäre wie die Hauptfigur im Buch, würde ich von meinen Followern beschimpft werden wegen meiner Unzulänglichkeit, zum Glück muss ich das nur mit mir ausmachen und bin recht großzügig.

Freitag, 26.3.2021

Friedliche Tage, wenn man nicht arbeiten muss. Der Anfang genussvoll, Kaffee zum Frühstück und viele Seiten gelesen. Im Hinterkopf drängt mancherlei Vorhaben, davor sitzt die Möglichkeit zu schieben. Ich hab rechtzeitig die Kurve genommen und doch noch einiges in Gang gebracht. Meine Hütte blinkert wieder, nachdem die Staubmäuse markant geworden waren. Auch mit der Wäsche bin ich im Reinen, und paar Telefonate sind erledigt. Mittags muss ich´s in meiner Küche richten, der Chinese hat nicht mal eine Nachricht an seinem Stand, wielange er abgetaucht ist. Ich spekuliere mal, Merkels Ruhetag hat ihm den Stecker gezogen. Nachmittags war ich einkaufen, zum Glück war noch nicht viel los. Am Käsestand gab es lustige Angebote, so dass ich große Teile kaufen musste, alles Sorten, die ich nicht kenne, mindestens eine davon hat ein strenges Aroma in meinen Kühlschrank gezaubert. Am Bäcker gab es einen Käsekuchen, den hab ich mitnehmen müssen. Dadurch entstand ein KaffeeundLesestündchen. Den Circle hab ich ausgelesen, am Ende gab es nur eine kümmerliche, sehr begrenzte Revolte, das fand ich etwas enttäuschend. Trotzdem würde ich das Buch empfehlen, es sind allerlei Aspekte von Big Data abgehandelt. An manchen Stellen hab ich mich erwischt gefühlt, wir schwafeln von Datenschutz und benutzen das Internet und tracken Aktivitäten, da ist ganz klar, wann ich wo bin. Am Ende tun wir alle so, als wären diese Daten geschützt und kümmern uns nicht drum, wenn aber eine App zur Kontaktverfolgung wegen Corona empfohlen wird, werden wir schwierig. Menschen halt und die komplizierte Auffassung von Freiheit.
In der Mediathek von SWR2 war mir ein Beitrag über Hugh Masakela aufgefallen, ein Trompeter aus Südafrika, er ist 2018 gestorben. Die Hälfte der Titel kannte ich bereits, die andere Hälfte war ebenfalls hörenswert. Es ist ganz erstaunlich, er hat einen Sound entwickelt, an dem ich ihn erkenne. Seine Trompete klingt  wie keine andere. Er hat mit den anderen großen Musikern aus Südafrika zusammengespielt und gearbeitet, mit Miriam Makeba und Abdullah Ibrahim, auch mit Fela Kuti, der ist aus Nigeria, und er hat es geschafft, die Musik seiner Heimat im Jazz wirksam werden zu lassen, dadurch wird es so was Besonderes.
Laufen war geplant, ich bin mit der Trompete im Kopf auf die Strecke gegangen, in die Dämmerung gestartet nach Hirschau, Wurmlingen, es waren 13 km im Schnitt von 5:03. Ich kam ganz knülle an, aber als ich die Zeit sah, war ich es zufrieden.
Während ich das hier hin schreibe, läuft eine CD, Nina Simone, auch so Musik von oberhoheitlicher Schönheit und Würde, keine Ahnung, warum ich heute abend der gefühlt Einzige bin, der so kultiviert hört. Ich würde es so gern in viele Ohren träufeln, eine Verführung, die aus sich selbst heraus gelingen müsste, bestimmt würde die Welt davon ein Stück besser werden.

Samstag, 27.3.2021

Minister Spahn auf allen Kanälen: Wir müssten eigentlich den totalen Lockdown machen für die nächste zwei bis drei Wochen. Lauterbach würde am liebsten das Leben verbieten. Ich hör mir das an und denk, impft doch einfach. Nach Ostern sollen Hausärzte mit impfen, obwohl sie seit Wochen klarmachen, dass sie mitmachen wollen und sie haben kluge Argumente dafür. Da warten wir also noch eine Woche drauf. Die dritte Welle läuft derweil.
Den Vormittag hab ich meinen Blümchen gewidmet. Bevor das Frühjahr richtig in Gang kommt, mussten die Ableger meiner Orchidee vormVermuckern gerettet werden, die hingen frei schwebend mit allen Wurzeln in der Luft über der Mutterpflanze. Die Scilla, die eigentlich Drimiopsis maculata heißt, hatte ihre Größe vervierfacht, die kleine Pflanzschale völlig überwuchert. Die Rooba, ein wirklich schönes Dickblatt hatte verzehnfacht und dann den Heizungswinter nicht gut gefunden, jetzt gibt es kleine Pflänzle in neuer Erde, mal sehen, ob sie damit klarkommt. Das alles klingt sehr banal, aber es ist zeitaufwändig, wenn man es nicht macht, gibt es kurze Lebensläufe.
Lesen wollte ich auch, hab wieder paar Sachen für nächste Planungen geschoben, nachmittags war ich verabredet mit einem Freund in Mössingen. Wir sind zu einer kleinen Runde über die Felder aufgebrochen, da haben wir die Zeit zum Besprechen und miteinander nachdenken. An einer Stelle war der Wind so heftig, er wehte das gesprochene Wort weg, bevor es gehört werden konnte. Beim Heimfahren gab es ein Wolkenloch im Abendhimmel, die Sonne schickte ihr Licht durch, ein beeindruckender Lichtdom. Den Sport ließ ich am Ende ganz und gar weg wegen Lustlosigkeit, nein, eigentlich fand ich es nach den paar warmen Tagen unverschämt kalt, es wird mir nicht schaden.

Sonntag, 28.3.2021

Hirschau, der Lauf begann, da war es noch sehr kalt, aber die Sonne kam, es wurde richtig schön, wir sind nach Wurmlingen, an Pfäffingen vorbei durch Unterjesingen in die Weinberge, da gab es ordentlich Höhenmeter, über den Schwärzlochhof zum Spitzberg rauf, wieder bergauf, dann haben wir gemogelt und sind über den Panoramaweg ins Ziel. Ein gemütlicher Lauf, 19 km im Schnitt von 6:10, 420 Höhenmeter. Mittags selbstgenudelt, Pause lesend, dösend auf dem Sofa, Lust bekommen auf einen Spazierweg in den Frühling. Kleine Runde gemacht, schauend verweilt auf dem Klausenfriedhof. Die Daten auf den Grabsteinen der Kriegsgräber haben mich berührt, da liegt mancher Franz und mancher Horst, die sind nach 18 oder 20 Jahren schon aus dem Leben. Das waren ja noch Milchbärte, schon an dieser einen Tatsache wird die Ungeheuerlichkeit von Krieg deutlich.
Lesen: Deon Meyer, "Der traurige Polizist", ein Krimi aus Südafrika. Ich bin grad in der Hälfte, und abgesehen davon, dass Krimi Mord und Aufklärung braucht, wird die Hauptfigur und ihre Situation in der Gesellschaft interessant und sensibel beschrieben. Was mich allerdings verwundert hat, der Titelheld wirkte auf mich 150 Seiten lang wie ein gealterter, im Dienst behäbig gewordener Polizist, dann stellt sich heraus, er ist erst 34. Er ist übergewichtig, kurzatmig, Raucher, weiß nicht, ob er im Ernstfall einen hochkriegt, sein neuer Chef gibt ihm ein Limit vor, bis zu dem er konditionell und gewichtsmäßig wieder fit sein muss, mir entstand das Bild eines über Fünfzigjährigen. Die Auseinandersetzungen zum Rassismus und zur Geschichte des Burenstaates, und des Wandels zu einer Heimat für Gleichberechtigte ist gut geschildert.
Ein nachrichtenfreier Tag, das C-Wort fällt nicht.

Montag, 29.3.2021

Die Tagesplanung ist insofern missglückt, dass die Zeit für den Text knapp ist bzw nicht vorhanden. Drum schnell. Ein Termin auf dem Rathaus führte zum benötigten Papier. Stadtgang, im Zentrum unter Maske, obwohl da nicht viele unterwegs sind, ist lästig und blöd. Unter der warmen Mittagssonne war ich am Tower, fast zwei Stunden, es war warm genug, zum Abschluss ein bisschen mit den Jonglierbällen zu spielen, und siehe da, es ging. Post erledigen, Kopieren gehen für die nächste, zwei Projekte sind auf gutem Weg, aber eben noch nicht fertig. Und dann kommt die Nachtschicht immer näher.

Mittwoch, 31.3.2021

Die Inzidenzzahlen steigen, die Politik will immer mehr Lockdown, ein Impfstoff fällt aus. Die Lust, nach vorn zu sehen, ist nur mit großer Disziplin aufrecht zu erhalten. Die Stimmung in den Kreisen, wo ich verkehre, ist schwer aushaltbar, viel Geschimpfe, aber wer will das jemandem vorwerfen, es zerbröselt grad so viel an der Kultur, im Vereinsleben, die kleinen Läden gehen reihenweise krachen, der Reichtum sammelt sich markanter bei den Großen, das bedeutet, den Kleinen wird die Luft dünn. Die Prognosen, wann wir da durch sind, reichen immer weiter in die Zeit, die anderen vielen Problemfelder bleiben liegen. Was wird es für eine Zeit danach sein?
Die Nachtschicht läuft und frisst meine Freizeit auf, gestern hab ich einen Lauf geschafft, aber der Text fiel aus, heut musste eingekauft werden, um den Vorosterbetrieb zu meiden, da war die Sportstunde reduziert, eine Einheit am Tower ist grad so rausgesprungen. Es war voller Volleyballbetrieb, vier Plätze voller schöner Menschen in Bewegung, schon deswegen hat es sich gelohnt. Draußen ist es warm und der Frühling duftet, die Magnolien explodieren förmlich, sprengen die graupelzige Winterhaut von den Knospen und entfalten sich in lilaweißer Opulenz. In der Stadt sind Mohnblumen in den Pflanzkübeln, das ist, als wenn jemand ruft, hier geht´s zum Paradies.

 

 

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