Montag, 1.2.2021
Die zwei Tage Spätschicht dieser Woche
werden schnell vergehen, die Hälfte ist schon geschafft. Ich bin
zeitig für meine Verhältnisse aufgestanden nach einer unruhigen
Nacht, ich hab ständig dummes Zeug geträumt. Irgendwas war gruselig,
und ich konnte es nicht vermeiden. Genauer kann ich´s nicht mehr
sagen, das ist oft so mit meinen Träumen. Mein Eindruck war, es hat
was mit dem Buch zu tun, das ich grad lese ( Der Historiker von E.
Kostova). Da passieren aus dem Draculabereich so merkwürdige Dinge,
die bezwingend erzählt werden, dass sich mir gestern in munterem
Zustand beim Lesen einmal tatsächlich die Nackenhaare nicht gerade
sträubten, aber sie machten sich bemerkbar, ich musste über mich
selbst lachen. Ist mir lange nicht vorgekommen. Nach dieser etwas
verquälten Schlaferei bin ich also raus aus dem Bett, weil ich vor
der Schicht laufen wollte, da geht´s nicht anders. Bin bei Regen
gestartet, es war nicht viel, und es ging schwer. Ich hab Mühe
gehabt am Berg, war oben ziemlich platt, als ich runterging, kam ich
durch eine Dämpfigkeit, die Wolken waren im Tal, oder die
Morgennebel, ich hab meine Schwergängigkeit darauf geschoben und bin
nichts desto trotz gutgelaunt angekommen. Duschen, Essen, Umziehen
und los zum Bus. Schlaf nachgeholt. Auf Arbeit ging es sofort zur
Sache mit einer Maschine, die schon seit letzter Woche ko war, jetzt
hatte sich die Instandhaltung gemüht, ich sollte es gleich
probieren. Es fing gut an, aber immer wieder Merkwürdigkeiten im
Ablauf bis zum Schichtende, da war sie wieder im Abseits. Völlig
durcheinander stand sie da und konnte ihre eigenen Meldungen nicht
mehr verarbeiten. So geht es mir auch manchmal, das liegt hier wie
dort am Alter, oder? Morgen ein neuer Versuch.
Die NZZ berichtet,
wenn das Impftempo so beibehalten wird in Deutschland, wird die
Herdenimmunität im Sommer 2024 erreicht. Fand ich niederschmetternd.
Im Nachdenken darüber komme ich zu dem Schluss, dass da auch ein
Anteil Medienkack drinsteckt. Das Impftempo wird sich erhöhen, drei
Artikel weiter steht was von den eingkauften Impfmengen, und wenn
die Alten und die Gefährdeten durchgeimpft sind, ist es sowieso
egal, da ab dann die Krankenhäuser entlastet sein müssten.
Herdenimmunität ensteht auch vom anderen Ende her durch
Durchseuchung. Ich hoffe, das Virus und Herr Spahn und Konsorten
schließen sich dieser meiner Meinung an, da sollte es klappen.
Dienstag, 2.2,2021
Ich bekenne meinen Willen zur heutigen Textverweigerung.
Mittwoch, 3.2.2021
Zum Regen kam Antriebslosigkeit, so dass ich kaum das Frühstück
beendet bekam. Ich saß da, satt und zufrieden und das Buch
entwickelt einen Sog, ich konnte es nicht weglegen. Als mir der
Arsch vom Sitzen wehtat, hab ich mal den Haushalt geregelt, Aufwasch
und Aufräumen, schon saß ich auf dem Sofa und las weiter. Die erste
Regenlücke kam spät, da hatte ich schon wieder Hunger, hab mir
schnell was gekocht und aß es lesend weg. Damit war das Laufen
wieder ein Stück weggeschoben, mit sattem Bauch geht es nicht. Als
es anfing zu dämmern, bin ich doch noch raus, die kürzeste Strecke
seit langem, 6,5 km, beinahe schäme ich mich, zumal es nicht gut
ging, ich war langsam. Dafür gab es schöne Sichten. Raufzu:
Rückzu war es dunkler, und es gab diese Überraschung:
Keine Ahnung, wozu die Beleuchtung ist, bestimmt nicht für mich,
wenn ich mal um die Zeit vorbeilaufe. Das hat jedenfalls meinen
kurzen Lauf unterbrochen, ich musste von allen Seiten probieren. Zu
Hause gab es eine kleine Zielprämie, Kaffee und Backstück von der
Tanke, wieder lesend.
Kann sich jemand erinnern an das allererste
mal Orangeessen? Bei mir kam ein Video an von meiner kleinen
Enkelin. Sie bekommt ein Stück in den Mund geschoben, macht eine
Mimik ins Gesicht, die hat man so noch nicht gesehen, Verwunderung,
Skepsis, und dann schüttelt sie sich ganzkörperlich, also es wirft
sie förmlich, von der sauren Intensität, die ihr noch nie begegnet
ist. Da die meisten von uns nicht eine direkte Erinnerung zur
Verfügung haben, kann man immerhin über diesen Umweg dieses
Geschmackserlebnis nachvollziehen, es ging uns wohl allen so.
In
den Nachrichten: Das Urteil gegen Nawalny, das ist so offensichtlich
Unrecht, das ist so offensichtlich bösartig in seiner Willkür,
dass ich denke, vor Putin und Konsorten würde ich hinspucken, also
hinrotzen, sollte ich ihm einmal begegnen. Zu meinem Glück wird das
nicht passieren, ich könnte es ja sowieso nicht. Putin hat das Ende
der DDR in der DDR miterlebt, man sollte meinen, Erfahrung macht
klug, komisch, dass Macht immer wieder dieselben Posen hervorbringt.
Ich bewundere die vielen Russen, die weiter demonstrieren, obwohl da
Konsequenzen für jeden einzelnen drohen. Aber manchmal muss man
hinstehen, später kann man seinen Kindern erzählen, man war auf der
richtigen Seite.
Donnerstag, 4.2.2021
Das war die pure Wonne, beim Aufstehn scheint die Sonne. Ich saß
ewig mit dem Buch, das Teil hat über 800 Seiten, da dauert´s.
Irgendwann, als ich meinte, ganz ohne Bewegung werd ich nicht über
den Tag kommen, bin ich hoch zum Tower. Ich warf Schatten auf fast
trockenem Grund, vor lauter Freude hab ich mir voll den frischen
Muskelkater drantrainiert. Zwei Stunden, schnell hatte ich allerhand
ausgezogen, im Februar im T-Shirt nichtfrierend und ohne dass die
Hände kalt wurden, hab ich das ganze Programm durchgeackert und bin
zufrieden nach Hause. Mit Halt beim Chinesen, für einen späten
Gemüsereis, natürlich zum Mitnehmen.
Mit meinem Radio hab ich
mich so angefreundet, dass ich allerhand Zeit verplempere beim
Zuhören. Interessant ein Bericht eines Stuttgarter Fahrradkuriers,
der Essen ausfährt. Ein sympathischer junger Mann, der Bock auf
Radfahren hat, die Bedingungen benennt, die sind nicht gut, er muss
das Rad selber stellen und pflegen und auf eigene Kosten reparieren
und auch das Handy geht auf ihn, und so hinnimmt, und schilderte,
was er so unterwegs und beim Kunden erlebt. Ich merke, da sitze ich
schon lange in der Komfortzone, so könnte ich nicht mehr arbeiten.
Drum rum die Nachrichten und alte und neue Musik, lauter mir
unbekanntes, ja, da bleib ich gern sitzen und höre zu und vergesse
ganz, dass die Zeit vergeht. Für morgen fasse ich gute Vorsätze, da
muss ich bissle was erledigen, das Leben ist kein Ponyhof.
Freitag, 5.2.2021
Es hat geklappt, mein schlechtes Gewissen von gestern hat mich
genügend in Trab gehalten, so dass allerhand von meinem Zettel, vom
Donnerstagszettel, abgearbeitet wurde. Die Bude ist geputzt,
eingekauft ist, das Bett ist blütenrein neu, die Blumen gegossen,
ein paar Termine sind organisiert und laufen war ich auch. Ich hatte
mir eine schöne Strecke ausgedacht, nach 3 km war der Weg gesperrt,
Holzfällarbeiten. Gut, mit umgesägter Fichte im Kopf ist es
ungünstig, ich bin abgebogen, nach der nächsten Kurve das selbe
Spiel. Fast hätte ich mich verirrt in meinem Wald, die Wege wurden
immer unbekannter, die Richtung wechselte laufend, am Ende waren es
wesentlich mehr Höhenmeter als sonst, und ich hatte heimgefunden.
Gekocht hab ich selbst, bzw. gewärmt, ich kann ja nicht jeden Tag
beim Chinesen lang, das ist mir irgendwie peinlich. Warum
eigentlich? Spielt es eine Rolle, was er von mir denkt, oder was
irgendwer, der mich da alle Tage sähe, denkt? Ich glaub, da hab ich
noch so dummes Zeug von früher im Kopf, was die Leute sagen, war
meiner Mutter sehr wichtig. Ich hab zwar rebelliert dagegen, aber
nun stellt sich heraus, irgendwelche Prägungen aus Kindertagen sind
manchmal wirksam, wer weiß, was noch alles aus diesem Grund in mir
vorgeht, da gelangt bestimmt nicht alles in die Bewusstheit. Das mit
dem freien Willen ist wohl mehr so ein schönes Modell.
Das Lesen
ist obervergnüglich, ich bin so 500 Seiten weit, und Kostova
versteht es über diese ewige Strecke umfassend zu erzählen, es kommt
frühe Ostblockgeschichte vor, die Geschichte von Istanbul, als es
noch Konstantinopel, als es noch Byzanz hieß, und es macht
neugierig, ist spannend.
Die Corona-Depression kommt nach einem
Jahr mit verschiedenen Lockdownamplituden als eine Nebenwirkung zum
Vorschein, die ursächlich menschgemacht ist, ein Ergebnis, das uns
nach der Impferei bleiben wird bzw. aufgearbeitet werden muss. Das
Sozialverhalten hat sich geändert, die Tagesstruktur bei den meisten
Leuten auch. Tagsüber viel Bildschirm, bisher auch viel Panne beim
Onlinelernen, abends weder Freunde, noch Vereinsleben, nicht Singen,
Kegeln, VHS usw, Sport allein, wenn der Antrieb reicht,
Kenntniszustände, Trainingszustände verläppern so, werden
schlechter. Ein großes Ohje steht uns wohl noch bevor. Über die
wirtschaftlichen Anstrengungen der Lebensverlängerung wird noch viel
zu hören sein. Wäre es besser gegangen? Vielleicht in manchen
Details, und es wird ständig nachgebessert.
Samstag, 6.2.2021
Kritik ist nicht einfach, dachte ich beim Lesen eines Artikels über
Kostova, ich wollte nachschauen, was sie sonst geschrieben hat und
fand bei Wiki verlinkt die Meinung eines FAZ-Journalisten, dem würde
ich nicht zustimmen. Er misst die "Spannungsökonomie" an Dan Brown,
empfiehlt die Verschlankung und reklamiert herbeigezwungene
Aktualität. Er zählt ein paar Sätze auf, die seien zuviel, weil dem
Erzähltempo im Weg. Und hat spürbar seine Freude dran, das Buch zu
pfählen. Ich würde erwidern, die Stellen, die er weghaben will,
dienen der Schilderung von Atmosphäre, wie er das begründet, klingt
mir eher nach Literatursemester, wo reihum Texte besprochen und
gerichtet werden. (Allerdings hat dieser Artikel mein Lesen
verändert, ich habe die Stellen, die zuviel sein könnten, deutlich
wahrgenommen, ohne sie weg haben zu wollen.) Mir ist schon klar,
dass Dracula irgendwie zur Legende, Volkserzählung geworden ist, wie
Kostova diesen Stoff nach der jüngeren Geschichte und ins Heute
verknüpft, so dass plausible Erzählung rauskommt, finde ich gar
nicht fadenscheinig, krampfhaft und anämisch. So kann´s gehen, er
schreibt was und ich schreib was, über das selbe Buch, es kommt was
ganz Verschiedenes raus. Das hab ich schon mehrmals erlebt, bestimmt
spielt Tagesform, Gestimmtheit und die Lesehaltung, bzw das jeweils
eigene Menschenbild mit hinein. Am Ende muss selbst gelesen,
geurteilt, gedacht werden.
Am Sportpark war ich, ausgiebig, weil
das Wetter gut ist und schlechter werden soll, so hab ich
zweieinhalb Stunden da zugebracht. Der Muskelkater von vorgestern
hat seine Auffrischung bekommen. Manchmal denk ich, es geht
vorwärts, dann wieder frag ich mich, warum es stagniert, was aber
entscheidend ist, hinterher, wenn ich heimgehe, ist die Stimmung
immer, wirklich immer besser als vorher. Ob es drei Klimmzüge mehr
oder weniger waren, ist egal.
Die Impferei speist sich aus mehr
werdenden Quellen, nimmt langsam ein bisschen an Tempo zu, demnächst
soll ein Impfstoff aus Amiland zugelassen werden, der kommt mit
einer Dosierung aus, was es vereinfachen würde. Ich höre die Zahlen
der Geimpften, denke, stecht, was ihr könnt, auch um den Mutationen
zuvor zu kommen. Meine Geduld mit dem unvollständigen, merkwürdig
vorsichtigen Leben wird dünn.
Sonntag, 7.2.2021
Ich hab noch was nachzureichen, gestern hab ich´s vergessen,
erinnerte mich morgens dran, als ich ins Auto stieg. Da war die
Scheibe verwunderlich schmutzig, anders als sonst, als wäre ich
durch einen Sandsturm, naja Wind, gefahren. Mir fiel meine
Verwunderung von gestern nachmittag wieder ein, als ich draußen war,
dachte ich beim Blick in den Himmel, wieso ist der gelb, fast
orange. Nicht wie beim Sonnenuntergang, es war ja am Nachmittag, und
es war trüb-diesig. Was sonst grau ist, war gelb. Nicht quittegelb,
eben gelbtonig. Da ich mir selbst misstraute, hab ich ein Foto mit
dem Handy gemacht, und siehe da, auch auf dem Bildschirm ist die
Gelbheit da. Spätabends hörte ich in den Nachrichten vom
Saharastaub, der in Wolkenschichten bis zu uns gelangt sei. Da war
ich wieder eins mit mir und wollte es mitteilen.
Die angekündigte
Strecke vom Hirschauer Lauf behagte mir, ich dachte, falls niemand
mit mir läuft, finde ich sie auch allein. Pünktlich war ich da,
wurde begrüßt fast wie der verlorene Sohn, dann ging es los. Die
Morgennebel, vom Neckar aufsteigend, verwandelten die Sicht, sehr
klare Konturen von nahen Dingen standen markant vor der weißen
Nebelwand. Sehenswert. Im Laufe vom Laufe verliefen sich die Nebel,
jetzt wieder normal weiter, wir sind brav in Zweiergruppen, in
mehreren über Kiebingen ins Bühler Tal, da nach Kilchberg, an
Weilheim vorbei durch Derendingen, mitten durch Tübingen bis an den
Neckar weiter ins Ziel nach Hirschau. 21,5 km im Schnitt von 5:31
min/km, da muss ich nicht besonders stolz drauf sein, aber ich war
froh, es geschafft zu haben, seit langem mal über 20 km. Im
Anlagenpark stolzierte ein Pärchen Nilgänse über die Wiese, keine 5
m entfernt.
Auf SWR2 eine Sendung über Charlie Mingus,
nachgehört, lief schon gestern, ein Bassist und chaotischer
Bandleader, dem bei seinen Jähzornanfällen schon mal die Musiker
weggelaufen sind, der aber den Jazz zu seiner Zeit gehörig
aufgemischt und erneuert hat. Ich kannte ihn schon, es gab aber mir
unbekannte Hörbeispiele und Informationen. Ich empfehle das,
nachzuhören, Auf der Senderseite im Programm auf den 6.2.
zurückblättern, 22 Uhr, man kann, glaube ich, vier Wochen zugreifen.
Montag, 8.2.2021
Lesen, Sport am Tower, bis der Regen kam,
bisschen Alltagskram, ein Stadtgang zum Bücherschrank, fortschaffen
und mitnehmen. Es hielt sich in Grenzen, ist aber immer noch
schneller als ich lesen kann. Sollte ich des Laufens nicht mächtig
sein, oder beim Lockdown wird es verboten, hab ich einen
Bücherstapel hier liegen, der sich dem Raummeter annähert. Zählen
will ich lieber nicht. Wenn der Sensenmann weiß, dass ich die alle
noch auslesen will, kann er mich von seiner Liste streichen.
In
der NZZ ein Artikel aus einer Folge über gesunde Ernährung: Über
Zucker und die erlaubte Tagesmenge, das ist nicht neu, erschrickt
mich trotzdem, weil ich den Wert verfehle bei meiner unaufwendigen
Ernährung. Dazu die Weißmehlerzeugnisse, Brot Nudel, Kuchen, Kekse,
ich bin schon tot. Ich muss versuchen, das ein klein wenig besser zu
erledigen, vielleicht mit Vollkornbrot, hab ich in letzter Zeit
vergessen, die Nudeln und den Reis gibt es ebenso vollkörnig. Beim
Kuchen melde ich Protest an, ich hab kein Erlebnis mit gesundem
Kuchen, der mir schmeckt, zu vermelden.
In den Nachrichten die
Meldung von der richterlichen Aufhebung des nächtlichen
Ausgangsverbot im Schwabenländle. Dazu die Ansagen aller möglicher
Landespolitiker, wie gut sie das finden, dass dieses Grundrecht nur
gut begründet eingeschränkt werden darf. Da frag ich mich, wäre das
nicht ihre Aufgabe gewesen, da nachzusteuern. Ich finde, es ist an
der Zeit, da, wo Hygienekonzepte da waren und funktioniert haben,
schnellstmöglich zu öffnen. Ich darf Bahnfahren, aber nicht
ins Kino, ins Museum, ins Hotel. Ich will, da mittlerweile die
Gefährdetsten die erste Impfung haben, selber entscheiden dürfen,
wie schutzbedürftig ich mich fühle. Beim Autofahren darf ich mein
Risiko selbst abwägen, nicht aber bei der Coronakacke, wo ich für
mich einen belanglosen Verlauf im Infektionsfall erwarte. Wenn ich
für mich entscheide, zu welchen Bedingungen ich am Leben teilnehme,
und die Schutzbedürftigen, mit denen ich sowieso kaum zusammenkomme,
ihren Schutz haben, könnten wir doch zu normalen, etwas
modifizierten Leben zurückkehren, ehe alle pleite sind und der Staat
dann auch keine Kohle mehr hat.
Dienstag, 9.2,2021
Soll ich ein Schlaftagebuch draus machen? Ich hab schlecht
geschlafen, zum wiederholten Male, und ich glaube, es könnte
geändert werden und zwar von mir. Was mach ich da. Trink ich abends
noch zu viel Kaffee, wider besseres Wissen, weil der Abend so eine
schöne Zeit ist und Kaffee so gut schmeckt und sich anfühlt wie ein
Tageshöhepunkt, da füg ich´s zusammen, auf dass der Höhepunkt noch
höher wird. Und genieße es tatsächlich, jedesmal wie das erste Mal,
kein Gedanke an die Schlafenszeit. Dazu höre ich noch irgendwas
Besonderes an Musik, zur Zeit ist es der Aufbruch der Aretha
Franklin, ihre großartigen Interpretationen von Titeln aus Jazz und
Soul und sogar Pop, sie kann alles zu etwas außergewöhnlichem
machen. Mit welcher Mühelosigkeit sie das singt, wird deutlich in
Auftritten mit anderen, die alles geben müssen und neben ihr
trotzdem fast verschwinden. Jedenfalls spult mir das dann so
gründlich im Kopf rum, es kommt in Träumen vor, davon wach ich auf,
vom Kaffee muss ich pinkeln, schlafe vor lauter Musik kaum ein, es
kommt zu den Träumen, zur nächsten Runde. Wie lang will ich das
mitmachen? Und spät, müde aufstehen, dann gleich wieder mit der
Mucke im Hirn. Keine Ahnung, wenn ich anfang zu schielen vor
Müdigkeit, oder Kopfschmerzen kommen, bin ich zwei Tage, nein
eigentlich nur einen ganz diszipliniert unterwegs. Auch lässt sich
vieles auf Corona schieben, die Abende laufen anders, ich bin zu
Hause und muss mich hier vergnügen, anstatt im Studio mich
auszutoben oder im Kino, in der VHS geordnete Verhältnisse zu haben.
Die Kurzarbeit erleichtert diese Schlampigkeiten außerdem.
Was
soll´s, laufen war ich, bin eben erst etwas später los, da war es
nicht mehr so grimmig kalt, meine Lieblingsrunde hoch nach Weiler,
mit der Fernsicht, heute nur diesiges Grau, ab da geht es nur noch
geradeaus oder bergabwärts bis heim. Nach 13,5 km, 220 Höhenmetern,
im Schnitt von 5:20 min/km kam ich gutgelaunt an, auf den Ohren
einen Ausschnitt vom Messias von Händel. Da steckt viel Energie
drin, das nützt wirklich.
Die letzten 50 Seiten vom Dracula werd
ich morgen fertig haben, sie (Kostova) hat schon allerhand
aufgelöst, ich finde, es ging immer recht logisch zu, so dass ich
ihrer Erzählung gern gefolgt bin und mich gut unterhalten gefühlt
habe. Ich hab früher wie wahrscheinlich jeder was in Filmen über
Dracula gesehen, wie so Horrorfilme draus gemacht werden. Da fand
ich es eher harmlos, auch wenn die Maskenbildner alles gegeben
haben, war immer klar, es geschieht nur im Film. Das ist im Buch
anders, besser gelöst, da passieren auch merkwürdige Dinge, die ich
durch die Verknüpfung mit mir bekannten Verhaltensweisen sehr
plausibel finden kann, die sprachliche Behandlung, auch die
eleganten Zeitensprünge, bzw -wechsel gefallen mir. Mal sehen, wie
sie mich ganz zum Schluss entlässt.
Mittwoch, 10.2.2021
Zuviel Schnee gleich morgens, schon gefallen und unterwegs, dazu
richtig kalt. Eigentlich waren wir am Tower verabredet, der
Läuferfreund und ich, wir haben´s gegenseitig abgesagt. Auch zum
Laufen hatte ich keine Lust. Hab gelesen. Dracula fertig. Elegant
aufgelöst mit einem guten Ende, mehr will ich gar nicht verraten,
und gebe eine Leseempfehlung. Es war fast traurig, das Buch
ausgelesen weglegen zu müssen, ich hatte eine reichliche Woche damit
zugebracht und in den Zeiten zwischen dem Lesen war immer die
Spannung da, wie geht es weiter und schaffen sie dies und gelingt
ihnen das. Nun saß ich da, zuerst wollte ich gar nicht auswählen,
womit es weitergeht. Hab gedacht, was soll da jetzt kommen. Mittags,
ich hatte mir von Pastinaken und Möhren an Dinkelgrieß ein leckeres
Süppchen bereitet, wenn es kocht tut es das allein, musste ich mir
ein Buch aussuchen, konnte ja nicht essen ohne. Da ward es Murakami
Haruki, Wilde Schafsjagd. Ein guter Griff, es fing sehr harmlos an,
da blitzen Alltagsbeobachtungen in zauberhaften Beschreibungen auf,
so entwickelt sich neue Lust, nebenher kommt das Erzählen in Gang
und es entsteht eine Spannung, das alles auf den ersten 60 Seiten,
schon hab ich meinen Spaß.
Der Lockdown ist verlängert, mein
Unwillen darüber steigt. Es geht mir zu dogmatisch zu, es wird
einfach so weiter gemacht, über die Bemühungen, die bei der
Erstellung von Hygienekonzepten aufgewandt wurde, spricht niemand
mehr, sie werden nicht genutzt. Mit Verlaub, das ist bescheuert und
die Akzeptanz sinkt ja nicht nur bei mir. Es gibt in der NZZ
Vergleiche auf der Basis von Statistiken aller möglicher Ansätze und
Fragestellungen, da steht Deutschland im Europavergleich nicht
sonderlich gut da.
Merkwürdig fand ich auch die Erklärung von
Frau von der Leyen, die EU-Ratschefin, die Fehler eingesteht und
dann sofort darauf verweist, wie ungerecht es unter den reichen und
armen Ländern zuginge bei nationaler Organisation der
Impfstoffbeschaffung. Da glänzt die Idee Europa gar nicht mehr, wenn
sie diese Ansicht von ihren Mitgliedern hat.
Am frühen Abend hab
ich eine Runde vom Sport zu Hause gemacht, nicht, dass jemand denkt,
es wäre ausgefallen. Eine Stunde Bodyweighttraining, das, was ohne
Tower möglich ist.
Donnerstag, 11.2.2021
Start in die Zweitagesfrühschichtwoche, wie immer vorm erstenmal
Aufstehen war die Nacht grauslich. Ich bin wie ein vernünftiger
Mensch ins Bett gegangen, um den mir zugänglichen Anteil zu liefern,
dann hab ich mir den Wecker alle halben Stunden beschaut, mich nicht
mal drüber aufgeregt, sondern ruhig die nächste Phase erduldet. Bis
es tatsächlich bimmelte, auch darauf wartete ich munter, drauf
lauernd, wann die letzten zwanzig Minuten vergangen waren. Warum ist
das so? Schichtarbeit ist wider die Natur eines so ruhigen,
Gewohnheiten pflegenden Menschen, wie ich einer bin. Die nächste
Nacht sollte besser werden. Durch die frostklirrende Nacht zum
Schichtbus, auch der blieb ziemlich ungemütlich, die Heizung kam nur
gerade so gegen die 15 Minusgrade an. Das Arbeiten gelang, es war
ruhig, nebenher waren allerhand Gerüchte zu hören. Wenig Gutes. Aber
wie Gerüchte so sind, ich frage oft nach, weißt du es oder hast du
es gehört, kann ich das meiste ignorieren. Da die Stimmung nicht gut
ist, sind auch die meisten der Erzählungen nicht beruhigend, oft
tritt irgendwas der befürchteten Veränderungen ein, später.
Nachmittags, wieder zu Hause, die Sonne schien und es sah schön
draußen aus, ich hab es trotzdem nicht geschafft, mich zum Laufen zu
übereden, in jungen Jahren war so ein bisschen Schlafdefizit was zum
Angeben, heute blieb ich auf dem Sofa. Als Bewusstsein wiederkehrte,
hab ich einen kleinen Spazierweg gemacht, rückzu am Bäcker lang, ein
kleiner Kuchen zum Troste. Morgen ist meine Arbeitswoche schon
geschafft, dank Corona und Kurzarbeit geht es recht gemütlich zu.
Und jetzt ist das hier fertig, ein Textle mal ganz ohne Sport, siehe
da, auch nicht schlimm.
Freitag, 12.2.2021
Nach deutlich besser verbrachter Nacht ist morgens der Anfang zu
zeitig und wenn es dazu so friert, auf dem Weg zum Bus waren es -18
Grad, bleiben Lebensäußerungen verhalten. Im Bus noch war es so
kalt, dass ich mich in meinem Sitz zusammengerollert habe, um die
geringsmögliche Oberfläche darzubieten. Zum Glück war es in der
Halle warm. Wir hatten viel zu tun, ich hab eine für mich neue
Platte eingestellt, außerdem kämpften wir mit
vielen
verschiedenen Störungen. Egal, der Feierabend nahte, damit das
Wochenende. Eins muss noch berichtet werden: Das Kantinenessen, ich
gehe mittags und werde vegetarisch versorgt, es gab Dampfknödel in
Vanillesoße mit roter Grütze und Mohnbutter. Das hat so gut
geschmeckt, ich dachte fast der Mohn sei opiumhaltig, so ein
wonnigliches Gefühl entstand beim Essen. Würde ich mir nie zu Hause
machen, der Vorteil der Kaninennutzung.
Nachmittags wieder dieses
schöne Wetter, sonnig und kalt. Eigentlich hätte ich Laufen müssen,
die Ausrede heute war ein Termin beim Zahnarzt. Ich hatte sehr
schnell den Termin bekommen, es sei etwas weniger los als vor
Corona, aber die Praxis meiner Wahl ist sowieso gut organisiert, ich
musste noch nie lange warten. Es ist jedesmal eine Anfechtung,
jemanden in meinem Mund rumwerkeln zu lassen, aber es ist nur die
Anfechtung schlimm. Die Prozedur des Kontrollierens und Reinigens
läuft so professionell ab, es geht zügig, manchmal tut
bisschen was weh, so kurz aufflackernd, und das Ergebnis ist
jedesmal überzeugend, glatte randlose Zähne.
Danach war es zu
spät zum Laufen, dunkel und eisig, ich hab mir nach der
inneren Angespanntheit Sofazeit verordnet und den zweiten
sportfreien Tag überlebt.
Samstag, 13.2.2021
In Dresden gedenkt man der Bombardierung 1945, verschiedene
Opferzahlen werden genannt, um die 35000 in einer Nacht, die
Innenstadt völlig kaputt. Man gedenkt redlich, aber es wird wie
immer in den Jahren seit der Wende von Rechten instrumentalisiert
werden, um Geschichtsbilder anders zu setzen. Schwierig, sich davon
abzugrenzen, sich aber das Gedenken nicht nehmen zu lassen.
Mir
ist der Winter zu kalt, das bin ich nicht mehr gewöhnt. Ich brauch
sehr viel inneren Aufwand, um mir klarzumachen, dass man ohne
weiteres laufen gehen kann. Ich sehe aus meinem Küchenfenster
etliche Läufer vorbeihoppeln, die sehen nicht verfroren aus,
irgendwann war ich so weit und konnte mich aufmachen. Draußen in der
Sonne bei 3 Minusgraden ist es eigentlich richtig schön, und ich
frage mich, wo das Problem war. Die Standardrunde über Schnee, es
war gar nicht sehr rutschig, und die Zeit war nicht viel schlechter
als an guten Tagen. Aus der deutschen Läufergemeinschaft kamen ganz
viele Meldungen an, auf Schnee sei es anstrengend, von manchen kam
die Meldung vom Skilanglaufen, bei allen waren die Zeiten schlechter
als sonst.
Über Corona will ich heute nicht schreiben, das hängt
mir zum Halse raus. Der Verdruss macht sich breit, zu dem üblichen,
bisher gut aushaltbarem Verdrusslevel, dadurch gibt es mehr Tage,
die im Überdruss vorbeischleichen. Ich hoffe auf den Sommer.
Sonntag, 14.2.2021
Gestern hatte ich mir den Streckenplan für die heutige Runde
angeschaut, die gefiel mir. So stand ich auf mit dem Weckerklingeln,
eigentlich nicht meine freiwillige Aufstehzeit. Der Blick aus dem
Küchenfenster machte klar, es war kalt, der Neckar fing an
zuzufrieren. Bei -11 Grad fuhr ich nach Hirschau, mit leichten
Zweifeln, ob das so gut ist. Die Sonne schien, es waren freundliche
Menschen da, wir sind über die Felder gestartet in Richtung
Wurmlingen, der Anfang war echt ungemütlich. Die Finger wurden
kribbelkalt, ich hatte das Gefühl, durch das Atmen der kalten Luft
entsteht partieller Zahnschmerz, also so ein Rumgemucker. Das
Sprechen ging ungelenk, weil die Feinsteuerung in der Kälte
versagte. Manches hörte sich an wie bei beginnender Trunkenheit. Zum
Glück war kein Wind, wir produzierten bald genug Energie zum
Warmwerden, die Finger fühlten sich wieder normal an, wir waren dann
so entspannt unterwegs, dass es reichte, in die schöne Landschaft zu
schauen. Nach 19 km waren wir wieder am Ziel, die Zeit war ok, der
Schnitt war 5:47 min/km, Höhenmeter gab es 228, auf Schnee, manchmal
rutschend, auch mal stapfend, war ich zufrieden.
Das Bild ist von Kathrin, vielen Dank.
Mittags gab es
Selbstgekochtes, schnelle Nudeln, und Lesezeit. Die Schafsjagd ist
eine schräge, kaum zu glaubende Konstruktion, und doch wird so
sicher davon erzählt, dass ich gar nicht auf die Idee käme,
irgendwas stimmt nicht. Nebenher bekomme ich einen Einblick in
japanisches soziales Leben und hinreißend treffsichere,
überraschende Beschreibungen oder Überlegungen, die hab ich selbst
noch nicht angestellt, find sie aber bedenkenswert. Mir fehlt das
letzte Drittel, ich freu mich drauf.
Einen Stadtgang am
Nachmittag durch eine sehr leere Stadt, eigentlich müsste Fasnet zu
merken sein, alles ist still und freudlos, zwei Menschen kamen
klingelnd, schellernd vorbeigelaufen. Ich bin am Bücherschrank
vorbei, nicht dass ich was verpasse. Zwei Bücher wollten mit.
In
den Nachrichten: Der markige Auftritt von Seehofer und von
Kretschmer-Sachsen gestern wurde heute von der Realpolitik
eingeholt, was die EU nicht schaffte, bewirkte der Einspruch aus der
Wirtschaft, plötzlich ging es ganz moderat zu. Beide Herren sind
keine Anfänger aus der dritten Reihe, das hätten sie wissen können.
Montag, 15.2.2021
Ich hatte wohl dem Wetterbericht nicht gut
zugehört, hab gemeint, es wird wärmer und nass. Und hatte für eine
Regenlücke eine vage Verabredung am Tower, der Lauffreund wollte
dazu kommen. Es war dann unter Null, Regen keiner weit und breit,
wir haben etwas trainiert und viel geredet, warum nicht. Ich hab
eine Vorführung vom Fortschritt beim Üben von L zu V-Sit und bei der
human flag bekommen, bin jedesmal beeindruckt. Mein Programm hat
nicht so gut funktioniert, einmal haben wir wirklich viel erzählt,
zum andern gelang der Handstand kaum, und der mangelhafte Rhythmus
beim Training war zu merken. Das schieb ich auf den Zusammenhang von
Frühschichttagen, geschlossenem Studio und schwierigen
Wetterverhältnissen. Ich werd mir aber kein Studio zu Hause
einrichten, auch wenn die Erfolge des Läufers dafür sprächen, er hat
improvisiert z.B. mit Sprudelkisten.
Die wilde Schafsjagd hab ich
ausgelesen, eine unbedingte Leseempfehlung. Darin sind wundervolle
Kapriolen beschrieben, alles passiert recht logisch und
nachvollziehbar, so dass ich erst, wenn ich das Buch weglege, weiß,
eigentlich kann das nicht sein. Mit leichter Hand schreibt M. Haruki
mich zum Kaninchen, das vor ihm sitzt und nicht fortkann.
Die
Inzidenzzahlen sinken, die Geimpften werden mehr, langsam beides und
stetig, es müssen Lockerungen her. Der nächste Termin, das zu
beraten sei am 3. März, wieso soll ich solange stillhalten? Mit
dieser Gießkannenlockdownerei überzieht man die Geduldsfähigkeit
vieler Menschen und der Preis, die wirtschaftliche Bedrängnis vieler
wird immer höher.
Dienstag, 16.2,2021
Die erste Nachtschicht war stressig, wie hatten richtig viel zu tun,
hoffentlich ist alles gut gewesen. Es sind viele Zeitverluste wegen
vermeidbaren Fehlern dazwischen, da fehlt also die Zeit, die Sachen
nerven, nerven noch mehr in der Gewissheit, man könnte vieles in
Ordnung bringen, aber die Fehler kommen immer wieder vor und werden
teilweise seit langen Zeiträumen nicht bearbeitet. Trotzdem ist es
ein gutes Gefühl, wenn man durchgekommen ist.
Nach dem Aufstehen
war klar, kein Regen, reichlich Plusgrade, ich hab mich für den
Tower entschieden, da gestern s. o.. Hab anderthalb Stunden
geschafft, alles, was ich wollte, abgearbeitet, und bin in der
Gewissheit heim, das gibt Muskelkater. Da die Zeit zur Nachtschicht
nahe rückt, bleibt es dieser kurze Text.
Mittwoch, 17.2.2021
Wie gratuliere ich zum ersten Geburtstag? Ich hab es an die Eltern
gerichtet, meine Enkel haben ihr erstes Jahr vollendet, ich bin nach
wie vor stolzer und glücklicher Großvater, auch wenn die Besuche im
Moment nicht möglich sind, irgendwann kommen wieder coronafreie
Zeiten. Zum Glück gibt es Videos, auf denen ich auch aus der
Entfernung sehen kann, wie immer Neues passiert.
Der Frühling
will anscheinend den Winter vertreiben, ich war bei 11 Grad laufen,
ein schöner Spaß, an frieren kein Gedanke mehr. Ich hatte in die
freie Stunde die Standardrunde reingequetscht, an Arbeitstagen ist
die Zeit knapp. Trotzdem ist es hinterher immer besser als vorher,
zumal ich eine gute Zeit zu Stande gebracht habe.
Nebenher
Leseversuche, zwei Bücher, eins nach 60 Seiten wegen Wirrnis und
Bemühtheit weggelegt, eins angelesen und schlechte Sprache gefunden,
als würde man Kieselsteine kauen und dabei sprechen. Ich werd sie in
den Bücherschrank zurückbringen. Habe ja genug Auswahl hier und
schon eins rausgesucht.
Keine Nachrichten gehört, da wird das
Leben fast unbeschwert. Geht mal paar Tage so mit der Ausrede, keine
Zeit und Nachtschicht.
Donnerstag, 18.2.2021
Die schnelle Variante: Lesefrühstück, Erkenntnis vorm leeren
Kühlschrank führt zum Einkaufen, Einräumen, Wäsche
anschmeißen, bisschen telefonieren, schon ward es dunkel. Kein
Sport, weil keine Zeit. Vorbereiten, der Schicht, Wäsche hängen,
kurz Abhängen am Rechner, nebenher eine Diskussion auf SWR2 zur
Angemessenheit der Corona-Maßnahmen und der Gesprächskultur bei
dieser Auseinandersetzung. Das Abdriften der politischen Funktionäre
in die Anweisungskultur und bei Widerspruch die Abschiebung der
Wiedersprechenden zu den Querdenkern. Kritische Fragen werden im
Verteidigungsmodus bearbeitet, bzw nicht bearbeitet. Meine Hoffnung
ist, wenn dieser Zustand breit und von verschiedenen Experten
reklamiert wird, könnte er sich ändern.
Neuerlicher Leseversuch:
Sieben phantastische Geschichten von Tanja Blixen. Eine interessante
Schriftstellerfigur, mit einem ebensolchen Lebenslauf. Bin erst ganz
am Anfang, aber die Sprache funktioniert und es wird wesentliches
erzählt.
Freitag, 19.2.2021
Wenn andere das Wochenende erreicht haben, steht mir die letzte
Nachtschicht bevor. Also gut, ich werde sie wegmachen und morgen
früh froh ins Bett gehen. Die Müdigkeit macht sich schon breit, nach
vier Nächten schwindet der Elan. Ich hab es gestern einfach auf
meinen Zettel geschrieben, laufen steht an, und gehofft, das meine
Zwanghaftigkeit zum Ziel führt. Es hat geklappt. Bei
Frühlingstemperaturen bin ich los, hab schnell gemerkt, die Beine
sind müde, egal, ich bin die flache Strecke gegangen, 10 km, kaum
Höhenmeter, am Ende eine akzeptable Zeit, 5:09 min/km. Unterwegs
einen kleinen Schwätz mit einem Sportkumpel, hab ihn lang nicht
gesehen, dazu noch mehrmal freundliche Anwinker von anderen Läufern
aus dem Auto raus. Am Ende war die Laune gut, der Kopf frei, das
bisschen Arbeit geht schnell rum.
Keine Nachrichten gehört, beim
Lesen nicht ganz glücklich, die erste Geschichte hab ich, kommt aus
einer lang vergangenen Zeit, viele Unerhörtheiten funktionieren im
Hier und Jetzt nicht mehr so gut. Ich versuche noch eine Geschichte,
denn die Erzählweise ist in Ordnung.
Samstag, 20.2.2021
Herrlich, so ein Tag zum Ausruhen, kein konkreter Termin drückt, nur
das Wetter, das schöne, das vom Frühling kündet, will beachtet
werden zum Rausgehen, und da sollte es noch Tag sein. Das hab ich
lässig geschafft. Hab bis halb zwölf geschlafen, es gab ein
Lesefrühstück, da reifte der Entschluss, auch Blixen halb gelesen
wegzulegen, mein Gott, geht es da schwülstig und ehrpusselig zu, sie
erzählt gut, aber inhaltlich reißt es mich gar nicht vom Hocker. Sie
wird verglichen mit E.T.A. Hoffmann, Poe, ich finde, das haut nicht
hin. Naja, Klappentext. Ein bisschen Haushaltkram, ein wenig am
Rechner was, dann bin ich raus zum Tower am Sportpark. Die junge
Frau stand, als ich kam, schon im Handstand, sie kann ihn wirklich
gut, frei im Raum, auch mal auf den Händen vorwärts, rückwärts
ausbalancierend. In dieser gediegenen Gesellschaft war Motivation
keine Frage, es lief gut. Anderthalb Stunden im T-Shirt, nicht mal
die Hände wurden kalt an den Stangen. Auf dem benachbarten
Basketballplatz war richtig was los, fast wie in Vorcoronazeiten.
Ich hab gemerkt, durch die Nachtschichtwoche fehlte ein-, zweimal
Training, im Moment muss ich froh sein, wenn ich den Zustand
wenigstens halten kann. Mittag gab´s vom Chinesen, Kuchen hatte ich
da, zum Kaffee wieder Lesezeit: Rafael Seligmann, "Der Milchmann".
Fulminanter Einstieg, Juden untereinander im KZ des dritten Reiches.
Das sind Nachrichten aus einer Welt, in der möchte ich mich nicht
kennenlernen.
Auch wenn ich manches Buch mittendrin weglege, will
ich immer weiter lesen und jetzt weiß ich auch, warum. In einem
Interview zweier sagenhafter Schriftsteller, sagt Jorge Luis Borges
zu Mario Vargas Llosa: Auch Lesen ist eine Art zu leben. Ich fand es
in der NZZ. Ja, hab ich gedacht, besser kann es niemand sagen. Und
weiter, ja, ihr vermutet richtig, Sport, noch so eine Art, gut zu
leben. Wenn ich die Musik noch dazu nehme, bin ich wohl gesegnet.
Sonntag, 21.2.2021
Lauftermin in Hirschau, ich bin zur zeitigen Zeit aufgestanden, vorm
Losgehen sehe ich draußen Rauhreif, auf dem Thermometer war es
erheblich unter Null. Ich war empört, hatte ich doch im
Wetterbericht was von 20 Grad gehört. Da habe ich verweigert, bin
sitzengeblieben, hab weiter gelesen. Irgendwann mittags bin ich
raus, war allein laufen, 17 km hab ich gemacht mit den üblichen
Höhenmetern, der Schnitt war dann auch so, 5:27 min/km. Es war
mühsam, da sich eine Ischiasgeschichte unterwegs deutlich meldete,
da war ich froh nicht auf längerer Strecke unterwegs zu sein.
Botanischer Höhepunkt:
Ein Seidelbast, man sah die schwarzen verfrorenen Knospen, hier ist
der zweite Versuch. Es gab ein paar Nächte vor anderthalb Wochen, da
ging die Temperatur runter bis minus 18 Grad, da ist alles
kaputtgegangen, was schon am blühen war. Als ich im Bühler Tal aus
dem Wald kam, waren die Wege voller Menschen, Radfahrer, Inliner,
Wanderer, in der Art der Völkerwanderung. Auf den Feldern vor
Kiebingen fand ich diese Versammlung:
Nein, es sind nicht Kühe auf der Weide, hier handelt es sich um
Graugänse, die frische Sprossen zupften.
Abends ein Besuch, ich
allein zu anderem Haushalt, sind das vielleicht bescheuerte
Kriterien, jedenfalls haben wir gut zusammen gegessen und einen
gepflegten Schwätz gehalten. So ist es knapp Zeit, in der letzten
Stunde des Tages ein paar Zeilen herzutun.
Am Rottenburger
Schlachthof war eine Demo oder Mahnwache, ich bin da vorbeigefahren,
mal sehen, ob ich morgen was finde in den Regionalnachrichten.
Montag, 22.2.2021
Spätschicht, nur heute, dann zwei Tage Kurzarbeit. Ging schnell rum,
alle Arbeit kam schön nacheinander und war gut zu schaffen.
Vormittags war ich am Tower eine Stunde für die Kraft, die Zeit ist
zu knapp, immerhin sind die wichtigsten Übungen gelaufen. An diesen
Arbeitstagen rattert so eins nach dem andern durch, ist kaum Zeit,
schlaff zu werden, nichts machen führt zu einer schlechten
Tagesbilanz. Das soll nicht wie Beschwerde klingen, ist eher eine
Feststellung, da geht es mir ja nicht allein so. Morgen ist frei,
und der Planungszettel ist schon so voll, es wirkt wieWerktag, mal
sehen, wie weit ich komme.
Dienstag, 23.2,2021
Das war ein geordneter Tag, selbst nach missglücktem Start. Ich hab
schlecht geschlafen, richtigen Unsinn geträumt, gefühlt dauerhaft,
bin immer wieder davon wach geworden und hab mir klar gemacht, alles
nur im Traum. Als der Wecker bimmelte, hab ich ihn ausgemacht und
bin vor Erleichterung, dass es jetzt vorbei ist, eingeschlafen und
hab natürlich richtig verpennt. Dafür war ich ausgeschlafen. Meine
Tagesplanung hab ich neu eingenordet, kam schnell klar damit, das
kenne ich. Eine Telefoniererei, die ich mir kompliziert vorgestellt
habe, ging erstaunlich glatt durch und hat ein Ziel erreicht, es
gibt rechtzeitig einen Beratungstermin. So ging ich beruhigt zur
Fußpflege und ließ mir lästige Hornhäute und hinterlistige
Hühneraugen von Stellen raspeln, wo sie wirklich wehtaten. Hinterher
fühlte ich mich beim Heimlaufen wie auf Engelsfüßen. Mein Zettel
stand voller Haushaltkram, das Bett ist bezogen, die Hütte ist
staubfrei und das Sanitäre blitzt, fast trau ich mich nicht mehr, in
mein Klo zu pinkeln. Müll ist geregelt und der Gelbe Sack ist
draußen. Ich bin da oft sehr dankbar, dass das alles organisiert
ist, morgen wird alles weg sein. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste
das lebenslang aufstapeln ....
In der beginnenden Dämmerung bin
ich los zum Laufen, der Mond hat geleuchtet, meine Stirnlampe hab
ich zu Hause gelassen, es ging grad so, man hat sich auch draußen
auf den Feldwegen immer noch rechtzeitig gesehen. Es waren
erstaunlich viele Läufer unterwegs. Ich hab die Hirschauer Runde
gemacht, 12 km in einem Schnitt von 5:06 min/km, damit war ich
zufrieden. Die Füße mussten sich an den Zustand ohne Druckstellen
gewöhnen, ich glaub, es hatte schon Veränderungen im Bewegungsmuster
gegeben, die jetzt ins Leere liefen. Außerdem waren es beim
Dunkelwerden noch 12 Grad, ideale Temperatur, ich war in kurzen
Hosen unterwegs.
Mit den Coronanachrichten bin ich nicht
zufrieden, nicht einverstanden, ich erwarte dringend Modifizierungen
der Einschränkungen. Dass große Veranstaltungen, wo Menschen dicht
aufeinander sind, noch nicht gehen, leuchtet mir zur Not ein, obwohl
da nicht die Gefährdeten hingehen. Aber ich würde gern mal wieder
irgendwo Kaffeetrinken, ein Buch kaufen, im Kino sitzen, das geht
nicht, dafür bekomm ich Lauterbach aus allen Kanälen, befürchte eine
Allergie.
Mittwoch, 24.2.2021
Auf in den Frühling, das dachte ich nach wild verträumter Nacht. Was
ist nur los in meinem Kopf? Alle möglichen Bedrängnisse und
Peinlichkeiten meines ganzen langen Lebenslaufes werden in Serien
verarbeitet, das hat oft sogar Unterhaltungswert, es läuft durch in
einem gefühlt endlosem Programm. Da ist Schlafen fast komfortfrei.
Irgendwann war es rum, ich saß froh am Küchentisch, die Vögel
zwitschern, die Sonne scheint, es war genug Zeit bis zum Termin am
Sportpark. Diesmal waren wir zu zweit am Start, mein Kollege hat
seine Fortschritte vorgeführt, eindrucksvoll, z. B. wird sein L-sit
immer mehr zum V-sit. Ich hab mich gemüht in den Niederungen des
ganz langsamen Rantrainierens. Egal, es hat Spaß gemacht, es war
warm in der Sonne, richtig mit Schwitzen, nach zwei Stunden war es
genug.
Alltagskram als Zeitfresser erlebt, aber auch viel
erledigt, Stadtgang gab es mit Ansteuerung eines Bäckers, Kuchen für
zu Hause, telefoniert in der Familie, da vergeht die Zeit auch
schnell. Lesezeiten immer zwischenrein, auch zum Essen, immer noch
der Milchmann, jüdisches Leben im Deutschland der Nachwendezeit, mit
Rückblicken in ein 70-jähriges Leben mit all seinen
Ungeheuerlichkeiten und Banalitäten. Intensiv erzählt, manches
schwer auszuhalten, nicht nur die KZ-Zeit, auch das reflektierte
Leben danach unter diesem furchtbaren Schatten. Für mich
funktioniert die Erzählung eines Überlebenden auch über diese
Stellvertreterstimme des Schriftstellers, zumal es bald nicht mehr
anders geht.
Donnerstag, 25.2.2021
Zeitig genug aufgestanden, um vor der Spätschicht noch was erledigen
zu können. Auch das Lesen beim Frühstück schnell beendet, eine
Aufräumrunde, dann raus zum Sportpark. Eigentlich wäre laufen dran
gewesen, ich hatte keine Lust, oder eher Lust auf entspanntes
Krafttraining. Eine Dreiviertelstunde ging es um Klimmzüge,
Handstand und In-den-Ringen-Hängen , und ich habe zum ersten Mal
einen
Dreifachschatten geworfen bzw wahrgenommen, also nur in
bestimmten Bereichen. So bin ich gleich dahinter gekommen, dass ich
nicht nach der zweiten und dritten Sonne suchen muss, es gab
Spiegelungen von der Glasfront. Es ist schon eindrucksvoll, wenn
diese vielen Schatten synchron auftreten und ich schauen muss,
welcher ist denn der Richtige.
Heim, duschen, essen, zum Bus,
schnell einschlafen, danach bin ich im Dienst. Es gab verschiedene
Überraschungen: einige Gerüchte kamen zur Sprache und wurden
verklarheitet, ein merkwürdiger Vorgesetzter zieht weiter, ist in
Zukunft woanders nervig, und es gab was zu futtern für alle, kleine
Prämie für ein Jahr unfallfrei. Gearbeitet hab ich wieder in einer
anderen Reihe, da konnte ich zumindest auf Anhieb die einfachen
Aufgaben erfüllen, mein Kollege hat die kniffligen Sachen geregelt.
Lesen war nur sparsam möglich, nachdem ich den Milchmann fertig
hatte, es ging recht versöhnlich aus, relativierte die schwer
aushaltbaren Schilderungen, da hab ich mir zur Erholung mal einen
Krimi gegriffen. Jan Costin Wagner, "Tage des letzten Schnees". Die
Erzählweise ist in Ordnung, es geht halt gleich mit einem toten Kind
los, naja, Krimi halt. Mal sehen, ob ich da durch komme.
Die
Coronanachrichten werden sehr unübersichtlich, vielstimmig. Ein
Impfstoff, den niemand will, soll ins Lehrpersonal, vordrängeln
kostet Strafe, Lockerungen sind in Aussicht, aber nur vielleicht,
Geimpfte sollen dürfen oder doch nicht. Als ob jemand murmelt,
PandemiePandemiePandemie, hebe dich hinweg, das wäre ein Schreck,
wenn das funktionierte.
Freitag, 26.2.2021
Ein Lumpertag, nur die Arbeit ist gelaufen. Vormittags bin ich zwar
pünktlich aufgestanden, hätte laufen gehen können, das ist an Unlust
gescheitert oder an mangelndem Antrieb. Ich las einfach weiter, habe
bis zur Zeit, wo ich noch hätte anfangen können, mit mir gehadert,
danach beruhigte ich mich und ergab mich dem Buch. Fast musste ich
mich beeilen, den Schichtbus noch zu kriegen. Sonst war nichts,
keine Nachrichten gehört, nix wesentliches gedacht oder erlebt. Drum
gibt es nicht mehr zu berichten.
Samstag, 27.2.2021
Muss ich mir Sorgen machen? Wieder eine seltsame Nacht, Träume als
Schlafzerstörer, anscheinend ist das Schwerstarbeit, denn früh, wenn
der Wecker klingelt, bin ich müde, will weiterschlafen, tu das auch,
wenn mein Unterbewusstsein signalisiert, es ist egal. So beginnt ein
freier Tag spät, zerknirscht sitze ich beim Frühstück und frage
mich, s. o.. Es standen auf meinem Plan zum Glück nur wenige Sachen,
die erfüllt werden mussten. Einkaufen war dringend, ein paar Dinge
waren ganz aus. Laufen war dran, da hatte ich was nachzuholen. Die
Mittagssonne war so überzeugend, da bin ich auf die Strecke, den
Berg hoch, in den Wald rein, der Wind war kälter, als er aussah, das
ist mal ne schöne Formulierung, erst kam er mir entgegen und bohrte
sich zwischen meine Rippchen, später ging es bergab mit Wind von
hinten, ich hab ihm einen Stinkefinger gezeigt, am Ende waren es 12
km, 250 Höhenmeter und der Schnitt von 5:26 min/km ist in Ordnung.
Das Grün der Wiesen kommt in Gang, beim Blick in die Baumkronen wird
es mir bange. Vor kurzem kam in den Nachrichten was über den
Waldzustand, mittlerweile kann ich als Laie deutlich sehen, dass
viele Bäume verschiedener Arten markant geschädigt sind.
Das Buch
vom letzten Schnee ist ausgelesen, ein zum Kammerspiel konstruierter
Krimi, in dem sich wenige Hauptfiguren so begegnen, dass der Autor
den Überblick behält. Am Ende geht alles auf wie in einer schönen
Matheaufgabe, jede Figur bekommt in überraschender Zweitfunktion den
richtigen Platz, so dass ich froh war, dieses Buch weglegen zu
können, da eine Null rauskam.
Die Diskussion um den europäischen
Impfausweis nimmt Fahrt auf im üblichen Tempo. In drei Monaten
frühestens soll es ihn geben, damit wären Urlaubsreisen möglich,
vielleicht. Planung ist so nicht möglich. Die vielen Vielleichts,
die vielen Stimmen von Wissenschaftlern, Politikern und
KreuzundQuerdenkern sorgen für eine große Unüberschaubarkeit. Die
Impfzahlen kommen in Fahrt, die Sterblichkeit geht langsam zurück,
meine Hoffnung ist, das in vier Wochen oder so Corona nicht mehr
dramatisch ist, ich möchte dann wieder reisen dürfen und
übernachten, wo ich will. Das gehört zu meinen Grundrechten.
Sonntag, 28.2.2021
Schon ist er zu Ende, dieser kurze Monat. Ich hab mich
zusammengerissen, bin pünktlich in Hirschau gewesen, es war eine
wirklich schöne Tour geplant. Um neun ging es los, bei null Grad und
Reif auf den Wiesen, in Richtung Kiebingen, ins Bühler Tal, nach
einem Schlenker ins Sengenbachtal. Sonne blitzt durch die Bäume,
beleuchtet den moosgrünen Grund und macht Reflexe auf dem
Sengenbachwasser. Ein Seidelbast, vom Nachtfrost etwas blass um sein
Lila, grüßte still vom Wegrand, meine Läuferkollegen schauen nicht
nach sowas. Auch der Heiligenschein war gut wahrnehmbar, anscheinend
nur für mich, der funktioniert sogar auf Reif, im Tau ist er besser
zu sehen. Über den Eckhof am Golfplatz Kressbach vorbei nach
Weilheim, am Neckar bis zur Kilchberger Brücke, dann über die Felder
zum Ziel. Knapp 21 km, im 5:53er Schnitt, zufrieden, dass es
geschafft ist, nach einem kurzen Schwätz heim und ein wenig erholen.
Nachmittags war ich spazieren, das Wetter lockte. Der Abendhimmel
war interessant, die Färbung zum Sonnenuntergang war da und in der
anderen Richtung war ebenfalls eine Abendhimmelfärbung, bestimmt
macht das der Saharasand auf Wanderschaft.
Beim Lesen: Ein
Bücherschrankfundstück wollte sofort an die Reihe kommen,
"EINSTRICH-KEINSTRICH (NVA-Tagebuch) von Joerg Waehner. Eine
Vorwendebeschreibung, ein junger Mann gerät ins Visier der Stasi,
muss zur Armee, damit er unter Kontrolle ist, merkt das und beginnt
mitzuschreiben. Der Autor ist ein Jahr jünger als ich, beschreibt
Orte, die ich in der Zeit, 1982, genau kannte, bis hin zu einem
Zwickauer Altersheim, wo eine Freundin von ihm arbeitete, ausreiste,
dort habe ich dieselbe Kurve ein paar Jahre später genommen. Da ist
klar, das interessiert mich. Literarisch ist es eher harmlos, dafür
ist die Authentizität bestechend, und die Schilderungen kommen mir
sehr bekannt vor. Ich hatte Glück, durch eine rechtzeitige
Entscheidung für den Dienst bei den Bausoldaten hing ich bis zur
Ausreise in der Warteschleife, das ist alles so lange her, aber wenn
diese Texte anlanden, kommt die Erinnerung sehr deutlich auf.
zum Märztext