Michael Oswald

 

 

 

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Leben in den Zeiten von Corona 11

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Freitag, 1.1.2021

Dieser Jahreswechsel war hier an der Stelle nicht geplant, will ich´s bei guter Haltung begehen. Die besten Wünsche an die ganze Welt und treue Leser, es ist mir seltsam, das auch noch hinzuschreiben, wo es doch eigentlich eine recht leere oder nutzlose Formel ist. Ich glaube, die Welt wird gehen, wie sie eben geht, ob die Formel genutzt wird, hat es Einfluss? Bzw. bin ich unhöflich, asozial, wenn ich klar hab, es nützt nichts, und ich steh dazu? Es ist ja nicht so, dass, wenn ich diese Figur nicht einschwenke, ich das Gegenteil will, also euch und der Welt schlechtes wünsche. Das überhaupt nicht, mir wäre es schon recht, euch geht´s gut und mir auch. Es ist ein ähnliches Sichunwohlfühlen, wenn die Bäckereiverkäuferin mir beim Abgang einen schönen Tag wünscht, jo mei, da sollte ich dann höflich sein und sagen, vielen Dank, ihnen auch, da muss sie sich wieder bedanken. Ich könnte dann weiter machen, gern, sage ich, und sie, oh wie freundlich, und ich, möge die Sonne immer über ihren Weckle lachen und sie .....
In den Nachrichten taucht die Überlegung auf, ob Geimpfte, wenn sie denn sicher nicht ansteckend seien, bevorzugt behandelt werden, z. B. Restaurants nutzen dürfen und so was. Da gibt es das Argument der Solidarität, um diesen unseligen Lockdownzustand aufrecht zu erhalten, bis, ja was, bis alle geimpft sind und immun. Mein Grundrechte wurden eingeschränkt mit der Begründung, ich sei potentiell ansteckend, bis dahin trage ich das mit, nicht froh, aber doch einsichtig und auch solidarisch. Wie das geregelt werden kann, da hat man jetzt mindestens vier Wochen Zeit, drüber nachzudenken und es uns zu vermitteln, schneller wird es eh nicht gehen. Ich möchte durchaus solidarisch mich impfen lassen, um zur Herdenimmunität beizutragen, obwohl ich mich vor einer Ansteckung selbst kaum fürchte. Aber nach dem Erreichen des Antikörperstatus möchte ich mir nicht mehr in mein Leben reinbestimmen lassen, ich will wieder selbst entscheiden, wo ich meinen Kuchen esse. Warum man das Diskriminierung nennen soll, erschließt sich mir nicht.
Kein Neujahrslauf, ich war am Tower. Anderthalb Stunden hab ich geschafft, dann wurde es ungemütlich, ich fing an zu frieren. Ich hab die Routinen brav abgearbeitet und hätte noch ein halbes Stündchen gebraucht für den Bauch. Aber da ist mir eine Ausrede eingefallen, ich denke über ein neues Trainingsprogramm nach und will manches stimmiger aufteilen, da hab ich gleich angefangen damit durch Weglassen. Dafür hab ich mir zu Hause auf YouTube einige Übungen angesehen und war sehr erschüttert, was ich alles verbessern könnte. Das gibt einen Sack voller guter Vorsätze.

Samstag, 2.1.2021

Es fing unentschlossen an und blieb ein fauler Tag. Viel am Rechner, mehr gedaddelt als was Vernünftiges gemacht, und als mir der Arsch weh tat, als wirklich eine lange Zeit sitzend vergangen war, und der Kopf gar keine Begründung mehr konstruieren konnte für diesen lethargischen Zustand, ging es mit einer Panne los. Ich wollte mir was zu futtern holen, mein Chinese hatte zu. Vielleicht ist ihm der Reis ausgegangen wegen dem Brexit. Immerhin hatte ich meinen ersten Freigang, hab mir was zu Hause zubereitet und eine Weile nachgedacht, ob dieser Tag zu retten wäre. Ein kleiner Noteinkauf hat geklappt, im Aldi sind die Heidelbeeren eindeutig besser als im Handelshof, und es gab sogar was kuchenartiges. Ich war zu Fuß da, fand, das Wetter war tauglich und hab einen kleinen Lauf gestartet. Hatte dazu die neuen Kopfhörer, die alten waren am Alter zerbröselt, das steht mir auch noch bevor. Diesmal über Handy ein SWR2-Essay von Navid Kermani, er erzählte von der Wirkung der Musik von Neil Young in seine gesamte Familiengeschichte hinein. Da ich sowieso NY-Verehrer bin, hatte er es nicht schwer mit mir. Er hat mich so intensiv gekriegt mit der Erzählung von seiner Tochter, die ihre Verdauungsprobleme als Baby nur mit dieser Musik bewältigen konnte. Mit Einsprengseln aus dem Lebenslauf des NY und seiner Konzerterlebnisse. Dazu manche gut übersetzte Liedzeile und immer wieder Musik. Ich bin vor lauter Dabeisein gerade so der Schnappatmung entgangen, musste zweimal stehenbleiben vor Freude, Rührung, was da so kommt, ihr werdet das schon wissen. Jedenfalls bin ich ganz beseelt zu Hause angelangt, hab gedacht, das ist es beim Laufen, das macht mein Leben gefühlt grandios.
Noch ein Wort zum Brexit. Hat da vielleicht ein Riesengockel auf stur geschaltet, durchgezogen ohne den Blick nach links und rechts. Ein Student in London sprach: Es ist ein Riesenmist, nichts wird besser dadurch. Jetzt darf die britische Regierung selbst bestimmen, aber die EU ist größter Handelspartner, und vor der Haustür, die Fischer maulen trotzdem. Ich bin neugierig, wie man das alles, was man schon hatte, neu aushandelt, und am Ende wird wohl alles genauso laufen wie bisher, nur dass man Kikeriki sagen konnte.

Sonntag, 3.1.2021

Laufen war ich, allerdings nicht mit der Hirschauer Truppe. Hab was hier in der Gegend gemacht, 12 km durch weiß gepuderten Wald. Unterwegs hab ich einen Läufer überholt, ich erkannte ihn, es war der Kinobetreiber. Vor paar Tagen hab ich das Programm für nach dem 10. Januar gefunden, dieser tapfere Mensch macht weiter und weiter, muss die Filme hertun, bzw. bereitstellen und weiß nicht, wie lang er sein schönes Kino geschlossen halten muss.
Zu Hause tat ich wie ein Manager: Erst hab ich die Pfanne vorbereitet, es sollte ein Kartoffelgratin geben, und in den vorgeheizten Ofen geschoben, dann ging ich duschen, danach hab ich mir angesdchaut, wieviele Plätze ich mich in der Januarchallenge von runtastic verbessert hab. Alle zwei Meter hab ich einen Platz gut gemacht, 125000 Menschen machen mit auf der ganzen Welt, ich fing an mit Platz 13000irgendwas nach dem Lauf gestern, am Ende war ich unter 7000 gelandet. Echt motivierend, wenn das immer so einfach wäre. Die dampfende Schüssel auf den Tisch, das Mampfen konnte beginnen. Lesend beginnen. Und da gab´s eine Überraschung. Mein Buch, es ist aus dem Rottenburger Bücherschrank, sah beim Umblättern so aus:

Weiter hinten tauchte Wegwarte und Federnelke auf, das Buch ist eine Nachauflage von 2003, da hab ich vielleicht Fundstücke entsorgt aus einen noch nicht klimagestressten Wald.
Eine Überlegung zum Föderalismus: In der NZZ fand ich die länderbezogenen Benennungen der jeweiligen Pandemiegesetzgebung, die hat mich erheitert. In Bayern heißt es: Elfte Bayrische Infektionsschutzmassnahmenverordnung, in NRW Coronaschutzverordnung vom 30. November 2020, in Niedersachsen Niedersächsische Corona-Verordnung, in Berlin Sars-CoV-2-Infektionsschutzmassnahmenverordnung, im Saarland Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wenn die Überschriften schon so verschieden lauten, wie sieht es dann im Text drunter aus. Herrlich der ungebrochene Stolz lokaler Politiker, was eigenes hinzubekommen. Manche Städte liefern dann auch noch, z. B. Augsburg mit der Verordnung, dass auch Radfahrer und Jogger im Zentrum Masken tragen müssen. Jetzt mal polemisch. Wenn die mit der Verfassung dieser Versionen beschäftigte Menschen reklamiert hätten, das die bestellten Impfportionen nicht weit reichen, hätte das genützt?
Noch ein Fundstück: Ich hab mir Ringe gekauft, um die ohne Studio verfügbar zu haben. Man kann die recht flexibel irgendwo anhängen und viele verschiedene Übungen damit machen. Das Handbuch dazu ist auf jeden Fall nützlich.

Der gelungenste Satz ist für mich dieser: Bei jedem Training werden keine Muskeln geschont. Kryptisch erscheint dagegen: Einen beliebigen Schwierigkeitsgrad hinzu und halten Sie Ihren Kern beschäftigt fügen. Auf geht´s.

Montag, 4.1.2021

Beinahe wäre es schiefgegangen. Beinahe würde ich hier sitzen und versuchen, mit der Handkante oder mit dem Ellenbogen auf der Tastatur zu stammeln, da müsste ich erzählen, wie ich meiner Finger durch Erfrierung verlustig ging. Mittlerweile sind sie zum Glück wieder aufgetaut und bewegen sich, wie sie sollen. Es war also kalt am Tower, und es blies ein hundsgemeiner stetiger Wind jedes bisschen Wärme aus den Händen. Auch aus der Nase, die sonst vor sich hin tropft, kamen kleine Eiswürfel. Ich hab anderthalb Stunden tapfer getrotzt, meine Routinen durchgezogen, beim Heimgehen war ich froh um meinen Autoschlüssel, den ich nicht reinstecken muss, nur hinhalten.
Aus den Nachrichten: Mister Trump hat sich erwischen lassen, es gibt einen Telefonmitschnitt mit irgendeinem Verantwortlichen, nein, es war der Innenminister, der zugleich Wahlleiter ist  in Georgia, wo er verlangt, dass Wahlstimmen zu seinen Gunsten gezählt, "gefunden" werden. Ist  das zu fassen. Bei all seinen Vorwürfen, die Wahl sei gefälscht, ist er von sich ausgegangen. Er kann sowieso nicht anders. Ich bin neugierig, ob es nach dem Amtswechsel eine juristische Aufarbeitung gibt. Dieses Trampelviecht beschädigt in dieser fragilen Situation die Demokratie, spaltet das Land weiter und versaut Biden den Anfang. Und warum? Weil es ein Gockel ist, breite Brust, aber kleines Hirn. Weiß er eigentlich, dass er selbst auch dort weiterleben will?
Soll ich noch den Putztag schildern? Das schenk ich mir, zu mal ich noch gar nicht durch bin. Es fehlte ein wenig Zeit, die Lust ging verloren, ich wollte lesen, so kann es kommen. Da ich im Lockdown bin, nicht Skifahren will, ist es egal, wenn ich morgen fertig werde, ist es mir auch recht und eine Freude.

Dienstag, 5.1.2021

Es klang bedrohlich in den ersten Meldungen, als sollten wir ganz zu Hause eingesperrt werden. Zum Glück ist es nicht so schlimm gekommen, das waren wohl Journalisten  am Werk, die ins Blaue fabulierten. Für mich ändert sich erst mal nichts, außer das meine soziale Versehrtheit verlängert wird. Die Schulen bleiben zu, für die Eltern eine schwierige Situation. Das alles wird vielleicht die Intensivstationen vor dem Volllaufen retten, und die Impfungen laufen an. 300 000 sind mit der ersten Spritze versorgt, das wird noch ein riesiger Kraftakt, da durch zu kommen, meine Hoffnung ist, wenn die am stärksten Gefährdeten immun sind, wird der Nachschub in die Kliniken dünner, aber es braucht immer noch vier? Wochen, bis die zweite Impfung wirkt.
Als die Meldungen noch so unklar waren, hab ich mich aufgemacht zu einem Lauf, es könnte der letzte sein, war meine Angst. Bin die Standardstrecke lang getobt und hab wieder so eine chicke Bestzeit geschafft. Diesmal ging es hochzu sogar ein bisschen schneller als sonst, ich hab es schon unterwegs gemerkt, und runterzu bin gewetzt, wie es nur ging. Und siehe da, 50:08 min, wo ich sonst gern mal 53 irgendwas brauche. Es gibt grad in der Region einen Haufen Läufer, die das viel schneller können, aber die trainieren wesentlich konsequenter und ausschließlich Laufen.
In normalen Zeiten wäre ich schon wieder in Bayern gewesen, hätte meine Enkelfamilie besucht und dort viel erlebt mit den Kleinen. Es geht grad nicht, aber ich werde versorgt mit Bildern und Videos. Am allerallerschönsten war eins, wo Eva so ein Gepruste macht, das macht sie sonst ohne Brei im Mund. Nun hat sie auch diese Erfahrung, wie das spritzen kann. Ich schau´s mir immer wieder an.

Mittwoch, 6.1.2021

Die SPD meckert an Herrn Spahn rum wegen der Impfstrategie, hauptsächlich wegen der Einkaufsabstimmung über die EU. Das war Regierungsarbeit, meines Wissens ist die SPD da beteiligt gewesen. Sie will anscheinend klarmachen, dass sie nicht so gut regieren kann, das ist mal eine neue Taktik vor der nächsten Wahl.
Im Radio laufen Diskussionen zur Verhältnismäßigkeit des verlängerten und teilweise verschärften Lockdowns. Immer häufiger kommt das Tübinger Modell zur Sprache, OB Palmer hat veranlasst, aus finanziellen Mitteln der Stadt die Testerei in Altersheimen zu verstärken. Dadurch gab es lange keine, dann nur sehr begrenzte Ausbrüche in Heimen. Er hat noch mehrere Maßnahmen veranlasst für den Schutz der am meisten gefährdeten  Bevölkerungsgruppe. Da er Erfolg hatte, kann er jetzt über die parallel dazu laufenden Lockdownmaßnahmen  im Zusammenhang mit den nicht verbesserten Inzidenzzahlen sprechen, auch die Sinnfreiheit vieler Beschränkungen benennen. Er setzt das Erkrankungsrisiko ins Verhältnis zum allgemeinen Maßnahmenkatalog und stellt fest: Ziel verfehlt bei riesigen Kollateralschäden. Bei ihm klingt das sehr logisch, und die Diskussionspartner aus Medizin und Verwaltung, hören ihm zu, verstehen ihn und geben ihm zumeist recht.
Die drei Könige hab ich nicht gesehen, wahrscheinlich vor lauter Schnee. Dafür sah ich meine Möglichkeiten, draußen Sport zu machen, schwinden, Kälte ging noch, aber durch Schnee stapfen und die Stangen vom Tower erst enteisen zu müssen, das kommt selbst mir zu blöd vor. So werde ich mein Homeoffice in Betrieb nehmen, die Klimmzüge bringe ich noch nicht unter, es wird mal ohne gehen, aber Dips und Squats und alles für den Bauch kann ich zu Hause erledigen. Damit bin ich noch lockdowner unterwegs, als alle Vorgaben verlangen, entwickele aber langsam ein postcoronales Belastungssyndrom.
Eine Beobachtung möchte ich noch mitteilen, mir ist der Kassenzettel vom letzten Mal Tanken in die Hände gefallen, er stammt vom 3.12., der Tank ist noch halbvoll. Ich hoffe, mein Benzin verdirbt nicht, nein, tut es nicht ich weiß doch, aber so einen langen Zyklus hatte ich lange nicht. Beim Geldausgeben ist es genau das selbe, es reicht ewig, bis ich zum Automat muss.

Donnerstag, 7.1.2021

Die Arbeit geht wieder los, langsam, mit zwei Nachtschichten nur, der erste Tag ist wie ein freier Tag, weil es erst abends losgeht. So hab ich ausgeschlafen und ein langwieriges Frühstück erlebt, dann tatsächlich verschiedene Post erledigt und den Einkauf auch geschafft. Herrlich, wenn alles leergefuttert ist, und ich muss mir gar keine Sorgen machen um den Nachschub. Ich geh einfach los und kauf, was mir gefällt.
Einen kleinen Lauf gab´s, durch den Schnee, das ist ein schönes Erlebnis. Von den Bäumen klatschen immer wieder große Schneepacken, neben mir und auf mich. Auf dem Rückweg traf ich den Sonnenschein, also meine Lieblingstrainerin kam langgeradelt und wir hielten beide an auf einen Schwätz. Wir haben gar nicht viel Gelegenheit, miteinander zu reden, wenn wir es schaffen, stellt sich sofort so ein Miteinandereinverstandensein ein, als ob wir gleiche oder sehr naheliegende Wellenlängen benutzen.
Was ist in Amiland los? Der Trump hetzt und die Doofen rennen los und randalieren. Es ist ein Jammerspiel. Wir haben in Deutschland auch Anfänge solcher Mobismen in der Anhängerschaft der AfD und unter den Querdenkern, aber die Anteile in der Bevölkerung sind nicht so groß. Jetzt wäre es die Zeit, zu merken, wie weit das geht und was da für ein Mist rauskommt, mir fällt anhand der Zustimmungswerte, die Trump immer noch hat, nichts ein, was da zu machen wäre. Durch Miteinanderreden ist da kaum Land in Sicht. Den Anteil der Medien sollten wir überdenken, krasse Schlagzeilen bringen krasse Verkäufe, dieser Zusammenhang ist zu unbeachtet. Medien, die wirtschaftlichen Erfolg brauchen, sind nicht unabhängig. Das beeinflusst die Qualität von Nachrichten.

Freitag, 8.1.2021

Erste Nachtschicht ok, Schlafen ok, in die Gänge kommen ok, zum Sport an den Tower. Eine Stunde geschafft mit kalten Fingern, auch die Laufschuhe trotzen der Kälte nicht, wenn sie nicht gelaufen werden. Aber eine wohlige Muskelmüdigkeit ist an vielen Stellen hergestellt, einen Belohnungskuchen gab es, alles gut. Viel Zeit, einen Gedanken zu fassen ist nicht, wenn die Abfahrt zur nächsten Schicht nahekommt, und noch nicht alles erledigt ist, bleiben nur Restminuten, in denen gehaltvolle, kreative Sätze zu finden, das ist manchmal viel verlangt, bzw. schwierig, es verlangt ja niemand. Ich, nur ich. Und da merke ich sofort, wenn die Konzentration woanders hin zielt, oder unter diesen Umständen nicht stattfindet, bleibt es dünn hier. Drum morgen wieder.

Samstag, 9.1.2021

Als es anfing hell zu werden, ging ich schlafen. wollte nicht allzu lang in der Kiste zubringen, den Umstieg in Normalbetrieb schnell zu schaffen. Es ging nicht ganz glatt, als ich mich endlich auftrappeln konnte, war ich zumindest ausgeschlafen. In jungen Jahren habe ich Nachtschicht besser weggesteckt. Da ich nichts leisten musste, hab ich gelesen, immer noch den Mulisch, der hat fast 900 Seiten. Mir kam es so kalt draußen vor, dass ich auch keinerlei Lust entwickelte, am Tower was zu machen oder laufen zu gehen, dadurch hab ich zum Kaffee immer noch lesend da gesessen, heute gab es extra schöne Kekse und Plätzchen vom Padeffke, sehr lecker. Dann hab ich mir die Welt erklären lassen, auf SWR2 kommen ordentliche Nachrichten und Einschätzungen. Corona und Verlängerung des Lockdowns, langsam werde ich unwillig, aber die Zahlen sind Kacke. Trump und seine Mätzchen, dazu der Eifer der Medien. Dass er aus Twitter rausgeflogen ist, finde ich köstlich. aber die Kommentare sprechen davon, dass er dadurch und durch ein erneutes Amtsenthebungsverfahren zum Märtyrer wird, das bringt ihn, auch seine Anhänger, doch erst auf Ideen. Nebenher wird die Taktiererei seiner Politgefährten offengelegt, die Demokratie, die für mich immer noch das beste System ist, sieht dadurch nicht gut aus. Das wäre die Entsprechung zum real existierenden Sozialismus.

Sonntag, 10.1.2021

Auf der Alb und im Schwarzwald sei es wieder voll gewesen, da werden Straßen zugemacht, Leute abgewiesen, zurückgeschickt. In Digital und mit Handy sollte es möglich sein, aus der Restriktion ein Angebot zu machen. Im Schwimmbad musste man sich auch anmelden, warum fängt niemand sowas an und probiert wenigstens die Steuerung?
Da sitz ich relativ bedürfnislos zu Hause, am Rammert ist kein Stau und am Sportpark auch nicht. Ich war laufen, bei schönstem Sonnenschein und kaltem Wind, zur Dünnbachhütte hoch waren noch ein paar Menschen, dann hatte ich den Wald für mich. Es ging gut, die Kilometerzeiten waren in Ordnung, die zweite Hälfte war im Schnitt unter 4:50 min/km, auf den gesamten 16 km hatte ich 5:15, bei 245 Höhenmetern. Da komm ich zufrieden nach Hause, duschen, kochen, essen und ein Leseschlaf mittags. Soll heißen, am Anfang lesen, bis das Buch schwer wird, dann ein Nickerchen und noch nicht gleich aufstehen, erst noch paar Seiten.
Aus der Familie kamen schöne Videos von den Kleinen, die fangen an miteinander zu spielen, auch zu streiten, das müssen sie erst lernen. Da zuzuschauen ist sowas von spannend, wenn man sehen kann, wie sowas wie das eigene Interesse, das Habenwollen, das Auchhabenwollen erst entsteht und sich äußert.
In England die Not mit den Zahlen, die politische Idee, erst mal nur eine Impfung zu geben, um mehr Menschen zu erreichen, die Angst der Mediziner, daraus könnte eine Resistenz entstehen und wir fangen wieder bei Null an, weil dann der Impfstoff nicht mehr wirkt. Ich bin wirklich froh drum, da nicht entscheiden zu müssen. Jeden Tag neu Geimpfte machen Hoffnung, ich bin gespannt drauf, wie das hier klappt mit der zweiten Impfung. Immerhin muss da ein Zeitfenster eingehalten werden.

Montag, 11.1.2021

Als ich morgens den Biomüll rausbrachte, beschloss ich, mir kältefrei zu geben. Es zwickte und zwackte schon bei den paar Schritten über den Hof. Ok, ich war im T-Shirt draußen, aber beim Blick auf das Thermometer war klar, ich fang nicht an mit Sport draußen. Hab ich also mich um den Haushalt gekümmert, Ingwer geputzt und Gemüse, damit es drei Tage reicht, als alles erledigt war, nahm ich mir das Buch, und schon war die Kälte egal. Mulisch, der entdeckte Himmel, ich fang den vierten Teil an, das Ende vom Ende. Die Konstruktion des Buches ist sehr elegant, es wird schlüssig erzählt, eine einzige Stelle fand ich übertrieben, wo der Sternengucker von einem kleinen Meteoriten zerstäubt wird. Ansonsten lässt er seine Figuren in die Welt reindenken, sie formulieren genau und wiedererkennbar in ihrer jeweiligen Sinnsuche. Er lässt sie Urteile abgeben über Weltenzustände, je aus ihren verschiedenen Alter heraus, es ist gar nicht aufdringlich, oft im Fragemodus. Es kommt genug von der realen Welt vor, aber auch vom Träumen und Sinnen wird erzählt, natürlich geht es ins Märchenhafte, aber da lässt sich die Welt gut beschreiben. Drei, vier Tage werde ich noch brauchen bis zum Ende, da ich dauernd unterbrechen muss, wegen der Arbeit und so, würde aber schon von hier aus eine dringende Leseempfehlung geben. Die Arbeit, das ging alles gut, keine Unfälle, Ausfälle, Durchfälle, Reinfälle. Von der Kantine noch kurz. Vorige Woche schon hieß es, alle Kantinen müssen schließen, ich hab mich gewundert, weil es ein Hygienekonzept gibt, wir sitzen so weit voneinander und werden freundlich hinter Plexiglas bedient, zahlen mit Karte. Nun sind die Abstände noch weiter, es ist fast wie essen auf dem Fußballplatz, und unser Küchenchef sagt, es geht weiter. Hoffentlich kommt nicht irgendsoein Lauterbach und weiß alles noch besser.
Und jetzt ist Feierabend und schon las ich wieder ein Stück und bin am Genießen.

Dienstag, 12.1.2021

Beim Lesen kam folgendes zu Tage: Nachdem..., hatte er seinen Vater feierlich darüber in Kenntnis gesetzt, daß er zwischen dem Satz "Ich glaube nicht, daß Gott existiert" und dem Satz "Ich glaube, daß Gott nicht existiert" lange geschwankt habe, sich als Gläubiger aber zum zweiten Satz bekenne. Ein echter Mulisch-Satz, an dem ich hängen bleibe, den ich in seiner Verdichtung als zauberhaft wahrnehme und lange drüber sinniere, ohne ein festes Ergebnis zu bekommen. Dieses ganze Buch ist ein Lesespaß.
Unsere Kantine macht weiter, jetzt kommt allerdings eine unerwartete Komplikation zum Vorschein. Da viele meine Kollegen, die in die Kantine essen gehen, sich von der Ansage Alle Kantinen müssen schließen ins Bockshorn jagen ließen, waren wir heute nur eine Handvoll zum essen da, und im Loslaufen musste ich erklären, warum ich trotzdem dahin will. Gestern ließ uns der Koch bestellen, heute gab es keine Durchsage zum Thema, warum auch. Wenn aber weiter nur paar Hansel Suppe holen, macht er deswegen dicht. Manchmal ist es kompliziert in der Welt.
Die Arbeiterei war interessant, kurz vor dem Feierabend fiel mir ein Auftrag mit einer Sonderplatte in die Finger, von der ich nach kurzem Draufschauen wusste, dass ich nicht mal das Programm verstehe. Ich hab sie tapfer eingestellt und im Ablauf die Geheimnisse ergründet. Dann reichte die Zeit nicht mehr, das Ergebnis zu korrigieren, das machen die Kollegen aus der Folgeschicht, ich hätte wohl eine Weile gebraucht, alle Maße herzuholen. Morgen muss ich schauen, ob ich meine restlichen Fragen dazu unterbringe.
Vormittags war ich auf ein Stündchen am Tower, es war nicht so kalt wie gestern, aber ein böser Wind hat die Sache zeitlich begrenzt. Wenn es mal kalt wird, ist nicht mehr viel zu machen. Ich hab schon in den Pausen Liegestütze und Kniebeuge eingebaut, um mich warm zu halten, aber so ein kleiner Wind zum Hosenbein und untern Bund hinein ist markant.

Mittwoch, 13.1.2021

Obwohl ich nach der Spätschicht spät ins Bett gehe, wenn ich heimkomm gegen elf, will ich noch was essen, den Text machen, die Mails durchschauen und Nachrichten hören, stehe ich relativ zeitig auf, sonst schaffe ich den Sport nicht. So war ich kurz nach neun am Tower, da lag ein wenig Schneegekrümel und an den Stangen hingen Tropfen, beim Ranlangen merkte ich, alles gefroren. Auch die Aufstiegsflächen waren total rutschig, so dass ich in der ersten halben Stunde wirklich aufpassen musste. Mein Läuferfreund kam kurz nach mir rangerutscht. Dann kam die Sonne und hat zumindest mal das Wasser an allen Stangen aufgetaut, dann waren die eben nass. Wir haben trotzdem gutes Programm geschafft, heut war kein Wind, es ging gut auszuhalten. Nach anderthalb Stunden musste ich abbrechen, die nächste Spätschicht rückte näher.
Beim Lesen geht es an die letzten hundert Seiten, und es wird so spannend, dass ich einerseits es kaum aushalte, das Buch wegzulegen, wegen so banaler Alltagspflichten, andererseits ist es schade, wenn das Buch endet, schon jetzt tritt eine kleine Wehmut auf beim Gedanken daran. Interessant finde ich, dass Mulisch diese Spannung aufbauen kann, obwohl er auch vom normalen Alltag erzählt, wo z. B. jemand alt wird und an Leistungsfähigkeit und Antrieb einbüßt. Die Auseinandersetzung damit liest sich genau und nachvollziehbar, währenddessen bewegen sie die beiden übriggebliebenen Hauptfiguren auf das Finale zu. Was nur da rauskommt?
Die Coronanachrichten werden immer niederschmetternder, uferlose Lockdowns in Aussicht, zu wenig Impfstoff, jede Menge Pannen bei der Koordination und weiterhin schlechte Zahlen. Es scheint sich die Strategie festgefahren zu haben, keine neuen Gedanken, immer nur mehr von wirkungsarmen Maßnahmen. Dabei geht es nur noch um drei vier Wochen, bis die Alten mal durchgeimpft sind, damit müssten wir dann klarkommen. Die Ansteckungszahlen, Inzidenzwerte sind, glaub ich, nicht mehr die entscheidenden Zahlen, NeuPositivGetestete werden nach zwei Wochen zu Immunen, jedenfalls die meisten, Palmer hat in Tübingen gezeigt, wie man die Altersheime schützt und Ausbrüche kleinhält.

Donnerstag, 14.1.2021

Wäre ich ein Senegalese oder ein Namibier, hätte mir der viele Schnee bestimmt gefallen, ich hätte ihn angestaunt und angefasst und hätte eine Spur gelegt. Beim Aufstehen Schnee, beim Losfahren Auto freimachen, auf der Alb soviel Schnee, dass die Fahrt länger dauert, zum Feierabend ist das Auto kaum zu erkennen und es ist richtig Arbeit, bis ich lostuckern kann. Schön sieht es aus, Skifahren wäre auf der Alb gut möglich, vielleicht sogar im Rammert. Mich hat das viele Weiß abgehalten, laufen zu gehen, ich hab gedacht, wer weiß, wie das rutscht und das hat mir als Ausrede für Faulheit getaugt. Als später zwei meiner Kollegen erzählten, dass sie laufen waren, hatte ich gleich ein schlechtes Gewissen. Morgen also ein neuer Versuch.
Beim Lesen fehlen noch zwanzig Seiten, manches ist gelöst, aber eben noch nicht alles und auch nicht ganz. Muss ich dann noch ran.

Freitag, 15.1.2021

Die Woche mit fünf Arbeitstagen ist eine lange Woche für mich, ich war die Dreitagewoche gewöhnt über viele Jahre. Mir bleibt zu wenig Zeit für mich und den Sport und das Lesen und mein Sozialleben findet nur noch auf Arbeit statt. Da interessiert sich aber kaum jemand für selbstgemachten Sport oder Lesen und niemand versteht was von Musik oder Kunst. Ich verstehe nichts von Fußball und von Aktien und von Autos und Handyverträgen. Die Schnittmengen sind klein. Während der Wochenendarbeit war das unerheblich, da Gespräch in der Freizeit gelang. Nun trockne ich bisschen ein, der Effekt wird durch Corona verstärkt. Da muss ich über eine Lösung nachdenken. Ein Kollege in meinem Alter tut das auch und er hat sich das Ablöseangebot rechnen lassen, aber das war erwartet ernüchternd. Die zu überbrückende Zeit ist zu lang, bzw. das Geld zu wenig. Ich will mich nicht ins Bockshorn jagen lassen, werde weiter nachdenken, selbst darüber vergeht dann Zeit auf dem Weg zum Ziel.
Sport läuft auf Notprogramm, heute gelang eine kurze Einheit zu Hause, 40 Minuten, immerhin bin ich ins Schwitzen geraten. Bei den Temperaturen und Schnee kann ich mein Programm draußen tatsächlich nicht mehr durchführen. Der Schnee wird bald wieder weg sein, der Frühling kommt bald und hoffentlich erledigt sich irgendwann diese Coronakacke.

Samstag, 16.1.2021

So ein Wochenendtag macht mich sehr entspannt. Ich hab am Schlaf nachgeholt, mir ein Lesefrühstück gegönnt, mit meiner Kunstfreundin telefoniert, das hat mir gut getan, da es ein qualifizierter sozialer Kontakt war mit einem mir wohlgesonnenem Menschen. Nach gemütlicher Entschlussfassung bin ich laufen gegangen, ich entschied mich für Radwege im Neckartal, weil ich den Waldwegen eine gewisse Glätte unterstellte, die sich vor allem abwärts, wenn das Tempo höher wird, fatal auswirken könnte. So war es sonnig, der Schnee auf den Feldern funkelte je nach Richtung, wenn es auf die Sonne zu ging, blendete die Nässe auf den Wegen so, dass grünrandige Fehlsichten entstanden. Sie vergingen wieder. Ein Stück der Strecke lief ich im Schatten, eine kleine Wolke, die einzige weit und breit, verdeckte die Sonne, es gab einen begrenzten Schattenfleck, der eine Weile mit mir mitkam. Als ich auf dem Hof noch kurz ausdehnte, sah ich die Eiszapfen tanzen. Es war mir neu, dass die auf den kleinsten Wind reagieren wollen.


Den Wocheneinkauf musste ich erledigen, hab ich im Lidl gemacht, da am Handelshof zu viel los war. Ich kenn mich nicht gut aus da, es ist eine riesige Fläche, ich bin einfach durchgezockelt und hab mir in den Wagen gepackt, was mir gefiel. Nachdem ich alles verräumt hatte, gab es einen leckeren Linsensalat und ein halbes Pfefferbaguette, das endete in voller Zufriedenheit. Dann war frei, am Rechner daddeln, SWR2 hören, da kam Tschaikowski und eine Jazzsendung, Nachrichten auch.
Die CDU hat Laschet zum Vorsitzenden gewählt, Persönlichkeit und Profil ziemlich vermieden dabei, den kleinen gemeinsamen Nenner angestrebt. Laschet ist mir aufgefallen, als er im Zusammenhang mit dem Lockdown entschlossen gepost hat bei Sowohlalsauchaussagen: Wir müssen im ganzen Land einheitlich vorgehen, hat er verkündet und begründet, bevor er erklärte, jedes Landeskabinett wird selbstverständlich auf regionale Verhältnisse reagieren. In dieser Kunst des Vermeidens klarer Worte scheint er mir ein Meister zu sein.

Sonntag, 17.1.2021

Nachliefern sollte ich das Ende des Mulischbuches, ich habe es schon vorgestern fertig gehabt. Er hat es elegant innerhalb seiner Konstruktion enden lassen, die angekündigte Lieferung und Lösung ging auf traumhafte Weise verloren, so dass wir die Welt nicht neu organisieren müssen. Ich habe das Buch sehr gern gelesen, immer wieder gab es Sequenzen, an denen ich meine Freude hatte oder/und viel nachdenken musste, bzw. in meinen Traum- und Halbwacherfahrungen stöbern und abgleichen konnte.
Nächstes Buch, von Uwe Timm, "Kopfjäger". Der hat eine ganz andere Erzählstimme, so dass es beim Einstieg etwas rumpelte, aber er hat eine gute Erzählstimme. Ich folge ihm willig, find ihn volksnäher, einfacher von der Anlage her und in der Abfolge, auch scheint er mir zeitgebundener, das ist aber vielleicht nur bemerkbar nach dem Mulisch. Die ersten hundert Seiten funktionierten aber zumindest soweit, dass ich denk, das kann ich weglesen.
Viel Schnee am Vormittag, ich hab erst mittags zu Hause ein kleines Bodyweighttraining gestartet, Höhepunkt gesprungene Kniebeuge, da komm ich schnell ins Schnaufen. Auch das andere Training war eher kurz und heftig, ich hatte bei Nikita auf YouTube so was gesehen und nachgemacht, was mir taugte. Sofort danach bin ich auf die Laufstrecke, knapp 10 km über den Schnee. Manchmal rutschte es ein klein wenig bergauf, das ist dann anstrengend und nervig, als ich oben war, lief es perfekt. Der Schnee war schon zusammengetreten von all den Spaziergängern und Läufern vor mir, dadurch war eine kleine Dämpfung da und nichts rutschte. Lustig fand ich, die Spaziergänger, die ich überholte, hörten mich auf Schnee gar nicht, sie erschraken fast, als ich sie umkurven musste.
Nachmittags war ich der eine erlaubte Besucher, ich war zum Kaffee geladen, es gab einen vorzüglichen Ananas-Kokos-Kuchen, war mir noch nie begegnet und hat sofort überzeugt. Ein gepflegtes Schwätzle, nicht ausschließlich von Corona, diesmal auch mit Ausblicken auf Vorhaben im Kunstbereich. Ich hab mir Instagram für Künstler vorstellen lassen, alles interessant. Leider sind all solche Aktivitäten immer Zeitfresser, und Zeit ist nicht dehnbar, zumindest bei mir nicht. Vielleicht wüsste Einstein die Lösung.

Montag, 18.1.2021

Erste Frühschicht, da gerät mein ruhiges Leben aus dem Takt. Halb vier aufstehen ist wirklich nicht meine erste Wahl. Ich muss lachen über mich, wenn ich dann so vorbestimmt kleine Ziele erreiche. Also, raus aus dem Bett, kleine Aktion im Bad, die richtigen Klamotten und Schuhe anziehen, die für die Arbeit, nicht in zivil losrennen, dann zum Bus. Wenn ich das geschafft habe, ist erst mal allerhand gut. Wir arbeiten, obwohl die Stückzahlen hochgehen, durchgängig in kleiner Besetzung, weil unsere Oberen am Schreibtisch eine Produktivitätskennzahl festgelegt haben, bei der mehr Personal die Zielerreichung bei diesem Parameter verhindern würde. Mal sehen, wie lange wir uns da reinpassen lassen. Der Feierabend kam, der Bus für die Heimfahrt auch, ich hab bissle geschlafen, es war der Rumpelbus, bei dem manchmal nicht mal die Tür so richtig schließt, man kann dann dran zerren und ruckeln, manchmal klappt es. Zu Hause war ich der Meinung, da ich geschlafen hab, geht es zum Tower Sport machen, so lange es hell ist und nicht so kalt. Das gelang, auf dem Platz lag noch ziemlich Schnee und an allen wichtigen Stellen war er flachgetrampelt durch meine Vorgänger. Ich hab einige Tritte in den Tiefschnee hinzugefügt, um an meine Stationen zu kommen, in allen weiteren Runden bin ich meiner Spur gefolgt, um die Schuhe halbwegs trocken zu halten. Als der Mond da war und ein toller Abendhimmel, hatte ich anderthalb Stunden voll, es wurde kälter, ich durfte heim. Da war nur etwas Haushaltkram wegzumachen, somit konnte dieser Text entstehen.
Russland und Nawalny, das ist eine unglaubliche Geschichte. Weil Putin Konkurrenz wittert, wird mit seinem Einverständnis, auf seine Weisung, aus dem Weg geräumt, nachdem die Vergiftung nicht geklappt hat. Wir schauen im Moment viel nach Amiland, aber Russlands Mächtige konkurrieren mindestens an Plumpheit ebenbürtig zum Nochpräsidenten in den USA. Damit man es weiß, sag ich es hier: ich würde meine Beziehung zu diesem Russland einfrieren, aufs Gas pfeifen und auch auf die paar wirtschaftlichen Möglichkeiten und klarmachen, nicht so, nicht mit meinem Einverständnis.

Dienstag, 19.1.2021

Sag ich doch, Frühschicht ist nix für mich. Die Nacht, ich bin für meine Verhältnisse früh ins Bett gegangen, war nicht schlaflos, aber weit davon war es nicht. Warum auch immer, hab ich alle halbe Stunden auf den Wecker geschaut, gemerkt, ich kann noch lang schlafen, und hab die nächste Runde rumgerappelt. Irgendwann war es soweit, der Wecker bimmelte, ich war fast froh, diesen unerquicklichen Zustand verlassen zu können. Die Schicht ging gut rum, ich arbeite diese Woche mit einem Kollegen zusammen, der seine Sachen schnell und gut macht, viel routinierter als ich, und wir sind gut und miteinander ins Ziel gekommen. Soll heißen, das hat mir gefallen und so schaffe ich das. Auf der Heimfahrt im guten Bus fiel der Tiefschlaf über mich, erst kurz vorm Ziel kam ich wieder zu mir. Immerhin, es geht doch, also mit dem Schlafen. Ein bisschen Haushaltkram, irgendwas ist immer, ging schnell, dann der Lauf. Den hatte ich mir gestern auf den Morgenzettel geschrieben, da wusste ich noch nichts vom schlechten Schlaf. Nun stand es aber da, das Wetter passte, und es stand nichts anderes auf dem Plan, also gut, schon am ersten Berg hab ich gemerkt, dass es schwer ging. Schwere Beine, Müdigkeit und ein Restmuskelkater, dazu der Schnee, manchmal vereist, ich hab die Tour unterwegs geändert, um nicht oben im Wald ganz auf Eis zu geraten. Zehn Kilometer sind es geworden, nicht schnell, trotzdem kam ich mit guter Laune ans Ziel. Ein Konzertmitschnitt, Neil Young, davon hab ich viele, hat funktioniert und die Stimmung entscheidend gehoben. Ich hatte vor einigen Wochen von einem Essay berichtet über Neils Musik, und hörte die Titel heute, den Beitrag erinnernd und sie erkennend, ein herrlich intensives Hören.
Corona lässt ncht locker, jetzt probieren wir es mit dichteren Masken, muss ich mir erst besorgen. Einerseits. Andererseits geht das Impfen so langsam vorwärts, bzw es pausiert, weil nicht geliefert werden kann. Ich weiß nicht, ob ich die Zahlen richtig verstanden hab und einordnen kann, in den Medien gibt es viel und laut dazu, ich weiß trotzdem nicht so recht, woran es liegt. Schön wäre, wenn wenigstens die Todeszahlen langsam runtergingen, nach meinem Empfinden wäre das schon fast die Lösung.

Mittwoch, 20.1.2021

Dank der Kurzarbeit war bei mir Freitag, zwei Tage geschenkt, noch dazu Frühschichttage, das ist wie der Hauptgewinn. Die Kurzarbeitregelung ist eigentlich eine schöne Idee, um in Krisenzeiten qualifiziertes und eingearbeitetes Personal in den Betrieben halten zu können. Manchmal kommt auch der pfiffige Vorgesetzte drauf, den normalen Ablauf mit reduziertem Personal zu schaffen, das daheimgebliebene vom Arbeitsamt unterstützen zu lassen, dadurch der Firma Geld zu sparen und diese Verhältnisse so schleichend einzuführen, um dann hinterher, die Kurzarbeitergeldregelung läuft befristet, die Belegschaft zu schrumpfen. Soziale Marktwirtschaft.
Der Feierabend war mir willkommen, schlafend ließ ich mich heimfahren. Es gab dann eine Lücke im Elan, eigentlich wollte ich gleich los zum Tower, zum Sport. Aber da nahm ich mein Handy, saß auf dem Sofa und hab tatsächlich eine halbe Stunde vor mich hin gedöst. Es hat trotzdem für eine reichliche Stunde gereicht, ich hatte dabei den Eindruck, dass trotz der Regelmäßigkeit die Form langsam nachlässt und die Kompromissbereitschaft, die letzten zwei Klimmzüge oder auch ganze Serien wegzulassen, wächst. Wenn es anfängt, kalt zu werden oder dunkel, oft beides, brauch ich nicht lange, abzubrechen und mir gut zuzureden, dass es so langt. Auch da fehlen die schönen und anspruchsvollen Kurse, die heißen functional training oder Bauch spezial, die nicht enden, weil es dunkel wird, sondern wenn das Programm durch ist. Irgendwann wieder, so die Hoffnung.
Im Radio gehört: In Deutschland fallen jährlich 6 Millionen Tonnen Plastikmüll an, wovon eine Million Tonnen ins Ausland entsorgt werden, z. B. nach Malaysia oder in die Türkei. Ich schäme mich.

Donnerstag, 21.1.2021

Die Spannung, der Innendruck eines arbeitenden Menschen war zusammen gefallen, wenn ich frei hab, entspannt mich das  völlig. So hab ich ausgeschlafen, gefrühstückt mit Buch, ein wenig in der Wohnung rumort und telefoniert. Laufen war dran, ich sah auf dem Thermometer, dass der Frühling nicht weit ist, 12 Grad, in Worten zwölf, fast könnte ich in kurzen Hosen raus. Bin ich nicht, und das war richtig, denn ein Wind blies heftig. Ich bin hoch zum Wald gelaufen, auf Asphalt war alles gut, ab dem Waldweg war der Schnee noch da, vereist und so glatt, dass ich nach zehn Metern umgedreht habe. Ich bin weiter durchs Neckartal auf den Radwegen, hab fast 15 km geschafft im Schnitt von 5:10. Mittag gab´s vom Chinesen, da war es schnell erledigt, beim Abholen hatte ich mir ein Stück vom Käsekuchen mitgebracht, so dass es zu Hause Kaffee gab. Hervorzuheben beim Abendessen: Ich hatte noch vom Wurzelbrot, war an der Kurve angelangt und schnitt die Scheiben nach reichlicher Überlegung der Biegung folgend herunter. Das gab Scheiben mit einer dicken und einer dünnen Seite. Beim Belegen, also dem Aufbringen von Frischkäse konnte ich entscheiden, ob ich bergauf oder bergab streiche, beim Essen war schnell klar, dass ich am hohen Ende anfang, das Verhältnis von Brot zu Belag ändert sich unterwegs, wird immer luxuriöser. Ob das jetzt hier geschrieben stehen muss, ist mir nicht so klar, aber man wird´s ja wohl noch sagen dürfen.
Biden ist seit gestern offiziell im Amt, er hat einen furiosen Start vor. Er muss ja allerhand aufräumen. Das Benehmen vom Ex Trump ist unterirdisch, sein Abgang für ihn typisch, er wird als Rotzlöffel in die Geschichtsbücher gelangen. Ich will ihn schnell vergessen.

Freitag, 22.1.2021

Abends überfiel mich ein Gelüst, welchem ich in diesen Zeiten nicht nachgeben darf. Ich hatte zu Abend gegessen und wollte eine Runde spazieren gehen, ein bißchen laufen, die Nacht anschauen, nicht irgendwohin, sondern irgendwohin. Das zählt nach acht nicht als triftiger Grund, auf Arbeit dürfte ich, wahrscheinlich auch den Hund Gassi führen. Mich selbst Gassi führen, z. B. zur Weggentalkirche oder zur Altstadtkapelle, eigentlich egal, das darf ich grad nicht. Eine Weile bleibt das so, bis Corona sich verpisst hat. Das Tempo beim Impfen, die Schwierigkeiten bei der Terminvergabe und Durchführung, die Nachrichten sind voll davon, sind entmutigend. Dazu die Ankündigungen, im Moment noch raunend, alles würde bis Ostern so bleiben, die Forderung nach Inzidenzwerten von 25, ich kann´s grad nicht mehr hören.
Den Tag hab ich gut genutzt, die Bude ist geputzt, das Bett bezogen, die Wäsche hängt zum Trocknen, das Buch ist ausgelesen. Uwe Timm, Kopfjäger, eine bedingte Leseempfehlung. Er kann erzählen, springt in der Zeit vor und zurück, also eher zurück und wieder zurück, ich sag jetzt hin und her, inhaltlich, es geht um einen Anlageberater, der seine Kunden ab einem gewissen Scheitern ausnimmt, interessierte mich das weniger. Zumal die Geschichte sehr im Erzählzeitraum feststeckt, 1991 geschrieben, ohne groß auf diese spannende Zeit einzugehen. Das klingt jetzt wie ein Widerspruch, ich hab es so empfunden und mag es nicht genauer erklären, es ist kein wichtiges Buch.
Den Sport hab ich geschafft, ich war tatsächlich zwei Stunden am Tower, es war so warm, dass nicht mal die Hände an den Stangen kalt wurden. So hab ich all mein hängenden Durchdreher und Kopfüberklimmzüge und Arschhochhalter geschafft, die Handstände und Drachenflagge, das wird zu einem Muskelkater führen, egal, dann war es gut trainiert. Rückzu Halt beim Chinesen, aufgebratener Gemüsereis, schnell fertig, billig und lecker. Telefonieren mit den Eltern der Enkel, Rückmeldung meiner großen Freude über die Videos. Zwei Krabbelkinder sind am Erobern der Welt, jetzt fängt da das erziehen an, man muss nein sagen, obwohl man diesen Kleinen eigentlich alles erlauben möchte.

Samstag, 23.1.2021

Fundstück der Woche, auf einer Graffitiwand in Berlin-Wedding, fotografiert von einem Läuferfreund: Das Glück kommt, wenn du einfach deinen Furz rauslässt. Da hab ich meine Freude dran.
Es war ein Lese- und Lauftag, herrlich, das Buch ist gleich geschafft, "Der Coach" von John Grisham, ein schmaler Roman, in dem ich ergründe, wie er seine Bücher spannend macht. Er deutet gleich am Anfang irgendein ungeheures Geschehen an,  und erzählt draufzu. Nach zwei Dritteln lässt er es schon mal krachen, das ist aber noch nicht die Hauptsache. Es geht um einen Trainer in einer kleinen Stadt, der die Footballmannschaft zu vielen Gewinnen geführt hat, darüber sehr meinungsstark in der Stadt wurde, über seine umstrittenen Trainingsmethoden, selbst über die Opfer, die dabei anfielen, traute sich niemand zu reden, bis ... ja, soweit bin ich noch nicht.
Beim Laufen hat sich mir das Wort Klimawandel erschlossen. Unten auf Neckarhöhe sah es aus wie Frühling, je höher ich kam, umso mehr Winter trat auf. Auf halber Höhe, schon im Wald regnete es fast, das war aber vom tauenden Schnee, der von den Bäumen tropfte. Die Wege waren matschig rutschig, bis oben nichts mehr am Tauen war, da lagen 15 cm neuer Schnee, und es waren noch nicht viele Leute durchgelaufen. Zwei Kilometer oben mit verändertem Laufbild, um nicht so viel Schnee in die Schuhe zu schaufeln. Abwärts noch ein angepasster Stil durch fließende Wasser, bis auch das vorbei war, unten war der Rasen grün und der Weg trocken.
In den Nachrichten wird wieder aufgefordert, die Mobilität zu reduzieren. Keine Ahnung, wie ich das machen soll, ich lebe schon fast nach der Art der Pilze. Also ortsbeständig und einzeln stehend. Ich soll richtige Masken fast immer tragen, auf Arbeit und im Verkehr, beim Einkauf. Mach ich, zu Hause, wenn ich mich erwische bei Selbstgesprächen, setze ich die Maske auf. In den Bildern, die bei mir über runtastic ankommen aus der ganzen Welt, sehe ich, in manchen Ländern sind die Sportstudios geöffnet und mit Masken zu benutzen. Auch dazu wäre ich bereit, ich tät sogar damit duschen, wenn es denn nützt. Die Frage steht nicht, es ist zu. Zwischen den Nachrichten macht mir mein Radio viel Freude, heute hörte ich z. B. von Maurice Ravel das Klaviertrio a-Moll, es hat mich von allem andern abgehalten, so schön ist es. Jetzt läuft eine Jazzsendung, das Cornett im modernen Jazz, da steckt Energie drin und macht gute Laune. Die einzelnen Musiker werden kurz vorgestellt mit einer geeigneten Episode, die meisten Namen kenne ich, da werden die Geschichten sofort interessant. Ich bin froh um diesen Sender, SWR2.

Sonntag, 24.1.2021

Nachdem schon vom Frühling was zu schnuppern war, bin ich mit Handschuhen und Mütze zum Laufen los. Je höher ich kam, um so kälter und windiger wurde es, aber auch die Sonne schien, so dass alles im glitzernden Winterweiß auftrat. 14 km über den kahlen Berg nach Weiler hoch, weiter Richtung Niedernau und am Neckar heimwärts. Eventuell hab ich mir im kalten Wind eine Zerrung reingelaufen, das wird sich morgen zeigen, so richtig locker war ich nicht. Trotzdem, ich lebe in einer schönen Landschaft und genieße es, z. B. der Blick auf die Hechinger Burg ist überzeugend. Kleiner geht es auch, das Katzenbachtal mit dem Wasserlauf und den Brücken, die Wiesenlichtungen, manchmal steigt da Nebel auf, alles sehr schön.
Beim Lesen, Grisham ist veraltet, würde ich mal grob zusammenfassen, es ist spannend erzählt, aber er benutzt so viele Klischees, das ist durchschaubar und irgendwann nervig und langweilig. Die Dialoge zwischen Mann und Frau, z. B. mal verliebt gewesen, sind von außerordentlicher Dämlichkeit. Er war lange Bestsellerschreiber, da gerate ich an der Welt in Zweifel. Das nächste Buch, wieder ein Ami, David Klass, "Ihr kennt mich nicht", eigentlich ein vielversprechender Titel, fängt sofort doof an, ein erzählerischer Kunstgriff, immer derselbe wird über alles gekippt und ständig wiederholt, nach drei Seiten ermüdend, inhaltlich die Nöte eines pubertierenden Jungen, eigentlich ein gutes Thema. Nach siebzig Seiten alles so vorhersehbar wie nach zehn Seiten, ich werde es weglegen. Warum schreibt man so, warum druckt man das, wer verfasst einen Klappentext, der sonst was verspricht.  Wenn ich die Wiederholungen und Benennungsfloskeln ( Mein Vater, der nicht mein Vater ist, sitzt am Tisch, der kein Tisch ist, usw.) aus dem Text nehmen würde, käme man geschätzt mit einem Drittel des Papieres aus.
Der RBB stellt nach und nach die Lesung von Marcel Proust´s "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" online, man kann dann einen Monat lang hören, das runterladen ist angekündigt, funktioniert aber nicht. Heute hab ich hörend angefangen mit den ersten beiden Folgen, es sollen über 900 sein, das Einlesen hätte sich erstreckt auf den Zeitraum von acht Jahren. Mal sehen wie lange ich durchhalte.
Da denke ich, die Welt ist so voll von schönen Dingen, warum soll ich neue dazu geben, wenn wir gar nicht schaffen, das, was wirklich gut ist, zu genießen, zu konsumieren. Wenn ich mich hinsetze und zeichne, vergeht Zeit, in der ich Penderecki hören könnte oder lesen könnte oder an Videos Freude hätte. Selber zeichnen ist auch stark vom Gefühl her, wenn es gelingt, nun ja. Um die Klarheit meiner Position zu belegen, bekenne ich, dass ich für den hoffentlich coronabewältigten Sommer einen Kurs für freie, großformatige Zeichnung gebucht habe, das wird ein Stück meines Urlaubes.

Montag, 25.1.2021

Die Schneefallgrenze kam zu mir nach Hause, den Berg herunter. Aufgewacht bin ich von Schneeschiebegeräuschen, da war noch nicht viel zu schieben, deswegen machte es solchen Lärm. Es kamen während meines Frühstücks verschiedenartige Schneefälle zu stande, kleingrieselige, großflockige und auch waagerecht nicht fallenwollende Rieselungen, die waren unentschlossen, wo sie landen wollten. Jedesmal, wenn ich zum Fenster rausschaute, sah es ganz anders aus, bis es aufhörte. Da hab ich meine Sportklamotte drübergeworfen und bin hoch zum Tower. Ich war Erstbetreter.

Und hab versucht, loszulegen, beim Springseil zum aufwärmen stöberte das Seil den Schnee über mich. Es kam die Sonne, der Schnee fing an zu tauen, es tropfte überall, auch die Stangen wurden bisschen wärmer, trockneten schnell. Ich hab mein Zeugs durchgezogen, bald sah es so aus.

Manchmal war ich nur halb bei der Sache.

Und es fehlte an Zielstrebigkeit.

Sollte ich es beim nächsten Mal noch so vorfinden, werde ich es vervollständigen, damit niemand irritiert ist. Wenn es weg ist, ich hab ja die Bilder, da kann ich es trotzdem fügen.
Nachmittags hatte ich in Tübingen was vor. Corona und der ungemütliche Winter machte, dass kaum Menschen unterwegs waren, das liebenswert Wuselige dieser munteren Stadt war weg, still und starr standen die schönen Fassaden herum im Schneegestöber. Da freu ich mich mal vor auf den Sommer und auf hoffentlich wieder munteres Leben.

Dienstag, 26.1.2021

Es war ziemlich verschwendete Zeit, ich hab schlechte Bücher gelesen. Irgendwie hab ich gemerkt, dass es sich nicht lohnt, aber genau wie in einer schlechten Ausstellung, wo ich mir die Sachen anschau und mich drüber aufregen will, hab ich weitergeblättert und genau herausgekriegt, warum es so schlecht ist. Als ob man Bücher für Doofe macht, machen will, ich kann mir nicht vorstellen, dass man beim Schreiben nicht merkt, wenn es völlig unwahrscheinlich zugeht, oder Sprache niemals aus gelebten Sequenzen stammen kann. Lustiger Weise stand auf einem der Bücher im Klappentext was vom Meister der Fiktion, dem würde ich zustimmen. Ich sag hier nicht, was das zweite Buch war, das wäre mir peinlich, da ich erwartet habe, dass es nix taugt.
Als mittags die Temperatur etwas über Null ging, bin ich raus zum Laufen. Ich wollte nur irgendeinen Zehner machen, bin auf die Strecke, die gefiel mir nicht, bin anders weiter und weiter, zuerst mit einem herrlichen Rückenwind, so dass ich kaum merkte, wie weit ich lief und lief, das musste ich alles wieder zurück, so kamen 18,5 km zusammen. Die zweite Hälfte kam mir länger vor, sie ging dem Wind entgegen, und der blies erheblich und fühlte sich polarkalt an. Die Sonne schien die ganze Zeit, Vitamin D ist also aufgefüllt und die Musik war gut. Improvisationen von Keith Jarrett, da ist Verlass drauf. Es ist, als würde eine spannende Geschichte erzählt werden, ich bin so am zuhören, dass alle Beschwernis von mir fällt.
Noch ein kleiner Gedanke: Ich weiß jetzt, warum Vögel Nistkästen benutzen.

Sie brauchen nicht Schnee schippen.

Mittwoch, 27.1.2021

Heideblitz, das war kein Wetter für draußen, es schneite viel, später regnete es, morgens waren überall Schneeschiebende unterwegs. Ich hab Bilder aus Bad Reichenhall bekommen, dort war so viel Schnee runtergekommen, dass man sein Auto nur findet, wenn man sich gemerkt hat, wo es steht, zu erkennen war da nichts mehr. Dort sah es so aus, als ob Schneeschipper beim Schieben einschneien. Ich blieb daheim und hab weiter schlechte Bücher gelesen. Fitzeks Erstling, "Die Therapie", das Buch ist so was von blöd, das ist schon wieder lesenswert. Bisheriger Höhepunkt: Irgendein Inselbürgermeister, wittert das Unheil und bringt der Hauptfigur eine Pistole vorbei. Die Handlung spielt in Deutschland. Ja, klar, hab ich gedacht. Ansonsten geht munter das Licht aus und an, Generatoren laufen, obwohl sie nicht laufen, oder umgedreht, aus dem Nichts kommt jemand, es geht um einen Psychiater, da kann es schon ein wenig ausufern, den Rest lässt man in Träumen, gern auch Alpträumen geschehen. Jedenfalls ist es nicht langweilig, da dauernd was plötzlich passiert, schockauslösend wahrgenommen wird, da bleibt die Luft weg, es wird schwindelig, normales Leben hat da keinen Platz. Fitzek bekommt von mir die faulige Himbeere, oder wie heißt der Preis für besonders dumme Filme, und er hat sie sich redlich erschrieben, seine anderen Bücher, ich kenne deren letztes, halten den Standard hoch.
Den Sport hab ich zu Hause erledigt, Handstand, Liegestütze, Kniebeugen usw., das kann ich hier unterbringen, es ist eine Notlösung. Ich will wieder in mein Studio.
In der Schweiz haben die Museumsdirektoren aufgemuckt, sie wollen öffnen. Mit guten Gründen, finde ich, bei meinen letzten Ausstellungsbesuchen konnte ich mir weder das Virus einfangen noch es weitergeben, dazu war die Dichte der Menschen zu gering. Wenn es dann doch mal voll wird, z. B. vor Picasso oder so, kann man es lösen über Anmeldungen und Limitierung. Auch im Kino würde das gehen. Aber nein. Es wird so gesetzt, nicht mal diskutiert, auch nicht nachgebessert. Als ob es keine Hygienekonzepte gäbe, die haben alle viel Geld gekostet. Als ob ich für mich gar keine Verantwortung übernehmen könnte.

Donnerstag, 28.1.2021

Gleich fährt der Bus zur Nachtschicht los, dann ist diese paradiesisch lange Freizeit rum. Ich war in einer Regenlücke laufen, als ich los bin, gab es noch mal Wasser, aber die Sonne schien dazu. Oben im Wald lag der Restschnee, weich und matschig, es rutschte und patschte in die Schuhe rein, wenn man in die weiche Pampe trat. So war es bergauf richtig anstrengend, oben richtig nass, bespritzt bis an den Arsch kam ich wieder an. Duschen, essen, lesen, bisschen Zeit am Telefon, und schon ist es rum.
Über Fitzek wollt ich noch was schreiben, merk aber gerade, dass ich nur schlechtes von mir geben kann, das lohnt sich nicht. Für ihn die Höchststrafe, ich vergesse ihn.

Freitag, 29.1.2021

Abends wieder Nachtschicht, schon wieder die letzte, dank Kurzarbeit. Wir haben einen ordentlichen Arbeitsvorrat, unsere Produktivität wird hochgehalten durch organisierte  Personalverknappung, die der Staat gutwillig zahlt über die Kurzarbeitsregelung, die verlängert wurde wie der Lockdown auch. Ich will mich da nicht richtig beschweren, da kommt ja bei mir auch was an, jedoch in dem Bewusstsein, irgendwann müssen wir dem Staat sein Defizit über Steuern oder mit Solibeiträgen ausgleichen.
Die Arbeitgeber Metall sind in Tarifverhandlungen gestartet, sie zwicken und zwacken schon wieder am Altersschutz, an Pausenregelungen und Zuschlagzeiten rum, die Benennung ist dabei lustig, es geht um Konkurrenzfähigkeit, damit mein Arbeitsplatz hier sicher wird. Dieser Hals ist niemals vollzukriegen. Die Gewerkschaft hält dagegen, fordert den Inflationsausgleich und einen Zuschlag, die Gewinne seien gestiegen. Alle verharren im Wachstumsmodell, führen quasi eine veraltet wirkende Auseinandersetzung. Da stecke ich als Arbeitnehmer mittendrin und fühle die Fremdbestimmung konkret werden.
Draußen kommt viel Wasser vom Himmel, unterbrochen von kurzen Sonneneinlagen, wo es teilweise auch noch regnet. Viel Wasser kommt auch im Neckar hier vorbei, die Enten und Teichhühner rasen stromabwärts, flattern ein Stück aufwärts, dann von vorn. Egal, wohin sie den Kopf drehen oder wie sie rudern mit den Füßen, sie haben immer dieselbe Richtung und Geschwindigkeit. Ob sie sich auch fremdbestimmt fühlen?
Beim Lesen hab ich diesmal einen Glücksgriff getan, zumindest denke ich das seit 50 Seiten. Elisabeth Kostova, "Der Historiker", sie beschreibt die Forschung um die Figur von Dracula, lässt dabei kleine Merkwürdigkeiten und Bedrohlichkeiten geschehen, die ich alle hinnehme. Ich bin sehr neugierig und freue mich auf das Weiterschmökern.
Jetzt muss ich schnell ein bisschen Sport einschieben, nur hier zu Hause, nur eine schnelle Runde, um nicht rostig zu werden.

Samstag, 30.1.2021

Schnellschlaf nach der Nachtschicht, Umstieg auf das normale Dasein, die Nacht zum Schlafe zu nutzen, heißt einen müden Tag zu verbringen. Es ging mittags langsam los mit einem Lesefrühstück, das Buch entfaltet sich äußerst interessant, drei Generationen Historiker erzählen ihr Leben und die langsamen ersten Berührungen mit der Draculasaga, natürlich ein paar Unwahrscheinlichkeiten, die aber glaubhaft erzählt werden, so das sich ein Lesevergnügen einstellt und ständige Vorfreude auf die Weiterentwicklung der Geschichte.
Laufen wollte ich, weil irgendeine Challenge auf runtastic, zu der ich geladen war, 5 km von mir einforderte, es regnete, wie gestern auch. Irgendwann bin ich raus, beschloss, unter meiner Basecap interessiert mich Regen nicht, es ist deutlich länger hell trotz des grauen Himmels, so dass ich alle Pfützen gut sah, es kamen 9 km zusammen. Musikalischer Höhepunkt der Gitarrist in einem Konzertmitschnitt von Ayo, er zupft seins dermaßen kultiviert und gekonnt, dass ich in Schnappatmung gerate.
Von meinen Enkeln kamen Videos, sie fangen an miteinander zu agieren und müssen so vieles lernen. Hab das komplett vergessen, wie es konkret bei meinen Kindern zuging, als sie das selberessen ausprobierten. Ich schau mir das staunend an, in der Mischung von Spiel und unschuldiger Aktion, wo dann mal was durch die Gegend schwebt, sieht man nicht immer das Ziel, aber ich bin mir sicher, es wird erreicht werden. Da wartet das nächste. Bald, bald, bald werd ich wieder hinfahren können.

Sonntag, 31.1.2021

Einen Sonntag ohne Laufen, das hatte ich lange nicht. Morgens war mir zu viel Wasser in der Luft. Ich hab dagesessen und gelesen, mir hat nichts gefehlt. Irgendwann war es rum mit dem Regen, aber da ich gestern schon war und Lust auf den Tower hatte, bin ich mittags hoch zum Sportpark. Eine junge Frau trainierte schon, ich kannte sie vom Sehen, sie war schon da gewesen. Wir hatten beide Musik auf den Ohren, hatten beide Bock und zogen jeder sein Programm durch, bei ihr sah es deutlich mehr nach Sport aus als bei mir. Egal, ab und zu hielten wir einen kleinen Schwätz, gutgelaunt, dann ging´s weiter. Ich hab zwei Stunden fast vollgemacht, am Ende noch eine kleine Jonglierübung, aber da sind die Hände zu kalt, es blieb ungelenk, also noch ungelenker als sonst.
Im Radio kam ein Bericht über die religiöse Rechte in den USA. Ein Weltbild wird vorgzeigt, das empfinde ich als so bescheuert, dass ich es kaum glauben kann. Selbstgerecht wird der Anspruch vom auserwählten Volk, das der Welt zeigen muss, wie´s geht, vorgetragen, ohne dass der beträchtliche andere Teil der Menschheit drin vorkommt. Schon der Tonfall der Originalstimmen ist mir zumindest mal unsympathisch, in der Übersetzung, falls ich sie brauche, wird es nicht besser. Es klingt ähnlich, wie Äußerungen aus dem Pegida- oder AfD-Volk hierzulande.
Die Behandlung der Impfgestaltung in den verschiedenen Nachrichten erzeugt mir ein Unbehagen. Kleine oder unklare Meldungen über Impfschäden, auch -pannen werden sehr breit vorgetragen, über die Wirksamkeit bei Älteren mit einem Impfstoff höre ich seit Tagen, lese von der Impfskepsis vieler, die in der Pflege arbeiten. Sind wir alle zu Fachleuten geworden, ausgestattet mit vielen Informationen, die wir nach Belieben einordnen, dann kommt raus, was rauskommt. Ich erinnere mich an die Impfungen in Kindertagen, d. h. die Sprachregelungen drumrum, da musste das einfach erledigt werden, die Eltern waren froh, wenn das in der Schule erfolgte, ich glaube, sie mussten die Einwilligung unterschreiben und dann war es gut.
Dieser Text müht sich sehr, ein Ziel zu erreichen, man liest die Angestrengtheit heraus, ich finde es schwierig, über manches in der Welt zu sprechen, wo ich nicht gut Bescheid weiß. Trotzdem finden diese Themen statt und fallen mir vor die Füße. Da versuche ich vorsichtig, mich kenntlich hinzustellen in gewisser Unsicherheit.

 

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