Sonntag, 1.11.2020
Beim Aufstehen, beim Frühstück hat es noch
nicht geregnet, ich saß lesend hinter dem Küchenfenster, blicke auf,
alles nass. Also gut, war ich schon aufgestanden, konnte nicht
einfach sitzenbleiben wegen einem kleinen Wasser vom Himmel. Es war
der letzte Termin, an dem wir als Gruppe unterwegs sein durften. Das
bekamen wir per Ansage, im Regen stehend, durchgesagt, waren dann
froh, als wir auf die Strecke konnten. Diesmal ging es flach los,
die Friedhofstour an Allerheiligen. In Kiebingen, Rottenburg,
Wendelsheim, Pfäffingen, Wurmlingen und Hirschau ging es an den
Liegewiesen vorbei, hab ich was vergessen, egal, zwischenrein ging
es durch den Weinberg, die Laubfärbung ist sensationell, und
Dorfpassagen waren dabei, die hab ich noch nie benutzt. Die erste
Stunde hat der Regen zugenommen, bis hin zu Blasen in Pfützen, aber
es war nicht kalt, dann wurde es weniger, hörte auf, aber am Ziel,
nach 20,5 km, tropfte es immer noch vom Schirm der Mütze. Da man mir
beim Reden die vergehende Erkältung noch anhörte, bin ich nicht ins
Studio in die Sauna, sondern brav nach Hause in meine Badewanne.
Nach dem Mittagessen, selbstverzapft, weil sonntags in der kleinen
Stadt und vor dem Lockdown, wer weiß, hab ich mich mit einem Freund
getroffen und ihm den Bücherschrank vorgeführt, ist das jetzt ein
Konkurrent um die schönsten Bücher?, man wird sehen, bei einem
Kaffee haben wir einen Schwätz gehalten. Interessant war mir die
Rückmeldung zur Musik, ich hatte ihm ein paar schöne Sachen auf dem
Stick mitgegeben. Die klassischen Aufnahmen hätten ihn angesprochen,
die aus dem Jazzbereich eher nicht. Da ich ihm eine gewisse Neugier
und große Aufgeschlossenheit unterstelle, und auch nachfragte, warum
dies und das andere nicht, kam die Sicht auf die Vertrautheit der
ganzen Familie mit der Klassik, alle spielen ein Instrument und
musizieren aus dem Bereich. Meine Mutter hatte Dixieland auf Vinyl,
und in dem Dresden meiner Kindheit und Jugend gab es alljährlich das
Dixielandfestival mit internationalen Bands. Das wäre ein Hinweis
darauf, dass es entscheidend sein könnte, womit man vertraut ist
während des Aufwachsens. Ich hab erst später erweitert in den
Bereich der Klassik. Nun ja, da werde ich weiter dranrumdenken.
In den Nachrichten: In der Slowakei will man flächendeckend testen,
freiwillig, mit dem Ziel die Ausgangssperre nur für Menschen mit
positiven Ergebnissen wirksam werden zu lassen. Ich finde das mal
einen Gedanken, es ist eine andere Herangehensweise, da gibt es
sicher auch Argumente dagegen, aber es ist ein Weg. Ich würde nicht
von Diskriminierung reden wollen, wenn man eine Gruppe wegsperrt,
die andere nicht, es ist ein Verfahren, das an Lösung interessiert
ist. Man kann einwenden, es sind nur 5,5 Millionen Einwohner, nicht
vergleichbar mit Deutschland, mag sein, ich würde mir das trotzdem
genau anschauen, hätte ich Verantwortung hier.
Montag,
2.11.2020
Haushalt, Bett beziehen, Bude putzen,
Wäsche waschen, Blumen gießen, neu gekaufte Pflanzen auf Plätze
festlegen und mit Untersetzern versehen, alles dauert, Mittag selber
was richten, draußen könnte ich holen, aber der Müll, der drumrum
entsteht, nervt. Von gestern hatte ich noch einen Strudel da, Kaffee
gab es auch zu Hause, ich hab mich so was nach der Vorgabe von Frau
Merkel gerichtet, fast verdiente ich den Montagsorden dafür. Dann
hab ich mich am Rechner verbissen in die Aufgabe, ein kleines
Möbelstück zu finden, welches in meiner Küche die Abstellfläche für
die Mikrowelle ergeben soll. Es ist mir nicht gelungen, die
gefundenen Stücke taugen für superschicke Haushalte, oder sie waren
nicht gut gearbeitet, oder sie sahen fürchterlich aus, ok, die Maße
waren ziemlich streng vorgegeben. Ich werde morgen in den Baumarkt
gehen und mir was zurecht fummeln. Darüber ist es dunkel geworden,
ich wollte raus zum Sport, und hatte es verpasst. Hab deshalb SWR2,
Nachrichten gehört, immer weiter gehört, morgen ist Wahl in Amiland,
ich mache mir Sorgen. Ein Freund rief an, ich kenne ihn seit dem
Studium, jetzt war eine lange Lücke zum letzten Mal entstanden, da
wir aber vertraut waren, sind wir es noch und es ging gut und
leicht. Ein bisschen Corona und viel Nachdenken über den Sinn in
unseren Leben. Das habe ich selten, vielleicht sollte ich mich ein
wenig mehr um mich selbst kümmern.
Dienstag, 3.11.2020
Dieser Tag ist mir durch die Finger gerutscht. Ich fing an wie
immer, wenn frei ist, mit Frühstück und Lesen. Das Buch von den
Molchen ist großartig, ich bleib dauernd hängen und muss drüber
nachdenken, wie er das 1936 schon schreiben konnte. Dann hab ich
Entschlussfassung betrieben, meinen Plan lustlos angeschaut und
zwischenrein das Handy ... . Es hat ziemlich gedauert, bis ich mich
drangemacht habe, also gut, Glatze machen spart 15 Euro Friseurgeld,
in den Baumarkt gehen und das Zeugs zusammensuchen für die
monumentale Erneuerung in meiner Küche, nach einem fast vollendeten
Leben hab ich mich entschlossen, eine Mikrowelle anzuschaffen und zu
nutzen. Dazu gehört ein Platz, wo sie stehen kann, der muss
hergestellt werden. Hab auf Anhieb alles bekommen, vor Freude hab
ich an den Pflanzen langgeschaut und bin fündig geworden. In meinem
Bad blüht jetzt eine Gloxinie und ein neues Dickblattgewächs wird
sich hoffentlich entfalten. Da ich unterwegs war, bin ich in der
Intro (der Rottenburger Second-Hand-Laden) nach Büchern und anderen hübschen Sachen suchen gegangen, hab
nur sehr wenig ausgegeben für einen Blumenhocker und eine wundervoll
schmuckfreie Blumensäule. Das war nicht meine Intension beim
Reingehen, aber so spielt das Leben. Zu Hause, Mittag, Olivennudeln
unter Käse, sehr lecker, und Verpackungsmüll meidend selbst
bereitet, es gab ein Schläfchen hinterher. Lesen, Kaffee, eine
Puddingschnecke als süße Prämie, wofür eigentlich, ein bisschen
telefonieren und an meinem Bastelprojekt vorbereiten, auspacken und
saubermachen, es war dunkel, kein Sport draußen, was bin ich für ein
Trödlheinrich. Der zweite Tag, so, als ob es überraschend dunkelt,
ich mache mir Gedanken. Um die Bilanz dieses lahmen Tages
aufzuhübschen, bin ich zu Kaufland, ich brauchte ein paar Weckle,
und wollte nach der Mikrowelle suchen. Und siehe da, eine Sorte war
da, Preis ok, mit Grillfunktion, ok, ich brauchte nicht wählen,
herrlich, nur mitnehmen, jetzt steht sie zu Hause. Die Größe passt
zu dem vorhandenen Platz, ich kann einen Haken dran machen. Eine Art
Ziel war erreicht, ich blieb am Rechner, stieß auf SWR2 auf eine
Sendung über das anstehende Jazzfest in Berlin, unter
Coronabedingungen ist was ganz anderes draus geworden, herrlich
verfügbar für Hörer wie mich gibt es alles im Streamingangebot, ein
ganzes Jahr lang steht alles in der Mediathek. Es sind Leckerbissen
darunter, mir völlig unbekannte Musiker machen mich total neugierg
drauf, klangvolle Namen sind auch dabei, auf Matana Roberts freue
ich mich, die höre ich schon lange. Da werden Live-Inhalte in großem
Umfang bereitgestellt. Die Sendung ging zwei Stunden, da hab ich
zugehört, so dass ich mich beeilen musste, diesen Text heute zu
liefern.
Mittwoch, 4.11.2020
Es fing mit einer lustigen Szene an, für mich, der ich hinter meinem
Küchenfenster saß, auf schaute, es lief auf der Straße ein riesiger
Jungbulle vorbei, gefolgt von einem Jungtreiber, der recht
verschwitzt aussah. Der Verkehr kam zum Erliegen, der Bulle lief
davon, stadtauswärts, dann kam die Polizei, es dauerte noch etwas,
bis ein Auto mit großem Hänger kam, erst hin, dann zurück, das war
es. Der Bulle war sicher beim Anliefern an den Schlachthof
ausgebüxt, eigentlich hab ich ihm die Daumen gedrückt, aber so was
endet immer gleich.
Nach anderthalb Wochen der erste Sport, es
ging schwer. Ich bin mittags hoch an den Sportpark, um den
Crosstower zu nutzen, hatte ihn für mich allein im kalten Wind, von
oben beäugte mich ein Falke auf der Lampe sitzend. Es muss ein
Vegetarier gewesen sein, denn er kam ab und zu runter und mühte sich
mit den Nussbüscheln von den Baumhaseln.
Auf dem Rückweg hab ich
mir vom Chinesen was geholt, mich gestört am Styropor, es ist
wirklich bescheuert, für einmal nach Hause tragen und wegschmeißen
findet vorher ein komplexer Herstellungsakt statt, dem
Ingenieursdenken vorausging, nachhaltig ist anders. Ich darf aber
nicht vor Ort vom Teller essen, ich darf keine Schüssel mitbringen,
bzw. der Koch darf sie nicht befüllen, wie soll man da die Welt
retten.
Nachmittags ein Baumarktbesuch, es gab eine Panne beim
Möbelstück erfinden: Das, was ich gekauft hatte um es
auseinanderzumachen, war nicht nur geklammert, sondern auch geleimt.
Keine Chance, es zu lösen. Wie Alexis Sorbas
beim Scheitern auf dem Berg stand und lachte,
saß ich im Keller und hab gelacht. Also von vorn, nachdenken, Hölzer
holen, und mit frischem Mut alles weitere auf morgen verschoben.
Noch schnell ein kleiner Klamottenkaufversuch, meine Hoodies sind
erneuerungsbedürftig. Beim Anprobieren, ich bin zwischen M und L,
und muss probieren, hatte ich einen erwischt mit zwei Ärmellängen. S
links
und L rechts, eigentlich hätte ich ihn als selten vorkommend kaufen
sollen.
Donnerstag, 5.11.2020
Na also, bei mir kam es gestern abend, in der Zeitung stand es
heute, die Geschichte vom entlaufenen Bullen. Ich hatte von meinem
Küchenfenster alles richtig gesehen.
Mein Küchenmöbelstück kommt
voran, bis zur ersten Klebestelle kam ich, nun muss es aushärten.
Morgen weiter. Ein Läufchen bei schönstem Sonnenschein, ich kam über
12 km und war froh im Wald. Das Buchenlaub in allen Varianten von
grün über gelb zu braun, es funkelte im Blinkerlicht. Auf den Ohren
ein Konzertmitschnitt von Ayo, niemand spricht innig liebevoller mir
seinem Publikum, also auch mit mir, dann singen alle mit und es ist
gute Stimmung. Ich erinnerte mich an das Gespräch am Sonntag, da
ging es um Musik und warum sie funktoniert. Von emotionaler
Beteiligung, Anteilnahme und Empathie bei Konzertmitschnitten,
ebenfalls ein Schlüssel für den Zugang. Jedenfalls war wiedermal
klar warum ich laufe. Es ist nicht nur der Sport, es ist der Genuss
am intensiven Hören.
Viel Nachrichten gehört, die Wahl in Amiland
wollte ich wissen. Kein Ergebnis, nur weitere unglaubliche
Entgleisungen dieses Trumps, der mir sonst so auf den Geist gehe,
dass ich es strikt vermeide, ihm zuzuschauen. Jetzt will er dort, wo
Biden eventuell, hoffentlich mehr Stimmen bekommt, kraft seines
Amtes das Auszählen beenden. Der tickt nicht richtig, hat überhaupt
nicht verstanden, was er für eine Rolle spielt. Dass es soweit
kommt, dass ich auf ein Ergebnis warten muss, macht mir Amerika
nicht sympathischer, man konnte sich lang genug blamieren mit seinem
Präsidenten, nun wollen ihn allerhand Leute noch mal ran lassen.
Freitag, 6.11.2020
Am Kleinkram verkämpft, Blumen gießen, einkaufen, telefonieren,
Überweisung gemacht, vielleicht noch Diesunddas, soll ich alles
aufzählen. Als es mir reichte und als es Mittag wurde, bin ich zum
Studio, das geschlossen ist, und hab draußen mein Ding gemacht. Vor
zwei Tagen hatte ich einen Gummizug vergessen, der hing noch da,
fand ich gut. Wieder das Gefühl, allein zu trainieren ist irgendwie
unvollständig.
In Amiland zieht es sich und Trump rüpelt weiter.
Ich merke, dass ich die Welt, in der so jemand Präsident werden
kann, nicht verstehe. Ich hab kein Problem damit, wenn ein Mister
Präsident sich einen blasen lässt und dabei erwischt wird, das ist
nicht sonderlich elegant, aber es hat kaum jemandem geschadet. Trump
hingegen hinterlässt überall Trümmerfelder, irgendwer muss das
aufräumen, bzw. aushalten, dass der Schaden da ist. Der Ruf Amerikas
ist sowas von versaut, allerdings hat er das mit Hilfe seiner Wähler
hingekriegt.
Das Buch von Capek hab ich fertig, (Der Krieg mit
den Molchen), und spreche hier eine dringende Leseempfehlung aus.
Ein bald hundert Jahre altes Buch, darin ein bitterbös, lustiges
Weltenbild, das völlig aktuell wirkt, wenn es von den Tugenden des
Wirtschaftens, des sich die Erde untertan machens, in dem Falle auch
noch die Meere, und vom höher weiter schneller berichtet. Dazu
meisterhaft erzählt, schon Thomas Mann hat es gelobt, ich jetzt
auch.
Samstag, 7.11.2020
Ich habe feststellen können, dass es keinen konkreten Unterschied
macht, ob ich mit 58 oder 59 faul bin. Mit zwanzig war das wohl
anders, faul sein war da nahe an der Selbstzerstörung, trotzdem war
es schön. Zumindest behauptet das meine Erinnerung.
Es ging mit
einem Video los, ein Gratulationsvideo mit meiner Enkelin, das war
nicht sonderlich konkret, dafür ganz hinreißend. Als verzückter
Großvater scheine ich zu taugen. Lesezeit, ich bin mit einem neuen
Buch unterwegs, eher ein Thriller, wenn man Thriller sagt, wird es
da vor jedermanns Mund feucht?, es gibt ein paar gut erzählte
Stellen, jedoch weiß ich noch nicht, ob der Plot läuft. Die
geraunten Andeutungen sind im unwahrscheinlichen Bereich, und wenn
ich es gar nicht glauben oder nachvollziehen kann, muss ich das Teil
vorzeitig weglegen. Als mir der Arsch vom Sitzen weh tat, ich sag
hier Arsch, es ist mein Text auf meiner Seite und mir tat der Arsch
weh und nicht der Hintern, hab ich mich zum Laufen aufgemacht. Die
Standardrunde, vorbei am Fliegenpilz, bei sonniger Stimmung, die
paar Tulpenbäume auf dem Weg zur Dünnbachhütte werfen ihre goldgelb
gefärbten, auffällig geformten Blätter auf den Weg, und wenn das
Licht drauf fällt, ist es eine überzeugend schöne Dekoration. Die
Zeit reichte zum Duschen, zum Mittagessen, dann war ich geladen zu
Kaffee und Kuchen, der war selbstgebacken von selbstgesammelten
Äpfeln, und schon gefiel mir die Welt sehr. Den Nachmittag und Abend
hab ich vertrödelt, Nachrichten gehört, in Amiland hat es gereicht
zur Verhinderung einer Katastrophe, ich hab gemerkt, das hat mich
sehr beruhigt. Trump soll sich einigermaßen störungsfrei von dannen
trollen, dann will ich ihn vergessen.
Sonntag, 8.11.2020
Ich war neugierig, wie das Treffen zum Laufen heute aussieht, nach
der Ankündigung des Lockdowns. Man sollte nur zu zweit laufen, der
Streckenvorschlag war ohne die übliche Zeitangabe. Und tatsächlich,
die meisten sind von vornherein weg geblieben, was sind wir nur
gehorsam. Da stand ich da, keine Gruppe 1, niemand außer mir für die
2, die dritte Gruppe war besetzt. Zum Glück hatte ich es so
gewittert und mir die Strecke gründlicher angesehen, hab
beschlossen, die lange Strecke für die schnellen Läufer zu wählen,
da keiner da war, konnte ich niemanden aufhalten durch meine
verhaltene Art, mich durch den Wald zu begeben. War ich zum ersten
Mal Schnellster und Führungsläufer, die Strecke führte durch meinen
Heimatwald. Mit den Schnellen wäre ich nicht mitgekommen, der
Schnitt auf die 22 km war 5:47 min/km, 260 Höhenmeter waren zu
bewältigen, ich war es zufrieden. Unterwegs, erst war es bedeckt,
kam die Sonne und ich fing an zu forschen nach meinem Lichtsaum auf
betauter Wiese. Ich hatte weiter oben schon mal berichtet und wollte
Fotos machen, hab ich auch, aber die Qualität des Wiesentaus war
mangelhaft. Ich hab es schon deutlicher sehen können und warte also
auf nächste Gelegenheit.
Natürlich frag ich mich, ob meine Wahrnehmung in Ordnung ist, ich
hab immer mal wieder die anderen gefragt, ob sie so was kennen,
bisher null Treffer. Da hoffe ich, es steht nicht allzu schlimm mit
mir.
Wieder zu Hause, nach dem Duschen, gab´s Mittag,
Dinkelvollkornnudeln mit rotem scharfem Paprika und Frischkäse. Es
war so lecker, dass ich hinterher müde und beglückt auf meinem Sofa
darniedersank und ein Mittagsschläfchen zuließ. Lesezeit, was am
Rechner, schon war´s das.
Montag,
9.11.2020
Das war der erste Arbeitstag seit langem,
es ging gut, aber ich hätte es auch ohne ausgehalten. Na gut, ich
verdiene so meinen Unterhalt. Sonst hätte ich keinen. So bin ich
früh aufgestanden, um hier zu Hause alles klar zu machen, dann hab
ich ein Stündchen für den Sport gehabt, bin am Crosstower gewesen.
Die Sonne schien, vormittags gibt es dort Doppelschatten, das ist so
irritierend, wenn man seinen zwei Schatten begegnet.
Die Fahrt
mit dem Bus zur Arbeit hab ich verschlafen, dann das Maskengetrage
auf Arbeit, in meiner Reihe brauche ich keine, sonst muss man immer
dran denken, beim Kaffeeholen, Händewaschen, schwarzes Brett lesen,
pinkeln gehen, den Messraum betreten und und und. Ich
arbeite zur Zeit
in der Nachbarreihe, mein Schrank, darin bewahre ich die Maske und
den Kaffeepott auf, steht in meiner bisherigen Reihe, drum muss ich
mir vor jedem Weg erst überlegen, wie ich anfange und wo ich hin
will. Da ich mich in der Nachbarreihe noch nicht gut auskenne, muss
ich sowieso ständig nachdenken, wie ich meine jeweiligen kleinen
Ziele erreiche. Es wird besser mit jedem Tag.
Zu Hause, nach der
Busfahrt, gibt es was zu futtern, ich will Nachrichten hören bzw die
Artikel der NZZ lesen, die mich interessieren, muss die Mails
anschauen und den Text tun. Ob das alle Tage klappen wird?
Dienstag, 10.11.2020
Am Himmel, vormittags, als ich beim Sporteln war, sah ich im Blau,
das nicht makellos war, ein wenig diesig noch, einen Ausschnitt,
also ein Stück von einem blassen Regenbogen. Warum sah ich es? Ich
lag für eine Bauchübung auf dem Rücken und sah nichts anderes als
Himmel. Jeder kennt den Regenbogen, der steht sonst immer geordnet
über dem Horizont, dieser Ausschnitt heute ging ohne Richtung zur
Erde von statten. Hab ich so noch nie gesehen. Nun schaut der
Normalbürger eher selten liegend in den Himmel rauf, vielleicht gibt
es so was oft und keiner schaut danach. Ich habe jedenfalls schnell
ein paar Aufnahmen mit dem Handy gemacht, und tatsächlich, ganz
schwach ist es zu sehen. Beim Fotografieren wusste ich nicht mal ob
ich ihn drauf hatte, richte mal das Handy im merkmalslosen
weiten Himmel auf so was. Ich hab mich dann so plaziert, dass ich am
Tower rauf die Richtung bestimmen konnte. Jetzt, wo ich´s hier
aufschreibe, frage ich mich natürlich: Muss man sich mit solcherlei
Kram beschäftigen? Aber soll ich es vielleicht ignorieren, nur weil
es mir noch nie vorkam? Außerdem gelang mir noch ein Video von den
Doppelschatten, wo es wirklich gut zu sehen ist. Wenn ich davon
erzähl, z. B. meinen Kollegen, werd ich komisch angeschaut.
Mittwoch, 11.11.2020
Herrliches Datum, man stelle sich vor, wie das im Jahr 1111 gewirkt
hat. Haben es die Menschen, meist unkundig des Lesens überhaupt
bemerkt? Mein verblichener Schwiegervater hatte den Geburtstag an
diesem Tag. Und meine Kollegen sind meinem kürzlich gewesenem
Geburtstag auf die Spur gekommen und wollen einen Kuchen essen. Ich
wäre gar nicht drauf gekommen, dass man es so machen kann, da ich
meinen Geburtstag kaum begehe, auch bin ich ganz unvertraut mit den
Gebräuchen dieser Schicht, die für mich relativ neu ist. Also gut,
mal sehen, ob ich das morgen so geregelt bekomme.
Ich habe
gegoogelt nach dem gestrigen Regenbogenabschnitt, es könnte was mit
Halos zu tun haben, die anscheinend nicht so selten sind, aber
wesentlich weniger wahrgenommen werden als richtige Regenbögen. War
mir was neues.
Es gab eine dümmliche Anmache auf Arbeit wegen der
Maskenträgerei. Ich ließ mir von meinem Kollegen das Messen einer
Sonderplatte erklären, dabei seien wir uns zu nahe gewesen. In
unserem Gang, brauchen wir keine Masken tragen, beim Reden
anscheinend schon. Da kamen also zwei meiner Vorgesetzten zu uns,
mein Kollege hatte da seine Maske schon drauf, ich hab durch die
lange Wochenendarbeiterei ohne Vorgesetzte diesen Instinkt
anscheinend verkümmern lassen, und fragten, ob mir was auffiele.
Blödes Rumgerate, nein, weiß nicht, dann die dramatische Auflösung.
Mit der Erklärung, die andern könnten das bei uns sehen und uns dann
verpetzen oder was?. Jedenfalls war das mein sinnlosestes Ereignis
des Tages. Ich schreib das nicht hier her, was ich über solche
Führungspersölichkeiten denke.
Vormittags hab ich ein Läufchen
unter Hochnebel geschafft, 10 km, u. a. auf Wurmlingen zu, das
konnte ich sehen und den Sockel des Berges auch, aber die Kapelle
war weg. Auch der obere Rammert steckte in den Wolken.
Donnerstag, 12.11.2020
Das mit dem Kuchen hat geklappt, ich fand es wunderbar, bei meinem
Lieblingsbäcker vollversorgt zu werden. Der Kuchen, Käsekirsch- und
Käsemandarinen, wurde gebrauchsfertig geschnitten, kam in die
Schachtel, dazu gab es Pappteller und Einmalgabeln, ich brauchte nur
wünschen, zahlen und mitnehmen. Auf Arbeit das Erstaunen, dass ich
tatsächlich, dann haben meine Kollegen für den Zulauf gesorgt, alle
haben gemampft und waren es zufrieden. Es war, nachdem die Chefs
raus waren, eine sehr lustige Runde, unsere Maschinen sind
währenddessen weitergelaufen.
Morgens war ich am Tower zum
Sporteln, heute kam der junge Läuferfreund dazu, die Sonne schien,
es wurde richtig warm und ich habe ein kleines Kraftprogramm
geschafft. Diese Stunde langt mir eigentlich nicht, ich bräuchte die
doppelte Zeit, das Dehnen kommt zu kurz, Jonglieren üben passt nicht
rein. Als Notprogramm geht es, ich hatte vorher zwei fast sportfreie
Wochen, muss mich wieder ran trainieren. Am Samstag, wenn das Wetter
gut ist, kann ich mal wieder ausführlich werden.
Samstag, 14.11.2020
Was soll ich sagen, gestern hat es nicht gereicht. Ich hab schlapp
gemacht, konnte keinen Antrieb entwickeln, abends noch schnell was
zu texten. Auch heute ist es knapp. Wenn ich arbeiten muss wie
normale Menschen, fünf Tage die Woche, und den Sport machen will,
bleibt zu Hause alles liegen. Heute musste nachgeholt werden.
Putzen, waschen, Bett beziehen, einkaufen, Blumen gießen, Obst
waschen, Gemüse putzen. Sport machen, immerhin 90 min am Tower, alle
Kraftübungen abgearbeitet, dabei Billie Holiday gehört, der pure
Genuss. Gelesen, das fette Buch ist fast fertig, es ist nicht
wirklich gut, aber eben spannend, auch voller Ankündigungen, alle
Rätsel der Welt zu lösen, mir ist schon klar, dass das nicht geht,
aber wie der Herr Professor das lösen wird, interessiert mich doch.
(Augustin Sanches Vidal, Kryptum)
Der Corona-Lockdown läuft in
die Gewöhnungsphase rein, es sieht aus wie normales Leben, bis auf
die vielen verbotenen Sachen. Ich konnte diese Woche ganz
ungehindert meinen Sport erledigen, bin meist allein unterwegs. Was
machen die Menschen, die abends in Gesellschaft einen trinken
möchten, die Skat spielen wollen oder kegeln gehen. Was machen die
jungen Menschen, die sollen zwar lernen, aber nicht feiern. Die
Infektionszahlen gehen nicht runter, aber die Steigerungen sind
vorerst raus. Wahrscheinlich ist es dann richtig gewesen, so zu
agieren.
Sonntag, 15.11.2020
Verwunderung und Freude wäre eine Überschrift für diesen Tag. Los
ging es mit zeitigem Weckerklingeln, um rechtzeitig und formstabil
in Hirschau starten zu können. Anfangs war es kalt, die Wiesen waren
wunderbar betaut, dann kam die Sonne und wenn mein Schatten auf die
Wiese fiel, hatte ich den Heiligenschein. Die anderen nicht. Ich
habe meine Mitläufer auf ihren Schein aufmerksam gemacht, aber sie
sahen es nicht oder es regte sich keine Verwunderung, jedenfalls war
es ihnen egal und ich konnte es kaum glauben. Der Schimmer um meinen
Kopf war wirklich markant. Aber ich kann nur meinen sehen. Heißt das
jetzt, dass nur ich heilig werde beim Laufen? Nein, es heißt, die
Menschen schauen verschieden in die Welt. Nach 20 km waren wir am
Ziel, es kamen 550 Höhenmeter bei einem 6er Schnitt zusammen.
Das
dicke Buch, es kam gestern schon vor, hat sich um jeden Versuch
einer Auflösung gedrückt, das könnte ja geschickt sein, aber es ist
in einem so unwahrscheinlichen Plot ausgelaufen, da fing ich in mir
drin an den Autoren zu beschimpfen. Pfeife, hab ich gesagt, und mir
das nächste vorgenommen. Hermann Kant - "Die Aula". Sofort ist klar,
da konnte jemand erzählen. Kant ist in der Bewertung nach der Wende
ganz schlecht weggekommen wegen seiner politischen Haltung.
Vielleicht muss man das noch mal überarbeiten, so wie man das bei
Anna Seghers gerade macht. (Ein aktuelles Buch mit einer neuen, auch
kritischen Beurteilung, die nicht nur politische Fehler wahrnimmt,
sondern eben die Werksqualität, von Weidemann). Jedenfalls hab ich
erst den Anfang, noch keine 30 Seiten, gelesen und hab Lust drauf.
Von Kant kannte ich "Der Aufenthalt", hab ich in guter Erinnerung,
schon lange her.
Nachmittags wollte ich mir in Tübingen den 3 in
one anschauen, einen Freizeitpatz für Skater, Radler und Pumper. Auf
dem Hinweg musste ich tanken, es war voll, eine Frau im E-Rollstuhl
stand vor der Tür und wartete. Ich stand hinter ihr, es dauerte,
nach mir kam eine Frau, die mich irgendwann vollmaulte, warum ich
nicht reinginge. Ich wies auf die Frau vor mir hin, sie fragte, die
Frau sagte, sie kann nicht rein, zu eng, der Kassierer solle
rauskommen zu ihr. Die Frau ging vor, ich denk, sie sagt Bescheid,
haha, sie bezahlt, hatte Rollstuhlfahrerin und mich überholt und war
fertig, ging raus. Ich rücke nach, noch etwas sprachlos über dieses
Benehmen, schicke den Tankwart zu der Wartenden, er holt ihr, was
sie braucht, kassiert sie, dann mich. Draußen schreien sich zwei
dicke mittelalte Kerls an, heißen sich sonstwas, weil der eine beim
Losfahren den anderen behindert hätte. Ich wollte weg da. In
Tübingen bin ich vom Festplatz aus am Neckar lang zu dem Skaterpark
gelaufen, da war die Hölle los. Wenn alles wegen Corona zu ist,
suchen sich alle was anderes raus, viel gibt es da nicht, und kommen
so zu Hauf zusammen. Auf jeden Fall hat es Spaß gemacht,
zuzuschauen, das war ein lustiges Gewusel. Auf Skateboards und
Rollern, wie nennt man die in dem Fall, daneben die Radfahrer,
niemand fuhr den andern über den Haufen, einer lief Parcourse über
Sockel und Mauersegmente, das sah gekonnt aus. Paar Mädels machten
ihr Crossfit-programm, paar Horden Jungs nutzten die Stangen für
Klimmzüge und Dips und kleine Kunststücke, so Sprünge von Stange zu
Stange. Dazu noch jede Menge Zuschauer. Die Anlage ist im Park,
unter einer großen Brücke, da stört kein Regen, das ist doch mal ein
cleveres Angebot.
Montag,
16.11.2020
Was erwarte ich von einem Frühschichttag?
Ich bin müde, hoffe, es reicht der Bewusstseinszustand für die
Arbeit. So weit hat es geklappt. Die Kommunikation in dem
Vordelirium ist schwierig, bzw. sie strengt mich an, und ich will
drauf verzichten. Zum Feierabend der Busschlaf hat mich gerettet.
Die letzten Minuten der Fahrt haben sogar zur Beschlussfassung
geführt, da es im November zeitig dunkel wird und das Studio wegen
der Coronakacke zu ist, muss ich meinen Sport direkt anschließen und
den Haushaltkram liegenlassen. Ich war tatsächlich halb vier am
Studio, fing an mit einem wunderschönen, sehr sportlichen Mädchen,
wir teilten uns die Trainingsfläche am Tower, sie war bald fertig,
schade, später kam noch ein Junge, wir konnten die Regeln einhalten.
mein Schwerpunkt war der Bauch, ich spüre schon den morgen
beginnenden Muskelkater.
Ich hatte Nachfragen wegen dem
beschriebenen Heiligenschein, bin so froh, dass ich im Internet was
dazu gefunden habe, bzw. mein Läuferfreund hat es gefunden, und nicht
dasteh wie ein Spinner, einer, der Sachen sieht, die nicht da sind.
Hier der
Link
Und siehe da, es gibt noch mehr zu
entdecken, jetzt, wo ich meine erste Haloerscheinung gesehen habe
und nun auch weiß, was es ist und wie es zustande kommt. Heute habe
ich ständig den Himmel abgesucht. Umsonst.
Dienstag, 17.11.2020
Der zweite Frühschichttag ist der letzte der Woche, dann ist
Kurzarbeit. Die Nachrichtenlage ist so, als würde es eine Weile
andauern, dieser halblebige Zustand, als würde es andauern bis ein
Impfstoff verfügbar ist. Also, wenn es gut geht, bis zum nächsten
Frühjahr. Ich muss wirklich auf meine Stimmung achten, die
Empfehlungen, keine sozialen Kontakte zu haben, und die
verschiedenen Geschlossenheiten wirken auf mich wie die
Aufforderung, das Leben sein zu lassen. Zum Glück scheint über allem
immer wieder mal die Sonne ...
Mittwoch, 18.11.2020
Frei. Nicht arbeiten. Früh gemütlich, Lesefrühstück, die Reise
vorbereiten, also packen und Blumen versorgen, die Lust auf ein
Läufchen bei strahlendem Sonnenschein, die Standardrunde durch
aufsteigenden Dunst im Wald, selbst mittags noch im Tau, da wo die
Sonne erst kürzlich hinkam, liegt er noch, der mitlaufende
Heiligenschein. Ich bin belustigt, weil ich nun weiß, dass viele
Menschen ihn noch nie wahrgenommen haben, ich sehe was, was du nicht
siehst. Die Autofahrt ohne jeden Stau, selbst an München zur
Feierabendzeit hab ich nicht einmal gestanden, als Zielprämie gab es
ein Stück Plunder und Kaffee an der Tankstelle. Man kann nirgendwo
drinnen sitzen, im dunkeln irgendwo draußen kann ich nicht lesen und
es ist ungemütlich kalt. Ich weiß gar nicht, wie ich mich an der
Raststätte, Tankstelle, beim Bäcker anstecken sollte, bei dem
Abstand, der überall stattfindet und unter der Maske. Die
Regierenden und das Parlament haben beim rausschauen chaotische
Demonstrationen vor Augen, dass die dann so strenge Maßnahmen
beschließen, ist nachvollziehbar. Heute gab es den Beschluss der
Neufassung der Pandemienotstandsgesetze, mit großer Mehrheit vom
Parlament für gut geheißen. Diese demokratischere Legitimierung
durch Volksvertreter soll die Akzeptanz erhöhen, wenn ich dann höre,
das AfD-Vertreter im Bundestag bei der Debatte vom
Ermächtigungsgesetz faseln, will ich gar nicht wissen, wie dieser
Versuch von den Demonstranten genannt wird.
Bei der Ankunft wurde
ich von meinen Enkeln vorsichtig, freundlich willkommen geheißen,
durfte sehr schnell mit beiden hutschern und sie durch die Bude
tragen und hatte sofort gute Laune. Morgen haben wir mehr Zeit
zusammen, ich freu mich drauf.
Donnerstag, 19.11.2020
Als die Kinder versorgt waren und halbwegs schliefen, sagte meine
Schwiegertochter, es sei ein schöner Tag gewesen. Fand ich auch. Wir
sind morgens, die Sonne schien, gleich los in die Stadt, wollten den
Einkauf erledigen, der Laden war noch zu, so zeitig waren wir da.
Die Maskenpflicht in der Fußgängerzone galt nicht mehr, mitten im
bundesweiten Lockdown wurde, weil die strengen hiesigen Maßnahmen
ausgelaufen waren, die Lage normaler. Was wir heute als normal
empfinden. Also nur im Bus und nur im Geschäft mit Maske. Die vielen
anderen Sachen, wo man reingehen könnte, sind eh zu, kein
Kurbetrieb, Spaßbad zu und Konzerthaus zu. Wir trugen den Einkauf
durch die leere Stadt heim, ich bin noch weiter mit den Kindern,
eins schlief, eins babbelte lustig vor sich hin. Bin am Sportstudio
lang, wo ich schon trainiert hab, zu, noch an der Saalach ein Stück
lang, bekam unterwegs einen Glückwunsch zugesprochen, mich wundert
das, obwohl ich es hier schon mehrfach erlebt habe, wäre ich mit
einem Kind unterwegs, hätte ich meine Ruhe. Hab mir auf dem Rückweg
die Geräte im Park angeschaut, dort sind ziemlich robuste Gerüste
aufgestellt für alle, man kann Klimmzüge und Dips machen, auch
balancieren, wenn das Wetter einigermaßen ist, werde ich das
ausprobieren. Zu Hause habe ich die ersten Trinkversuche aus dem
Becher erlebt, und habe das erste Mal Brei gefüttert. Johannes macht
wunderbar mit, er sperrt den Schnabel auf, wenn er so weit ist, das
ging wunderbar. Und es ist ein wirklich schönes Gefühl, wenn so ein
kleiner Mensch sich von mir was in den Mund stopfen lässt und dabei
zufrieden brummelt.
Freitag, 20.11.2020
Der helle Tag ist zu kurz um diese Jahrezeit, darum hat es wieder
nicht geklappt mit dem Sport draußen. Vormittags waren wir zu viert
unterwegs, ich bin ein stolzer Lenker vom Zwillingswagen. Nach dem
Regen ging es in die Stadt, es war Markttag. Wir haben einen
ausführlichen Spazierweg drangehängt, haben die schlafenden Kleinen
durch mehrere Parkanlagen gefahren und uns dran gefreut, die Zeit
zum Erzählen zu haben. Specht und Falken gesehen. Dann daheim war
ich der zeitweise Hüter der spielenden, schlafenden Kinder, da
konnten die Eltern was erledigen, das ging lange gut, bis dann bei
beiden der Hunger kam. Ab da mussten wir zusammen ran. Da sind
Zeiten, da muss getröstet werden, weil der Bauch drückt, aber meist
sind das zwei gutgelaunte, leicht ansprechbare Kinder, mit denen es
wirklich Spaß macht. Abends, nach geglücktem Einschlafritual haben
wir was gegessen, dann bin ich in mein Quartier und habe eine
Notsportvariante gewählt. Draußen war es schon lange dunkel, auch zu
nass, drum das kleine Programm, Liegestütze und paar Bauchübungen,
was halt ohne Gepolter in einem kleinem Zimmer geht. Morgen soll das
Wetter gut werden, vielleicht gibt es eine Zeitlücke für draußen.
Samstag, 21.11.2020
Morgens waren alle Berge oben weiß bepudert, überall Rauhreif, vier
Grad unter Null. Beeindruckend, schon beim lüften früh, da komm ich
nackig aus dem warmen Bett. Gänsehaut, beim rausgehen muss ich schon
auf der Treppe achtgeben, Eis, glatt. Die Blätter vom Amber, schön
rot gefärbt im Reifmantel. Wir waren zu viert spazieren, wollten zu
einem Bauernhof, Fleisch abholen. Ich, der Vegetarier, bekam ein
Paket mit 5 kg verschiedener Teile vom kürzlich verschiedenen
Rindvieh auf die Lenkstange gepackt und sollte genau aufpassen, wie
das Goulasch angesetzt werden muss, damit´s au recht wird. Hab´s
durch den knackig kalten Wintersonnentag schnell heimgeschoben,
abgeliefert und bin noch ein Stündle mit den schlafenden Kleinen in
der Kutsch losgezogen. Als ich heimkam, bekamen alle Mittag, groß
und klein zusammen, es ging vielleicht nicht sehr gediegen zu, dafür
hat es geschmeckt und es war lustig. Nach der Mittagspause sind wir
wieder raus, immer noch kalt, man möchte tauschen mit den Kleinen,
die stecken im Lammfellsack und haben es schön warm. An der Saalach
haben wir eine Wasseramsel gesehen, auch gehört, deswegen nannten
wir den kleinen weißen Fleck, der sich eventuell bewegte, so. Das
Wissen um das Vorkommen dieser Vögel hier ließ uns sicher sein. Im
Dunkeln, mit Mondschein kamen wir zu Hause an, das Abendritual hat
uns gut beschäftigt, sonst schaffen sie das zu zweit, so geht es ein
bisschen lässiger zu, dauert sene Zeit.
Man kann nach diesem
Bericht wissen, es gab wieder keinen Sport draußen, in der Sonne
wäre es wohl gegangen, obwohl bei den Temperaturen die Eisenstangen
saukalt sind, es war keine Zeit. Abends im Quartier, ich nenne es
jetzt meinen Urlaubssport, eine kleine halbe Stunde, einfaches
Programm, ich musste trotzdem schnaufen und mir wurde warm. 30
Liegestütze, 30 schwebende Situps, ein Huber an die Schultern
adressiert, 30 sec, 30 Squats, diese Sequenz viermal.
Sonntag, 22.11.2020
Die Eltern haben mich losgeschickt mit den Kleinen, die waren satt,
zufrieden und müde, ich sollte spazierengehen, eine große Runde
machen, damit sie zu Hause was räumen können. Das ist nötig, wenn
die Kleinen demnächst anfangen zu krabbeln, muss die Bude noch
komplett überarbeitet werden. Also bin ich los, im Sonnenschein,
nicht gar zu kalt, bald schliefen die Kinder im Wagen, beim sich
räkeln rutschte mal einem mal dem andern die Mütze über die Augen,
es störte nicht, sah lustig aus. Ich bin immer an der Saalach
entlang bis zur Staufenbrücke, da drüber Richtung Piding, bis der
Weg zur Straße wurde. Dann zurück auf der anderen Seite, durch den
Wald und schöne Landschaft. Die Sonne blinkerte auf dem Wasser der
Saalach, ringsum stehen die hohen Berge, es war sehr klare Sicht.
Nach zwei Stunden lieferte ich die schlafenden Kinder zu Hause ab,
und da habe ich die Gelegenheit genutzt, mich zu verdrücken und bin
eine Runde laufen gegangen. 11,5 km, eine große Saalachrunde, ich
kannte all die Wege von den vielen Spaziergängen, hatte Billie
Holiday auf den Ohren, das ist so gediegen, begegnete anderen
Läufern, man grüßt sich hier sehr ordentlich mit Servus oder Grieß
die, nach einer Stunde war ich wieder da, der km-Schnitt war 5:17,
ich war es zufrieden. Eine Wasseramsel sah ich, sitzend und
trippelnd, dann auffliegend, flach überm Wasser weg. Ich sah sie
genau, der Abstand war keine 10 m, jetzt glaube ich auch, dass die
weißen Flecken, die wir sonst Wasseramsel nannten, welche gewesen
sein konnten. Der Rest vom Tag verging mit den Kleinen sehr schnell,
spielen, füttern, baden und trösten, wenn der Bauch rumpelt.
Manchmal war es anstrengend, aber mir hat es gefallen.
Montag,
23.11.2020
Zu viert sind wir losgezogen, einkaufen,
irgendwas geht immer aus. Milchpulver, zumindest die eine Sorte ist
in Coronazeiten gesuchte Ware, online gab es nix, im Laden waren
zwei Packungen angezeigt. Schnuller genauso, die Sorte war mit drei
Packungen, die wir nahmen, wieder ausverkauft, das ist bei zwei
Schnullerkindern kein Hamsterkauf. Mais im Glas, bio, heute seit
langem mal wieder da, 3 Stück gekauft. Mir kommen Erinnerungen an
die Versorgungslage in der DDR, wo man für manche Belanglosigkeit
anstehen musste oder Beziehungen brauchte. Nun ja, in meinem Leben
hat die letzten 25 Jahre niemals was gefehlt, was man hätte kaufen
können. Wir haben einen Spazierweg angehängt, dann hab ich die
Mutter zu Hause abgeliefert mit den Einkäufen, da die Kinder
schliefen, bin ich noch ein knappes Stündchen mit ihnen durch die
Gegend. Da konnte ich quietschvergnügte, ausgeschlafene Kinder
abliefern, wir hatten dann Spielstunde, Füttern dauert, zwischenrein
ist es lustig, anfallsweise nervig, wenn Eva dauernd in den Brei
langt und ihn verteilt, das geht so schnell, kommt aus allen
Richtungen, sehr variabel und im Stande der Unschuld, da hilft
Langmut, Geduld. Wir Großen bekamen auch Mittagessen, ich hatte
danach ein Päuschen, das ist der Vorteil am Stand des
Großvaterseins. Hab mir einen Kaffee geholt und mir Topfenmarille
gegönnt. Nachmittags nochmal eine lange Tour draußen, Saalach,
andere Richtung, zurück durch die adventlichgeschmückte Innenstadt,
kaum Leute, vieles zu, aber alles blinkert. Die Kinder haben wieder
geschlafen, dadurch zog sich der Abend, sie waren putzmunter zur
Schlafenszeit. Ich bin nach dem Abendritual raus und hoffe immer,
dass es die Eltern einigermaßen ruhig haben. Durch die vielen Gänge
draußen gab es das Notprogramm im Quartier, 20 min
Bodyweighttraining, besser als nichts.
Dienstag, 24.11.2020
Vormittags war ich noch hauptamtlicher Großvater, bin mit den
Kindern raus, sie sollten schlafen und wollten nicht. Da schieb ich
sie durch die Gegend, höre erst ein wenig Gezeter von Eva, Johannes
dreht es schnell die Augen zu, dann wird es still, beide schniefen
friedlich vor sich hin. Es ist ein Geschenk für mich, das zu
erleben. Als wir zurück waren, hab ich den Johannes gefüttert, er
macht richtig gut mit, wenn er so weit ist, reißt er den Mund auf,
klare Ansage. Die Heimfahrt ging schnell, erst waren allerhand
Störungen angezeigt, dann wieder keine, nach der Pause war es rot
bei Merklingen, da bin ich der Umleitungsempfehlung gefolgt, die
Strecke war viel kürzer und völlig frei. Zu Hause vor dem
Berufsverkehr, dann auspacken, Blumen gießen und auf die
Laufstrecke. Es wurde schnell ganz dunkel, ein wenig Mondlicht
machte sogar Schatten. Ich bin über die Felder nach Kiebingen und
weiter über Wurmlingen gelaufen, die Kapelle hab ich nicht gesehen,
sie steckte im Nachtschwarz, aber den großen Wagen konnte ich
erkennen. Vielleicht habe ich auch den Orion und den Zwilling
gesehen, aber das kann ich nicht wissen, so weit hat es nie gereicht
beim Sternegucken. Weiter, zu Hause Duschen, Wäsche waschen, bissle
telefonieren, Einkaufen, das Zeug vorbereiten zum Essen, hört das
nie auf. Ich mach es ja, auch gut und gern, aber es kostet Zeit.
Dafür sitze ich dann vor gewaschenem Obst, verzehrfertig
geschnipfeltem Gemüse, das ist sehr lecker. Die letzte Stunde des
Tages ist frei für diesen Text, aber auch die Mails, die
Nachrichten. Genau das selbe Problem, die Zeit langt nicht. Dabei
hab ich manches weg gelassen, z. B. als ich vom Einkaufen kam, hörte
ich auf SWR2 eine wunderbare Jazzsendung, die hätte ich gern fertig
gehört, soll ich dann vorm Radio sitzenbleiben. Dem Lesen blieb
ebenfalls nur knapp was, für ein paar Seiten hat es gereicht, ich
hätte gern mehr.
Auf der Fahrt hörte ich eine Sendung zur
Sterbehilfe, gestern lief ein Film auf ARD. Anscheinend gab es eine
Gesetzesänderung dazu, von der ich nichts mitbekam.Ich hab schon mal
was zur scheinheiligen Disskussion darüber im Bundestag geschrieben,
als die Debatte dazu lief. Nun haben wir wohl eines der liberalsten
Gesetze dazu, es ist assistierte Selbsttötung möglich, man muss sich
nicht mehr vor den Zug werfen oder auf den Dachboden hängen. Die
Diskussion über das Thema ist immer noch schwierig, ich höre
Betroffenen und Leuten, die schon begleitet haben, gern zu, finde es
nachvollziehbar. Die Stimmen aus der Katholischen Kirche und der
Caritas sind mir schwer erträglich, da werden Regeln und Lehrsätze
dargeboten, es werden Konstrukte formuliert, die so nicht vorhanden
sind. Vom Dammbruch ist die Rede und vom Zwang zur Sterbehilfe, es
wird die Befürchtung geschildert, dass Sterbehelfer in die
Altersheime ausschwärmen und sich ihre Kunden suchen, das wird so
vorgestellt, als hätte es stattgefunden. Die anderen widersprechen,
erklären, dass es so gar nicht stattfinden kann, egal, es wirkte,
wie auf einer Coronademo, wo die Sachlichkeiten ebenfalls spärlich
oder nicht vorkommen.
Mittwoch, 25.11.2020
Das Ritual lief wieder an, zu Hause, in Ruhe frühstücken, lustvoll
lesen. Ich hab es ausgedehnt, viele Seiten geschafft, weil heute
noch ein freier Tag war. Ich wollte unbedingt zum Tower mein
Sportprogramm starten, nach einer Woche Pause mühsam genug. Erst war
es noch so kalt, ich hab den Anfang verschoben, lesend. Als ich
startete, schien die Sonne und hatte den Reif in Tau verwandelt,
nach und nach trocknete sie die Stangen und wärmte sie etwas, da
konnte ich die Handschuhe weglassen. Zu Hause hab ich schnell
gegessen, dann fuhr ich los, ich war mit meiner
Kunstfreundin verabredet. Wir hatten viel zu erzählen von unseren
Enkelwochen, dann schilderte sie mir das Kunst-in-Zeiten-von-
Corona-Projekt des örtlichen Kunstvereins. Am lustigsten waren die
Reaktionen der Künstler auf die vorgegebenen Bedingungen, wenn ich
es noch richtig weiß, erfüllten 3 von 12 Beteiligten die Vorgaben.
Die Arbeiten waren zu groß oder mehrteilig, bei dem begrenzten Platz
eben nicht zu machen. Schon daraus könnte man eine Kunst machen.
Kaffee und Kuchen konnten wir zwar besorgen, mussten aber alles ins
Atelier tragen, da uns kein Bäcker vor Ort will. Wir kamen klar,
aber es ist eine seltsame Welt, in der so viele Einrichtungen da
sind, nicht genutzt werden können. Hoffen auf die Zeit des Impfens.
Donnerstag, 26.11.2020
Der freien Tage letzte Stunde vergeht, zwei Nachtschichten werden zu
überstehen sein, dann ist schon Wochenende. Ich bin mit einem
kräftigen Muskelkater von gestern gestartet, könnte sagen, hab gut
trainiert, könnte sagen, alter Schlappsack, nach dem bisschen
Training. Egal, morgen ist er wieder weg. Heute bin ich laufen
gewesen, 10 km im Schnitt von 5:05 min/km. Hat mich ordentlich
angestrengt, aber an die 5 Minuten ranzukommen, kommt wieder in den
Bereich der Möglichkeiten. Außerdem bin ich mit frisch behandelten
Füßen auf die Strecke, ich hab mir bei der Fußpflege die Hornhaut
entfernen lassen, das fühlt sich wie neu an. Zum Mittag hatte ich
mir vom Stadtgang von einem der Marktstände ein delikates Teil
mitgebracht, in Hefeteig gebackener Kartoffelauflauf mit vielen
Kräutern, sehr lecker. Auf dieser Tour hielt ich am Bücherschrank
und konnte kräftig zulangen. Heute war es viel alte DDR-Literatur,
schöne Sachen, die ich noch nicht kenne, z. B. Jurek Becker und
Erich Loest. Da wurde wohl der Haushalt eines alt gewordenen
Übersiedlers aufgelöst.
Nun gut, bald fährt mein Schichtbus los,
drum endet es hier.
Freitag, 27.11.2020
Die meisten Leute sind im Wochenende angekommen, viele sind froh
drum, da läuft bei Dreischichtern in der Nachtschicht die letzte an.
Ich will mich nicht verdrießen lassen, die mach ich in guter Haltung
weg, hoffe ich mal. Nach Schlafen, Frühstücken, Wohnung ordnen und
mich ordnen geht es hoch zum Tower. Ich mache Sport zu einer Stunde,
da die Sonne da ist und der Mond vorkommt. Erst ein wenig blass, so
wie ich wahrscheinlich, dann an Farbe und Kraft zunehmend, überzeugt
er mit fast vollendeter Rundheit. Ich hatte noch ein wenig vom
Muskelkater dabei, bei allen Übungen mit Beteiligung vom Bauch war
das sehr spürbar. Erst war ich allein, dann kam noch ein junger Mann
dazu, ich kannte ihn nicht, witzig, wie die Sportwilligen sich im
Lockdown umtun und eben was finden. Ein sehr fitter Kampfsportler.
Innen im Studio wurde ein Videokurs aufgezeichnet.
Beim Lesen
stolpere ich mich durch den Kant, das Buch ist gut, nur meine
Lesezeiten sind unter diesen Bedingungen zu kurz und fragmentiert.
Hab ihn fast geschafft und hab mir vorgenommen, über ihn zu lesen
und mein Bild von ihm aus der Presse und aus dem Rundfunk der
letzten Jahre neu zu verorten. Vielleicht auch mehr von ihm zu
lesen.
Samstag, 28.11.2020
Wie lustvoll ich die Arbeitsschuhe ins Regal gestopft, die
Dienstklamotten ins Eck gehängt
habe, als ich morgens nach der Schicht heimkam. Der Samstag ist nur
ein halber freier Tag, in meinem Alter muss man schlafen gehen, wenn
man munter bleibt und die durchwachte Nacht ignoriert, merkt man
auch nicht mehr vom Leben, mit zwanzig konnte ich das noch. Der
Wecker klingelte also nach vier Stunden, der Anfang war gedimmt,
aber es kam in Gang. Ich hab jede Menge Zeugs weggelesen und gehört,
z. B. wollte ich was über den Verlagswechsel von Monika Maron wissen
und hatte mir dazu was geladen, als es aktuell war. Obwohl ich die
Erzählstimme von Maron sehr schätze, folge ich ihr in den neuen
aktuellen Texten und Aussagen noch sehr bedingt, außerdem muss ich
ihr neues Buch, im neuen Verlag erschienen, erst lesen, erst
auftreiben.
Sport habe ich ausgelassen, da es schnell wieder
dämmerte, kalt wurde. Bin nur auf Einkaufsrunde gegangen, Brot
fehlte und ein Kuchen zum heimtragen musste sein. Kaffee, Lesen und
Telefonieren, damit war die Zeit um, noch nicht mal Nachrichten
gehört. Wenn das so weitergeht, wird das hier immer unpolitischer.
Sonntag, 29.11.2020
Lauftag, ein Grad über Null und kalter Wind, nicht ganz gemütlich,
keine Sonne, die bohrte nur manchmal ein Loch in die Wolken und
schickte einen Balken Licht hindurch. Die Strecke führte über
Wurmlingen, an Wendelsheim ran durchs Weggental nach Rottenburg, an
der großen Baustelle lang bis Kiebingen, da sind wir auf die andere
Neckarseite wieder bis Hirschau, ergab 21,5 km in akzeptabler Zeit.
Höhepunkt unterwegs: Plötzlich fröhliches Gequietsche hinter uns,
beim Blick zurück sahen wir am gegenüber liegenden Ufer zwei ganz
Nackerte, da ging jemand in den kalten Neckar baden, schnell rein
mit Huch und Stöhn, schnell wieder raus. Was uns so alles umtreibt.
Kant, die Aula hab ich ausgelesen, hab auf Wiki nachgeschaut in
seinem Lebenslauf. Er war Funktionär in der DDR, nicht frei von Fehl
und Tadel, trotzdem empfinde ich sein Buch nicht gerade als
Abrechnung mit der DDR, aber als belustigende unter den
Zensurbedingungen geschickt durchgemogelte Schilderung von
nachvollziehbaren Biographien unter eben den Verhältnissen. Als
Zeitdokument und als schriftstellerische Meisterleistung, daswäre
meine Wertung. Reich-Ranitzki hat in bewährter Rüpeligkeit über ihn
gesagt, er sei nur zu feige, die Wahrheit über die Verhältnisse in
der DDR zu schreiben, das sagt mehr über R-R, als über Kant. Ich
werd, wenn mir eins seiner weiteren wenigen Bücher begegnet, mehr
lesen.
Ein zweiter Lauf, nein, eher Gang, führte mich zum
Bücherschrank in die Stadt, es hatten sich viele Bücher gestapelt,
die ausgelesen sind und wieder in den Umlauf sollten. Zu Hause, im
Warmen gab es Kaffee und Lesestoff ist das Magazin der
Leibniz-Gemeinschaft, da gibt es viele interessante Einblicke in
aktuelle Forschungsprojekte, ich bin erstaunt, worum man sich
kümmern kann. Da tun sich neben den Inhalten immer spannende
Lebenswege und -werke auf, und mir kommt der etwas wehmütige
Gedanke, hätte ich gleich was richtiges studieren dürfen, wer weiß
was draus geworden wäre.
Montag,
30.11.2020
Da das Zeitlimit begrenzt ist, der Bus
fährt kurz nach zwölf los zur Spätschicht, bin ich relativ früh
aufgestanden, hab den Kram zu Hause gerichtet und bin zum Sportpark
hoch. Es war unter Null, also kalt, obwohl die Sonne schien. Als ich
anfing, hockte der Reif auf den Stangen, beim ersten Versuch
Klimmzüge zu machen, rutschte es noch. Ich hatte Handschuhe dabei,
ein Glück. Eine knappe Stunde hab ich getan, was ich konnte, sogar
an den Ringen hab ich was versucht, die sind aus Kunststoff und
nicht gar so kalt, das ist eine interessante Herausforderung, weil
alles wackelt und schaukelt. Der Handstand geht wieder einigermaßen,
eigentlich könnte ich versuchen, ihn endlich frei zu stehen, ich
mach ihn gegen ein Netz, um nicht umzufallen, mal sehen wie lange
ich da noch rumzicken will.
Die Spätschicht lief gut, mit
gutgelaunten Kollegen, die Arbeit war gut zu schaffen und gelang.
Nerven kostet die Maskenträgerei, in der Reihe, wo ich arbeite,
brauche ich sie nicht, wenn ich aber irgendwo hin muss, Paletten
holen, Hände waschen, Kaffee holen usw, lauf ich los, unterwegs
merke ich, da fehlt noch was, muss also zurück, die Maske aus dem
Schrank holen. Immer an mir dran ist schwierig, in einer Tasche ist
die Lupe, die hol ich mit öligen Fingern raus, die andere Tasche,
Schlüssel und Taschentuch, das gleiche Problem, drum im Schrank, ein
erschwertes Dasein. Sollte ich je eine maskenfreie Daseinsform
erreichen, werde ich das feiern.
zum Dezembertext