Michael Oswald

 

 

 

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Leben in den Zeiten von Corona 7

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Donnerstag, 3.9.2020

Der Haken an der Sache ist: Ein Tag, auch wenn er vergeht mit Arbeit, hat, wie die anderen 24 Stunden, hin und herfahren kostet 3 Sunden, sind 11 weg, verpflegen, pflegen soll ich mich, schlafen natürlich und Sport will ich, muss ich machen. Der Wille zum Textmachen traf nicht auf freie Zeit und scheiterte. Das soll die Lücke erklären.
Der Dienstag, da ging es in die Nachtschicht, ist misslungen, ich habe unangemessen lange an Amtspost gearbeitet, musste telefonieren und warten auf Rückrufe, so dass am Ende sogar der Lauf ausfiel, weil die Zeit um war. Mittwoch ging ich trotzig zum Sport ins Studio, zu Hause blieb das bissle Mist liegen, der Text auch, heute soll aufgearbeitet werden. Der Tag ist in der Abendstunde, was ich schaffe, mal sehen.
Der Einstieg in die Wochenarbeitszeit bedrückt mich, da ich mein Leben vollständig auf das Wochenendmodell umgestellt hatte. Jetzt kommt mir eine neue Wut auf die Coronakacke, die dieses Dilemma verursacht. So ein Virus, auch viele davon, sind schuldunfähig, so dass ich nicht weiß, wohin mit meiner Wut. Ich glaube schon, ich werd zurechtkommen, die allermeisten Menschen arbeiten so, wie ich bald soll. Der Umstieg ist sehr gemächlich, da auch durch Corona der magere Auftragseingang zu Kurzarbeit führt, dadurch findet im Moment noch allerhand Freizeit statt. Genug geblubbert.
Als ich mittags aus dem Bett kam, gefrühstückt hatte, gemütlich, mit dem Wissen, die Wochenarbeit ist erledigt, freute ich mich auf den Rechner. Der machte mir eine Sendung vom letzten Sonntag verfügbar, auf SWR2 liefen vier Stunden zu 100. Geburtstag von Charlie Parker, einem der grandiosen Erneuerer des Jazz und Erfinder der Bebop. Zwei Stunden hab ich geschafft, herrliche Musik, z. T. Originalaufnahmen von 1946 an, viele Stimmen, Texte von seinen Kollegen und ein Einblick in sein chaotisches, dynamisches Leben, viel mit Drogen und Sauferei, wie es halt damals war, alles sehr interessant. Auf meinen Lieblingssender ist Verlass. Kleiner Stadtgang mit Kuchen zum Kaffee, schließlich ist frei, paar Bücher aus dem Stadtbücherschrank, und zum Sport. In die zwei Stunden passte zum Crossfit und Bauchtraining das Jonglieren, da muss ich halt dranbleiben, sonst vergeht das wieder. Nach der Sauna beim Zeitunglesen fand ich die Mitteilung, dass ein Tonwechsel ansteht, nach sieben Jahren. In Halberstadt in einer Kirche wird eine Orgelkomposition von John Cage aufgeführt, seit 2001, insgesamt dauert es 639 Jahre. Der neue Klang läuft bis 5. Februar 2022. Das Stück ist vorgesehen für die Spielweise so langsam wie möglich, die Uraufführung dauerte ca 29 Minuten. Die Halberstädter Aufführung ist wegen eines historischen Ereignisses in dieser Länge vorgesehen (die Fertigstellung der ersten Orgel in dieser Kirche bis zur Jahrtausendwende, als dieses Projekt erdacht wurde, ist im Jahr 1361 vermerkt, ergibt ...). John Cage ist der mit 4:33, eine Komposition, während der 4:33 min nichts zu hören ist. Da ist der Umgang mit diesem Stück wohl eine korrekte Reaktion. Wenn man sagen würde, das ist ja völlig sinnlos, spränge man, glaube ich, zu kurz. Um das Nachdenken darüber etwas aufzulockern, reiche ich hier einige Bilder nach, die im Zusammenhang mit kürzlich geschriebenem stehen.

Die Rossminze und die Herbstzeitlose, das heißt, das meiste vom Sommer ist vorbei. (24.8.)

Ein Wald voller Alpenveilchen im Bayrischen, damit ihr mir das glaubt.(27.8.)

Freitag, 4.9.2020

Es war ein schöner Tag, Sommer, warm, erst war ich laufen, seit anderthalb Wochen das erste Mal, entsprechend hat es geknirrscht im Gebälk und gejapst beim Atmen. Egal, 10 km sind 10 km, die Zeit war nicht so schlecht. Mittag gab´s zu Hause, Pfifferlinge an Dinkelnudeln, könnte mein Leibgericht sein. Für den Nachmittag war ich verabredet mit meiner Kirchheimer Kunstfreundin, im Atelier fingen wir an, wir haben ihre Kunstentstehungen und die Intentionen besprochen. Der Stadtgang führte schnurstacks zum Biobäcker, dort, wo jeder Kuchen schmeckt. Der Birnenrahm hat mich verzückt. Auf dem Rückweg haben wir in der Bücherei reingeschaut, da war Bücherflohmarkt, wir haben beide allerhand rausgetragen. Ich hatte mir gewünscht, dass mein Text etwas genauer besprochen wird, das haben wir im Atelier, von der Abendsonne erleuchtet, geschafft, ich kam ganz gut weg, es gab einzelne kritische Anmerkungen, von denen ich eine gleich bearbeiten werde, da sie mir plausibel erschien, die anderen betreffen nicht so grobe Schnitzer, da denk ich noch drüber nach. Es ist von großem Vorteil, jemanden zu haben, der Anteil nimmt und eben nicht blindlings absegnet, und es scheint eher selten vorzukommen, ich kann mich also als Glückspilz betrachten. Bei der Heimfahrt überfiel mich ein Gelüst auf noch einen Kaffee, dadurch dauerte es länger und ich habe wieder denselben Schreibzeitkorridor erwischt wie üblich, es ist die letzte zum Tag gehörende Stunde.

Samstag, 5.9.2020

Medientag: Die Sendung über Charlie Parker zu Ende gehört, gestaunt über seine Wirksamkeit bis heute, z. B. im Hiphop und Rap, die benutzen Samples aus seinen Stücken und es klingt gut und richtig. Es wurde aufgezählt, wen er alles angeregt und auf den Weg gebracht hat, dabei ist er nur 34 Jahre alt geworden. Außerdem ist es amerikanische Geschichte, Rassendiskriminierung war damals normal, nicht Diskriminierung, sondern amerkanische Kultur, und es muss schrecklich gewesen sein, alle Tage unter die Nase gerieben zu bekommen, das man schwarz ist, unwert und egal und nur hinten rein darf.
Viel gelesen, ein harmloses Buch fertig, das spannend geschrieben war, ein kleines Buch, auch harmlos, da staun ich wieder über den Erfolg, es ist so einfach gestrickt, linear erzählt, schaut kaum links und rechts, kommt erwartungsgemäß zum glücklichen Ende, wo alles gelöst ist, wurde verfilmt, war auch erfolgreich, warum? (Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran)
Aus lauter Wut hab ich mir den Spiegel gekauft, da kann ich mich dran reiben. Ich will mich reiben.
Sport im Studio hat geklappt, 2 Stunden draußen am Tower, ich zähl mal wieder auf, 12 Klimmzüge, 12 Dips, 1 min lange Planke, 3 mal, 6 Hängerollen, 10 sec tuckplanche, 10 sec Handstand, 3 mal, 8 Kopfunterschulterzüge anschließend hängend den L-Sit, unter 10 sec, pistol squat geführt 3 je Seite, muss ich erst lernen, 3 mal, tuck front lever 10 sec, noch nicht schön, noch mal Handstand, 3 mal. Das ist alles ziemlich anstrengend, ist gedacht als Anschleichübung für die wirklich aufregenden Calisthenic-Figuren, ich bin gespannt, was da rauskommt. Abschließend ein wenig Jonglieren üben, Sauna, Zeitung lesen.

Sonntag, 6.9.2020

Der Wecker klingelte um sechs. Ich möchte frühstücken, dabei lesen, es ist schließlich ein freier Tag. Halb neun wollen wir in Hirschau loslaufen, beim Hinfahren an allen Bäckern Riesenschlangen, da anzustehen, das brächte ich nicht übers Herz. Geplant sind in der Gruppe 2, Schnitt ca 6 min/km, 20,6 km, durch schöne Landschaften, der Märchensee in Wendelsheim, und schöne Wälder, nebenher konnten wir gut schwätzen, es war kurzweilig. Da wir in der ersten Hälfte sehr langsam waren, hab ich danach etwas am Tempo gedrückt, der tatsächliche Schnitt über alles war 6:12 min /km, wir haben nicht ganz aufgeholt. Egal, alle sind gutgelaunt angekommen, Baggerseebaden war im Angebot, ich wollte aber ins Studio, in die Sauna. Mittag zu Hause, ein kleines Mittagsschläfchen gab es, Lesezeit, Kaffee auch.
Ein Kollege hatte mir vorgeschwärmt vom Trainingsparcours in Reutlingen Orschel-Hagen, das wollte ich mir ansehen. Ein schönes neues Gerüst mit vielen Möglichkeiten für Klimmzüge und Dips und was dann alles noch so geht. Leider war gar niemand am trainieren, zumindest hab ich es gesehen.
Dadurch war ich schnell zurück, hatte Lust auf Stadtgang, also Bücherschrank, nahm den Stapel Ausgelesenes mit, freute mich auf einen leeren Rucksack heimzu, das hat wieder mal nicht gepasst. Schöne, dicke Bücher, Höhepunkt J.K.Rowling, ihr erster Roman für Erwachsene. Da sie wunderbar erzählen kann, sieben Bände Harry Potter, freue ich mich drauf. Grad hab ich den Spiegel noch in Arbeit, übermorgen kann ich umsteigen.

Montag, 7.9.2020

Um elf sitz ich zu Hause, gewaschen, am Esstisch, das ist jetzt immer so in der Spätschichtwoche. Es gefällt mir nicht. Das ist der Antrieb, das hierher zu schreiben. Vormittags hab ich es geschafft, zum Sport zu gehen, ich war nicht so lang wie sonst dabei, hab aber die wichtigsten Übungen durchgezogen. Die Arbeit ist coronabedingt anders, ich bin allein in meiner Reihe, die anderen sind zu Hause, Kurzarbeit. In den meisten Reihen ist es so. Das soziale Erlebnis der Arbeit tendiert gegen Null, zumal die Vorgesetzten nicht aus ihren Büros kommen, sie sollen uns nicht begegnen. Was machen sie? Es ist ein Notmodus, in dem vieles auf Sparflamme läuft. Kommen Fehler im Ablauf, hakt es und hält an, da die Kommunikation sparsam ist, da die Kommunizierenden wechseln wegen der Kurzarbeit, fängt es oft wieder bei Null an, oder es fängt eben nicht an. Wie lange klappt das so?

Dienstag, 8.9.2020

Die Schnellschreiberei am späten Feierabend, ob das immer gut ist, da was zu verzapfen. Ich versuch es. Es begann mit Scheitern, eine Bürogeschichte ging nicht, weil die Voraussetzungen nicht stimmten. Morgen wieder, vielleicht klappt es. Dadurch war es sehr schnell erledigt, plötzlich war noch ein Zeitfenster offen, ich ging laufen. Die Standardstrecke mit vielen Anfeuerungen meiner Adidas-runtastic-Freunde. Es war herrlich draußen, der Kopf war frei und die Musik war wundervoll. Wynton Marsalis und seine Truppe spielten Standards, sie machen das auf allerhöchstem Niveau, es ist die pure Freude, den verschiedenen Soli hinterherzuhören.
Duschen, Essen, schnell zum Bus, es geht hier schon mit Baustellen los, die ganze Strecke ist voller Umleitungen, es dauert länger und dieser große Bus quält sich durch viele enge Stellen. Ich bewundere den Fahrer, ich würde mich mit so einer großen Kiste nicht trauen und schon gar nicht in diese kleinen Wohngebietsstraßen. Auf Arbeit wie gestern. Durch Zufall hab ich auf einen Kalender geschaut, so ein Werbeding für unsere Kunden, es hängt einer in unserem Gang. Da ist der 8. September als Tag Mariä Geburt vermerkt. Am 22.9 steht was von Herbstanfang, das finde ich nachvollziehbar, aber was fangen unsere Kunden mit dem Hinweis auf Mariechen an. Ich hab dann geschaut, hab nichts von anderen Geburtstagen in diesem aufgeklappten Vierteljahr gefunden, nicht von Luise, Karl oder Mohamed, allerdings war im August, am 15., noch Mariä Himmelfahrt eingetragen. Das Autohersteller oder Maschinenbauer so an Maria dran sind, war mir nicht klar.

Donnerstag, 10.9.2020

Der vierte Tag der Spätschichtwoche ist geschafft, ich will nicht rumheulen, ganz viele Menschen arbeiten immer so, mir fällt es noch schwer, so wenig Freizeit zu haben und auch so seltsam fremdbestimmt zu sein. Die Geschichte ist, es gibt Geld, genug, um an der Stelle recht unbeschwert in die Welt zu schauen. Mit der Lust auf Selbstverwirklichung kam ich während der Dreitagearbeitswoche besser zurecht, mal sehen, wie lange ich das so schaffe und will. Schon die Sache, dass wegen der Arbeit gestern der Text ausfiel, piept mir.
Den Einkauf hab ich erledigt, da war der Vormittag rum, bis alles im Kühlschrank und sonst verräumt war. Dadurch war sportfrei. Textfrei, sportfrei, bin nicht einverstanden. Dafür hat sich heute der Bürokram gelöst, der mir die ganze Woche schon im Nacken saß. Vor Freude bin ich gleich ins Studio, hab am Tower alles nachgeholt und saß ganz ausgeglichenen im Bus und hab bisschen Schlaf nachgeholt. Die Arbeit lief ruhig, ich werkel da allein vor mich hin, wenn ich nicht mal mit einem Kollegen Kaffee holen gehe, bräuchte ich den ganzen Tag nicht reden. Heimzu im Bus mit dem festen Vorsatz, paar Zeilen zu liefern, da stehen sie nun. Kein brillanter Bericht, Ziel erreicht, kommen bald bessere Tage.

Freitag, 11.9.2020

Haha, es ist geschafft, die Spätschichtwoche ist rum, und es folgt eine Woche Betriebsschließung wegen Corona und dem schlechten Auftragseingang. Das bedeutet, das Wochenende ist frei, fünf Arbeitstage sind frei, das nächste Wochenende und noch der Montag, da beginnt die Nachtschicht erst abends, alles frei, frei, frei. Ich bin entschlossen zu genießen. Nicht faulenzen, sondern selbstbestimmt das machen, was mir wichtig ist. Ich weiß schon, was so kommen wird, Sport und Laufen, Lesen, zu Hause einiges erledigen. Kuchen essen gehen, diese Woche gab es gar keinen.
Vormittags war ich im Studio, ich hatte diese Woche brav alles abgearbeitet, was anstand, dadurch war es sehr entspannt. Anderthalb Stunden draußen am Tower, daneben in der Felsenbirne saß unten eine Eidechse und schaute mir zu. Als ich Liegestütze machte, probierte sie ein paar, auch die Klimmzüge schienen sie zu inspirieren, sie fing an im Busch zu klettern. Kniebeuge kann ich besser, aber beim Wackeln mit dem Schwanz hat sie klar gewonnen. Noch kurz jonglieren, dann Duschen, Sauna, Essen, zum Bus. Auf Arbeit, wir holten uns einen Kaffee, kam die Chefsekretärin dazu, um dort Blumen zu gießen, sie erzählte, noch zwanzig Tage, dann sei der Ruhestand erreicht. Sie wirkte dabei sehr fröhlich, 42 und ein halbes Jahr in dieser Firma seien dann rum, als sie anfing, gab es meinen Kollegen noch nicht mal.

Samstag, 12.9.2020

Das war ein wundervoller Ruhetag, ich habe den Vormittag spät begonnen, frühstückend, lesend, ein wenig am Rechner gedaddelt, mich nicht schrecken lassen von vielen Vorhaben, die ich sowieso nicht alle schaffe und bin, als Lebensgeister sich nicht anders bändigen ließen, ins Studio gegangen. Hab mir Ausführlichkeit gegönnt, mich konzentriert auf etwas in Vergessenheit geratene Übungen, z. B. mit Hilfe der Ringe die Pistolsquats versucht, oder den Handstand oder Liegestütze mit hohem Arsch, die gehen mehr in die Schulter. Hatte den Tower für mich allein, wo waren all die Sporttreibenden, ich hab es später rausbekommen. Nach der Sauna im Schattengärtle Zeitunglesen, auf dem Rückweg nach Hause einen Schlenker zum Chinesen, da war das späte Mittagessen erledigt. Ich hatte Lust auf Stadtgang, der Kaffee fehlte noch, und bin in einen langen Einkaufsmarkttag geraten, hätte ich es vorher gewusst, wäre ich woanders hin. War also belustigt bis genervt von den Eifrigkeiten der Händler und Verkäufer und dem Gedränge auf dem Markt und drumrum, es gab eine kleine Livemusik, an einer Modenschau, naja bisschen kleiner, ein 5m-Steg aus rotem Teppich, kam ich kaum mehr weiter, außerdem musste ich dauernd grüßen, da waren u. a. viele, die ich aus dem Studio kenne. Am Bücherschrank war ich erfolgreich. Der Abend verging lesend.

Sonntag, 13.9.2020

Da ich sonntags frei habe, ist es ein Lauftag geworden. Ich gehe mit den Hirschauern auf die lange Strecke, heute waren 22,4 km, wir haben es mit all den Höhenmetern im 6er Schnitt geschafft. Im Wald die Morgenkühle, draußen schon warm, es roch immermal intensiv nach Pilzen. Danach hab ich meine müden Beine in der Sauna gereckt, ein Buch hatte ich eingepackt, so das liegend lesend ausruhen angesagt war. Zu Hause gab es Mittag, nach der Stadterfahrung gestern wollte ich menschenmeidend selbst kochen, Dinkelnudeln, süßer Paprika mit Frischkäse. Nichts besonderes, aber so lecker, ich war richtig ausgehungert. Lesezeit. Einen Thriller, Die verlorene Bibliothek, ich werde das alles wieder vergessen, aber es ist spannend geschrieben. Witzig ist, es klingt wie Verschwörung und in Amerika sei die Hölle los mit einem kriminellen Präsidenten, zumindest wird er so verleumdet, das ist unbeabsichtigt fast aktuell. Am frühen Abend wollte ich meine Beine wieder auf Normalbetrieb bringen und unternahm eine lange Stadtlatsche, immer weit um die Mitte herum. Bei solcher Gelegenheit hatte ich den Klausenfriedhof als ein lauschiges Plätzchen kennengelernt und wollte diesmal zum Sülchenfriedhof. Der ist aber lang nicht so schön. Neuer vielleicht, uniformierter, kaum alte Grabmäler, dafür jede Menge moderner Grabschmuckkitsch. Dort wöllte ich mich nicht dazulegen. Beim Heimlaufen durch ein Wohngebiet, lauter Einfamilienhäuser, ging es von einem Grillduft zum anderen. Nicht meine Welt.

Dienstag, 15.9.2020

Ganz einfach der Anfang: Gestern hab ich den Text vergessen. Als ich ins Bett ging, fand ich, der Tag war herrlich entspannt, dann fiel es mir ein. Na klar, die letzte Stunde am Abend hab ich auf Youtube geschaut, einen auf Unterhaltung gemacht. Ich hab es wirklich vergessen. Seit fast einem halben Jahr schreib ich fast täglich, wenn ich nicht schrieb, gab es einen Grund, Zeitmangel oder kein Zugriff auf meinen Host. Das Hirn ist ein erstaunlich Ding. Was hätte ich gestern zu erzählen? Vom Putztag und meiner Unlust da drauf, bisschen Amtspost, ich weiß jetzt, wie es geht, viel Lesezeit zum Troste, abends war Sport. Wir haben nicht wirklich was verpasst. Auf meinem Zettel für heute stand ganz unten groß Text , außerdem wollte ich zum Friseur, das hat geklappt, ich bin da kompliziert, wenn ich nicht sofort dran komme, gehe ich wieder, dadurch kommt es zu mehreren Versuchen, die, sind sie erfolglos, beim Bäcker nebenan enden. Warten ist etwas, das müsste ich noch lernen, ich vermute, es wird im nächsten Leben stattfinden müssen. Überraschend gepflegt verließ ich diesmal den Laden, es ging schnell, so war noch Zeit für ein Läufchen. Die Standardrunde bei gediegener Wärme, nachher beim Duschen konnte ich mir den ganzen Friseurduft vom Kopf spülen. Es war Pflegetag, ich hatte einen Termin bei der Fußpflege, auch da war das Ergebnis sehr angenehm. All die angelaufenen Hornhautdrangsale waren nach einer halben Stunde weg, wie neu fühlte sich alles an. Aquajoggen war geplant, bei schönster Abendsonne trafen wir uns im Freibad. Es war richtig voll, so dass wir Mühe hatten beim Geradeausschwimmen, danach sind wir in einem anderen Bereich so am Quirlen gewesen, dass die gemächlichen Schwimmerinnen große Bögen um uns machten. Das Ergebnis war zuverlässig erreicht, wir waren nach 40 Minuten platt. Mussten aber noch zum Bauchkurs, wir waren angemeldet. Sonst hatten wir den Badespaß vormittags, das gab eine Pause zum Studiobetrieb, es ging also platt hin und platter raus, jetzt kann ich kaum noch die Finger heben, um das hier zu schreiben.

Mittwoch, 16.9.2020

Man könnte sagen, das war ein missglückter Tag, denn von meinem Planungszettel ist nichts, gar nichts erledigt worden. Manchmal ist das Leben so. Ich gab mir frei, hab gelesen, und ich konnte es nicht aufhören. Mir war das schon klar, als ich das Buch anwählte, dass es so kommen wird. Von Ken Follett "Eisfieber", da ist keine große Literatur zu erwarten, aber es geht spannend zu. Der Plot ist nachvollziehbar, das beherrscht er, die Erzählung ist erfolgt chronologisch, springt von Ort zu Ort, bzw zu den jeweiligen Personen. Teilweise geht es richtig lustig zu, fand ich jedenfalls, z. B. wenn er beschreibt, wie eine dickliche Frau die Treppe runterkullert und ihr der Rock dabei hochrutscht und bleiches fülliges Fleisch enthüllt. Das wird regelrecht klamaukig, ohne ganz aus der Glaubhaftigkeit zu rauszugehen. Immerhin konnte ich mich nach diesem im Sitzen und Liegen verbrachten Tag abends ins Studio aufraffen, da musste ich die Energiebilanz in Ordnung bringen. Anderthalb Stunden, dazu die Sauna. Für morgen hab ich einen neuen Zettel formuliert, schlafen gehe ich mit lauter guten Vorsätzen.

Donnerstag, 17.9.2020

Der Zettel war ganz schön voll, nach der Schluderei gestern. Ich hab mich ans abarbeiten gemacht, gleich nach dem Frühstück fing es an mit dem Einkauf, bis alles verräumt war, war die Wäsche fertig zum Aufhängen, Post lag rum, ich hab sie bearbeitet. Zur Belohnung gab es eine frische, süße Birne, dann ging es ans Laufen. Eigentlich war nachmittags Aquajoggen geplant, aber es war kühl, keine Sonne, ich dachte, wenn es ausfällt, hab ich schon was gemacht. Duschen, Suppe wärmen zum Mittag, kurze Lesezeit, die Sonne kam raus. Also doch ins Freibad, Viertel vor fünf stiegen wir ins Wasser, Einschwimmen, mein Kollege schwimmt so schnell, dass ich mir mickrig vorkomme. Das Programm: 1 min Vollgas, 30 sec Pause, 30 sec Vollgas, 30 sec Pause, 4 min Gib alles, 1 min Pause, diesen Ablauf haben wir fünfmal durchgezogen. Da ich mittlerweile zuverlässig oben bleibe, beginne ich, mir Haltung abzugucken, versuche, aus meinem Rundrücken raus in eine Läuferhaltung zu kommen, also aufrecht bzw. den Rücken durchgedrückt. Das muss ich immer wieder korrigieren, und will dabei glauben, dass es für´s Laufen was bringt. Ich bin noch weit von der Haltung meines Kollegen entfernt, dem sehe sogar ich Laie an, dass er im Rücken anders stabil ist als ich. Nach einer knappen Stunde kamen wir aus dem Wasser, zähneklappernd und froh, es geschafft zu haben, und sind unter die warme Dusche gesprungen, heute war nicht viel los im Freibad, dadurch gab es warmes Wasser. Beim Heimradeln gab es einen schnellen Kaffee und ein winziges süßes Stückle, dann ging es im Studio weiter mit dem Bauchkurs. Eine neue Trainerin als Vertretung, d. h. neue Übungen, die waren gut, es hat uns den Rest gegeben. Ich habe etwas jonglieren geübt, die Sauna war das Sahnehäubchen. Es gab noch einen Proteinshake, beim Lesen an der Theke fand ich in der GEO einen Bericht über den Fotografen Salgado, der in Brasiliens Urwald ein Volk von Eingeborenen portraitiert, und damit einen Aufruf an die Welt startet, um das Überleben dieser Menschen mit ihrer Kultur in ihrem Lebensraum zu sichern. Beeindruckender Fotograf, beeindruckende Bilder, beeindruckendes Anliegen. Da vollendet sich ein starkes Lebenswerk. Was kann ich da machen, eher nichts, außer das ich es weitererzähle, es nützt nicht wirklich.

Freitag, 18.9.2020

In den Nachrichten sind die steigenden Coronazahlen, hauptsächlich von Europa, nur die Neuinfektionen, nicht wie früher die Sterbezahlen dazu. Hoffentlich kommen wir mit Maske und Abstand durch, ohne das wieder alles dicht gemacht werden muss. Die Schule fing an, in allen Klassen sitzen Ferienverreiste, in den nächsten Tagen wird man sehen, was draus wird. Ich erinnere mich an die Zeit, als drei Kategorien in den Nachrichten genannt worden sind, zu den Neuinfektionen und Gestorbenen kamen die Wiedergenesenen. Ich habe immer noch keine richtige Angst vor einer Ansteckung, sondern eher vor den kommenden Maßnahmen. Die Rückkehr zur Normalität fühlte sich gut an, war aber noch nicht geschafft. Da fehlt noch ein Stück vom Weg, das fehlt mir auch ganz persönlich. Die Maske mag ich nicht, anderen fehlt vielleicht der lärmig glückselige Besuch in einem Fußballstadion oder routinierte Gang in den Puff. Die Hoffnung bleibt, dass irgendwann in absehbarer Zeit Normalbetrieb einsetzt.
Erfolge am Freitag: wieder ein Fenster geputzt, das Größte. Selbst gekocht, es gab Brokkoli in dem Süppchen von Dinkelgrieß, mit Parmesan vollendet. Wunderbaren Sport gehabt, am Tower den Kurs, anstrengend, danach noch etwas an der Kraft, gedehnt. Sauna und einen Schwätz. Misserfolg: Die Kontakte meiner Sportbefragung haben alle nicht funktioniert, niemand hat geantwortet. Morgen weitere Versuche, mir fehlen insgesamt noch zehn Rückmeldungen. Ein neues Buch angefangen, diesmal nicht so einen schnell lesbaren Thriller, Frank Schätzing, "Nachrichten aus einem unbekannten Universum". Er erklärt populärwissenschaftlich die Entstehung des Lebens im Wasser der Erde, vom Anfang, dem Urknall, beginnend. Ich versuche mir vorzustellen, was er da beschreibt, mit Hilfe meines Restschulwissens, manches wird mir klarer, kollidiert aber immer noch mit Vorstellungen aus Kindertagen, dadurch ist es anstrengend. Ich hab z. B. verstanden, dass zwischen den Bausteinen verschiedener Materie Platz sein muss, leerer unbesetzter Raum, in Schulzeiten waren die Abbildungen farbig ausgefüllt, aber eben dicht zugemalt, dadurch und durch die Erfahrung des Anfassens hatte ich da was Kompaktes im Gedächtnis, wodurch das richtigere Modell nie das alte ersetzte. Beim Nachdenken darüber hab ich noch was über das Nachdenken gelernt, über die Wertigkeit von Information und Erinnerung.

Samstag, 19.9.2020

Das meiste hat nicht geklappt, alle heutigen Kontaktversuche zu meiner Sportbefragung sind ohne Ergebnis geblieben, sind vertagt oder unbeantwortet. am gestern geputzten Fenster sah ich im Nachmittagssonnenlicht, dass es gar schrecklich aussieht, voller Schlieren. Soll ich mich der Verzweiflung anheimgeben? Auch blöd. Wegen solchem Krimskram geht die Welt nicht unter, nicht mal meine. Bin ich ins Studio gegangen, hatte Zeit, hab Lust entwickelt, hatte den Tower für mich allein, nach zwei Stunden war ich durch, nach der Sauna bin ich platt und zufrieden heim. Da gab es die Suppe von gestern, das war wie ein Bonus, wie früher, als zu Hause die Mama für das Essen sorgte und ich nur an den Tisch kommen musste. Nachmittags war frei, schöne Sonne und warm, ich ging spazieren, Kaffeetrinken, hab es genossen bis zum Bücherschrank, ab da war mein Rucksack schwer. Seit es diesen Schrank gibt, lese ich schnell und viel, aber holen tu ich noch schneller. Es ist nicht so, dass ich ihn jedesmal leer mache, ich nehme nur die vermeintlichen Leckerbissen, die Stapel zu Hause wachsen unaufhörlich, eventuell muss ich da was verändern. Ich hab drüber nachgedacht, ein Foto der Stapel hier dazu zu geben, aber mir ist es peinlich, es sind wirklich viele Bücher.
Diese Wochenendfreizeit, seit ich nicht mehr arbeite, macht, dass ich übliches Freizeitverhalten kennenlerne. Beim Stadtgang, grad in dieser Zeit, tönt überall Musik, vom Leierkastenmann über Blasmusik und heute war eine LedZeppelinNachahmertruppe zu hören, die sich sehr mühte, aber es war vergeblich. Anscheinend sind alle anderen zufrieden damit, niemand nimmt Reißaus, nur ich versuche, Abstand herzustellen.

Sonntag, 20.9.2020

Das frühe Aufstehen um des Laufens willen scheint mir nichts mehr auszumachen. Morgens früh um sechs kommt die kleine Hex, lässt den Wecker rattern, bis die Rollos knattern, und dann steht der Michel auf, frühstückt vor dem Morgenlauf. Fast hätte es zum Dichter gereicht. Halb neun starten wir, eine fröhlich schnatternde Horde gutgelaunter Menschen. Von Hirschau aus gefühlt über alle Hügel und Aufstiege der Gegend, durch Wurmlingen nach Unterjesingen, die Strecke kannte ich nicht, ging es rückzu um den Baggersee zum Ziel in Hirschau. Es waren am Ende 21,71 km und 476 Höhenmeter, in der Gruppe kam ein 6:10 er Kilometerschnitt raus. Das Schnattern ging jeweils am Berg in Schnaufen über, aber nur aufwärts. Ich bin zufrieden von dannen gezogen, hab mir die Sauna im Studio gegönnt. Es war gut Zeit, Mittag zu kochen, das gelang und mundete, dann bin ich nach Esslingen gefahren, mit meiner Kunstfreundin war ich in der Villa Merkel verabredet. Eine von zwei Ausstellungen hieß "Unter Beobachtung", ein Titel, der mich sofort ansprach. Neun Arbeiten verschiedener Künstler setzten sich auseinander mit den Möglichkeiten und Bedrohungen durch digitale Überwachungstechniken. Unser beider Favorit war die Arbeit Shy Camera von Gregor Kuschmirz, eine bewegliche Kamera, die, sobald ihre Steuerung ein Gesicht erkennt, sich abwendet. Dann gab es noch eine verblüffende Sammlung von Überwachungskameras, deren manche aussahen wie Kameras, andere waren getarnt als Uhr oder Bewegungsmelder, am schärfsten fand ich einen Schraubenkopf, der gestochen scharfe Livebilder von uns lieferte. Alle Systeme sind relativ preiswert und verfügbar. Eine sehenswerte Ausstellung, die ich empfehle. Die andere Ausstellung hab ich nicht verstanden, sie war aufwendig und gekonnt aufgebaut, aber ich hab keine Idee gehabt, worum es gehen könnte, oder was ich bewundern sollte. Wir waren danach in der Innenstadt, Esslingen ist schön für Besucher, bekamen wunderbaren Kaffee und Kuchen, und haben alles besprochen, was sich so angesammelt hatte. Erst im Cafe, dann im Park, es war ein Spätsommerparadiesabend.

Montag, 21.9.2020

Der erste Nachtschichttag, der ganze helle Tag ist frei, abends, wenn es dunkel wird, geht die Arbeit los. Da hab ich den Vormittag vertrödelt, gelesen, am Rechner gedaddelt, bin mittags zum Sport gegangen, bei schönster Sonne am Tower, ganz für mich allein ein komplettes Workout, zwei Stunden lang, durchgezogen, hab mich um die Ernährung gekümmert und den Versuch eines Nachmittagschläfchens gemacht, es misslang wegen unaufhörlichem Geschepper und Geplärre im Treppenhaus, was will man machen. Dann setzt die Vorarbeitsunruhe ein, die Neugier, ob das mit dem Werksbus klappt, der fährt wegen Bauarbeiten woanders ab, und schon steck ich im Vorbereiten und mach einen Haken an diesen Tag.

Mittwoch, 23.9.2020

Zwei Nachtschichten sind geschafft, eine kommt noch, dann ist kurzarbeitsfrei. Es ist mein Ehrgeiz, trotz zeitfressender Arbeit den Sport durchzuziehen, im Moment geht das gut, weil wir kaum volle Wochen durchschaffen. Gestern war ich nachmittags im Studio, anderthalb Stunde am Tower Kimmzüge und so, dann gabs Sauna zur Belohnung. Jetzt komm ich grad vom Laufen, knapp 10 km, die Standardrunde. Es war schön draußen, gute Luft, es hat Spaß gemacht. Die Arbeit, naja. Ein Lacher nach dem anderen. Beispiel. Der Bus vom Werksverkehr, das ist Klasse, dass wir so was haben, fährt wegen Bauarbeiten woanders ab, und es wird nicht an alle durchgesagt. Manche wissen es und fahren mit, andere stehen am bisherigen Einstieg und wundern sich. Einer hat kein Auto und geht wieder heim. Ich hab es durch Zufall bei Kollegen gehört und nachgefragt.
Morgen früh räume ich meine Arbeitsschuhe wieder ins Regal und genieße vom Leben.

Donnerstag, 24.9.2020

Nach einem schnellen Schläfchen der Versuch, in den Normalbetrieb zu kommen. Das ist nicht schwer, denn es ist mit freier Zeit und Vorfreude verknüpft. Ich hab also mittags gefrühstückt, dann musste ich eine kleine Einkaufsrunde gehen, da einiges fehlte, schlauerweise führte die zum Bäcker hinein, es gab russischen Zupfkuchen und Kaffee. Zu Hause stand ein Notputz an, eigentlich erst montags, aber morgen fahr ich nach Bayern, nach paar Tagen kommt die ganze Enkelfamilie hierher, und da soll es sauber sein. Als ich fertig war, Wäsche war gehängt, das Clo piekobello, wollte ich ins Studio, da gab es doch tatsächlich ein Gewitter. Richtiger Regen, so, dass ich nicht raus wollte. Ich hab´s abgewartet, bin 10 min später los, da war es erledigt. Im Studio hab ich probiert, draußen am Tower was zu machen, aber da war zu viel Wasser, an den Stangen und am Boden, da platschte es richtig. Hab ich mein Programm nach drinnen verlegt, es ist immer noch nicht viel Betrieb, aber weil die Türen zu waren, ist es miefig und stinkt überall nach Desinfektion. Scheiß-Corona, denk ich immer. Und sitze hier zu einer Zeit, in der ich ohne Kurzarbeit schon längst in der Nachtschicht stecken würde. Da relativiert sich das wieder.

Freitag, 25.9.2020

Bin wieder hauptamtlicher Großvater, noch nicht in meinem Selbstverständnis, aber gegenüber den Kleinen schon. Der kleine Mann hat gleich losgekichert und ließ sich gern die Pulle geben, bis er einschlief. Madamchen tat erst ein bisschen fremd, aber ich hab ihr was gepfiffen, schon fing das gackern an, ich glaub morgen wird ein schöner Tag. Wir werden kaum rauskönnen, weil es durchgängig regnen soll, da müssen wir drinnen was spielen, wird uns schon was einfallen. Die Herfahrt ging zügig bis München, selbst der Aichelberg war durchgängig, aber dann war es zerrig. Bestimmt Feierabendverkehr. Außerdem hat es so geregnet, dass man nicht viel sah vor lauter hochgefahrener Gischt. Der Herbst ist da, wird er im Oktober golden? Abends war ich in meinem freundlichen Auswärtsstudio noch bissle an der Kraft arbeiten, heute waren lauter breitkreuzige Kerls da, immerhin kannte ich ein paar vom letzten Mal wieder und wurde freundlich begrüßt. Auch auf diesem Weg heimzu, also zum Quartier, wurde ich nassgeregnet, in meinem Zimmer ist es aber schön warm, das W-Lan tut, was will man mehr.

Samstag, 26.9.2020

Am markantesten war der Regen, früh beim Blick auf die Berge wurde der Begriff Schneefallgrenze deutlich, die Spitzen der umgebenden Berge waren weiß. Nicht überpudert, durchgängig weiß. Unten in der Stadt war es zum Drinnenbleiben nass, wir mussten die Kinder irgendwie bespielen und sie waren zeitweise ungnädig. Die ersten Zähne kommen durch, die Verdauung produziert Unwohlsein, wenn der Pubs quer steckt. Es gibt zum Glück immer wieder Zeiten, wo die beiden fröhlich durch die Gegend lärmen, beim Spielen mitmachen und charmante Gröler und Quietscher fabrizieren. Mittags war eine Pause, ich hab mich ins Studio getrollt und ein schönes Programm durchgezogen. Alles Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, da wird Erdanziehung spürbar, ich brauche keine einzige Hantel anfassen, alles geht an der Klimmzugstange und den Dipsholmen oder auf dem Boden, da brauch ich nur zum Ende hin mal desinfizieren, um der Vorschrift zu genügen. Die Dusche danach: Zwei Duschplätze, von denen einer per Schild gesperrt ist, vor mir kamen da zwei raus, ich würde sagen, einer hat mit und einer ohne Schild geduscht. Ich war belustigt.

Sonntag, 21.9.2020

Der Regen war weg, dadurch wurde es ein schöner Tag. Vormittags war ich zum ersten Mal in meinem Leben mit einer Trage unterwegs, das Kind drin, vorn am Bauch. Es war ziemlich kalt, die Kinder waren durch diese Art Mitnahme schön warm. Mit dem Vater, der mit der Tochter am Bauch, ich mit dem Bub, wir wurden unterwegs dauernd angequatscht als die stolzen Väter u s w . Obwohl ich mit meinem Graubart schon wie Großvater aussehe. Lag es am Ausgang, oder was immer es war, die Kleinen waren ausgeglichen und freundlich bis lustig drauf, haben aus den Tragen raus erzählt, bis sie eingeschlafen sind. Nach dem Mittagessen bin ich ins Studio, ähnliches Programm wie gestern. Nachmittags sind wir alle raus, die Sonne schien und die Gipfel der Berge blitzten schneeweiß.


Im Fußgängertunnel fand ich folgende Äußerungen. Da das öffentlicher Raum ist, wendet es sich an alle. Ich bin also mitgemeint und reagiere:

Die Fragestellung zeigt, dass da jemand polemisch vorgehen möchte, sich keine Gedanken macht, ob die inhaltiche Verknüpfung sinnvoll und zulässig ist, ich könnte auch fragen, Geld oder Wetter? Außerdem offenbaren sich Impfgegner als Egoisten, die zwar ihre Rechte beachtet wissen wollen, denen aber der Nächste, der durch Nichtansteckung vor vermeidbarer Krankheit zu schützen wäre, piepegal ist, der kommt gar nicht vor beim Denken.

Es geht noch doller. Da wird mutwillig bösartig verknüpft.

Was man da alles vorher glauben muss, bevor man so formulieren kann.

Soll man hier anfangen zu argumentieren? Da fällt die Beschimpfung auf den Beschimpfer zurück, denn als Diskussionsgrundlage ist das nicht gemeint.
Wir haben es mittlerweile mit vielen Menschen zu tun, die solche Sachen glauben, posten, auf Demos schreien und sich als richtíg empfinden und Andersmeinende nicht anhören wollen. Dieser Virus kommt mir schlimmer vor als Corona, es scheint keine Therapie zu geben.

Montag, 28.9.2020

Die Frage entstand, gleich nachdem ich den Gesterntext, vor allem die Bilder geladen hatte. Gebe ich diesem Mist zu viel Raum, verstärke ich es dadurch noch? Das will ich nicht. Andererseits ist von der schweigenden Mehrheit die Rede, die nicht wahrgenommen wird über dem Geplärre der Aluhüte und Hohlköpfe auf den Covid-19-Demos. Ich hab es ja kommentiert, um Stellung zu beziehen. Auch deswegen, weil ich es mehrmals bei verschiedensten Anlässen, Gelegenheiten erlebt habe, dass ich schier vereinnahmt werde, wenn ich ins Gespräch gerate, wenn ich dem Weltbild der Verschwörungsversteher nicht energisch widerspreche. Nun ist mir unwohl beim Widersprechen, ich lasse gern jeden denken was er will, lasse mich aber nicht gern einsacken. Das war lange Zeit in Ordnung, erst seit Pegida- und AfD-Zeiten ist das anders, die Diskussionskultur in diesen Kreisen ist entschwunden, gewichen dem Lautsein und Pöbeln. Da haben die einen von den anderen gelernt, bzw. die Soziotope überlappen zum großen Teil.
Ansonsten war es ein verregneter Enkeltag, wir hatten zu Hause unseren Spaß, auch einige kleine Kümmernisse, wo man sich mühen muss, manchmal auch ratlos ist, in der Summe hat ein jeder dieser Tage einen Wohlfühlüberschuss, der, diese Erfahrung hab ich schon, auch in die Zukunft wirksam ist.

Dienstag, 29.9.2020

Schon wieder ein verregneter Tag, ich war nur für kurze Fußwege draußen, hatte den Schirm dabei. Waren wir drinnen. Mein kleines Mädchen ist zweimal auf mir eingeschlafen, ich trug sie umher, weil sie quengelig war, dann wurde alles schlaffer und rutschte zusammen, es fing an zu schniefen, die Spannung ging raus und dann schlief sie. Als das zum ersten mal gelungen war, wollte der junger Herr denselben Einschlafservice, ihm konnte geholfen werden. Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn das klappt, ich werde in der Zukunft meine Freude haben, wenn ich nur dran denke. Die Eltern haben gepackt für die erste Reise mit den beiden Kleinen, ich glaub, sie waren froh um meinen Service, und ich kam mir richtig nützlich vor.
In der Mittagspause ging ich beim Bäcker lang, gestern auch schon, da sollte ich Brot kaufen, heut war ich ohne Auftrag, lustgesteuert. Der Lohn war Marillentopfen zum Kaffee, ich bekomm das zu Hause nicht, muss mich hier dranhalten. Abends ins Studio, so langsam wurde ich beschnuppert und werde auch von den Kraftprotzen freundlich behandelt, hab sogar Komplimente von zwei jungen Bengels bekommen. Morgen geht es auf die Heimfahrt.

Mittwoch, 30.9.2020

Nur kurz, Heimfahrt war ok, kaum Stau, ich war zu Hause der Gastgeber, die Enkelfamilie kam zu mir. Da musste ich alles bereithalten für die Kleinen und die Großen, Schlafgelegenheiten klären, so dass die Kleinen nicht runterrollern, der Einkauf war nötig, da alles leer war, die Großmutter kam, wollte ihre Enkel sehen, nachdem die Kleinen versorgt waren, aßen wir alle zusammen, es war schön und ganz einfach. So ließ ich den Sport Sport sein, ging mit dem Text genauso um und gehe gleich schlafen, da mit den Kindern der Tag zeitig anfängt.

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