Michael Oswald

 

 

 

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Leben in den Zeiten von Corona 6

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Samstag, 1.8.2020

Gestern Frühschicht, die erste Nacht vor der Arbeit schlafe ich niemals gut vor lauter Unruhe, den Wecker zu verpassen. Das ist zuletzt passiert als ich zwanzig war, ich könnte in aller Ruhe die Augen zu machen und schlafen, aber das gehört zu meiner persönlichen Mackenausstattung. Was ich da noch zu bieten habe, behalte ich lieber für mich. Zum Feierabend, im Bus heimfahrend, habe ich alle Umleitungen verpennt, bin erst im Stau vor Rottenburg aufgewacht. Von der Arbeit rede ich nicht, das ist zu trübsinnig. Nachmittags habe ich tapfer was im Haushalt gerichtet, bin auf einen Kaffee los und zum Sport. Crossfit am Tower, jeder Trainer macht es anders, alle gut, immer überraschend, ich schwitzte redlich. Jonglieren ging ganz gut, ich übe hohe Würfe, die müssen präzise geworfen werden, sonst kann man nicht fangen, bei größerer Höhe ergibt der kleine Richtungsfehler eine große Abweichung. Irgendwann würde ich mich unter drei Bällen, die oben sind, gern einmal drehen, sie dann fangen und weiterspielen. Oder, wenn man Ball vier, gar fünf dazunehmen will, sollte das Werfen hoch und präzise und dabei schnell genug sein, usw.
Heute, Kurzarbeit, also frei, war Reisetag. Erst packen, Blumen gießen, tanken, dann auf nach Bayern, paar Tage Enkelzeit. Die erste Runde wickeln, füttern hat geklappt, ein wenig rumgegiggelt haben wir auch. Mein Quartier ist diesmal in einer wunderschönen, alten Villa, die steht in einem Blumengärtle, wo mit kundiger Hand gepflegt wird, so dass Kultiviertes und Wildkräuter miteinander wachsen. Es gibt einen Teich mit Seerosen, und Blutweiderich am Rand. Fast kommt es mir vor wie das Paradies.
Wo soll der Text hin, war letztens die Frage. Vielleicht muss das gar nicht deutlich entschieden werden, wenn vom Leben draußen berichtet wird, darüber nachgedacht und bewertet, benannt, reflektiert wird, kann ich aneinander reihen, was so kommt. Ich muss nicht mehr jedes Sporttreiben beschreiben, aber an der Nachrichtenlage und konkreten Beobachtungen kann ich mich abarbeiten. Ich gehe davon aus, dass ich dabei manches Fettnäpfchen treffen werde mit deutlichen Äußerungen, das soll niemanden persönlich treffen, aber Harmlosigkeit ist nicht mein Ziel.
Fang ich gleich an damit: In den Nachrichten hörte ich von der Demo der Coronagegner in Berlin. so war die Formulierung - Gegner. Es seien 15000 Leute, meist ohne Maske, ohne Abstand, es sei auch von rechts zur Teilnahme aufgerufen worden. Ich finde schon, dass man für Grundrechte eintreten kann, soll, u. a. fing es so an in Stuttgart, mittlerweile kommen die Aluhüte und Reichsbürger und AFD-Leute und Verschwörungsdurchschauer zusammen und  sind dagegen. Ob das taugt, vielleicht als Impfung gegen Corona-Viren, aber gegen Impfen sind sie auch. Ich hab jetzt noch nichts Konstruktives aus dieser Richtung gehört, noch nicht mal ein Nachdenken, es ist halt so selbstgerechte und laute Empörung. Blöd find ich, dass sie dabei solch einen Rabatz machen, während viel mehr Menschen versuchen, mit den Begrenzungen abwägend umzugehen, von denen aber nicht so viel berichtet wird.

Sonntag, 2.8.2020

Erster Tag mit den Enkeln, vormittags ein Spaziergang im Wald, dann zu Hause Mittag und immer wieder die Kleinen bespielen und trösten, sie waren mäkelig, konnten nicht gut trinken, anscheinend das Bäuchle, da ist ein Geglucker drin, kann mir vorstellen, dass es wehtut. Trotzdem machen sie alles wieder gut, mit ihrer aufblitzenden Freundlichkeit, ihrem fröhlichen Erzählen. Wer weiß, was sie da meinen, es ist ziemlich ausführlich.Nach dem Baden abends sind sie hoffentlich so knülle vom langen Tag, dass sie gut schlafen, dann starten wir morgen wie neu.

Montag, 3.8.2020

Ich war ein wichtiger Großvater, es gab einen Arzttermin für´s Töchterle, die Eltern sind mit ihr losgefahren, ich blieb da mit dem Brüderchen. Hab ihm die Pulle gegeben, die Windel gewechselt, für Spaß gesorgt und der Mama ein Video geschickt zur Beruhigung, so lange war sie noch nie und so weit war sie gleich gar noch niemals weg von ihrem Kind. Alles ging gut. Als sie wiederkamen, hatten wir wieder zwei fröhliche Kinder beisammen. Nach dem Mittag war eine Pause, ich hab mich auf einen Kaffee verdrückt, es gab einen Marillentopfen dazu, ein geiler Kuchen, wir haben dann die Regenpause für einen Gang nach draußen genutzt. Und waren rechtzeitig zurück, bevor es losschiffte, es wurde immer mehr Wasser.
Zu allem ist mir die Anmeldung im Sportstudio gelungen, ich darf diese Woche trainieren, wann ich will. Mit Maske rein bis Umziehen, dann ohne, dafür immer nach Benutzung desinfizieren. Anderthalb Stunden bin ich aufgefallen mit meinem Bodyweighttraining, es ist eher ein Pumperstudio, die Atmosphäre ist in Ordnung, es geht freundlich zu.
Die Nachrichten von Berlin wirken wirr, bisher war die Rede von 15-20 000 Demonstranten, jetzt sind Zahlen von 800 000 aufwärts bis 1,3 Millionen im Angebot, mein Eindruck ist, die Durchblickerfraktion hat bisschen multipliziert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so viele seltsame Leute geben soll, das wäre zumindest meine Hoffnung.

Dienstag, 4.8.2020

Wieder Kindertag, anstrengend heut, weil beide Kinder nicht gut trinken konnten, der Bauch, oder was auch immer, sie waren unzufrieden und rappelig, zwischenrein immer wieder wundervolle Giggelein, wenn sie freundlich schauen, einen gar anlachen, ist alles gut bei den Eltern, bei mir sowieso.
Es gab so viel Wasser am zweiten Regentag, ich wollte gern an die Salach schauen, tatsächlich gab es die Regenlücke am späten Nachmittag, wir waren zu viert unterwegs, die Mutter wollte zu Hause ungestört wirtschaften. Die Saalach war anderthalb Meter über normal, geschätzt, sie war sehr schnell, braunes Wasser mit gefühlt 70 km/h, richtige Wellen, wo sonst pure Idylle herrscht. Dann sind wir im Kurpark an allen seltenen Bäumen, Blumen, Sträuchern lang, es waren kaum Leute unterwegs, weil es eben kühl war und aussah wie Regen. Sportzeit, Essenszeit, Schreibzeit, fast ist es stressig, zum Lesen komm ich gar nicht. Macht nichts, zu Hause kann ich wieder rumtrödeln.

Mittwoch, 5.8.2020

Die WetterApp bestätigte das Ende des Regens, drum sind wir zu viert auf zu großer Runde, drei Stunden mit dem Zwillingswagen über matschige Waldwege zu einem schönen Auwald, der anscheinend angelegt wurde, er wirkte recht stimmig. Nach dem vielen Regen waren die Überflutungsflächen voll, es war ein Fließen und Gluckern, mir hat es gefallen. Es ging rückzu an einem Bauernhof lang, auf den Wiesen riesige Kühe, und Ziegen und weiße Gänse und Graugänse. Die Rauchschwalben flogen flach über den Grasspitzen, elegante Flieger. Botanisches Glück: mehrere Sorten vom Hohlzahn, der bunte und einfarbiger gelber und roter. Unterwegs mussten wir ein Kind aus dem Kack holen, dann gabs noch ein Spuckerle, was so jungen Eltern alles widerfährt, diesmal auch mir. Wir haben es wacker geschafft, kamen zu Hause an, da gab es Pizza vom Lieferdienst, der Nachmittag wieder mit schwierigen Trinkhemmungen, dadurch zu Herze gehende Bekümmernisse und die Ratlosigkeit, wie könnte man das lösen. Abends ist das Studio meine Rettung, die Eltern müssen dranbleiben, sie schaffen das auch, wir haben es früher auch geschafft, und sie machen es wirklich gut und zusammen und so, wie es halt geht.
Im Studio war eine Gruppe junger Kerle, die zusammengehörten, einer sprach mich an wegen meiner Übungen, und es stellte sich heraus, es waren Bereitschaftspolizisten aus Sachsen, die hierher verborgt werden. Sie kommen schon seit zwei Jahren her, erst wegen der Flüchtlingskrise, so nannten sie das, jetzt wegen Corona. Sie sind nicht zu beneiden, zweimal im Monat je 9 Tage weg von zu Hause, eine Schicht geht über 12 Stunden. Der Sport sei als Ausgleich wichtig.

Donnerstag, 6.8.2020

Nach dem Frühstück habe ich mein Zimmer geräumt und bezahlt, es war noch der Vormittag mit den Kindern geplant. Wir haben uns die Saalach angeschaut, sie war immer noch hoch und schnell, aber kein Vergleich mehr zum Vortag, das meiste Wasser war durch, wer weiß, wann es wieder was gibt. Mit den Kleinen, es ist die pure Freude, egal was sie machen. Heut gaben wir unterwegs ein Fläschle, dann ist das Bäuerle wichtig, bestimmt wissen alle, was das ist. Jedenfalls trägt der Vater sein Bubele, dass es gelingen möge, dann sag ich, mach ma n Bauer, da rülpst der mich an, dass ich mich erschrocken hab. So ein kleiner Kerle kann es wie ein Bierkutscher. Die Heimfahrt, stupide Autofahrt, fünf Stunden, mit dem Zug und der besten Verbindung dauert es sieben. Wenn da noch was erfunden würde, ich würde auch als Datenpaket durch Lichtfaser reisen, wenn es schneller ginge. Aber so dicke Kabel hats nicht. Zu Hause war ich einkaufen, die Wäsche hängt, Gemüse ist geputzt, Obst gewaschen, Ingwer geschält, da läuft es wieder, und war noch Zeit für Sport. Der Bauchkurs fiel aus, hab ich selbst gemacht, mal wieder gründlich ins Dehnen gestartet und in den Handstand, ich konnte ihn schon mal, dann hab ich es vergessen und gemerkt, er ging nicht mehr. Muss ich üben. Im Zusammenhang mit Corona werden wir von den Aluhüten demnächst was von diskriminierenden Zwangstests hören, einerseits, wie die Regierung sich andererseits von Herrn Erdogan erpressen lässt, die Reisewarnung zurückzunehmen, das wirkt nicht völlig souverän. Demokratie und Kompromiss, das gehört zusammen, ich will es nicht tauschen gegen was auch immer. 

Samstag, 8.8.2020

Vormittags am Text, eher ungewöhnlich, da hab ich ja noch nichts erlebt. Nehm ich den Freitag her, die Lücke. Ich habe mich mit Amtspost gequält, die liegt immer noch und wartet auf Erledigung, dann bin ich zur Arbeit. Kaum Personal, wenig Vorrat, aber eine Neuerung. Sie wird zwar kaum erklärt, also das übliche Verfahren, aber sie wirkt dann so einfach und verstehbar, dass man sofort damit klarkommen kann. Bin gespannt, ob der erste Eindruck richtig ist. Abends, wenn ich zu Hause bin, was gegessen hab, war es spät geworden für den Text, so richtig dringend war es nicht. Heut gab es ein Erlebnis als Frühstückslektüre: Ich nahm das Begleitheft von der Ostrale, einer Kunstausstellung, die ich voriges Jahr in Dresden angeschaut habe. Alle Arbeiten waren aufgeführt, je ein kleiner Begleittext ist dabei, auf den ersten zehn Seiten gab es kein einziges Wiedererkennen. Mit Bildern wäre es sicher anders gewesen, und ich hab auch drei Arbeiten in guter Erinnerung, die ich aber im Verzeichnis nicht gefunden habe, ich hätte suchen müssen. Ich sitze ein wenig ratlos da, könnte über die Wirksamkeit von Ausstellungen reden, über gute und mittelmäßige Arbeiten, die man sich merkt oder schnell vergisst, über meine Wahrnehmung und meine tagesaktuell unterschiedliche Bereitschaft zur Auseinandersetzung, über die Fülle in einer Ausstellung, die ich in der Lage bin, bewusst abzuarbeiten. Dann aber auch über Qualität. Die Picasso-Ausstellung in Basel, van Gogh in Frankfurt, da weiß ich konkret die Bilder, hab sie im Kopf, dazu mein Beeindrucktsein beim Davorstehen. Diese Bilder haben zu einer sofortigen und wiederkehrenden Auseinandersetzung geführt, werden verknüpft mit jeweiliger Zeitgeschichte und einem großen Staunen über die Fähigkeiten dieser Maler, in ihrer Zeit neue Lösungen anzubieten, die tatsächlich neu sind und logisch wirken. Das ist anscheinend in Dresden eher wenig passiert. Also nicht die Auseinandersetzung, weil der Anlass fehlte. Eine der Arbeiten, die ich mir gemerkt habe, war ein Spiel mit verschiedenen Holzteilen, man sollte eine Vorlage nachbauen und musste verblüffende Balancen herstellen, die aber perfekt funktionierten. Zwei dieser Arbeiten hab ich nachgestellt und bin zufrieden weiter. Also erreicht worden.
Bis hier, demnächst muss ich los zur Arbeit, vorher Mittag kochen, nächste Text eher montags.

Montag, 10.8.2020

Der Sonntag verging mit Arbeit, mehr schlecht als recht, durch die Stillstände wegen dem Auftragsrückgang sind die Anlagen so fehleranfällig, dass man den Mut verlieren möchte. Als wir heimfuhren, fing ich an, mich auf vier freie Tage zu freuen. Mein Montag fing mit putzen an, ich war motiviert, da ich das Problem mit der Post gelöst hatte. Es ging schnell und gut, da war noch Lust zu laufen, die Standardrunde, 10 km, wegen der Wärme allemal genug. die Zeit war nicht schlecht, geschwitzt hab ich reichlich, unterwegs wollte ich blühenden Stendelwurz fotografieren, da lief mir der Schwitz dauernd in die Augen, beim Laufen ging es. Nach so viel Haushalt brauchte ich nicht selbst kochen, ging beim Chinesen lang und hab mal was neues probiert. Die Soße war so süß, fand ich nicht gut, in Zukunft wähl ich drumrum. Kaffee und Lesestunde, ein kleines Pausenschläfchen, der Tag vergeht so schnell, die Wäsche hab ich gehängt, da war die Zeit ran, ins Studio zu gehen. Ich war für functional training angemeldet, wollte vorher noch ein kleines Kraftprogramm machen. Nach fast zwei Stunden bin ich etwas platt in die Sauna, und das war richtig vergnüglich. Wir schwitzten und schwätzten zu viert, es war lustig, es gab schöne Neuigkeiten, das war wie vor der Coronazeit. Bisher war ich fast immer allein da.

Dienstag, 11.8.2020

In der Hauptsache gibt es was nachzureichen: Zur Beschreibung der Arbeit aus dem letzten  Samstagtext zwei Bilder, die eine der drei Arbeiten von Joachim Noack darstellen.

Noch ein Bild vom Hohlzahn, der kam am letzten Mittwoch vor.

Ich hab mir gedacht, diese Bilder machen so viel klar, dass es gar nicht schlimm ist, wenn ihr mal zurückscrollen, fast hätte ich blättern gesagt, also geschrieben, müsst. Dazu dieser Satz, der so falsch aussieht, aber die Regeln brav einhält.
Heut hab ich einen Amtstermin überstanden, zu dem ich völlig ahnungslos hin bin. Nachdem ich allerhand unterschrieben habe, gehe ich davon aus, dass alles läuft, wie es angsagt wurde, wenn nicht, bin ich bissle im Arsch. Ich muss lachen, wenn ich mir vorstelle, wie unterschiedlich die verschiedenen Menschen so was regeln. Manch einer studiert alles Kleingedruckte und informiert sich vollständig, ein anderer schmeißt unbesehen alles weg, was über das Mindesthaltbarkeitsdatum drüber ist, ich gehöre eventuell zur Fraktion Hans im Glück. Wieder zu Hause, verräume ich all das Papier und mache weiter im Alltag. Lesen, Kuchen essen, Sport am Abend. Text.
Gestern ist mir der Komödiant Florian Schröder auf der Querdenkendemo in Stuttgart auf YouTube vor die Linse gefallen. Er hat u. a. den Coronaleugnern gesagt, dass er die Krankheit ernst nimmt, sich an die Masken- und Abstandregeln halten will und wurde ausgebuht. Er wies drauf hin, dass er das in der Demokratie sagen darf, dass man drüber diskutieren kann, aber mit Lärm niedermachen, das begrenze die Freiheit, die alle da einfordern. Ich fand es mutig und keck und klar. Er hat seine Begabung, vor vielen Leuten zu sprechen, gut genutzt.

Mittwoch, 12.8.2020

Zurück zur bewährteren Art und Weise, Text und Bild miteinander zu bringen. Mittags, die Sonne im Zenit, klappte ich die Haustür zu und ging auf die Strecke. 30 Grad, kein Wölkchen, kein Windchen, bergauf über warmen Asphalt im Modus von: Es wird schon rumgehen, nein, ich fall wegen bisschen Wärme nicht um, erreichte ich schattige Waldwege, die keinen Deut kühler wirkten, und an der letzten Steigung, da saß er. Fast wäre ich gestolpert, er regte sich erst im letzten Augenblick, ich machte einen Hopser, ihn nicht zu zerlatschen, da blieb er sitzen und wartete auf das Foto. Ich fing vorsichtig an, wollte ihn nicht verscheuchen, doch er war geduldig, ließ mich näher und näher, bis er meinte, es reicht so. Ein Waldfrosch.

Wie immer bei solchen Glücksfällen wollte ich schnell heim, das war der Antrieb, nicht nachzulassen, weil ich die Bilder in Ruhe begutachten wollte.
Nachdem ich saniert war und die Schwitzerei aufhörte, ging ich Mittagessen und gönnte mir Lesezeit. Das Buch, ein Krimi von Fred Vargas, "Der vierzehnte Stein", ist bei mir gelandet, weil ich beim Stöbern im Bücherschrank den Namen verwechselte mit Mario Vargas Llosa, einem Schriftsteller, dessen guter Ruf mir geläufig ist. Beim Loslesen kam das raus, und störte aber nicht, es ist ein gut lesbarer Krimi mit interessanten Figuren, die etwa nach dem Märchen Sechse kommen durch die ganze Welt außerordentliche Fähigkeiten haben und wohl den Fall lösen werden, mir fehlen noch hundert Seiten. Gute Unterhaltung, ganz ohne die typische Krimispannung, eher macht es neugierig, was mit solcherlei Begabungen an Lösungsansätzen herbeifabuliert wird.
Abends noch im Studio, ein lustiger Crossfitkurs, ein Zirkeltraining mit Chaoswechslung, am Ende war jeder an jeder Station durch, wenn auch alle in verschiedener Reihenfolge. Ich fand herrlich, wie das System am Anfang entgleiste, niemand maulte rum, jeder suchte die nächste freie Station, und geschwitzt, haben alle. Von Corona heut kein Wort.

Freitag, 14.8.2020

Obwohl ich arbeiten war, soll es heut Text geben. Auf Arbeit war es ganz gut, es ist nicht viel gelaufen, erst sechs, dann fünf Maschinen, aber ich musste vier Aufträge abmelden und drei neue starten. Da es nicht nur Folgeaufträge waren, hatte ich zu tun, die Zeit verging schnell. Bin trotzdem müde in den Bus, hab allerhand Heimfahrt verschlafen, zu Hause gab es noch bisschen Erholungspause, dann hab ich den Haushalt gerockt, soll heißen, mein kleiner Plan ist abgearbeitet. Wäsche verräumt, Gemüse geputzt, Ingwer geschält, Blumen gegossen, zum Bäcker reichte es gut, das ist ja auch eine Art Antrieb, zum Sport ist gut Zeit, da ich morgen frei hab. Ging es etwas länger, mit Sauna, das war perfekt. Der Kurs am Crossfittower fand unter dem Regenbogen statt, manchmal war ein doppelter zu sehen, obwohl es uns kaum nassgeregnet hat.


Lektüre ist das letzte Jahresheft der Leibniz-Gemeinschaft, eine Verbindung von 95 selbstständigen wissenschaftlichen Instituten. Die Artikel und Beiträge, thematisch quer durch Gesellschaft, Technik, Forschung und Umwelt,sind ohne jedes politische mediengerechte Getöse, aus fundierten Kenntnissen heraus formuliert, dabei gut verstehbar. Ich wusste gar nicht, dass es so angenehmen Lesestoff gibt, der mich zufrieden und wissender entlässt. Man kann das Heft abonnieren, die Webseite scheint mir auch interessant, muss ich mir noch genau ansehen.

Samstag, 15.8.2020

Eigentlich ein Arbeitstag, da musste Resturlaub genommen werden, wegen des Beendens der Wochenendschicht, dieses Jahr obliegt die Urlaubsplanung höheren Mächten, ich finde, ich hab das bisher sinnvoller geregelt bekommen. Da hab ich mich gemüht, diesen einen freien Tag zwischen zwei Arbeitstagen zu gestalten, hab ausgeschlafen, gelesen, und bin auf eine schöne Tour losgezogen: 15,5 km plus 250 Höhenmeter im Schnitt von 5:33 min/km, es war warm und gab Entdeckungen. Zum einen den Aronstab, der jetzt gut sichtbar ist, weil er die roten Beeren zeigt. Zum andern hab ich den Kreislauf der Natur begriffen, dazu zeige ich ein Scheißbild, das aber alles erklärt.

Da ist also ein Pferd gelaufen und hinterließ, es hatte verdaut, neues Keimen.
Nachdem ich vom Mittagessen heimlief, ok, es war schon Nachmittag, muss ich an einem Biergarten vorbei, da tönte Livemusik heraus, ein Bett im Kornfeld. Ich bin verwundert. Nicht nur, dass, wo immer man eine Bierbank aufstellt, Leute sich versammeln, sondern diese Musik, das musste ich schon in Kindertagen hören, für mich wäre das ein Fluchtgrund. Viele Menschen stecken anscheinend in einer Art Vergangenheitsverklärung und -bewahrung fest, da entwickelt sich irgendwie wenig.

Sonntag, 16.8.2020

Der Frühschichtsonntag fängt am Samstag an. Um elf abends setz ich mich zum Frühstück, trinke Kaffee und futtere so, dass es eine Weile reicht. Ein halbe Stunde nach Mitternacht geht die Fahrt los, halb zwei stempel ich mich ein zur Frühschicht. Elf Stunden sind lange Stunden, weil die Müdigkeit kommt, spätestens nach der Pause, wenn ich dort sitze, esse und lese. Das Durchmachen des Nachts ist in Jugendzeiten kein Problem, zumal in der Erinnerung, wo sowieso alles verklärt ist aus dieser Zeit, aktuell verblüfft es mich jedesmal, wie schwammig mir im Kopf wird. Wenn ich mittags heimfahre, am Ziel nur wenig konkrete Erinnerung an die Strecke hab, es geht fast automatisch zu. Nach einem Nickerchen kommen langsam Lebensgeister zum Vorschein, so richtig viele noch nicht, es reicht dann zum Kaffeetrinken, am Rechner was daddeln, den Plan für morgen beschließen, bissle telefonieren, falls jemand mit mir reden will. Aber die Vorfreude ist da, ich kann ab Montag laufen, lesen, Sport machen und irgendwas an Projekt bewegen.

Montag, 17.8.2020

Es war kühler, ich entschloss mich zu einem langen Lauf, 18,5 km bei 5;20 min/km. Hab mich gut gefühlt dabei, es war ein langweiliger Feldweg, viel Mais, da kann man nicht viel sehen. Eine schöne Szene: Vater und Sohn auf dem Fahrrad, von weitem sah ich, sie hielten an, der Kleine neigte sich zum Großen, ich denk, was machen sie. Als ich ran war, erkenne ich es. Der Bub hat den Trinkschlauch aus Vaters Rucksack und labt sich. Auf den Ohren hatte ich Pharoa Sanders, der hat hinreißende Ohrwürmer gemacht, füllt sie mit wohligem Saxophon und lässt alles immer mal ins Chaos stürzen. Fängt es wieder ein. Von der Klarheit ist es wie ein Stück von Bach, man kann im größten Getöse mitzählen und dranbleiben, niemand sonst kann es so. Duschen, Mittag, Lesezeit, Kaffee, bisschen Kommunikation, das braucht auch Zeit, dann zum Sport: Eine Stunde Krafthalteübungen, eine Stunde Crossfittower, ein knackiges Zirkeltraining. Mit einer aufmerksamen, klug eingreifenden Trainerin, die im Angebotsmodus blieb, nicht drängte, alle haben ihrs gemacht. Duschen, Sauna, Essen, Schreiben, Bett.

Dienstag, 18.8.2020

Vormittags Aquajoggen, neues Programm: nach dem Einschwimmen fünfmal folgende Sequenz - 3 min Vollgas, 1 min Pause je viermal 30 sec action, 30 sec rest. Ruhiges Ausschwimmen, auch 10 min. Ich gehe anders ins Wasser, als ich rauskomm. Herrlich, wenn mir mein Kollege hechelnd versucht zu erklären, dass ich in den 3 min Laktat abbaue von den kurzen Serien. Ich muss lachen, auch hechelnd. Heimgeradelt mit weichen Beinen und einem guten Gefühl, einiges Liegengebliebenes aufgearbeitet, Post und Kontakte, Mittag gekocht, war gut, Päuschen. Stadtgang, an der Bücherei ist Flohmarkt, aber ich habe nicht ein Buch mitgenommen, wahrscheinlich war ich zu spät, vor einem Jahr hab ich einen Zentner tolle Bücher heimgetragen. Beim Kaffee den Spiegel ausgelesen, ich bin nicht mehr so zufrieden mit dieser Lektüre wie noch vor Jahren, da hatte ich ihn abonniert. Ich kauf ihn sporadisch, mein Eindruck ist, es geht oberflächlicher zu, zu Wirecard die Recherchen find ich schwach, vieles wird vermutet, dann finde ich Fehler, die mich ärgern, z. B. Wochenstundenangaben, die nicht sein können, das entwertet zumindest den Artikel. Ich habe noch nichts Besseres gefunden, ich würde ja wechseln.
Abends Sport im Studio, wie üblich, Höhepunkt war mir die Befragung eines Studenten, mit dem ich im Gespräch bin, über sein Studium und die Perspektiven. Das war spannend. Er konnte mir erklären, welche Auswirkungen Nanopartikel in Zellen haben, oder wie man mit einer Art von elektrischen Feldern die Zellteilung verhindern kann. Das sind Welten, von denen ich sonst nie was höre, er erzählte mit spürbarer Begeisterung. Es war, als hätte ich eine neue Pflanze im Wald gefunden.

Mittwoch, 19.8.2020

Ein freier Tag, und ich war nicht im Studio. Was ist los? Vormittags war ein Läufchen dran, nach den ersten Metern fing ich an, mit mir zu verhandeln. Ich hatte etwas schwere Beine von gestern, am ersten Berg fing die Zeterei an. Ich wollte mich überreden, abzubrechen, umzukehren, da ist dann noch der Widerpart, der sagt, das kann nicht sein, zieh los, du Troll, jetzt wird gelaufen. Das Drama in mir ging so lange, bis ich oben war, dann hatte es sich eh erledigt, zumal ich weit genug von zu Hause weg war, dass Umdrehen keine Option mehr war. Bin ich also fertig gehoppelt, es war nicht schnell, dafür hatte ich mich selbst niedergerungen.
Duschen, Mittag beim Chinesen, ein neuerlicher Erstversuch bei der Anwahl, diesmal geglückt. Gemüse in Kokosmilch-Currysoße an Reis, dass war lecker. Nachmittags war ich verabredet mit einem Freund, wir wollten uns in Tübingen treffen, mitten in der Stadt. Ich habe erst überlegt, mit dem Zug zu fahren, dann ist mir das Fahrrad eingefallen, das war gut. Ich wäre mit dem Zug nicht schneller gewesen, wenn ich die Fußwege dazurechne. Eine schöne Strecke über die Felder, so um die 12 km. Unterwegs kam mir u. a. ein Radler mit Maske entgegen, ist das Angst? In Tübingen selbst bin ich König als Radfahrer, die meisten Autofahrer sind wie verängstigt und lassen immer die Radler durch. Das hab ich vor 10 Jahren in Amsterdam so erlebt, nur dass da auch noch die Fußgänger überall Platz machten. Wir sind auf´s Schloss hochgelaufen, schöne Ecke, und langsam mit vielen Umwegen wieder runter in die Stadt, haben alle Schaufenster der Antikläden angeschaut. Irgendwann gab es Kaffee, wir haben viel geredet über die Schreibprojekte, die bei uns beiden laufen. Heimradeln war schön, die Abendsonne verzauberte die Sicht über die Wiesen mit den Heuhaufen und die Stoppelfelder.

Donnerstag, 20.8.2020

Natürlich war ich laufen, eine flache Runde in dämpfiger Wärme, unterwegs dachte ich an meine Mühen gestern, überlegte, ob ich wieder mit mir ringen will, das hat eine Weile gedauert, dann war die halbe Strecke rum. Auf den Feldern sieht es nach Spätsommer aus, nur der Mais und manch grüne Düngung stehen noch, sonst sind es Stoppelfelder. Wenn man es so anschaut, wird klar, da kann nicht viel Leben sein, riesige Flächen, auf denen kein Vogel wohnt und nur wenig Krabbeltier, die müssen ja mit sehr eingeschränkter einseitiger Kost klarkommen. Irgendwo hab ich gelesen, in Zukunft könne man 30- fach mehr von der Fläche ernten, wenn man es in Etagen übereinander anbaut. Es sei stromintensiv, wegen der Belichtung, das wissen die illegalen Hanfbauern, die meist wegen der Stromrechnung auffliegen. Es wäre trotzdem eine Lösung, wenn der Strom von der Sonne käme, dann wären vielleicht wieder Flächen für normales Leben verfügbar.
Beim Lesen arbeite ich mich durch eine Dokumentation über den Dresdner Heidefriedhof, ich war als Jugendlicher da, um zu einem sozialistischen Menschen erzogen zu werden. Heute ist das Gedenken an die Kriegszerstörung anders, aufgeklärter und entideologisiert. (Wenn man von der AfD- und Pegidakacke absieht.) Der Umgang mit Geschichte hat sich konkret dort mit der Geschichte, die weiterlief, permanent verändert, das ist ein Prozess ohne Ende. Künstler und Philosophen und Zeitzeugen kommen zu Wort, oder sie arbeiten für den Ort. Alles sehr interessant.
Mittag und Kaffee gab´s zu Hause, keine Zeit für Ausgang, ein bisschen Haushalt und Telefonieren, dann war Zeit ins Studio zu gehen, ich hatte mich angemeldet für den Crossfittower. Danach Kraft und Dehnen und Jonglieren üben, Duschen, Sauna, Zeitung lesen, schon war der Abend weg. Ich muss noch Nachrichten hören.

Freitag, 21.8.2020

Was gibt es zu berichten, es war ein Arbeitstag, da läuft es eng. Vormittags den Sport abgewählt, war mir zu stressig, hab eher in Ruhe zu Hause vorbereitet, gelesen, mittags fährt der Bus nach Münsingen. Wegen Corona stehen wir eine Viertelstunde vor der Halle rum, damit wir nicht den Kollegen begegnen. Man könnte auch den Bus später starten lassen, aber in dieser Firma läuft manches eigen. Die Arbeit, die Hälfte der Anlagen wird von einem Drittel der Belegschaft bedient, ist im Bereich von stressig, zumal die Anlagen alt sind, störangfällig, durch die Stillstandszeiten werden die Störungen mehr. Die Vorgesetzten sind wegen Corona auch nicht verfügbar, so dass Störungen sehr schleppend bearbeitet werden. Außerdem ist die Stimmung schlecht, wegen der Kurzarbeit, die ausgeweitet werden soll, wegen der vielen Dauerbaustellen, an denen unter diesen Bedingungen erst recht keine Verbesserung zu stande kommt. Gerät man mit irgendwem ins Gespräch, fängt schnell das Schimpfen an.
Eine Verbesserung ist im Ablauf nach einem Jahr erreicht worden, das ging letztendlich so schnell und unkompliziert, dass wiederum nicht zu fassen ist, warum man nicht eher damit zu Potte kam. Noch eine Erleichterung kam durch, da hat es aber mehrere Jahre gedauert, wenn man da die verschwendete Arbeitsleistung hochrechnet, die sich als unnütz aufgewendet herausgestellt hat, wird mir ganz schwummerig. Wir hören viel von Arbeitsproduktivität, da seien wir nicht gut, so tingelt es von zahlreichen Bildschirmen, jaja.

Montag, 24.8.2020

Mein Leben ist nicht so, dass ich alle Tage hier was hinschreiben kann. Nicht, dass ich zu faul wäre, oder nichts los gewesen wäre, es sind drei Tage vergangen, an denen keine Zeitlücke für das hier war. Jetzt ist auch kurz vor Mitternacht, ich mach noch drei Zeilen, morgen wird es nicht anders sein. Samstag und Sonntag waren Arbeitstage, 11 und 9 Stunden, dazu eine Stunde Arbeitsweg hin und zurück noch eine Stunde, schlafen gelingt nicht auf Anhieb, an diese Tage kann man einen Haken machen. Heute war Putztag, und ich hatte drei Tage keinen Sport gemacht. Also bin ich los zu einem Lauf über 13 km, die Temperatur war perfekt, ein kleiner frischer Wind dazu, die Herbstzeitlose auf der Wiese. Im Wald die Rossminze in voller Blüte. Duschen, Essen beim Chinesen, kleiner Einkauf, paar Sachen fehlten. Putzen. Bett beziehen. Abfälle klarmachen. Kaffee zu Hause. Auf ins Studio. Krafttraining, der Kurs funktionales, Sauna, Essen, Plan für morgen. Hier könnte ich aufzählen, was ich nicht geschafft habe, mach ich nicht, der Tag war voll und schön, sogar eine Peinlichkeit hab ich überlebt, ist mir doch im Kurs, als ich alles gab, eine Flatulenz entwichen. Da mach mal was. Ich glaub, man hat mir angesehen, dass ich es war, zum Glück fand es draußen statt.

Dienstag, 25.8.2020

So wie gestern angekündigt, der Tag hat keine Stunde mehr und es gibt noch keinen Text.
Es gab ein neues Programm beim Aquajoggen: Nach dem Einschwimmen ging es in eine Serie von 12 Sequenzen, 2 min Vollgas, 90 sec Pause, dann Ausschwimmen. Nach dem ersten Mal hatte ich Bedenken, ob das zu überleben sei, nach drei mal war es mir nicht wohler, dann haben wir uns verzählt, heißt, wir wussten nicht mehr, kommen noch vier oder fünf Folgen, das war die Problemstellung, die mich übers Ganze gerettet hat, ich dachte so intensiv drüber nach, als wir fertig waren, wusste ich nichts davon, ich war im Tunnel. Wir haben wohl tatsächlich 13 Folgen geliefert, so die Hochrechnung der vergangenen Zeit. Als es rum war, mussten wir uns unter der warmen Dusche wärmen, es war nicht gemütlich, eine Dreiviertelstunde im Wasser, das war ok, aber die Luft war kühl, wir sind mit Zähneklappern aus dem Wasser, das wurde erst beim Heimradeln besser.
Ich hatte Termine gemacht für die Sportbefragung, mit zwei Leuten konnte ich über das vergangene Jahr und den Ausblick nach vorn sprechen. Die entsprechenden Texte sind auch fertig, einer ist schon genehmigt, wenn das zweite ok kommt, kann ich die laden. Zwischenrein hab ich in der Stadt was gegessen, Kaffee gab es auch gleich und eine Lesepause, durch eine Amtspost wurde ich aufgehalten, das sind so doofe Texte, wer soll die verstehen, egal ich weiß, wie ich damit umgehen muss, damit ist es gelöst. Sportpark war abends, erst bissle Kraft, das ging aber nicht sonderlich gut wegen der Vorschädigung vom Vormittag, meinem Kollegen ging es ähnlich. Irgendwie haben wir den Bauchkurs geschafft, das Jonglieren lief so miserabel, dass ich mir schnell die Sauna gegönnt habe. Dann war alles wieder perfekt, und jetzt sitz ich hier dran und hab´s gleich fertig.

Mittwoch, 26.8.2020

Die Fahrt war ok, um Augsburg herum war die Autobahn zu, mein Navi hat mich drumrum geleitet, zwei mal führte die Landstraße über die A 8 hinweg, da sah man das Drama, 10 oder 12 km stand alles. So war ich rechtzeitig da, konnte noch nen Kaffee trinken und mir einen bayrischen Strudel genehmigen, echt lecker. Dann war Enkelzeit - Anfang. Die Kleinen verändern sich so schnell, sie modellieren ihre Lautgebung anders, schon eine Vorstufe zur Sprache. Sie wachsen aus der Erstausstattung heraus, füllen den Kinderwagen anders, wiegen ordentlich was und man kann richtig hin und her spielen. Ich werde meinen Spaß haben.

Donnerstag, 27.8.2020

Spazieren zu viert, die Kleinen, ihr Vater und ich, vormittags ca 8 km über Stock und Stein, nachmittags nochmal ca 6 km im Wald an der Saalach. Wenn man sich gut konzentriert hat, klappt unterwegs alles, Flasche ist dabei und warm, Windeln und der Kram drumrum muss da sein, wir haben alles geregelt bekommen. Kein Kind musste im Wald weinen. Ich komm dann immer stolz zurück, die Mama ist zufrieden mit uns. Der Wald war voller Alpenveilchen, die blühen anscheinend im Frühjahr und jetzt nochmal. Es waren so viele, das ich fürbar erstaunt war, mitnichten sah ich mehr denn hier. Den Sport, also den nach dem Wandern, hab ich angeleiert bekommen, die Urlaubsvertretung im Studio hat mir unkompliziert eine Wochenkarte verkauft, abends war ich trainieren. Heute war das stärkste Mädchen an den Gewichten, das ich je sah. Sie war bemuskelt wie ein starker Kerl, nahm Gewichte wie ein starker Kerl und machte Übungen damit, die fand ich sehr beeindruckend. Ich musste dauernd hinschauen und kam mir ganz mickrig vor. In den Nachrichten höre ich viel über die verbotenen Demos in Berlin und die Reaktionen dazu, das werde ich verfolgen.

Freitag, 28.8.2020

Kurzarbeitstag, ich geh nicht arbeiten, das Geld für diesen Tag kommt vom Arbeitsamt. So bricht bei mir keine Not aus, nicht beim Arbeitgeber, und wir alle hoffen auf das, was in den Nachrichten angesagt wird, eine Steigerung der Wirtschaftsleistung. Bis dahin genieße ich, es war wieder ein Draußentag. Ich habe dermaßen rumgegiggelt mit beiden Kindern, dass ich gedacht habe, sie geraten außer sich,dann hab ich lieber langsamer gemacht. Es ist so köstlich, wenn sie sich nicht mehr einkriegen vor lachen, wenn sie vor lachen ins Schwitzen geraten.
Am frühen Abend, kurz nachdem wir wieder zu Hause waren, erlebten wir, wie eine dicke Wolkenpackung hinter dem Berg raufgeschoben wurde und auf unserer Seite runterkroch, den Berg völlig versteckte und abregnete. Sehr eindrucksvoll, wie schnell sich Wetter in den Bergen ändern kann. Abends trainieren und ins Gespräch geraten mit einem Kraftsportler. Sehr interessant, er erzählte, er sei Metzger, und er schilderte, wie sich der Beruf in den letzten 20 Jahren verändert hat. Spannend.

Samstag, 29.8.2020

Sommerzuenderegentag laut Wetterbericht, dabei waren es vormittags nur Wolken mit blauen Himmelslöchern, also sind wir raus, der Vater musste arbeiten, zu viert. Erst bissle eingekauft, der DM hat sogar ein Kinderwickelangebot und unser Prinzchen schien es gewusst zu haben, die Nutzung hat sich gelohnt. Angehängt haben wir einen schönen Spaziergang nach St. Zeno, so heißt die Kirche, der Friedhof, die Schule, der Kindergarten, das ganze Viertel. Unterwegs die Fütterrunde in aller Ruhe auf einer Bank im Friedhof. Nachdem wir zu Hause waren, hab ich die Mittagspause für den Sport genutzt, da am Wochenende das Studio verkürzte Öffnungszeiten hat. Nachmittags gab es den Regen und noch Lücken, wir sind gut ausgerüstet mit Schirm und Abdeckungen für die Kutsche raus in den Rupertuspark, es regnete immer mehr, wir haben Warterunden an der Salinenwand entlang gemacht, da ist es überdacht. Es geht 200m in die eine Richtung, 200 m zurück, wir haben es 11 mal abgelatscht, mit einem Kind in der Trage, bis es schlief, das dauerte drei Runden, bis klar wurde, der Regen hört nicht auf. Es war dann ein schöner Abend zu Hause, da wir zu dritt an den Kindern waren, ging es gemütlich zu Ziel hin, die Kleinen satt und sauber ins Bett zu bringen, die Großen bekamen auch zu futtern, Spaß gemacht hat´s auch noch.
Die Nachrichten aus Berlin fand ich seltsam: Demo verboten, erlaubt, eine Demo aufgelöst, andere fanden statt, die Bilder zeigten für meine Ansicht seltsame Leute, Reichsbürger, Aluhüte, Maskengegner und Coronaverneiner. Die Durchsagen von Leute vor der Kamera wirkten auf mich nicht wie die vernünftiger und besonnener Demokratieverteidiger. Es ist da eine gesellschaftliche Kraft am entstehen, auf die ich verzichten könnte, von der ich mich nicht vertreten fühle.

Sonntag, 30.8.2020

Nach wie vor bin ich als glücklicher Großvater unterwegs, Höhepunkt heute: Der Kleine hat mich mehrmals hintereinander ganz aus heiterem Himmel dermaßen angegrient, so ganz ohne Grund, da werd ich gesund dran. Wir waren wieder viel draußen, haben die Regenlücken gut getroffen. Nachmittags wollten wir schon los, da gab es ein Gewitter mit Hagelkörnern, die waren so groß, dass ich sie mir nicht einschlagend auf meiner Birne vorstellen wollte. Wir haben es abgewartet, sind dann bei schönstem Sonnenschein in den Kurpark und haben die gerupften Blumen und die Hagellöcher in den Blättern gesehen. Bei Funkie geht es durch und macht ein verratztes Loch, bei Bananenblättern reißt die Segmentierung ein, Begonien zerfetzt es regelrecht. Entdeckungen waren Hopfenbuche, Farnbuche und die japanischen Wachsglöckchen.
Die Kinder waren etwas stressig, sie können nicht gut trinken, wenns Bäuchle drückt, dann haben sie Hunger und wollen und es geht nicht. Wenn ich nervös werde, nicht weiter weiß beim Fläschle geben oder beim Hervorschwenken des erleichternden Bäuerles, ist dann zum Glück die nervenstarke Mama da und übernimmt, oder der Papa weiß noch einen Trick, am Ende ist es immer gelöst, mit mir geht´s genauso. Im Ganzen geh ich all die Tage zufrieden und froh mit den schönen Eindrücken und Erinnerungen an die lustigen Spiel- und Giggelzeiten in mein Zimmerle und freu mich auf den nächsten Tag.

Montag, 31.8.2020

Heimfahrtag, nachdem ich mein Zimmer geräumt und bezahlt hatte, war es noch ein Spaziergang mit den Kleinen und ihrem Vater. Wir sind an der Saalach lang fast bis aus der Stadt raus, vorbei an Sandbänken, eher Gerölllagen, wo man bei warmen Wetter am Wasser spielen kann, besonders mit Kindern. Das machen wir später. Ein bisschen wehmütig hab ich mich verabschiedet und bin los. Mein Navi zeigte ziemlich viele rote Stellen, am Ende ging es glimpflich ab, langsam durch eine Baustelle mit einem liegengebliebenen, die eine Spur versperrenden Fahrzeug, die andere Geschichte konnte ich umfahren. Das Navi ist eine tolle Erfindung. Zu Hause war dran: Wäsche waschen, Blumen gießen, die Auspackerei und Aufräumerei, Einkaufen, Obst waschen, Gemüse putzen, Ingwer schälen, Post durchschauen und Strategien zur Erledigung festlegen, ins Studio gehen und Sport machen. Es war ein Gast da, ein junger Mann, den ich von früher kenne, er studiert jetzt auswärts auf Lehramt, Sport und Mathe. Er hat von den Anforderungen und Möglichkeiten beim Sportlernen erzählt, das ist dermaßen vielfältig, dass ich mir kaum vorstellen kann, wie man das alles, von den Ballsportarten über Leichtathletik und Schwimmen, Turnen, sogar Tanz kommt vor, beherrschen können soll. Er hat aber auch von dem Spaß dabei berichtet, von guter Atmosphäre, alle machen mit und haben Bock drauf. Herrlich, so jung zu sein, so viel lernen zu können, so viel Potential zu haben. Da hab ich hinterher ganz motiviert mein Training durchgezogen und bin zufrieden heim.

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