Dienstag, 2.6.2020
Kein
Text, weil der Tag gestern schon beschrieben wurde. Alles genauso
und genauso schön. Bin ich dann ein Hellseher, wenn ich gestern
beschrieb, was heut passierte? Das ist ein schöner, aber unnützer
Gedanke, davon hätte ich noch viel mehr zu bieten. Ehe sich das hier
manifestiert, höre ich Norah Jones fertig zu und gehe dann schlafen.
Mittwoch, 3.6.2020
Am Vormittag hab ich den Kinderwagen
geschoben, mich gefreut an den lustigen, schönen, zarten und so
ungestellten Gesichtchen meiner kleinen Enkel. Eine schöne große
Runde an der Salach, wieder keine Wasseramsel gesehen, dafür
Bachstelzen und Gebirgsstelzen. Danach Abschied nehmen von den
Kleinen, ich musste wieder heim. Dabei erinnerte ich mich an die
Tränen meiner Schwiegermutter bei solcher Gelegenheit, vor 30
Jahren. Heute kann ich sie besser verstehen, ein wenig feucht wurde
es mir schon in den Augen, es sollte halt niemand merken, bringt ja
nix, aber wer kann schon immer nur sachlich sein. Bin heimgetuckert,
vier Stunden im Auto, viel Zeit für die Ersterinnerungsbearbeitung.
Nachdem ich zu Hause alles in Betrieb genommen hatte, die Blumen
gegossen waren, das Auto ausgeräumt und bissle telefoniert war, bin
ich zum Sport. Der Sportpark ist wieder offen, auf eine komplizierte
und nicht komfortable Art, man kann sich nicht umziehen, nicht
duschen, nicht in die Sauna, war es doch schön, wieder Teil einer
Gruppe zu sein, in der ich mich wohl fühle. Es waren nur wenige da,
wir hatten Abstand, haben auch mal geredet, der Sport ist geglückt.
Ein Ganzkörpertraining und ein Jonglierversuch hintendran, da muss
entrostet werden. Mit der letzten Zeile hier wird es Mitternacht
werden, also morgen weiter.
Donnerstag, 4.6.2020
Ach Gottchen, Corona, dachte ich heute
im Sportpark, die Desinfiziererei ging mir so auf den Sack, aber was
soll man machen. Vielleicht gibt es demnächst die neue
Volkskrankheit der Desinfektionsmittelallergie. Nun gut, genug
geblubbert, es war ein schöner Tag. Vormittags wartete ich den Regen
ab, auf dem Neckar platschte es regelrecht. Frohen Mutes und
trockenen Hauptes ging es zum Laufen durch den Wald, bei akzeptablem
Tempo kamen 13 km zusammen. Stabat Mater von Dvořák
auf den Ohren, eine Musik der Trauer, und der Hoffnung, betörend
schön, ein Weltvergessen erzeugend. Am Feldrand blüht der
Acker-Rittersporn. Kornblume und Mohn sowieso. Mittag gab´s bei
meinem Chinesen, hab ich das schon geschrieben?, ich darf mich da
wieder hinsetzen und dort vom Teller und mit normalem Besteck essen,
man freut sich über Kleinigkeiten. So ein bisschen privates Home
Office lief gut, ich konnte allerhand Krimskrams abarbeiten.
Stadtgang mit Kaffee und Kuchen, den auf der Pappe draußen, egal,
dann wurde die Zeit fast knapp zum Training, Crossfit am Turm, gutes
Programm, kurz und knackig, die Pausen zum desinfi, s. o. Weiter in
Bauch spezial, nach der langen Irgendwietrainingszeit wird das
morgen Muskelkater. Ich kann mich da wieder ranarbeiten.
Jonglierzeit war auch noch, ging schon besser, viel aufzuholen. Oder
die Ansprüche korrigieren, mal abwarten, was rauskommt.
Freitag,
5.6.2020
Maja Göpel gehört zu den Gründerinnen
der Scientists for Future, eine Reaktion von einigen
Wissenschaftlern zur Unterstützung der Schülerproteste Fridays for
Future. 26000 Wissenschaftler schlossen sich an, Stand 2019. Ich
lese grad ihr Buch, "Unsere Welt neu denken". Sie erklärt als
Ökonomin die Abläufe des Wachstums, stellt sie den vorhandenen
Ressourcen unserer Gesamt-WG gegenüber. Sie sagt nicht nur, was
falsch bzw. was auf den Kollaps des jetzigen Wirtschaftens zuläuft,
sie macht auch Vorschläge, wo und wie wir umdenken müssen, sollten
wir den Totalschaden vermeiden wollen. Ich bin erst in der Hälfte
des Buches angelangt, würde aber jetzt schon sagen, dass ihre Logik
verstehbar und überzeugend ist, sie schildert in konkreten
Beispielen, wie unser Fortschritt, den wir anscheinend alle wollen,
unsere Vorräte bis zum nicht fernen Tag Kipp aufbraucht. Und dann?
Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind vor der verdreckten Elbe
in Dresden erschrocken bin, auch die Bilder vom entwaldeten
Erzgebirge sind mir präsent. Beide Probleme konnten gelöst werden.
Ob wir diese jetzige Kurve auch nehmen?
Ich hab dann Sport
gemacht, um die Beunruhigung um die Welt, die noch für meine frisch
gestarteten Enkel reichen soll, nicht zu groß werden zu lassen.
Damit halte ich zumindest meinen ökologischen Freizeitfußabdruck
klein. Die Standardrunde laufen, knapp 10 km, durch regenfeuchten
Wald, unter den Bäumen ist es trocken, obwohl es etwas regnete. Die
Kuckuckslichtnelke blüht und der Schlangenknöterich, der auch
Wiesenknöterich sein könnte ich bin nicht sicher, beide sehen
wunderschön aus, obwohl die zarten Blütenblätter der Nelke im Regen
und Wind ein wenig verklebt sind.
Abends war ich im Studio, funktionales
Training am Turm, die Desinfizierei gefällt mir immer noch nicht,
ich ertrage es ein bisschen langmütiger. mit dem kleinen
Überallmuskelkater von gestern war klar, das wird anstrengend, zumal
der Trainer den Komfortzustand, wenn er ihn bemerkt, sofort beendet
durch eine heftigere Übungsvariante. Hinterher wars gut.
Samstag, 6.6.2020
Ein Regentag, genutzt für das
Aufräumen aller möglichen Papierablagen, alter Steuerkram,
Versicherungskram, also ein richtig schöner Tag. Tatsächlich sind
ein paar Stapel abgearbeitet, ich war in produktiver Wegwerflaune,
solche Phasen kommen nicht oft vor. Dann bin ich voller Freude über
das Vollbrachte zu meinem Mittagskoch gegangen, hab was neues
probiert, war ok, und bin mit frisch gekauftem Spiegel wieder heim,
um zu lesen. Da entstand ganz viel Betrübnis über den Zustand der
Welt, Amerika nach dem Tod von George Floyd, während Corona und vor
der Wahl. Brasilien, wo ein Präsident Corona nutzt, um den Regenwald
abzuräumen. Und Europa, das so schnell wie geht zum
VorCoronazustand zurück will. Der aber nicht zukunftstauglich war.
Ich will nicht aufgeben, will innen drin nicht sagen, das wird
sowieso nichts, will nicht verzweifeln an unserem
Beharrungsvermögen, der Wahrheit über den Zustand der Erde
Konsequenzen zu verweigern. Ich will weiter in der Lage sein, das
Glück zu finden im Auffliegen eines Buchfinks oder dem Erblühen von
Beinwell. Das muss mit dem tapferen zuFußgehen oder Radfahren, wenn
möglich, Fleischkonsum und Flugreisen meiden, reichen für ein
inneres, ganz subjektives Gleichgewicht, mit dem ich sagen kann, wir können es schaffen. Gen
Abend hin beendete ich die Lektüre und ging spazieren über die
Felder bis Kiebingen und zurück. Da entsteht die neue, schnelle
Straße, die Baustelle verändert die Landschaft deutlich, vielleicht
nach 40 Jahren Planungszeit nicht zielführend, wenn
Individualverkehr weniger werden soll. Oh je, überall diese Zeichen.
Der Mohn hat mich gerettet und die anderen Blümchen, auch einige
Gräser blühen. Hier beim Schreiben singt Kate Bush, Musik nicht von
dieser Welt, mit ihrer Stimme, die man nicht verstehen, nur
anstaunen kann, und mit ihrer komplexen und klugen Musik.
Sonntag, 7.6.2020
Der Wecker klingelte um sechs, eine
ungewöhnlich frühe Zeit für mich, das Bett zu verlassen. Mir ging es
um die Möglichkeit, halb neun mit den Hirschauern laufen zu gehen,
das sind immer schöne neue Strecken. Da ich noch gemütlich
frühstücken möchte, so mit Kaffee und Lesen, und nicht sofort nach
dem Futtern auf die Strecke will, da spannt der Ranzen, konnte ich
zwei Stunden dem Regen zuschauen. Pünktlich gegen acht war Schluss
damit. Der Lauf, eine wundervolle Runde über Tübingen, den
Schlossberg hoch, an Unterjesingen ran mit vielen Kurven, weiter bis
Hirschau, da noch eine Runde durchs Dorf, so dass die
Halbmarathonstrecke voll war. Im Schnitt gerade unter 6 min, das ist
nicht schnell, dafür waren wir als Gruppe beisammen. Zu Hause nach
dem Duschen selbst gekocht, dann gab ein Mittagsnickerchen und
Lesezeit. Wenn es trocken bleibt, hab ich noch einen Spazierweg vor.
Montag, 8.6.2020
Kein
Text, es war nichts. Putzen, Laufen, Telefonieren, Sportstudio,
Lesen. Alles schon beschrieben.
Dienstag, 9.6.2020
Ich wollte mit dem Radl nach Mössingen
zum Bergrutsch, nach den Orchideen suchen, die Knabenkräuter sollten
da sein. Es regnete. Blieb ich zu Hause, hatte einen sehr
gemütlichen Lesevormittag, Spiegel ist fertig. Über Amerika wundere
ich mich nach wie vor, der Trump ist ja nur gut sichtbarer Höhepunkt
einer ins Dysfunktionale abtriftenden Gesellschaft. Hoffentlich geht
ein neuer Präsident nach der Wahl die vielen Baustellen an. Mittags
immer noch Regen, also selbst Kochen oder raus gehen und nass
werden. Hab daheim Nudeln in Möhren-Ingwer-Gemüse gehabt und war es
zufrieden. Zum Kaffee hatte ich eine Einladung, es gab schönen
Kuchen, sogar Eierschecke, der mir liebste Kuchen meiner Kindertage,
und ein gutes, gepflegtes Gespräch. Ich habe mir vom Besuch einer
Ausstellung berichten lassen, mit Katalogschau, Martin Noel in der
Bonner Kunsthalle. Ich kannte ihn von einer Ausstellung im
Reutlinger Spendhaus, da hat er mir mit Holzdrucken so gut gefallen,
dass ich ihn mir gemerkt habe. Sein Spätwerk, er ist vor zehn Jahren
gestorben, ist grandiose Malerei. Auf großen Formaten, die hell
grundiert sind, aber nicht angemalt, setzt er farbige entschlossene
Skripturkürzel, mal bunt zueinander, mal in einem Grün-oder
Blaubereich. Sehr beeindruckend, sehr mutig, ich werde aufpassen, ob
ich mal was im Original sehen kann.
Dann war noch Sport im
Studio, Höhepunkt war der Kurs Bauch spezial bei einer
energiegeladenen jungen und wunderschönen Kursleiterin. Das war
anstrengend, und ihre Präsenz war überzeugend. Da sitz ich jetzt
zufrieden hier und schreib es auf.
Mittwoch, 10.6.2020
Regen, so wie gestern, kein Ausflug,
dafür telefoniert und über die Weltlage und über meine Enkel
gesprochen. Kleiner Noteinkauf, Obst war alle, Joghurt auch, kleiner
Notputz, Auto innen war so staubig, dass es anfing mich aufzuregen.
Darüber verging die Zeit bis Mittag, zu essen gabs beim Chinesen,
Lust auf Kuchen, also beim Bäcker Zettel ausfüllen, dafür Verpackung
vermieden.
Das Buch von Maja Göpel, s. o., fertig gelesen. Ich
habe ihr zugestimmt, auch die Handlungsmöglichkeiten, die sie
vorschlägt, für mich bzw. den Einzelnen, aber auch für Regierung und
Wirtschaft, kommen mir richtig vor. Sie will realistische Kosten,
die Umwelt soll nicht mehr unentgeltlich verbraten werden. Geldwerte
und Renditen werden wieder dem Zweck des Wirtschaften zugeordnet,
sie stehen neben der Nachhaltigkeit und Kreisläufigkeit der
eingesetzten Mittel. Gut fand ich die Bewertung des kleinen privaten
Verhaltens, sie sagt, es beeinflusst, sie sagt, wir brauchen die
Anregung von da genauso wie Marktsteuerung durch politsche Kräfte.
Außerdem will sie mehr Verteilungsgerechtigkeit, sie rechnet vor,
dass mit den vermiedenen Steuern auf versteckte Vermögen der
Superreichen ein Ausgleich ... lest es selber. Nach dem Buch ist
anders als davor. Ich nehme ins Bewusstsein, wie ich in der Welt
bin, nicht von jetzt auf nachher, aber es wird sich schon verändern.
Und ich will immer weiter, zumindest manchmal, hoffen, dass es noch
klappen könnte. Heute kam in den Nachrichten, dass Deutschland beim
Wasserstoff intensiv forschen und entwickeln soll, da gibt es Geld
dafür. Zusammen mit der Verweigerung der Prämie für den Kauf für
neue Verbrennerautos lese ich da eine Richtungskorrektur heraus, die
gefällt mir.
Beim Sport war ich noch, die Wetterapp meldete: kein
Niederschlag, nach der Crossfitrunde am Tower waren wir ziemlich
nass. Es hat trotzdem Spaß gemacht, zumal die Volleyballer nebenan
auf Sand trainierten, wir waren durch nach einer halben Stunde, die
machten weiter und waren nass und völlig versandelt. Hab dann innen
noch ein Stündle drangehängt, noch eine kurze Jongliererei
untergebracht und bin ungeduscht heim. Gestern hat jemand erzählt,
in irgendwelchen Bundesländern wären die Saunen wieder benutzbar,
hoffentlich dauert es hier nicht mehr so lang, hoffentlich gibt es
keine vielen, besser gar keine Neuinfizierte.
Donnerstag,
11.6.2020
Fronleichnam, ein Feiertag, den ich
gar nicht verstehe, und der mir auch egal ist. Hirschau hat
eingeladen zum Lauf, das hieß, mein Wecker bimmelte um sechs. Beim
Frühstücken der Blick aus dem Fenster: Die Schwanenfamilie, Vater,
Mutter, 5 Kleine begeben sich über die Straße zum Grasrupfen in die
magere Wiese, Autos halten an, weil die eine Weile brauchen, es war
ein gemütliches Gewatschel. Zurück wurden sie später von einer
Anwohnerin geleitet, mit einer Futterspur gings wieder Richtung
Neckar. Ich bin nach Hirschau, 20 km sind es geworden, eine schöne
Strecke, ein Stück im Sengenbachtal entlang, da war ich noch nie.
Die Zeit war ganz gut, unter 5:40 min/km, es waren 320 Höhenmeter
dabei, und geschwätzt haben wir auch. Einen weißen Wiesensalbei sah
ich, das war neu. Außerdem noch eine ander Art Königskerze, nicht
wie sonst gelb, sondern weiß mit roter Bewollung. Hab ich voriges
Jahr woanders gefunden. Dann war es gemütlich, Mittag zu Hause,
bisschen Bürokram, ein Kaffee hier und einer da, abends gab es einen
Stadtgang zum Bücherschrank, unterwegs mit einem Schleckeis, zurück
mit reicher Beute. Keine Neuinfizierten im Kreis RT/Tü, so hieß es,
man könnte glatt so tun, als wäre alles wie immer. es sind nach wie
vor sehr wenige Leute draußen, vormittags im Wald genauso wie abends
in der Stadt. Vielleicht ist der Mist bald ausgestanden.
Freitag,
12.6.2020
Vorgestern beim Stadtgang las ich von
der Massagestube. Bisher sah ich das Geschlossen-Schild, nun stand
eine Erklärung dabei, dass wieder angefangen wird. Hatte ich also
heute den Termin, ich habs genossen. All die Zipperlein, die Altern
so mitbringt, wurden wohltuend behandelt, sie sind nicht weg, aber
verhalten sich, nachdem sie beachtet wurden, manierlich. Nebenher
ließ ich mir erklären, wie sich zwei Wochen
nach Eröffnung die zwangsweise
Schließung anfühlte. Wohlgemut nach Hause, Bürokram, bissle
Hauswirtschaft, dann ein Läufchen, die Standardrunde im
Sonnenschein. Es war so warm, was hab ich geschwitzt. Nach dem
Duschen gabs Mittag, der Einkauf ging schnell, Lesezeit. Im
aktuellen Kunstforum über gegenwartsbefreite Malerei. Ich bin im
ersten Drittel, bis hier hab ich das so verstanden, dass jeder malt,
wie er will, es muss auch nicht verständlich sein, subjektiv scheint
zu langen, der Betrachter hat das hinzunehmen. Meese und Rauch
als Vorreiter von etwas neuem zu betrachten, mag richtig sein, es ist
neu, dass Verstehbarkeit nicht mal verlangt wird, warum es dann
allerdings gezeigt wird, hab ich noch nicht rausbekommen. Die
Kuratoren begeben sich auf ähnliches Feld und bügeln Fragen nach
roten Fäden oder so ruppig ab. Jetzt folgen die Kunstbesprecher, sie
sehen dabei nicht besonders gut aus. Wo bleibe ich da? Das war ein
wenig harsch verrissen, zum Glück finde ich immer wieder
hochwertige, verstehbare, überzeugende Positionen, davon fand ich
beim Vorblättern sogar einige weiter hinten im Magazin.
Abends
hab ich meine Wut darüber am Crossfit-Tower weggetobt, dann gabs
Jonglierversuche, nebenan konnte ich zuschauen bei einem Slackliner,
der auf die lange und hohe Line aufsprang, dann oben blieb und mit
schöner Sicherheit drauf rum spazierte, vorwärts, rückwärts, auch
hüpfend, wendend, sehr beeindruckend. Ich hab ihn gefragt, zwei
Jahre dranbleiben hätten gereicht für diese schöne Show.
Montag, 15.6.2020
Abends um dreiviertel elf bekomme ich
eine Anfrage, kein Text sei da. Das stimmt. Ich schreib ja grad,
fang an damit. So treue Leser muss ich bedienen. Am Wochenende war
ich auf Arbeit, da kam es zur Lücke der zwei Tage. Das halbe
Personal werkelt vor sich hin, es ist Kurzarbeit, und die Stimmung
ist ziemlich miserabel. In der Reihe: Wie kann ich am Mitarbeiter
sparen? gab es die Fortsetzung, diesmal hat der Betriebsrat schon
mal reagiert, ich bin gespannt, wie das ausgeht. Vielleicht ist das
im Rahmen der Kurzarbeit sogar eine Möglichkeit, aber dann müsste
man es kommunizieren und nicht einfach irgendwas abrechnen, wo wir
uns dann wundern. Nun ja, wir sind schon allerhand gewöhnt. Dann zu
Hause genoss ich sofort die Aussicht auf vier freie Tage, das geht
nicht mehr lange so. Corona verändert, glaube ich, jedes Leben,
vielleicht noch viel mehr, als wir jetzt ahnen.
Mein Montag war
einfach Sporttag, früh war noch der Schornsteinfeger da, um sieben
klingelte er. Dann hab ich bissle was geordnet und bin losgelaufen.
Ins Bühler Tal hinein, ein wundervoll erblühtes Leinkraut grüßte und
erfreute. Weiter an sibirischer Iris vorbei hoch in den Rammert, 260
Höhenmeter, dann heimwärts, abwärts, aber noch im Wald die
Türkenbundlilie als knospiger Stengel, den hab ich nicht
fotografiert bekommen, mein Handy stellte immerzu den Hintergrund
scharf, nach zehn schlechten Bildern aus allen Richtungen mit
verschiedenen Zooms gab ich auf, es ergaben sich 19 km und eine gute
Zeit. Duschen, Mittag, lesen im Kunstforum, wenige Textsequenzen,
denen ich zustimmen kann. Künstler über die Gesellschaft während
Corona, wenn ich das hier so geschrieben hätte, wäre ich aus den
Reklamationen nie wieder raus gekommen. Drei große Textblöcke über
drei Künstler und ihre Positionen, da muss ich noch durch, dann
hundert Seiten Ausstellungsbesprechungen, da brauch ich nicht jede
lesen. Das schaff ich. Abends dann functional training am
Crossfit-Tower, vorher noch mein Mindestkraftprogramm, danach war
ich wohltuend platt. Morgen wird ein schöner Tag, ich werd
berichten. Und jetzt, 23:17 Uhr, isses hier fertisch.
Dienstag, 16.6.2020
Morgens war ich verabredet mit der hiesigen Läuferlegende, ein
Weißbart, der in der M75 startet. Ich kenne ihn schon lange, sind es
20 Jahre? Er hat mich getrietzt, als ich noch ein Anfänger war.
Heute sind wir gemütlich über die Felder gezogen und haben
geschwätzt, erzählt, wie es uns jeweils ergangen ist in der letzten
Zeit, den letzten Jahren. Es war vergnüglich und das bisschen Regen
hat uns gar nicht gestört. Mittag, ich am Herd, danach zufrieden und
satt. Nachmittags wollte ein Freund kommen, ich musste vorbereitend
ein wenig räumen, um besuchsfähig zu werden, also nicht putzen,
sondern einen Platz am Tisch freizumachen, irgendwie hab ich in
Erinnerung, dass am Tisch sitzen und sich was erzählen und was
zeigen da angemessen ist. Das ist gut gelungen, ich habe ein paar
alte Fotoarbeiten vorgeführt, wir haben am Neuen entlang geredet, an
der Coronaschulzeit und an der Benutzung von YouTube mit all den
klugen und den dummen Beiträgen. Dann sind wir auf Stadtgang,
mangels Masken konnten wir nicht in den Bäcker und sind gleich im
Cafe gelandet. Das ging, man musste halt seine Daten bekanntgeben,
oder zumindest so tun. Abends war ich trainieren, Bauch spezial im
Kurs, anstrengend und gut, vorher noch bissle am Turm was. Der
schnellste Läufer, den ich kenne, war das erste Mal im Studio seit
der Wiedereröffnung, da haben wir auch was schwätzen müssen. Somit
war es der sozialste Tag seit langer Zeit, und dies und das und
alles hat mir gut gefallen.
Mittwoch, 17.6.2020
Diesen Tag habe ich mutwillig dem
Faulsein gewidmet. Nach dem Ausschlafen, mein Bett ist echt einer
der schönsten Orte auf dieser Welt, frühstückte ich ausführlich, mit
dem Lesen verging die Zeit bis mittags. Und ich hatte keinerlei
Gewissensbisse, ich hätte schon irgendwodran weitermachen können,
aber es sollte wie Wochenende und Urlaub sein. Drum bin ich zum
Essen gegangen wegen einer temporären Selbstkochverweigerung. Dann
durch die Stadt spaziert, bis ich vor der Bücherei stand, da bin ich
rein. Und schnell ins Kaffee abgebogen, ein köstlicher
Mohnrahmkuchen hat diesen Entschluss belohnt. Hinterher kam ich am
Bücherschrank vorbei, das lohnt sich immer. Vier Bücher konnte ich
heimtragen, darunter einen Stefan Zweig. Zu Hause hab ich noch ein
gutes Stück im Kunstforum geschafft. Zumeist blieb eine große
Ratlosigkeit über die vorgestellten Arbeiten, manchmal könnte es
auch an der Art der Textemacher liegen. Und immer wieder passiert es
mir, dass Arbeiten erläutert und für großartig befunden werden, wo
ich denk, das hab ich doch schon vor zehn oder zwanzig Jahren
gemacht, allerdings nicht für so wichtig befunden. Diesmal waren es
Schaufensterspiegelungen von Franziska Stünkel. Was da an Text
drangegeben wird, hat mich verblüfft. Also, klar, wenn ich da die
Augen nicht zumache, kann ich Verbindungen von Spiegelung und hinter
dem Glas finden, da kann ich Bilder heraussehen, aber das ist nichts
neues, seit es Glasscheiben gibt. Ich empfand das als Fingerübung,
Frau Stünkel gründet anscheinend ihr Leben drauf.
Abends bin ich
dann doch zum Sport, weil der Ruhe genug war. Zwei Stunden Kraft und
Ganzkörperspannung, ohne eine einzige Hantel anlangen zu müssen, das
hat mir gefallen. Jetzt warte ich noch drauf, wann ich wieder in die
Sauna darf. Das kategorisch zu sperren, wie lange eigentlich, bis
Impfstoff?, ist eine Lösung, die mir nicht behagt. Ich verstehe sie,
aber sie gefällt mir nicht.
Donnerstag, 18.6.2020
Nur kurz, ich muss ins Bett, morgen
ist Frühschicht, Vielleicht sollte ich Corona-Orakel werden, so wie
der Oktopus beim Fußball. Als ich im Text verlangte, die Spielplätze
zu öffnen, waren sie drei Tage später ... Gestern rief ich nach der
Sauna, ab Montag darf ich. Wenn nur das immer so funktionierte.
Beim Laufen fand ich den weißen Salbei, dachte ich, hab ein Foto
gemacht und zu Hause geforscht, siehe da, es ist der aufrechte
Ziest. Wieder was dazugelernt. Außerdem den weißen Schwalbenwurz,
den kannte ich aus der Voralpengegend. Gut, ich bin eine neue
Strecke gelaufen, es waren 15 km und 260 Höhenmeter, ich wollte den
Neckar nach dem vielen Regen anschauen. Er war braun, etwas höher
und schneller als sonst, aber harmlos. Zu Hause wie immer, abends
Sportpark, war gut. Anstrengendes funktionales Training draußen bei
schönstem Wetter drumrum viel los, viel zu sehen beim Volleyball und
den Skatern. Damit hört dieser Text hier auf und fängt die Lücke bis
So oder Mo an, mal sehen.
Sonntag, 21.6.2020
Ein normaler Frühschichtsonntag fängt
mit dem Weckerklingeln um elf an, also schon Samstag. Dann
frühstücken, das fühlt sich putzig an um Mitternacht, und los auf
Arbeit. Die Umleitung vermeiden, neue Strecke, ich schätze das Navi
im Auto. Was mich auf Arbeit erwartet, wusste ich, niemand hatte
weitergemacht nach meinem Samstag, Urlaub, Kurzarbeit, es ist gerade
sehr still da. Alles geht gut in der ersten Hälfte, dann kommt die
Pause, man sitzt und isst etwas, ich lese dabei, und die Müdigkeit
schleicht sich ein. Ich hatte aber gut zu tun, immer was zu ruckeln.
dadurch ging es. Mittags ist Feierabend, die Heimfahrt ist oft der
Kampf ums Wachbleiben, es klappte immer, und ich bin jedesmal froh
drum.
Lustig war ein Pausengespräch mit meinem
Verschwörerkollegen. Er hat mir mehrere steile Thesen geliefert, die
ich nicht glauben wollte, ohne genau zu wissen, ich hab dann
gegoogelt und die Sachen korrigiert, bin immerhin zu der Reaktion
gekommen, dass diese Nachricht wohl falsch sei. Aber alles andere
...
Mit dem Kunstforum war ich am Freitag durch, ich hab dann
doch jeden Artikel gelesen, weil es um Ausstellungen im Coronamodus
ging. Es werden dort erfolgreiche, im Kunstbettrieb wichtige Leute
und ihre Arbeiten vorgestellt, trotzdem blieb mir die große
Verwunderung. Viele der Arbeiten sind so persönlich, subjektiv
begründet, dass ich eigentlich zuerst den jeweiligen Lebenslauf
studieren muss, um was damit anfangen zu können. Bei manchen kommen
dann immerhin ansehnliche, gar wundervolle Arbeiten heraus, z. B.
bei Tamina Amadyar, und ich kann sie mit diesen Erklärungen
nachvollziehen. Bei anderen bleibt es zumindest mir völlig
schleierhaft, warum man sowas macht. Wenn Cornelius Völker in großen
bis riesigen Formaten Ölmalerei herstellt, auf denen u. a.
aufgeschlagene Bücher dargestellt werden, auf akribisch abgebildeten
Bilderseiten werden Inhaltsangaben verrätselt, denk ich, das
könnte man unaufwendiger lösen. Da diese art Machwerkle marktgängig
sind, das dürfte der Hauptgrund sein, sie herzustellen, beeilen sich
Galeristen und Kuratoren, dem wortgewaltig Bedeutung zu verleihen.
Ich lese derweil im Spiegel, wie es zum Lockdown kam und was Herr
Amthor verzapft. Manchmal kommt mir die Welt wie ein seltsamer Ort
vor.
Montag, 22.6.2020
Der Anfang war spät, ich hab mein
Defizit weggeschlafen, und da ich mich in meinem Bett verstanden
fühle, bin ich gern da. Der Putzmontag war erfolgreich, damit ist es
für zwei Wochen erledigt. Laufen ließ ich weg, die Zeit fehlte,
abends war ich im Sportpark, 90 Minuten Kraft und funktionales
Training. Zum Abschluss der erste Saunagang, alles limitiert, vier
Menschen pro Sauna, wir waren zwei in der Trockenkammer. Der schon
Schwitzende fing bei meinem Eintritt sofort an zu reden, befragte
mich nach der Einhaltung aller Vorschriften, reklamierte, dass
Aufgüsse nicht erlaubt seien, erläuterte seine Gedanken zu der
Kontrolle durchs Gesundheitsamt, es war nicht sonderlich gemütlich.
Rein bin ich voll der Freude, dass ich jetzt wieder darf,
entschlossen zum Genuss, raus mit dem Verwunderung, wie verschieden
wir Menschen sind.
Heute kam ein wundervolles Video, eins meiner
Enkelchen bei der Interaktion, Lautmalerei mit seiner Mama. Ich
schau es mir an, wieder an, will es noch mal sehen, erwische mich
beim mitreden, es ist so intensiv schön, ich hab es vergessen, wie
es konkret war bei meinen Kindern, ist ja über dreißig Jahre her, da
fällt es mir so wieder neu ein, es war damals schön, und heute ist
es mir eine große und echte Freude, herzerwärmend. Wenn das hier
etwas nach Kitsch klingt, stört mich das nicht, ich weiß es nicht
besser zu schreiben. Demnächst, es dauert nicht mehr lange, fahr ich
wieder hin.
Dienstag, 23.6.2020
Es gab eine Uraufführung: Michel beim Aquajoggen. Der schnelle
Läufer aus dem Sportpark hatte erzählt, das er geht. Ich war
verwundert, hielt das für ein Art Freizeitvariante von eher älteren,
schwereren Damen, die gemächlich Wasser verdrängen. Nein, nein,
sprach der Läufer, intensives Intervalltraining, ich kicherte und
fragte, ob ich mal mitkommen dürfte. Gestern haben wir es
angemeldet, sonst kommt man nicht ins Bad, pünktlich um neun zeigten
wir unsere Einlasscodes auf dem Handy vor, dann gings los. 10 min
einschwimmen, dann viermal folgende Serie: 5 min speed, 1 min Pause,
3 min speed, 1 min Pause, 1 min speed, 2 min Pause. Dann 10 min
ausschwimmen, oder wie sagt man da. Wir hatten so eine Art
Auftriebhilfe umgeschnallt, so dass man sich ums obenbleiben bzw
untergehen nicht sorgen musste. In den Aktivphasen simmulierten wir
im tiefen Wasser eine sehr schnelle Art, auf der Stelle zu laufen,
dabei war das Wasser widerständig, so sehr, dass es an den Haaren
der Beine ziepte. Schon nach der ersten Minute kam ich ins hecheln,
das blieb dann so, die Pausen waren lebensrettend. Ich glaube, ich
hab mich wacker geschlagen. Beim Heimradeln fühlten sich die Beine
puddingartig an, ein lustiger Zustand. Zu Hause brauchte ich eine
Weile, mich wieder aufzuraffen, hab Krimskram erledigt, mein
Küchenfenster geputzt und bin dann in die Stadt geradelt, wollte was
essen, zum Friseur und Brot holen, mein Gott lauter so Zeugs, das
muss halt auch gemacht werden. Beim Bäcker fand ich das neue
Kinoprogramm, das Kino läuft wieder. Morgen werde ich gleich gehen
in Narziss und Goldmund, nicht, dass ich mir viel davon verspreche,
es ist mehr so eine Jugenderinnerung, da hab ich das Buch gelesen,
mehrmals und begeistert. Abends war ich im Sportpark, der schnelle
Läufer war auch da, wir haben erst bissle am Turm, dann war
Bauchkurs. Ich hab deutlich gemerkt, was vormittags los war. Wir
zwei, der Läufer und ich, taten so, als wäre es völlig normal,
zweimal am Tag richtig Sport zu machen, abends kam per WhatsApp eine
Verwunderungrückmeldung darüber an. Anscheinend machen das nicht
alle Menschen so.
Mittwoch, 24.6.2020
Deutlicher und zunehmender Muskelkater
als Resultat der gestrigen Variante. Bürokram daheim bis zu
ausbrechender Widerwilligkeit, also Laufen gestartet. Viel Sonne,
schön warm, ich bin zum Wald, um den Schatten zu genießen. Zwei
Ereignisse während gemütlicher 13 km. An einer Kuhwiese
entlangkommend sehe ich auf einer Kuh einen Star sitzen und picken.
Das kannte ich bisher von Bildern aus Afrika. Ich hab angehalten,
wollte ein Beweisbild mitbringen, der Star hat mirs versaut, er
war auf der Kuh, bis ich mein Handy startklar hatte, dann saß er
obendrüber im Apfelbaum. Man könnte die Kuh bitten, Zeugnis
abzulegen, sie würde bestimmt ein zustimmendes Muh bekunden. Dazu
gabs die Grasblüte, das gewöhnliche Knäuelgras in voller Pracht. Und
den Stendelwurz, eine der heimischen Orchideen, fand ich am Weg,
noch nicht blühend, aber viel fehlt nicht.
Abends war ich
im Kino, das Ritual, hineinzugelangen, erfüllte alle nur denkbaren
Hygiene- und Abstandregeln. Dadurch dauerte es lange, der Film,
Narziss und Goldmund, begann spät, und er war schlecht. Diesmal
würde ich es auf die Regieleistung schieben, alles war so
übertrieben dargestellt, als ob der Regisseur Angst hatte, dass wir
alle ein wenig blöde sind. Dabei war manches, im Versuch das Buch
zusammenzufassen, auch noch wenig plausibel, bzw. arg gradlinig
erzählt. Die Schauspieler waren schön, die Aufnahmen in der Natur
waren schön, zum Troste. Schön, dass es unser Kino geschafft hat
über die spielfreie Zeit.
Donnerstag, 25.6.2020
Beim Versuch, Amtspost zu verstehen,
bin ich gescheitert. Nachdem ich eine Weile ratlos über
Formulierungen nachgedacht habe, wurde ich immer mutloser und habe
nach einer Ersatzlösung gesucht und habe sie gefunden. Ich lasse
prüfen, in diesem konkreten Fall arbeiten Fachleute für mich. Das
geht nicht immer so einfach, und ich verstehe jetzt, warum es die
Bemühung gibt, Amtstexte in einfacher Sprache zu verschicken. Es
soll eine Reaktion folgen.
Nach diesen frustrierenden Bemühungen
bin ich ins Studio gegangen, hab ein schönes Ganzkörpertraining
durchgezogen, frischgeduscht und im Kopf wieder richtig kam ich nach
Hause, hab was gekocht, naja, gewärmt, gefuttert, und bin
losgefahren. In Nürtingen wollte ich meine Kunstkollegin treffen zu
einer Ausstellung von Elly Weiblen. Tolle Bilder in mutigen
Farbzusammenstellungen, unerwarteten Kompsitionen, das hat uns sehr
überzeugt. Dazu kleine Aquarellarbeiten, Farbblöcke in lichten
Reihen, die große Materialvertrautheit bezeugen. Wir haben einen
ausführlichen Parkspaziergang angehängt, konnten in Ruhe schwätzen,
die Lindenblüte erschnuppern und den Sommer genießen. Ich find,
besser geht`s nicht.
Freitag,
26.6.2020
Es gibt von mir nichts neu
zuberichten, mein herausragendes Erlebnis war ein Besuch bei der
Fußpflege, da ließ ich mir die in 12 Wochen angelaufenen
Hornhauthühneraugenschwielen rauspulen und freute mich hinterher an
einem ganz neuen und schönen Gefühl beim Benutzen der Füße.
Die
Nachrichtenlage hat mich heute erregt, besonders das Gehudel wegen
Corona bei Tönnies und Consorten. Jeder hierzulande konnte es
wissen, wie die Arbeit da verrichtet wird und wie die Leute wohnen,
die sind zum Geldverdienen da und von dem wenigen wollen sie ihre
Familien, zumeist im Osten, versorgen. Die sparen beim Wohnen, sind
zu zweit und zu dritt in Zimmern in Monteurswohnungen u. ä.
Quartieren und wenn einer mit dem Keim kommt, haben es alle. (So ist
es sicher auch bei den Bauarbeitern, nur wurde nicht getestet.)
Jetzt greift die Politik ein, die Landwirtschaftsminister, da stand
überall CDU davor, der betroffenen Länder verkünden mit
entschlossenem Beben in der Stimme, dass Fleisch nicht mehr unter
dem Produktionspreis verkauft werden darf, dass es 40 Cent pro
Kilogramm teurer werden muss. Sie sagen nicht, dass das gesamte
Landwirtschaftssystem ein Problem ist, besonders die Tierproduktion,
da hört man schon am Wort, da stimmt was nicht. Sie sagen nicht,
dass unser Fleischkonsum völlig übertrieben ist, dass zuviel
weggeschmissen wird, dass zwei Drittel der deutschen Erwachsenen mit
dem Gewicht nicht klarkommt, dass die Gülle unser Grundwasser
versaut, die Überdüngung zum Artensterben beiträgt, und was ich
sonst noch hier hin schreiben könnte. Sie wollen es mit 40 Cent
Aufschlag lösen. Da gehört Mut dazu.
Samstag, 27.6.2020
Ein Fenster geputzt, das vom Bad, wo
nur ein Flügel zu öffnen geht, ich kam mir vor wie ein
Fassadenkletterer. Es hat geklappt. Laufen war ich, 10 km bei
schwüler Wärme ging es mühsam und ich hab geschwitzt, als hätte ich
all meine 70 % Wasseranteile auf einmal veräußert. Abends Kino, The
Cakemaker, aus der Reihe Filme in Originalfassung mit Untertiteln.
Ein etwas unwahrscheinlicher Plot, zauberhaft gespielt und dadurch
zur Glaubwürdigkeit gelangt. Ein israelischer Familienvater arbeitet
zeitweise in Berlin und verliebt sich da in den Konditor seines
Lieblingscafe´s. Dann gibt es den Unfalltod des Ehemannes, und der
Bäcker geht seinen Spuren nach, landet in Jerusalem und wird
Aushilfe im Cafe der Witwe. Sagt nicht, wieso, es entsteht eine
Beziehung, als alles auffliegt, endet dieser Aufenthalt. Der Film
schließt mit dem Bild der Witwe, wie sie in Berlin zur Conditorei
nach ihrem Bäcker schaut. Die Spannung, das Ungesagte in der
Beziehung in Israel wird sehr stark dargestellt, die Frau hat eine
betörende Ausstrahlung. Ich bin ganz still nach Hause gegangen.
Sonntag, 28.6.2020
Eigentlich war angedacht, mit den
Hirschauern zu laufen, die wollten sich aber in Kayh treffen und
danach noch Veranstaltung, also gesellig Kirschenessen, machen. Ich
erinnerte mich an das Geschwitze von gestern, die Dämpfigkeit war
schon morgens voll da, so hab ich der Laufunlust nachgegeben, hab
ausgeschlafen und bin dann ins Studio gegangen. Zwei Stunden,
geschwitzt auch da, aber zufrieden und frisch geduscht heim. Selbst
gekocht, wegen Sonntag und keine Lust auf Verpackung,
Nudeln mit scharfen Paprikaminis, gefüllt mit Frischkäse, das war
nicht kompliziert und sehr gut. Dann wollte ich mir eine Ausstellung
in Dettenhausen ansehen, Naturfotografie, im Anzeigenblättle war der
Hinweis mit einem Foto von zwei Spechten. Ein Buntspecht und ein
Mittelspecht. Bisher dachte ich, die unterscheiden sich von der
Größe her, jetzt waren sie beide auf einem Bild, und plötzlich
konnte ich die Unterschiede der Färbung erkennen. Das war mir neu
und reichte als Auslöser, dahin zu wollen. Ein winziges Dorfmuseum,
aber wunderbare Bilder, einfach in die Dauerausstellung gehängt. Vor
allem hochwertige Bilder von Vögeln, Insekten und Kleingetier, ich
hab es mir gern angeschaut. Günstig war, es entstand nur ein
geringer Umweg, ein Familienbesuch war vorher schon geplant gewesen,
bissle schwätzen und paar Kirschen ausfassen, das hat auch gut
geklappt. Die restlichen Zeitlücken hab ich mit lesen gefüllt,
momentan nach anstrengendem Kunstforum und Spiegel zur Entspannung
ein Roman, der die Sicht des Bootsjungen bei der Meuterei auf der
Bounty beschreibt. Wirklich keine große Literatur, leicht zu
schmökern, auch mal schön.
Montag, 29.6.2020
Laufen war nach dem Schwänzen gestern
Pflichtveranstaltung. Bin ich tapfer losgehoppelt, es war deutlich
geeigneteres Wetter, Richtung Tübingen bis Weiheim mit Rückenwind
und dann war die Baustelle im Weg. Die neue Straße unterbricht mir
nichts dir nichts den Radweg, ich musste auf neuem Asphalt, immerhin
neuer Fuß-Radweg, durch einen Kreisverkehr über eine riesige Brücke
durch den vollen Autoverkehr, bis ich den alten Pfad wieder
erreichte. Dann über Hirschau und Wurmlingen zurück, ergab 18 km und
eine gute Zeit. Höhepunkt botanisch: Zwei Sorten der Königskerze,
die Schabenkk und die Lampenkk fand ich, die erstere kenn ich vom
Standort her schon ein paar Jahre und schau immer, ob sie wieder da
ist, die zweite war mir noch nicht aufgefallen. In Hirschau gab es
den Wahren Bärenklau in voller Blüte. Akkustisch: Die 9. Symphonie
von Beethoven, die funktioniert immer, wo deren sanfter Flügel
weilt, geht das Laufen von allein.
Beim Stadtgang traf ich eine
vertraute Freundin, ich kenne sie schon bestimmt ein
Vierteljahrhundert, wir treffen uns nicht oft, aber wenn, können wir
sofort in großer Vertrautheit miteinander sprechen. Das ist
wohltuend, gerade in diesen nicht so geselligen Zeiten.
Abends
Studio, functional training, sehr intensiv und anstrengend, die
Sauna hinterher und das Duschen hat alles wieder gutgemacht.
Dienstag, 30.6.2020
Ich war als Wiederholungstäter
unterwegs, soll heißen, das zweite Mal beim Aquajoggen. Es war kalt,
17 Grad, als wir starteten mit dem Duschen, das Wasser war noch
kälter, das Warmschwimmen, 10 min hin und her, hat uns nicht wärmer
werden lassen, aber dann ging es los. 10 mal 10 sec speed und 30 sec
Pause. Schnell im Hechelmodus, der Puls war oben, Kälte kein Thema.
Dann die Pyramide: 1 min speed, 2 min, 3 min, 2 min, 1 min,
dazwischen immer 1 min Pause, das Ganze 2 mal, zum Schluss wieder
die 3o sec Sequenz. Das ist so anstrengend an allen Stellen,
kraftmäßig, der Kreislauf und die Puste, und willensmäßig. Unterwegs
in den längeren Phasen schaltet der Kopf auf Zielfokusierung um,
wann kommt das Zeitsignal, nichts anderes mehr, kein Raum für
Ablenkung, Umherschauen, kein Bewusstsein mehr, wer bin ich und wo,
sogar die Frage warum schwindet. Nach dem Ausschwimmen mit
Ganzkörperpuddingmuskeln haben wir etwas platt auf der Wiese gehockt
und uns gefreut, dass wir es geschafft hatten. Heim mit dem Fahrrad,
also mit matschigen Beinen, Lesezeit, dabei kurz eingenickt, und
alles war wieder gut. Mittagskoch war ich, Gewärmtes aus dem
Frostfach, Stadtgang, paar Besorgungen und ein Kaffee in der
Stadtbibliothek mit köstlichem hausfrauengebackenem Kuchen. Ein
Fenster geputzt, mich gefreut dran, dass es vorwärts geht. Ins
Studio, Bauch spezial bei meiner Lieblingstrainerin, schweres
Programm. Der Planschkollege war auch da, wir fanden´s normal,
andere werden es seltsam finden, die Menschen sind verschieden.
Der Julitext:
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