Michael Oswald
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Neuer Versuch 1 2022 im November Samstag, 12. 11. 2022
Ich fang mittendrin an, an einem Tag, als es zum Entschluss in den
Fingern zuckte, auch noch ein Zeitfenster frei war, weitere Gründe
gibt es nicht. Ich kam gut durch eine abgekürzte Nachtschichtwoche,
war verborgt erst an dem einen Platz, dann am zweiten, hab noch
einen dritten geschafft. Die vierte Nacht, Donnerstag auf Freitag,
sollten wir laut unserer Gewerkschaft warnstreiken, nur zwei Stunden
zum Schichtende eher gehen. Nicht etwa, dass es lange vorher klar
ist, es gab für die Busfahrer keine Heimfahrt, man hätte im
nächtlich kühlen Münsingen Fuchs und Hase lauschen können. Wir haben
uns wohl alle irgendeine Mitfahrgelegenheit gesucht. Ich habe mir
die letzte Nacht Gleitzeit geben lassen, im Sportstudio war eine
Pumpernacht angesagt, da hatte ich Lust drauf. Es war voll und
dunkel wie in einer Disco, eine Mucke lief. Irgendwann die erste
Challenge, AllyoucanBenchpress. Das hab ich lieber nicht mit
gemacht. Witzig war, ein paar Jungs hatten sich völlig überschätzt,
jetzt wissen wir es alle. Die starken drückten mühelos Gewichte,
100kg schafften noch ein paar, bei 120 waren es noch drei oder vier,
der Sieger brachte 140 kg in die Höhe. Nicht etwa unser starker,
breiter Großer, es gewann ein Junge, dem man es überhaupt nicht
ansah. Ein 17-jähriger Spackel, bei dem ich am Anfang Angst hatte,
ob er die 60 hochbringt. Trainiert sonst im Cleverfit. Sehr
spannend. Bei den Klimmzügen haben meine 18 sogar für den dritten
Preis bei dieser Challenge gereicht. Ansonsten hab ich gemerkt, für
solche Events fehlen mir die Gene. Wenn es dichter zugeht, ich
ständig was sagen soll, gar zu sehen sein soll, dafür bin ich nicht
gemacht. Irgendwann schlich ich mich also von dannen, hatte die
Sauna für mich allein, dann ging ich zufrieden heim.
Sonntag, 13. 11. 2022
Anknüpfend an den Gedanken zum gestrigen Film: Ich erinnere mich
noch gut an die Verrisse zu Takis Würgers Buch "Stella", er
beschrieb das Durchkommen einer jungen jüdischen Frau im dritten
Reich. Die Rede war von Aneignung und Nutzbarmachung fremden Elends
zum Zwecke des Ruhmes, gar der Bereicherung. (Nachdem die
Feuilletons das Buch zerrattert hatten, sprach meine damalige
Literaturdozentin dazu nur nach und weigerte sich kategorisch,
selbst zu lesen. Ich saß, weil ich das Buch besprechen wollte, in
den Nesseln, aber nicht allein, mit einer Mitstudentin, die es auch
gelesen hatte und für gut befand. Mein Argumentieren von sich
notwendigerweise verändernder Erinnerungskultur wurde ziemlich grob
vom Tisch gewedelt.) Über die Bilder des Großkünstlers Anselm
Kiefer, der das Thema mit einem Hitlergruß eröffnete und immer
wieder beackerte, war dies nicht zu hören, obwohl der damit wirklich
Geld verdient hat. Montag, 14. 11. 2022
Hab schlecht geschlafen, bin maulig aufgestanden, immerhin
pünktlich. Mich und den Haushalt zurechtgeschüttelt, sogar die
Wäsche hing auf dem Trockner, frisch getestet war ich im Studio.
Beine und Dehnen, Dehnen ist jetzt immer dabei. Noch eine Übung,
Koffertragen angehängt, also mit zwei Kurzhantel, je 22kg, durch das
Studio gelatscht. Auf Weisung des Trainers sehr aufrecht, die
Schultern oben, hinten. Und natürlich kam Olli mit einer noch
besseren Übung ums Eck, ein Arm mit Gewicht oben, gestreckt. Sehr
schwer bei halbiertem Gewicht, Streckung unmöglich, muss geübt
werden. Es war noch Zeit für die Dragon-Flag, und ich erfreute mich
am Zustand meines Bauches, ich konnte sie akkurat halten, mit Pause
am tiefsten Punkt. Sehr schön, das gibt nicht mal Muskelkater. Dienstag, 15. 11. 2022
Gestartet wie gestern, die Schlaferei ist komisch. Mir war kalt, das
liegt wohl an meiner Gasspartemperatur, ich könnte meinen Frust dem
Putin vor die Füße rotzen, aber es wird ihn nicht weiter jucken.
Muss ich es doch mal mit einem Schlafanzug probieren, seit zehn
Jahren hab ich einen im Schrank liegen, falls ich mal ins
Krankenhaus muss, wusste beim Rauskramern sogar in welchem. Werd ich
im Alter doch zur Frostbeule, hab ich das von meiner Mama vererbt
bekommen? Mittwoch, 16. 11. 2022
Ein Tag mit putzigen Missgeschicken. Schlafen im Schlafanzug muss
geübt werden, bzw. muss ich mich dran gewöhnen, er zuppelt und
rutscht und macht erstmal mehr Störung, als dass er wärmt. als ich
nachts schwitzend aufwachte, hab ich ihn über Bord geschmissen. Ab
dann super geschlafen, länger als geplant. Freitag, 18. 11. 2022
Der letzte Tag als Gastarbeiter, so schlimm, wie alle tun, ist es
gar nicht. Der Rücken tat nicht weh, gestern war eine kleine
Erschöpfung da vom sehr aufrechten Sitzen, die Arme waren die ganze
Zeit in der Schwebe. Ich nahm das als Training. Zum Schluss hatte
ich viel Abwechslung, lauter kleine Aufträge, immer wieder loslaufen
und das Zeug zusammensuchen, 400 oder 1000 Platten pinnen, abmelden
und weiter, den nächsten Auftrag. Die Zeit verging schnell, zum
Schluss wurde es noch mal hektisch, der letzte Tausender sollte
fertig werden. Samstag, 19. 11. 2022
Herrlich ausgeschlafen, sogar zwischenrein munter gewesen und
gemerkt, ich kann die Augen noch mal zu machen. Welch ein Luxus.
Nach gutem Frühstück, abgeschlossen mit dem gestern angerührten
Kuchen konnte ich voller Vernunft an die Erledigung gewisser
Aufgaben rangehen, so dass mein Plan fast abgearbeitet ist. Die Bude
ist staubfrei und ganz ohne sichtbare Spinnwebereien. Ich muss
verschiedene Webspinntypen beherbergen, es gibt die Flächenspinner,
die an senkrechten Schrank- und Wandflächen ihr Werk tun, so wie die
Raumspinner. Da gibt es auch wieder zwei verschieden Ausprägungen,
die einen bauen kleine Nischen zu, andere spannen Fäden quer durch
große Räume, wie immer sie das bewerkstelligen. Jetzt müssen die
meisten hier neu anfangen. Sonntag, 20. 11. 2022
Ausschlafsonntag, ein bisschen musste ich nacharbeiten vom Plan
gestern, Blumen gießen, den Kopf enthaaren, den Wasserkocher
entkalken, oder war es andersrum, nein, passt schon. So stand einem
ausgiebigen Sportparkbesuch nichts mehr im Weg. Habe den Plan für
Brust und Beine brav abgearbeitet, das wird Muskelkater geben, das
Dehnen kam dran. Da kämpfe ich mich durch ein Motivationsloch, weil
es am Schluss kommt, und nach zwei Stunden bin ich eigentlich
knülle. Die Dehnerei ist anstrengend, das meiste ist unangenehm, tut
weh, zittert und wackelt und sieht bestimmt von außen ganz muggelich
aus, vielleicht kriegt man schon raus, worum es gehen soll. Die
Sauna, der kalte Wasserschwall hinterher, da ist alles wieder
perfekt. Dienstag, 22. 11. 2022
Frühschicht, was soll man da erwarten. Die Müdigkeit ist permanent.
Früh geht es los duch eine wirklich zappendustere Stadt, es brennt
alle hundert Meter hinter irgendeinem Fenster ein Licht, schon der
Weg zum Auto ist ein Weg als Blinder, am Bus tappt man durch ein
Areal, das den Füßen bekannt vorkommt, man sieht es nicht. Auf
Arbeit, ich bin verborgt in die Nachbarreihe, ist viel Unruhe durch
eine erteilte Abmahnung, die wir ungerechtfertigt finden. Alle sind
froh, wenn der Feierabend erreicht ist. Samstag, 26. 11. 2022
Gestern mittag wuchs das Gefühl, bald Feierabend und Wochenende zu
haben, fünf Frühschichten waren geschafft und ich war jeden
Nachmittag im Studio. Aber eben doch ziemlich erschöpft. Und
genießend. Innendrin breitete sich die pure Wonne aus, jetzt Zeit zu
haben und ein bisschen durchhängen zu können. Auf der Arbeit war an
vielen verschiedenen Stellen gut zu beobachten, wie schwer das Leben
sein kann. Ein Technologe schilderte sein Bemühen, Maschinendaten,
die sowieso anfallen, nutzbar zu machen. Man braucht irgendwelche
Software, mit der das möglich wäre, die sei aber zu teuer und nicht
genehmigt. Ich lese seit vielen Jahren von Erfolgen und
Verbesserungen in ganz verschiedenen großen und kleinen Firmen, wo
man diese Daten auswertet, anscheinend lesen meine Vorgesetzten
andere Sachen.
7
Sonntag, 27. 11. 2022
Mein sozialer und kommunikativer Tag. Wenn so was vorkommt, bleibt
alles andere liegen. Ich war mit meinem Sportsfreund verabredet, der
ist auf Heimaturlaub, trifft alle seine Geschwister bei seinen
Eltern zu Hause und hat Lust auf eine Sportstunde mit mir. Wir
machen meist eine Erzählstunde draus, in der ein paar Übungen am
Tower in den Redepausen eingebaut werden. Die Sonne schien dazu und
trocknete den Platz, hob die Temperatur, es fing bei einem Grad an,
entspannte sich spürbar. Wir könnten, so fühlt es sich an, mehr Zeit
verquatschen. Ich habe meine Dehnrunde angehängt, auch die Sauna,
fand dann eine Anfrage meiner Kunstfreundin, für den Nachmittag in
Nürtingen zwei Ausstellungen anzusehen. Da hab ich das Blumengießen
und Wäscheräumen geschoben, schon hab ich für morgen was auf dem
Plan stehen. Auf der Hinfahrt kam auf SWR2 eine Sendung anlässlich
des 75. Geburtstages von Maria Farantouri, eine griechische
Sängerin, die Interpretin der Musik von Theodorakis. Eine tolle
Stimme, ich kenne sie aus meiner Jugendzeit, da hörte ich den Canto
General, sie singt ungeheuer mitreißend in diesem großartigen
Oratorium, Theodorakis nahm den Großen Gesang von Pablo Neruda und
schickte ihn um die Welt. Wenn man die Lebenswege dieser drei
anschaut, wird die Musik noch überzeugender. Sonntag, 4. 12. 2022
Jetzt hab ich irgendeine Tastenkombination erwischt, wo alles
ungespeicherte weg ist. Behaupte ich mal, ich hatte schon einen
Riesentext, nu isser weg. Soll ich von vorn? Meinen Frust muss ich
erst bewältigen, es ging weder mit rückgängig, noch war die Suche im
Papierkorb erfolgreich, wie auch, wenn nichts gespeichert war. Der
Mist ist, mit meinen globig-unbeholfenen Fingern auf der Tastatur
kann mir das wieder passieren, eigentlich wollte ich nur ein
falsches Komma löschen, bin wohl irgendwie geschliddert. Montag, 5. 12. 2022
Wenig Schlaf, weil spät ins Bett und zeitig aufgestanden. Neun Uhr
schon im Studio, verschiedene Klimmzüge und Latzüge, Bauch,
ausgiebiges Dehnen, da frag ich mich, was wohl die andern denken,
wenn ich da seltsame Verrenkungen anstrebe, die wirklich nicht schön
aussehen, auch nicht wohltuend. Egal, ich fliege weiter. Im Bus
nicht an Schlaf zu denken, irgendwer plärrt immer rum oder ein Handy
geht los,weil der Ton für alle an ist, oder die Zusteiger begrüßen
alle lauthals, fragt nicht, was ich denke. Auf Arbeit verborgt, sehr
ruhig. Ich war nochmal beim Teamleiter, mit dem ich letztens was
erreicht hab, wollte den Erfolg seiner Bemühungen durchsagen und
habe gefragt, ob er das händisch korrigieren muss. Ja, muss er, das
System ist mit der allgemeinen Datenerfassung nicht verknüpfbar. Ich
bin mir sicher, man hätte mit dem System, das schon da ist, diese
kleine Aufgabe erledigen können und die automatische Freigabe bei
Auslagerung mit dabei gehabt, anscheinend sind unsere IT-ler
rein zeitlich nicht in der Lage, das zu leisten, so bekam ich im
Gespräch heraus. Der Prozess, wie er jetzt läuft, ist eine
Verbesserung zum Zustand vorher, der war erbärmlich, wenn die
Verbesserungen in dem bisherigen Tempo kommen, rechne ich mit dem
Status quo bis zu meinem Rentenbeginn. Ich weiß ja, wie es geht,
wenn wieder viele Fächer verstopft sind. Freitag, 9. 12. 2022
Mit einem genüsslichen Ausatmen gedacht, Wochenende. Fünf
Spätschichten, das ist nicht weiter schlimm, ich war niemals in
meiner Reihe, sondern in zwei Nachbarreihen unterwegs, je einmal
sogar allein und als mein eigener Chef, da die Personalsituation
dünn ist. Unsere Vorgesetzten scheinen einen frischen Ehrgeiz zu
entwickeln, wie man effektiv Angst und Unruhe und schlechte Stimmung
in die Belegschaft bringen kann, und sie haben Erfolg. Nachdem
allerhand Abmahnungen verteilt worden sind, werden nun Prozente der
Leistungszulage kassiert, diese Woche konnte man das aus vielen
Ecken hören. Ein halbes Prozent Abzug für vermeintlich schlechte
Abstimmung bei der Urlaubsplanung, das wäre Aufgabe des Teamleiters,
der diesen Abzug dann verkündet, macht am Geld nicht viel aus, sorgt
aber für gründliche Demotivation des Kollegen. Für
Ausschussvorkommnisse, kleine und seltene Fehler, wo mal 80 oder 150
Platten kaputt waren, werden der halben Schicht je zwei Prozent
Abzug erteilt, für zehntausende solcher Werkstücke, die, wie immer,
in Ordnung waren, wird in der Werkspostille anonym "Danke" zum
Jahresende hingeschrieben, von jemandem formuliert, den wir noch nie
gesehen haben. Wenn Vorgesetzte nicht viel Ahnung vom Geschäft haben
und sich dann notgedrungen auf die Machtausübung konzentrieren
müssen, kommt halt solcher Quatsch raus. Es sieht so aus, als ob wir
da noch viel zu erwarten haben. Sonntag, 11. 12. 2022
Wieso gestern kein Text kam, ist schnell erklärt, bzw. auch
ausführlich begründet. Ich war müde von der Woche, hab lang
geschlafen, beim Frühstück herrlich getrödelt, ganz in der Ruhe mein
Mohrrübchen zum Käsebrot geknabbert und gelesen. Bis ich meinen
Haushalt in Ordnung hatte, verging wieder Zeit, so dass ich zum
Sport musste. Da hab ich ganz in der Ruhe den Rücken mit vielen
verschiedenen Klimmzügen angepulst, ein wenig Schulter und
hintendran den Bauch malträtiert. Dehnen als Abschluss, Sauna als
Belohnung. Beim Chinesen was gegessen, Reis mit Gemüse und einer
scharfen Kokosmilch-Curry-Soße, sehr einfach, sehr lecker. Eine
kleine Einkaufsrunde, lauter seltsame Dinge, die ich erst suchen
muss,oder wisst ihr auf Anhieb, wo Möbelpolitur zu finden ist. Die
Müllbeutel fand ich nicht. Dadurch dauerte die Aktion ungebührlich
lange, ich konnte daheim grad noch alles verräumen. Für abends war
Volleyball angesagt, ich bin durch die sehr frische und dunkle Nacht
zur Sporthalle gelaufen und hab ein schönes Spiel gesehen. Im
fünften Satz haben die Jungs gradso die wichtigen Punkte gemacht,
nur der letzte Punkt war unklar, der Schiedsrichter bügelte
energisch alle Proteste ab, der Hallensprecher rief den Sieg aus,
die Rottenburger fingen vehement an zu jubeln, da half alles
Reklamieren der gegnerischen Mannschaft nix mehr. Das Spiel geht bei
fünf Sätzen entsprechend länger, war erst halb elf wieder hier,
brauchte einen Tee zum aufwärmen. Entscheidend war ab dieser Stelle,
ich hatte keine Lust mehr zu schreiben. Heute fing so an wie
gestern, bis zum Sport alles gleich, hab Beine trainiert und den
Bauch, Dehnen und Sauna angehängt. Montag, 12. 12. 2022
Da Textschreiben bis eins ging, danach noch eine Lumperstunde am
Bildschirm folgte, fing der Tag spät an. Egal, ich hab frei.
Persönlicher Höhepunkt war ein Arztbesuch, für den ich die
Überweisung im späten Sommer bekam, fast vergaß ich, wofür. Nachdem
ich mich konzentrierte, konnte ich ehemaliges Aua schildern und
bekam eine Überweisung für ein MRT, was heißt das eigentlich,
jedenfalls sei es ein bildgebendes Verfahren, mit dem man auch
Gewebe darstellen kann. Morgen werde ich telefonieren, rechne mit
einer Wartezeit, und soll mich danach um einen Termin für die
Besprechung des Ergebnisses und die daraus folgende Therapie
bemühen. Wahrscheinlich bin ich schon Rentner bis zum Abschluss
dieses Vorganges. Was ich über unser teures Gesundheitswesen denke,
behalte ich für mich.
Dienstag, 13. 12. 2022
Vom Europaparlament haben wir wahrscheinlich alle gehört, Verdacht
auf Korruption, Einflussnahme von Katar auf politische
Entscheidungen mit ein bisschen Geld. Für die Katarer
Verantwortlichen bestimmt nicht unüberschaubar viel, in Brüssel
werden derweil Karrieren beendet. Geld macht auch kluge Menschen
blöde, oder was soll man da denken. Lustig finde ich die
Ermahnungen, die man sich selbst gibt, das muss aufgeklärt werden,
sonst geht das Vertrauen der Bürger in diese Institution verloren.
Ach, denke ich, haben die Herrschaften in den letzten Jahren Volkes
Stimme gehört? So richtig viel kann da nicht mehr passieren.
Mittwoch, 14. 12. 2022
Zu Großem kann mich grad nicht sonderlich aufraffen, irgendwie ein
paar liegengebliebene Aufgaben zu erfüllen. Versuche eher dem
Kleinklein der immer folgenden Tage soweit standzuhalten, das der
Laden nicht entgleist. Ich kenne das schon aus vergangenen Wintern,
vergesse es im Frühjahr und schaue jetzt auf den ersten Schnee, weiß
wieder um die Langsamkeit des Seins. Immerhin hab ich allerhand
Amtspost vom Tisch, morgen muss ich sie nur in den Briefkasten
werfen. Hab es mir auf den Plan für morgen draufgeschrieben, da hab
ich was, das schaffe ich garantiert. Die diesjährige Umfrage zu den
Sportaktivitäten hängt in der Schlaufe unvollendet, nach dem sie
voriges Jahr wegen Corona und nicht in der Lage sein ausfiel, ist
das gar nicht gut. Zumal ich mir mit dem Vorhaben, so ich es vorhabe
und mich nicht entschließen kann, es zu beenden, einen Druck in
meinen Alltag setze, den ich gewiss rausnähme durch die Abarbeitung.
Immerhin hab ich ja schon fünf Positionen erkundet, (findet man
unter Projekte).
"Menschliches Blut: So der Prolog, das erste Kapitel startet, damit man gleich Bescheid weiß, so: "Das Haus, in dem die tödliche Party steigen sollte, ..." Ich hab ca hundert Seiten gelesen, es geht zu wie in einer Sammlung sonderbaren Verhaltens, meine Welt ist zum Glück anders, ich werde berichten. Donnerstag, 15. 12. 2022
Ganz kurz, weil, es ist schon spät. Gelacht über Fitzek, soviel
Aktion gibt es nirgendwo anders. Immerzu passiert das Schlimmste,
niemals wird einfach gegessen oder geschlafen oder nachgedacht. Bin
ich da froh über mein geruhsames Leben. Nachdem mein letzter Kuchen
mich etwas regungslos gelassen hat, ich ihn wegaß ohne die sonst
normalen Ausschüttungen von Glückshormonen, buk ich mir einen neuen.
Käsestreusel mit getauchten Aprikosen, das erste Stück verleibte ich
mir nach dem Sport ein, da war es noch lauwarm. Und vorzüglich,
alles wieder so, wie es sein muss. Beim Sport, Beine trainiert unter
den strengen Augen des Trainers, es gab zahlreiche
Verbesserungsanregungen. Nachdem ich die vom letzten Mal
eingearbeitet habe, die waren grundsätzlicher Natur, ging es diesmal
um Feinheiten. Was man doch bei so einer simplen Kniebeuige alles
beachten sollte. Ich bin am lernen. Freitag, 16. 12. 2022 Der letzte Urlaubstag, es kommt noch das freie Wochenende mit dem langen Montag, da gehe ich in die Nachtschicht. Geschafft hab ich nicht viel, all das Liegengebliebene hat Verlängerung bekommen. Aber erholt habe ich mich, eine Woche ausschlafen und meinen Gelüsten folgen, anfallsweise geplagt von schlechtem Gewissen, s. o.. Im Nachhinein wird mir klar, dass ich ganz urlaubsreif war, auch noch bin, denn im vergangenem Jahr und im Jahr zuvor habe ich alle Urlaubstage und Gleitzeittage bei meiner Enkelfamilie verbracht. Das war oft schön, immer erfüllend und eben auch ziemlich anstrengend, ich hab es mir nur nicht eingestanden. So sitz ich jetzt in meiner grenzenlosen Weisheit da, merke, dass ich mich schlecht eingeteilt habe und versuche, daraus für die Zukunft zu schlussfolgern, dass ich mir zumindest die halbe freie Zeit mit Erholurlaub nutze. Wenigstens will ich das ausprobieren. Heut war so ein Tag, wie ich ihn mir vorstelle, wenn ich frei hab. Nach dem normalen Ablauf morgens wollte ich den Genuss verbinden mit ein paar Erledigungen und habe so eine große Stadtlatsche geplant. Ich bin losgelaufen durch den Schnee, hab in der Gebrauchtwarenbörse reingeschaut, weil ich Lust hatte. Gekauft hab ich nix, aber es gab zwei Dinge, die fand ich erstaunlich. Ein Katalog zu Dali, ein schweres Teil für 8 Euro, beim Blättern fand ich Bekanntes und mir Neues, da ich zu Hause in Büchern fast ertrinke, ließ ich´s da. Und ein Sonnenmobile, heißt es so?, ein Teil aus Glas geformt wie ein hohler Flaschenkürbis, worin sich bei der Wärme des Sonnenlichtes vier Flügel erst hin, dann her drehen. Ich hab so was in Kindertagen bewundert, ein Uhrmacher in Sebnitz, der Stadt, in der meine Großeltern wohnten, hatte es im Schaufenster, sonst war da nichts weiter. Immer auf dem Weg vom/zum Bus musste ich davor stehenbleiben. Heut ließ ich auch das Teil stehen, da ich nur den Rucksack dabei hatte und mir nicht zutraute, es heile bis nach Haus zu bringen, zumal ich noch viel vorhatte. Ich bin weitergezogen in die Innenstadt, erst zum Bücherschrank, zwei Treffer, in die Apotheke Zwischenraumzahnbürstchen kaufen, ins Reformhaus, da gab es wunderschöne Alpakawollsocken, ich wollte Hagebuttenpulver und Schachtelhalmsaft kaufen, meine Rheumafüße zu therapieren, da hatte ich einen Tip bekommen. Kaffeepause beim Bäcker, lesend, kein Kuchen, den hab ich selbst daheim, Vollkornbrot nahm ich mit. Schuhe brauchte ich, gestern war ich unterwegs durch die Schneepampe und hab mich gewundert über Nässe und Kälte in einem Schuh, beim Nachschauen fand ich einen patschnassen Socken und einen Riss in der Sohle, ganz durch und über die ganze Breite, fast hielt der Schuh durch das Leder oben die Fasson. Ich fand, die waren noch gar nicht so alt, naja. Ich hab viel Geld bezahlt für gefütterte wasserdichte Schuhe, die mir auch noch halbwegs gut gefallen, zum Glück war die Auswahl ganz klein. Ich hatte erst überlegt, ob ich deswegen nach Tübingen muss, finde diese Lösung gut. Auf dem Heimweg ging ich beim Türken im Früchtehaus fragen, ob er noch was zu futtern hat, ja, er hatte, mit 8,50 war ich dabei, Weizen gegart, Salat und Weinblattwickel, da bin ich zufrieden heimgegangen. Da gab es den Kuchen, auch nochmal Kaffee und Lesezeit, den Fitzek hab ich fast geschafft, es bleibt komplett wirr und blöd, so angestrengt ausgedacht und sorgfältig ins Komplizierte gepusselt, dass man kein Wort glauben kann. Auch wieder ein Ermittler, der alle Schmerzen wegsteckt, immer einsatzbereit ist und Höchstleistungen auch körperlicher Art vollbringt, nachdem er Giftspritzen und Elektroschocker erlebt hat, alles kein Problem. Warum ich es lese, ich weiß hinterher, wie es nicht sein soll. Beim Schreiben will ich ja auch flunkern, bzw. es brauchen nicht alle behaupteten Sachen wahr zu sein, aber der Leser soll es glauben wollen, weil die Geschichte so sein könnte, an dieser Grenze entlang zu fabulieren muss geübt werden. Fitzek schreibt einfach nur viel, hat Leser, obwohl er meines Erachtens keine Zeile Literatur kann. Ich muss mal nach Kritiken schauen.
Abends beim Sport, da ich mit meinem Split durch war, keinen Bock auf Hanteltraining hatte, war eine Runde freies Training, nach Lust und Einfall angesagt. Wie früher, vor dem Plan, habe ich im Sturzhang gezogen, in der langen Planke gestanden, frombacktofrontlever gescrollt, die Dragonflag an der Sprossenwand sich heben, senken lassen. Die Dehnerei angehängt, auch in der Sauna geplauscht mit dem Sternenkucker, heut gings um das Schwimmen. Sonntag, 18. 12. 2022 Eigentlich ist der Montag schon angebrochen, sagt die Uhr, ich versuch mal, in der Geisterstunde was hinzuformulieren. Gestern, also, den Samstag meine ich, kam ich so spät heim und ausgehungert und erledigt, auch erlebnisfroh, da hat es nicht mehr gereicht für nen Text. Heut hab ich den Rest vom Putztag erledigt, wieder Zeit vertrödelt beim Lesen, ein Buch wie für mich geschrieben, es ist von Benjamin Kunkel, ein Ami mit seinem Erstling, heißt "Unentschlossen". Das Krankheitsbild Abulie wird beschrieben, der junge Mann als Hauptfigur leidet und gewinnt an Hoffnung, aus diesem Zustand rauszukommen, als ihm eine Pille angeboten wird, mit der er anscheinend nach einem Zeitfenster der Einnahme seine Entschlussfähigkeit wieder gewinnen soll. Sehr lustig, gute Sprachfindungen für den aktuellen Zustand von Ichweißauch nicht. Ich hab das erste Viertel gelesen und verstehe ziemlich gut das Dilemma des nichthandelnden, weil nichtentscheidenkönnenden Dwight.
Dienstag, 20. 12. 2022
Wichtigstes Ereignis von gestern: Die Enten auf dem zugefrorenem
Neckar. Auf dem Abschnitt zwischen den Wehren, da fließt es ruhiger,
war bei dem strengen Frost am Wochenende schnell Eis über alles. Die
Enten standen obendrauf und hatten einen trockenen Bauch. Am Montag
fing es an zu tauen, auf dem Eis, das hielt noch, war ein
Wasserfilm, der es glatt machte. Die Enten watschelten los, warum
auch immer, und rutschten aus. Wieder und wieder. Sehr erheiternd.
Wenn eine der braunen Stockentenladies ein paar Schritte machte,
drei oder fünf grünköpfige Erpel mussten hinterher, energisch, und
purzelten sie einer nach dem anderen. Noch schöner war, wenn sie als
Schwarm angeflogen kamen und landeten wie immer, also, sie wollten
das, dann fing eine köstliche Rutscherei an, ich konnte gar nicht
aufhören, zuzuschauen. Mittwoch, 21. 12. 2022 Zeitig aufstehen für einen Termin in Tübingen, ich war schon dran mit dem MRT für meinen Hals. Die Praxis ist gut organisiert, ich musste nicht warten, schon lag ich in der Röhre. Es war laut und eng, ich hatte einen Notrufknopf in die Hand bekommen, falls ich durchdrehe wegen Platzangst oder Lärm. Ich nahm mir vor, das entspannt anzugehen, immer wieder töpperte das Ding los in verschiedenen Frequenzen, ich dachte, ist das herrlich, wenn man so einfach in mich reinschauen kann. Hab mich gefragt, lesen sie auch meine Gedanken aus und kam zu dem Schluss, mit diesem wirren Zeugs kann niemand was anfangen. Da ich es sonst in Teilen hier hin schreibe, wäre es sowieso egal. Nach vierzig Minuten war ich durch, latschte durch das schöne Tübingen zum Auto, auf der Schnellstraße ging es so gemächlich zu wie früher durch die Dörfer, es war der Feierabendverkehr. So konnte ich in aller Ruhe einem Schwarm von Gänsen zuschauen, der in wechselnden Formationen unter dem hellgrauen Himmel flog. Beeindruckend, die halten zueinander exakt, zumindest sieht es für mich so aus, den gleichen Abstand, auch wenn sie die Richtung ändern, dabei wechselt die Spitze, was vorher mitten in der Reihe war, führt plötzlich an, sehr sehenswert. Die letzte Nachtschicht steht noch an, es ist überhaupt der letzte Arbeitstag für mich in diesem Jahr. Mir wird nichts fehlen. Donnerstag, 22. 12. 2022
Ausgeschlafen bin ich nicht beim Aufstehen, aber es ist Urlaub.
Damit wird eine kleine Müdigkeit sofort von Lust auf selbstbestimmte
Lebensverbringung aufgefangen. Ich gab also gewisser Schlappheit
nach, ließ Zeit verrinnen beim Frühstücken, zumal die Sonne auf dem
Neckar Lichtpunkte funkeln ließ. Auch die Außentemperatur fühlte
sich an wie Frühling, so machte ich einen kleinen Stadtgang am
Bäcker vorbei. Schließlich hab ich grad keinen Kuchen da. Lesen an
freien Tagen ist besonders schön, die Uhr tickert zwar, aber nichts
drängt. Nach und nach ging ich zum Sport, hab Brust und Schultern
weichgekocht, auf der Bank versuchte ich mal wieder die 70 kg, es
ging. Es wurde immer leerer im Studio, wahrscheinlich mussten alle
noch Plätzchen backen und die Gans stopfen, den Tannebaum aufstellen
und die vierte Adventskerze runterbrennen. Die Dehnerei, gestern
hatte ich sie vergessen, hab ich nachgeholt, immer schön an der
Schmerzgrenze entlang. Der Fortschritt dabei ist nach wie vor
abhängig von meiner Stimmung, mal stelle ich deutlich fest, das wird
nie besser, mal registriere ich die klitzekleinen Haltungsänderungen
bei manchen Übungen. Heute bemerkte ich, wenn ich auf dem Rücken
liege, die Beine gen Himmel recke, kann ich den Kopf sehr entspannt
ablegen, muss mich nicht mal drauf konzentrieren, und er bleibt
sogar unten, wenn ich nach den Beinen lange und sie noch bissle
ranziehe. Mit diesem Wissen lässt sich weitermachen, von meinem
Vorhaben mit 100 Tagen hab ich immerhin schon die Hälfte rum.
Vielleicht ist es nicht spektakulär, was rauskommt, und es ist ja
erst ein Anfang, der bis hier funktionierte wegen der
Überschaubarkeit des Zeitrahmens, auch ist Spagatkönnen nicht die
wichtigste Fähigkeit im Leben, wenn er aber nebenher irgendwann
rauskäme, plötzlich mal gelänge, was sollte dagegen einzuwenden
sein. Samstag, 24. 12. 2022 Morgens erfreute mich schon beim Zähneputzen mein Weihnachtskaktus, dem wohl erst unterwegs einfiel, wie er heißt, denn die meisten seiner schönen Blüten hatte er schon im November vorgezeigt, Heut stimmte alles.
Für den Heiligen Abend hatte ich eine Einladung bekommen, brauchte also nicht das AlleinzuHausesitzen schön gestalten, sondern würde in guter Gesellschaft sein. Da ich bekocht werde, sorge ich für den Nachtisch. Nahm mir einen Kuchen vor und für die gesunde Ernährung eine ausgelöste rote Pomelo und um es wie Weihnachten aussehen zu lassen, noch einen Süßkram. Den Kuchen zeig ich mal vor, Käsekuchen mit Streuseln obendrauf und getarntem Pfirsich.
Nach all den Vorbereitungen war noch reichlich Zeit, das Studio war nicht geöffnet und das Wetter war super, warm, manchmal sonnig, ein schöner Wind. Ich bin laufen gegangen, nach fast einem Jahr zum ersten Mal mit meinen Rheumafüßen. Das Gefühl draußen zu sein, den Wald und die Felder zu beschauen, sich vom Wind ins T-Shirt blasen lassen, es war herrlich. Ich war vernünftig, hab eine kurze Strecke gemacht und bin auch nicht am Anschlag gelaufen, nach der halben Strecke merkte ich mich deutlich, hab´s aber gut nach Haus geschafft, kam bei bester Stimmung an. Jetzt warte ich mal ab, was meine Füße morgen so vermelden.
Für Lesen hat es auch gereicht, wieder ein erwartbar blödes Buch, schon vom Cover her. Der Anfang, bzw. der erste Erzählstrang ist wirr und unlogisch, wenn man sich irgendwas ganz spektakuläres ausdenkt, kann das schon passieren. Der zweite Strang hat zumindest mal eine Erzähllogik, aber die geschilderten Verbrechen sind so ungeheuerlich und völlig sinnfrei, zumindest aus der Sicht des Anfanges, bin erst bei Seite 100, wie soll man so was auflösen. Putzig ist, wie immer in Thrillern und Krimis, alle wichtigen Leute rauchen, und das wird beschrieben, obwohl es nur so dasteht, ohne was zum Fortgang beizutragen. Da wird Papier geschwärzt. Vielleicht sind alle Krimiautoren Raucher, gibt es da eine Statistik?
Montag, 26. 12. 2022
Ein kleiner, wohliger Muskelkater hat sich aus dem Läufchen vom
Heiligabend entwickelt. Macht mir gar nüscht, schließlich war ich
mit dem Läufermichi zum Sportmachen verabredet. Er ist auf
Heimaturlaub und konnte mit einer Probemitgliedschaft ins Studio.
Hat es genossen. Ist nun mal das beste Studio hier in der Gegend.
Wir haben zweieinhalb Stunden zugebracht, zwischenrein war gar nicht
so viel Zeit zum Erzählen. Das Dehnen hab ich untergebracht,
hinterher waren wir in der Sauna, am Ende war ich vier Stunden da.
Ein bisschen übertrieben, aber ich hatte den Eindruck, wirklich mal
alles abgearbeitet zu haben. Zu Hause gab es selbstgekochtes Mittag,
Nudeln und Gemüse, wie immer und auch lecker. Ein Mittagsschlaf, ich
musste ja schon um neun im Studio sein und hatte nachzuholen,
ausgiebig Lesezeit, den Kuchen hab ich komplett dem Endzustand
zugeführt. Das Buch, s. o., wird nach 200 Seiten plötzlich schlüssig
im Anliegen, vermute ich mal, ich bin noch nicht durch, aber es hat
die am Anfang reklamierten Macken. Spät zwingt er die Story in was
Nachvollziehbares, trotzdem bleiben die Charaktere seltsam
unstimmig. Ein zur Aushilfe aus einem Altenheim zugezogener
Polizistenrentner hat nicht nur übermäßig Kraft und Schnelligkeit,
wird als brutal und korrupt und verschlagen eingeführt, später
bekommt er eine ganz andere, relativ normle, fast sympathische
Ausstrahlung. Es sind Erzählsätze dazwischen, da hat der Übersetzer
voll verpennt, oder was soll man dazu sagen: "Die Werkstatt von
Sürelik war ein ziegelsteinerner Gebäudeblock, der von einem Gebälk
aus vernieteten Stahlträgern überdacht wurde." Auf der gleichen
Seite finde ich: "Gemeinsam stießen sie die Eisentür auf und
betraten einen großen viereckigen Raum mit weißen Wänden und einem
Boden aus gestrichenem Zement. Alles war sauber, rein, feuerrot. Die
mit Nieten besetzten hellgrünen Metallstrukturen verstärkten den
Eindruck der Solidität." Es stört den Fluss jeder Erzählung, wenn
man unterwegs sich fragt, hä, wie. Noch so ein schönes Beispiel:
"Obwohl ihm heiß war, klapperte Paul so heftig mit den Zähnen, dass
er die Kiefer in seinem Schädel aufeinander schlagen hörte." Dienstag, 27. 12. 2022 Ausschlafen, die Sachen packen und losfahren, die Reise geht nach Bad Reichenhall. Zähe Fahrt mit Umleitung und Stau, irgendwann war das geschafft. Eva begrüßte mich mit der Kreisäge, sie sägte mir geschwind ein Ohr weg oder die Nase, hat es aber zum Glück immer wieder gleich repariert. Hannes erprobte eine Rüttelmaschine, die war eigentlich nur sehr laut. Dann nahmen wir uns die neuen Bauklötze vor und haben jede Menge verschiedener Figuren gebaut, von der Treppe übern Tannenbaum, wieder einige Kreissägen, das war alles ganz einfach und ohne jede Ausrichtung an Realitäten möglich. Konnte ich auch mal so frei spielen? Ich durfte helfen beim Abendessen, Hannes ließ sich den Joghurt reichen, Eva wollte selber, kleckern ist gar nicht schlimm. Dann war schon Schlafenszeit, die Kinder hatten eine lange Zugfahrt hinter sich, diesmal ging alles pünktlich, und waren entsprechend knülle. Ich bin in mein bayrisches Studio und hab mein Programm duchgezogen. Das Studio war eisekalt, es war auch nicht viel los, die Musik kam nur schluckweis durch, je nach Empfang. Ich hatte mir einige Artikel der Nzz vorher geladen, das wusste ich noch, das der Empfang da schwierig ist. Am Ende bin ich ungeduscht da raus, weil es auch da frostig zuging, kam dann in mein kaltes Zimmer. Sparmaßnahmen oder alte Heizung, was weiß ich, muss wohl schnell ins Bett gehen und mir mein Zusatzzudeck drüberschmeißen, da wird es schon gehen. Mittwoch, 28. 12. 2022
Die abendliche Kälte setzt mir zu, erst im Studio, da sind gefühlte
zwölf Grad, es mögen auch 16 sein, für einen zweistündigen
Aufenthalt ist das knapp. In meinem Quartier ähnliche Verhältnisse,
ab halb elf geht die Heizung aus, ich komm aber erst gegen zehn,
muss dann essen, fang schon an bei beheizten 17 Grad, danach wird es
ungemütlich. Wenn ich gegen halb zwölf in Bett gehe, muss ich mich
sehr konzentrieren, keinen Zug unter meiner doppelten Decke zu
haben, und brauche ziemlich, die eisekalten Füße und die erfrorene
Lese-Buchhaltehand warm zu kriegen. Ich werd es überleben. Das
Dehnen nach dem Sport wird jedenfalls sehr knapp gehalten, weil das
frierend nicht so gut geht. Donnerstag, 29. 12. 2022
Spät am Nachmittag und ganz nebenher hat der kleine Paul das
Fremdeln aufgegeben und mich als Ersatz für die huschelnde Mama
akzeptiert, das war eigentlich das Wesentlichste. Vormittags haben
die Großen mir gezeigt, wie Türme bauen geht, auch Tunnel und
Schlangen weiß ich jetzt. Wir haben immer solang gebaut bis die
Klötzer alle waren, manchmal kam der Einsturz kurz vorher. Die
Planung für den Tag war anders, aber durch Pauls Kranksein und seine
Bedürftigkeit nach immerwährendem Trost kam es so, ich hab,
teilweise mit den Großen zusammen die Bude geputzt und an der Wäsche
gearbeitet. Der Papa hat gekocht, die Mama war für Paul zuständig.
Wir sind nach dem Mittagsschlaf zum Einkauf losgezogen, zu viert und
zu Fuß, so ein Weg wird zur langen Reise, man denke an all die
Beeren unterwegs, auch verschiedene Zäune forderten verschiedene
Reaktionen, ein Hund kam vorbei, alles muss besprochen werden. Im
Aldi war es voll, viele Menschen müssen viel einkaufen und sich um
ein Feuerwerk kümmern und um Vorräte bei den Alkoholien, es sind
zwei Schließtage. Wir waren schnell durch, Gemüse, Obst und Käse,
was wir so in die Rucksäcke bekamen. der Rückweg, andere Strecke,
genauso aufregend wie hinzu. Zu Hause ein neues Spielzeug, eine
Ladenkasse mit Spielgeld, wesentlich war eigentlich die Kassenrolle,
nachdem der Anfang gemacht war, musste sie abgerollt werden, wir
haben dann wieder aufgerollt, das dauert seine Zeit. Dann kam Pauls
Zeit bei mir, er war ziemlich zufrieden, drumrum haben die Großen
für Abwechslung gesorgt, nebenher haben wir zusammen jonglieren
gelernt. Das ging so: Ich gab ihm den Ball, er lässt ihn fallen,
manchmal vorhersehbar, ich fange ihn, geb ihn zurück, von vorn. Fünf
Runden war unser Rekord. Freitag, 30. 12. 2022
So langsam geht mir das mit der Kälte auf den Geist, ich fang an
mich auf zu Hause zu freuen, werde dort im Sportstudio erst mal in
die Sauna gehen und bei mir wird es wärmer sein. Nicht üppig, ich
zieh mir schon noch mehr an als in den Wintern zuvor. Aber bei 14
Grad im Studio und 16 Grad im Quartier gehen mir die Lebensgeister
in Ruhestellung. Der Chef im Studio war heute anwesend, er saß in
einem beheizten Büro, in der Umkleide war es so kalt, dass man
schnell gemacht hat. Duschen geht so nicht, Dehnen auch nicht, außer
ich hätte es auf dem Schreibtisch durchgezogen. Dabei ist mildes
Wetter, wie das bei Minusgraden wäre, will ich nicht mal denken. Mit
den Großen sind wir vormittags auf dem Markt gewesen, es war nicht
viel offen, aber schönes Brot konnten wir kaufen. Mit den Kindern
dauert der Weg, rückzu waren wir zum Aufwärmen in der
Müller-Drogerie, da mussten wir aus vielen Regalen was
zusammensuchen, die Kinder schoben zusammen einen kleinen Wagen, und
wir haben es unfallfrei geschafft. In der Mittagspause hab ich ein
Stadtrunde gemacht, es gibt einen Bücherschrank hier und ich fand
einiges. Schätzing, "Limit" war drunter, den hab ich gleich
angefangen. Richtig, das andere Buch las ich aus, am Ende waren alle
tot, der letzte erschossen von einer Nebenfigur, die knapp
eingeführt wurde, überhaupt nicht nachvollziehbare Persönlichkeiten
haben skurril dummes Zeug gemacht. Zumindest war alles gelöst, eine
Handlung, die so unlogisch war, dass sie praktisch nicht stattfinden
kann. Ich könnte mir mehr Mühe geben nachzuweisen, warum das Buch so
sinnlos war, aber es lohnt nicht. Vielleicht noch einen lustigen
Satz aus dem Gameover der letzten Seiten: "Der dumpfe Ton von Semas
Pistole rhythmisierte das Dröhnen der vor sich hin feuernden
automatischen Waffen." Samstag, 31. 12. 2022
Es geht zu Ende, das Jahr, mir ist es ganz egal. Der Tag läuft
genauso ab wie der gestern, außer dass der Abend lärmig ist mit dem
vielen Geknalle. Vormittags war ich mit den Großen erst im Garten um
das Haus, die beiden haben voller Wonne die Maulwurfshügel
plattgemacht, wir haben festgestellt, der Maulwurf muss noch mal
graben. Irgendwann sind wir weitergezogen in den Spielkeller, mit
ein paar kleinen Fingerpuppen haben wir Verstecken gespielt. Lustig
fand ich, wir haben den Kasper die Regel setzen lassen, erst suchen,
wenn ich sage, Los geht´s! Diese Anweisung haben sie eingehalten,
auf Anhieb und ohne zu mogeln. Diesmal bin ich in der Mittagspause
ins Gym gegangen, wegen Silvester waren andere Öffnungszeiten.
Anscheinend waren alle da, die noch was gut zu machen hatten, es war
so voll, und es waren lauter Anfänger, die die Geräte besetzten,
sogar wenn sie woanders dran waren, sie gaben nichts frei, eine
Nachfrage hörte ich, eine machte ich selbst. Vielleicht lag es auch
an der Tageszeit, wo andere Leute kommen, jedenfalls war es bisschen
unerquicklich, das kam noch obendrauf zur Niedrigtemperatur und
mickrigen Ausstattung. Ich bin immerhin geduscht, jemand hatte in
der Umkleide die Heizung voll aufgedreht, schnell wieder raus
gewesen. Wieder Spielrunde, diesmal mit Legosteinen in die Höhe,
Hannes stand am Ende auf dem Stuhl, um weiter in die Höhe zu bauen.
Paul, krank, hustend, saß dabei und fand das Geklapper und Hin- und
Hergerenne so aufregend, dass er nicht mehr weinen musste. Als unser
Koloss einfiel, räumten wir auf mit viel Getöse, Paul hat sich
schlapp gelacht. Weiter mit den Bällen, jonglieren, werfen, fangen,
einen Reisball auf den Kopf legen und loslaufen, der Ball muss
obenbleiben. Nach ein paar Versuchen sind wir durch die ganze
Wohnung gekommen.
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