Michael Oswald

 

 

 

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Leben in den Zeiten von Corona 26

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Freitag, 1. 4. 2022

Meine kurze Zweitagesarbeitswoche ist schon beendet, ich bin froh drum. Es hat mich angestrengt, nicht die Arbeit, nicht die Zeit, die ich setzen muss, sondern die Begegnung mit Leuten, die in ganz anderen Bubbles leben, sich anders informieren als ich. Aber von vorn. Vormittags war die Post da, auf die ich wartete, ich konnte unterschreiben und zurückschicken, das heißt, mein Wille zu dem großen Ding ist aktenkundig geworden. Ich brauche nicht mehr drüber nachdenken, ob, oder ob nicht, sondern muss mich lediglich kümmern, meins dazu zu tun. Nachdem die Post im Kasten war, bin ich frohgemut ins Studio, hab eine schöne Einheit geschafft, bin mit wohlig ermatteten Anteilen unter die Dusche, ab da war Hamsterrad. Im Bus ging es los mit den seltsamen Begebenheiten, ich war einziger Zusteiger in Rottenburg, da mault mich der Fahrer voll von wegen FFP2-Maske, ja, sag ich und troll mich auf einen Platz. Schau schnell im Web nach der gültigen Landesregel, Maske im öffentlichen Verkehr, keine Deklarierung weiter. Wir fahren schon ewig mit medizinischen Masken. Leck mich, denk ich. Die nächsten Zusteiger, alle mit med. Masken, keinerlei Ansprache des Fahrers, Hirni, denk ich. Auf Arbeit, in einer Kaffeepause die Erläuterungen zum Krieg in der Ukraine. Diesmal wurde der chinesische Standpunkt vertreten, die USA und die EU als Aggressoren, umgeben von allgemeiner Politikschelte. Es gibt lautstarke Wortführer, ein paar Nicker und stille Menschen. Keiner hat Lust, eine andere Meinung zu vertreten, vor allem nicht gegen die vorgebrachte Pauschalschelte und Vehemenz. Dazu kam noch der Hinweis auf die Inflation, und dass es ja gesteuert wird, so gewollt wird, und was noch für Geraune. Soll ich da sprechen? Das gäbe schnell Streit, da ich als erstes jeden Satz auf Pauschalquatsch zerpflücken müsste, die Politiker, die Minister, die haben doch alle keine Ahnung. Nicht mal im Ansatz die Bemühung, was von der Welt zu verstehen, Erklärungen über Abläufe und Prozesse, die gibt es ja, zu hören oder zu lesen. Sind wir alle bubblekrank?
Heimzu mit anderem gutgelaunten Busfahrer, Vorfreude auf´s Wochenende, ich hab viel vor.

Samstag, 2. 4. 2022

Trotz Schneeregen und Kälte: Ich könnte ein Lobpreiser des arbeitsfreien Samstag sein. Hab ausgeschlafen, gelestückt, bis es keinen Kaffee mehr gab, das Buch war auch alle. Stefan Heym und sein Roman "Schwarzenberg", ich habe einen alten Ossi gefragt, ob er sich erinnert, tatsächlich, es war aber eine durch späte Zeitungslektüre verursachte Erinnerung. Bei aller Schwere der geschilderten Zeit, direkt nach dem Krieg, wird Alltag und normales Kleinklein beschrieben, die Suche nach Neuorientierung oder Machtgelüste, nicht nur große Geschichte, sondern es wird von der Liebe und von Schuld, einzeln auf konkrete Figuren heruntergebrochen, erzählt, so dass Menschsein in fragilen Verhältnissen erkennbar wird. Leseempfehlung.
Zwei Haushaltstunden schob ich ein, nicht gern, motiviert von wuselnden Staubflocken, die aus ganz unvermuteten Ecken hervorkamen. Fast alles ist fertig, morgen nur noch bissle Sanitärputz. Mittagessen war ich beim Chinesen, zu Fuß durch Schneetreiben zum Handelshof. Es gab keinen Wochenendkuchen mehr, so hab ich daheim eine Blätterteigrolle, gefüllt mit Quark und Rosinen aus dem Frost geholt und in den Backofen gelegt und mich gefreut, dass irgendjemand dieses Teil für mich zubereitet hat. Nachmittags zum Sport, ich wollte ganz ohne meinen Plan trainieren und mal wieder die alten Routinen ausprobieren, das ging gut. Hab es gerade noch in die Sauna geschafft, bevor das Studio zumacht. Mich zu Hause auf nen Kaffee und frisch abgebackenen Kuchen gefreut. Davon gab es soviel, musste ich das Abendessen weglassen. Den Drucker wollte ich zurückgeben, hatte mir letzte Woche einen gekauft, weil allerhand Papierkram anstehen wird. Die Drucke sahen seltsam aus, nach vielen Versuchen mit dem Musterdruck, war immer noch jede dritte Zeile vorhanden, die anderen eben nicht. Schwer lesbare Dokumente. Bin also zum Real gefahren, das ging reibungslos, nachdem ich eine Druckprobe vorlegte. Jetz hab ich allerdings schon viel Zeit gesetzt und stehe da wie vorher. Nächste Woche werd ich den Saturn ansteuern müssen.
Lesen: Ein neues Buch rausgezuppelt, Hermann Kant, "Der dritte Nagel", das sind fünf Erzählungen, die erste hab ich noch nicht fertig, bin aber sehr angetan von dieser klaren Erzählstimme. Es geht um die prekäre Existenz einer Familie am Rande von Hamburg, die Zeit ist nicht ganz konkret benannt, die Sechziger, würde ich sagen, man musste Geld borgen, die Schwierigkeiten beim Zurückzahlen und dann eine Wendung der Geschichte, die Verleiherin kommt die Rate einfordern und stirbt während dieses Besuches. Eine auch humorvolle Beschreibung, was im ArmeLeuteViertel so passiert. Sofort glaubhaft, wieder ein wunderbares Zeiterzählstück.

Sonntag, 3. 4. 2022

Am Wochenende laufen die Uhren schneller, nicht nur, dass wir manchmal eine Stunde vorstellen, die Stunden selber müssen kürzer sein. Damit die Rechnung aufgeht, laufen die Uhren in der Woche langsamer, auf fünf Tage verteilt, wir merken es kaum. Jetzt bräuchte ich noch einen Schuldigen, einen, der das steuert, und schon hätte ich eine schlüssige Verschwörungstheorie in die Welt gesetzt. Nun gut, mir hat mein Tag gefallen, auch wenn es schnell rum war. Morgens der langsame Anfang, mit einer weiteren Erzählung aus der Kant-Sammlung, ein erfolgloser Schriftsteller legt sich eine Theorie zurecht, warum es an ihm nicht liegen kann. Es funkelt vor schönen Ideen, es ist vorzüglich in Sprache gebracht, am Ende ist es Unterhaltung im besten Sinne. Kant konnte.
Mittags war ich zum Sport verabredet, bin aber versetzt worden, hab ich ganz in Ruhe und Entschlossenheit meinen Rückensplit durchgezogen, es ging gut, sollte es vorwärts gehen. Zum ersten Mal gelangen die breiten Klimmzüge im vollständigen Satz. Und bei den anderen Übungen spüre ich mittlerweile ganz gut, wo es hin soll und kann es meist gut ansteuern. Zwischenrein kam Tanita trainieren, die Calisthenicstrainerin, da haben wir manche Pausen verschwätzt. Eine neue Übung hat sie geschwind eingepflegt, Trainer sind so. Mit der Rolle auf dem Boden, von den Füßen aus in die Waagerechtstreckung und zurück in den Stand. Von den Knien aus schaffen wir das beide, aber ohne, da wird es richtig schwer. Einmal gelang es mit Hängen und Würgen, dann noch mal negativ, von unten in den Stand. Da haben wir was zu üben, die Begründung war, für Cali nützt es bestimmt total. Abschließend Sauna und Shake, heim Mittag kochen, die Begründung war, ich hatte noch angerissenen Reibekäse, da musste ich. Nudeln, Oliven, getrocknete Tomaten in Öl, viel Käse. Ich war satt und zufrieden. Pause, Lesen, wieder eine Kant-Geschichte, wieder gut. Kaffee, der Rest vom Gesternkuchen, ein großer Rest, schon wieder das Abendbrot gespart. Da viel Quark im Teig war, verbuche ich das unter gesunder Ernährung. Der Rest der Zeit ist so verläppert, am Rechner, am Handy, Videos von den Enkeln, das Sprechen wird mehr und vielfältiger, dazu die konzentrierten Gesichter, wenn sie was erzählen oder auf Fragen antworten. Die Kleinen machen mich froh. Jetzt ist das hier fertig, noch bisschen vorbereiten für morgen, Frühschicht, der Wecker klingelt zu unanständiger Zeit.

Dienstag, 5. 4. 2022

Die Lücke von gestern ist schnell erklärt. Frühschicht, Hauskram und Post, Kurs am Tower, Zeugs für den nächsten Tag vorbereiten. Da war keine Viertelstunde Luft. Dieselbe Erklärung für heut für gewisse Knappheit. Nach der Arbeit ein Besuch beim Orthopäden, meiner fiel aus wegen Corona, ein anderer hat das in zwei Minuten geklärt. Noch ein Rezept für Einlegesohlen nach einem Blick auf die Röntgenbilder, na immerhin, mit einer neuen Erklärung vor dem selben Bild. Ob es da den persönlichen Auswertblick gibt? Nun ja, auf dem Rückweg ging es durch den Bäcker, das hat mich beruhigt. Ein Einkauf, ich hab ein paar Vorräte ergänzt, Nudeln und Soßen, Eintöpfe, alles haltbar und so für meine schnelle Küche geeignet. Ich war so zeitig fertig damit, bei Anrufversuchen bin ich gescheitert, so war Zeit für das Studio. Neue Geräte waren da, Tanita wartete damit, wir wollten probieren. Handstandgriffe, ich muss es heimlich üben, da fehlt mir allerhand Gottvertrauen, soll heißen, ein Klemmer sitzt im Kopf. Mit den Haken für Überkopfhänger-Bauchaufzüge ging es besser, die kannte ich schon in einer ähnlichen Variante. Da ist wieder Luft zum trainieren, neue Aufgaben.
Beim Lesen: Die Kant-Erzählungen hab ich fertig, und alle fünf waren sie ein großes Lesevergnügen. Er nimmt irgendeine Alltäglichkeit und fabuliert eine denkbare Geschichte drumrum, kleine Überraschungen und die schlüssige Sprache machen sofort neugierig. Ich glaube, man wird Kant neu bewerten müssen, die Qualität seines Werkes überstrahlt irgendwelche den Scheißumständen geschuldeten Schlampereien im ostdeutschen Schreibermillieu, das ist ähnlich wie bei Anna Seghers.

Mittwoch,6. 4. 2022

Die Corona-Regeln sind fast alle weggefallen, seit Montag schon. Im Studio bin ich aus lauter Gewohnheit noch mit Maske rein, fast niemand hatte eine auf, so dass ich mir komisch vorkam. Auch am Dienstag, beim Einkaufen hab ich auf dem Weg vom Parkhaus zum Supermarkt nach der Maske gefummelt, dann gesehen, es laufen Leute ohne, wollte es probieren. Erwartete, angemault zu werden, da war nichts, ich ging mit meinem ganzen sichtbaren Gesicht unter die Menschen. Da gab es viele, die unter der Maske steckten, zumindest war keine gegenseitige Kontrolle spürbar. Ich fand es total angenehm, ohne zu sein. Heut zum Feierabend hatte ich in der Stadt zu tun, ging beim Bäcker ohne rein, es war in Ordnung. Überall sind die Hinweisschilder weg, der Prozess sich zu gewöhnen geht so rum schneller als sich beim Einstieg mit Maskentragen und beschlagener Brille zu arrangieren.
Auf Arbeit gibt es seltsame Verknotungen im Materialfluss, bei uns kommt wenig an, im Arbeitsgang danach staut es. Eigentlich komisch. Buchhalterische Finessen einerseits, schlechte Organisation andererseits? Das weiß ich ja nicht, wenn wir nachfragen, gibt es so mulmige Erklärungen und ganz neu ist das Problem nicht. Mir ist es nicht mehr so wichtig.
Beim Lesen bin ich auf Solschenizyn gestoßen, eine Erzählung, "Matrjonas Hof". Ein schmales Werk von großer erzählerischer Kraft, die Übersetzung ist gut. Ein Zeitbild, ländliche Gegend um 1963, ein ehemals Einsitzender darf als Dorflehrer arbeiten, wenn er keine Ansprüche stellt. Tut er nicht, er beschreibt sein Unterkommen auf dem Hof, wohnt da mit der übriggebliebenen Bäuerin in einer Stube unter ärmlichsten Bedingungen. Die Mühsal, das Leben am Laufen zu halten, nicht zu erfrieren, zu verhungern wird einfach und genau beschrieben, konkrete Arbeiten, Heizmaterial zu sammeln oder Beeren, die ewig langen Wege zum Amt, zum Einkaufen machen klar, für persönliches blieb keine Zeit, Kraft. Dringend zu lesen, weil literarisch auch noch von hoher Schönheit.

Donnerstag, 7. 4. 2022

Schwieriger Tag, die Müdigkeit weitet sich aus. Die Frühschicht ging gut rum, nicht allzu viel zu tun, und ich hab mir von einem Kollegen sein neues Tattoo erklären lassen, er hat sich Odin auf dem Unterarm abbilden lassen. Germanische Gottheit, den Namen hatte ich noch ganz hinten im Kopf, als Jugendlicher hab ich mal was gelesen über die Göttergeschichten der Germanen und Wikinger. Es war mir zu grob, zu gewalttätig, ich kannte da schon die griechische Mythologie, die ist so schön elegant, so menschlich, so vertraut, da hatten Odin und Edda und Thor keine Chance.
Zum Feierabend nach dem Tiefschlaf auf der Heimfahrt im guten Bus war ich so frisch, da wollte ich mir den Drucker holen. Zweiter Versuch. Bin zum Saturn nach Tübingen, kaum Drucker da, hab jetzt so was schickes von Epson gekauft, teuer und mit großen Patronen und über Handy und App zu steuern. Bin neugierig, ob ich das schaffe. Wo ich schon unterwegs war, bin ich mal in einen Tübinger Bäcker, naja, hätte einen weiter fahren sollen. Zu Hause hab ich mich dem neuen Medikamentenplan gewidmet, und einen Beipackzettel entfaltet, der war größer als mein Küchentisch. Nach dem ich die ersten zwei möglichen Nebenwirkungen kapiert habe, hörte ich auf zu lesen, stellte das ursprüngliche Format durch Faltung wieder her und hab mal die erste Ration eingeworfen. Dann bin ich schnell zum Sport, ich dachte, wenn es ganz schlimm kommt, findet mich da jemand. Siggis Bauchkurs ging gut durch, war anstrengend, danach hab ich ein bisschen Rücken angehängt, duschen, zu Hause Abendbrot, Schicht morgen vorbereiten, bisher bin ich in Ordnung. Morgen gibt es Muskelkater im Bauch, das ist eine Nebenwirkung von Siggi. Aus naher Ferne blinzelt schon das Wochenende.

Freitag, 8. 4. 2022

Geschafft, die Frühschichtwoche ist erledigt, ein langes Wochenende steht ins Haus. Ausschlafen, sich ein bisschen hängen lassen, ein paar Dinge erledigen. Die Arbeit ging gut, ich habe eine Anlage umgerüstet und die hat mich auf Anhieb verstanden und gemacht, was sie sollte. Zum Mittag bin ich in die Kantine, es gab Flammkuchen, sehr lecker, und einen Nachtisch, irgend eine süße Quarkspeise mit einem kleinen Schwupp Eierlikör. Da ich seit ewigen Zeiten keinen Alkohol konsumiert habe, hatt ich fast einen Rausch, ich fühlte mich recht albern. Hab mich durch die letzte Messrunde gekichert, zur Belustigung meiner Kollegen. Die Heimfahrt hab ich gar nicht gemerkt, bin auf dem Parkplatz zum Aussteigen geweckt worden. Stadtgang, u. a. Bücherschrank, ein Remarque, ein Updike, und Oliver Twist, den hab ich nur als Film gesehen. Ein wenig kramern zu Hause, dann zum Spinningkurs. Gut geschwitzt, gut geradelt, alles im grünen Bereich. Beim Umziehen hinterher ins Gespräch gekommen, über Fernsehen und Radiohören, hab mich als seltsam erlebt, mein Gegenüber lebt in einer ganz anderen Welt. Bzw. ich, ich kannte alles, was er aufzählte, er kannte nichts, was ich erwähnte. Hab gar nicht gemerkt, das ich soweit rausgetrieben bin.

Samstag, 9. 4. 2022

An den Vormittag musste ich einen Haken machen, soll heißen, der verging mit Schlafen, dem Fühstück, da hab ich mich an Dickens Oliver Twist festgelesen und weiß jetzt, warum er nicht vergessen worden ist. Er bringt ein Zeitbild aus dem England um 1833, die Frühindustriealisierung bringt u. a. eine völlige Verarmung großer Teile der Bevölkerung, beschreibt es empathisch in der Erzählung um den Waisenjungen Oliver Twist. Man kann in die Wohnumstände, den Hunger und die totale Persperktivlosigkeit und die daraus resultierende sittliche Verrohung der handelnden Personen exemplarisch reinschauen, das, was man im Geschichtsunterricht mal gehört hat, bekommt hier eine konkrete und nachvollziehbare Darstellung. Ich finde, im Film geht das unter, hier im Buch wird es sehr deutlich.
Mittag gab es beim Chinesen, dann wollte ich weiterlesen, sah vorher zum Glück meinen Plan, ich hätte alles vergessen. So war ich einkaufen und musste in der Küche klar Schiff machen, Obst waschen, Ingwer schälen, einen Frostkuchen ließ ich draußen. Sport kam dran, ich war rechtzeitig da, kam durch den Plan, Brust und Bizeps. Für die Sauna reichte es gerade noch. Zu Hause, mein Kuchen war zwar noch ziemlich kühl, fast wie beim Bäcker aus der Kühltheke, ging aber gut. Lidlkuchen, Kirsch auf Pudding unter Streusel, damit kriegt man mich. Den Rest der Zeit verlas ich und stelle fest, so eine Frühschichtwoche stecke ich nicht mehr so einfach weg, brauche etwas Zeit für Erholung. Nun ja, die paar Jahre wird es noch reichen. So ist von meinem Zettel nicht viel zu streichen gewesen, es bleibt mir für morgen. Mit listigem Blick hab ich schon gesehen, was unbedingt gemacht werden muss und wo ich schieben kann. Da werd ich glatt zur Mogelpackung, bzw. ich merke, dass ich meinen Maßstab aus vergangenen Zeiten nicht so lassen kann. Das ist jetzt eine Auseinandersetzung mit dem Älterwerden.

Sonntag, 10. 4. 2022

Da ich ausschlafen wollte, ging es wieder recht spät los. Das Buch tat ein Übriges, so dass ich wieder von einem geringfügigen Tageswerk berichten kann. Was aber wurscht ist. Lesen voller Lust, es fehlt nicht mehr viel am Twist. Telefonieren, ein paar Kontakte sollte ich halten, um nicht ganz komisch zu werden. Genauso die Kommunikation per Whats App. Gekocht hab ich selbst, da entstanden herrlich gebutterte Nudeln mit einer Gemüsebolognese unter Parmesan. Beim Sport war ich, kam einigermaßen durch und hab mir sagen lassen, ich solle mehr essen, ein Kalorienüberschuss sei wesentlich bei Zuwächsen. Das wird nicht einfach, ich ess, bis ich satt bin, dann hör ich auf. Muss es mit Shakes versuchen, Eiweiß und Kohlehydrate sollen rein.  Nach dem Training hab ich daheim extra viel Kuchen gegessen, was ging. Einen Abendspaziergang gab es, die Amseln saßen oben und flöteten die Sonne an.
Eine Bemerkung noch zum Lesen: Ich sitze also, les und les und blättere um. Es sind ja gebrauchte Bücher, letztens fand ich in einem anderen kleine pornographische Kritzelein, das hat mich belustigt. Heut war es ein gepresstes, trockenes vierblättriges Kleeblatt auf Seite 183, bestimmt hab ich in nächster Zeit allerhand Glück.

Montag, 11. 4. 2022

Der Tag vor der Nachtschicht, bissle ausschlafen, kleines Programm, nicht nichts. Lesen, Oliver Twist kam zu einem guten Ende, klar muss man einrechnen, wann das Buch entstand, so romantisch gutherzig war die Welt noch nie. Man hat damals so geschrieben, das jeden sein gerechtes Ende treffen soll. Im Robinson ist das so, in der Schatzinsel, trotzdem sind das Bücher, in denen ganz viel Konkretes aus den Verhältnissen für uns sichtbar wird, da kann ich drüber hinwegsehen, dass Oliver von edler Herkunft ist und deswegen so ein guter Jung sein soll. Den Drucker hab ich zum Drucken gebracht, ehe der mit allem zufrieden war, hat es gedauert. Treiber fehlten, die Handhabung auf einer kleinen schematischen Darstellung ließ so was weg, auch die Einrichtung der Verbindung zu Handy und Rechner, fröhliches Ausprobieren. Am Ende konnte ich vom Rechner aus einen Ausdruck starten, als es im Drucker zu rappeln anfing, war ich ganz im Glück. Das hat tatsächlich so viel Zeit gekostet, da war ich nicht beim Sport. Wahrscheinlich wäre ich sowieso nur mit dem Rad durchgekommen, den ganzen Tag war auf der Straße vor meinem Fenster StopandGo-Verkehr in eine Richtung. Eine große Umfahrung ist gesperrt für drei Wochen, kein guter Zustand. Wer da alle Tage durch muss, braucht gute Nerven.
Mit einer guten Musik bin ich zeitweise ausgestiegen, diesmal Led Zeppelin mit einer ihrer Platten, 1976 erschienen, die Jungs haben wirklich alles anders gemacht als je zuvor, sie haben von sich gesungen, von ihrem InderWeltsein, die ganze scheinheilige Eiapopeiaschlagerwelt links liegen lassen, wo sie hingehört und zack, Millionen junger Menschen haben beseelt mitgesungen. Es erschließt sich sofort beim Hören, warum.

 Led Zeppelin "Presence"   https://www.youtube.com/watch?v=zi2D4c5TX-I&list=WL&index=25

Dienstag, 12. 4. 2022

Zur Nachtschicht bin ich mit dem Rad zum Bus, es war warm, morgens heimzu dagegen war es eisekalt, fast sind mir die Ohren vom Kopf gefroren. Ich war froh, als es im Bett wärmer wurde. Nach dem Schlafen beim Lesefrühstück nach dem Mittag hab ich mich ein wenig erregt, oder belustigt. Brief an D., von Andre Gorz hat ein paar wundervolle Sequenzen, die er seine Hauptfigur an seine Frau schreiben lässt, aber in der Hauptsache beschäftigt er sich mit sich selbst, erklärt, rechtfertigt, da kommt er so unter Druck mit sich selbst, dass die Liebe ins Vergessen gerät. Die Hälfte hab ich, bin gespannt, ob er rauskommt aus seiner Selbstbeschauung. Ist die Liebe so? Dann kann ich allein bleiben, muss mir meine Außenwirkung ab und an bestätigen lassen. Bei Romeo und Julia klingt das anders.
Im Studio war ich rechtzeitig, mein Trainingsplaner war auch da und mir ein Stück voraus beim Brust-Bizepssplit, so dass ich ihm fast durch alle Übungen folgte. Keine gute Konstellation, ich sehe die Gewichte, die er nimmt, oje, denk ich. Egal, es war wieder warm, schön draußen, hab mir gen Ende die Gewichte mit raus genommen und anschließend noch was am Tower gemacht. Aroundtheworld heißt die eine Übung, Dragonflag die andere, das sind mal schöne Bezeichnungen. In den Pausen gab es Volleyball zu sehen.
Zum Ukrainekrieg: Anscheinend gibt es ein Handbuch der staatlichen oder militärischen Führung der Russen, dass die Ukrainer alle Nazis seien, da sie sich der Heimholung widersetzten. Deswegen kann man vernichten und zerstören. Der Nazibegriff hat nichts mit der bisher und uns bekannten Bedeutung zu tun, sondern dient quasi per Festlegung der Begründung zum Krieg. Da die russischen Medien mittlerweile gleichgeschaltet oder verboten sind, kommt in der Bevölkerung ausschließlich so gelenktes Zeugs an, so erklärt sich die immer noch große Unterstützung für Putin. So ließ ich es mir die NZZ erklären. Da ich dieses Medium für ein freies und seriöses halte, muss ich es wohl glauben, obwohl mir das so blöde vorkommt, dass ich es gar nicht wahrhaben will. Das wäre praktisch von Staats wegen eine Aufforderung zum Völkermord.

Mittwoch, 13. 4. 2022

Dieser Tag war bis hier nicht bemerkenswert, ich war konfus, abgelenkt vom Verkehrsgedöns vor meinem Fenster, es ist nicht nur so, dass da ständig Autos stehen, sondern die Atmosphäre ist gereizt, voller aggresiver Gestern, das schwappt, auch, wenn ich mich nicht drum kümmern will, bis zu mir rein. Nachmittags musste ich in die Stadt, hab das Rad genommen, aber selbst da ist kaum ein Durchkommen, und die vielen Verwünschungen durch überholte Autofahrer stell ich mir lieber gar nicht vor. Beim Lesen ging es entsprechend zu, ich habe mir einen Harry Mulisch rausgesucht, "Die Prozedur", er schreibt übers Schreiben, übers Schöpfen, soweit ich das auf den ersten Seiten verstanden habe. Zumindest bis zur Erkenntnis hat es gereicht, dass da richtige Gedanken enthalten sind. Wenn ich demnächst weiterlese, will ich mich hinter ein auf den Hof zeigendes Fenster setzen, um mir diese Verkehrsunruhe vom Leibe zu halten, wie es eben geht.
Mein neuer Drucker lässt sich vom Rechner aus ansteuern, er scheint das aber als Einbahnstraße zu betrachten und weiß noch nicht, wohin er Gescanntes schicken soll. Ich bin sicher, das kann ich ihm noch vermitteln, dass er hin und her kommunizieren darf, ja soll. Alles andere wäre ein asymmetrisches Verhältnis, etwa so, wie der Pfarrer von der Kanzel, wenig befriedigend für ein vollständiges InderWeltsein.

Donnerstag, 14. 4. 2022

Die nächsten Einlegesohlen für meine behinderten Füße waren fertig, ich bin mit dem Rad durch die Stadt, zu Fuß wäre es weit, mit dem Auto dauert es dreimal länger bei dieser Verkehrssituation. Durch den vergangenen Lockdown hab ich nicht mal richtig ordentliche Schuhe, jetzt sind die Einlagen in irgendwelchen, an die muss ich mich gewöhnen. Bei diesem Stadtgang führte die Strecke am Bücherschrank vorbei, heute ohne Ergebnis. Den Bäcker hab ich angehängt, mit Ergebnis. Heim durch die verstopfte Stadt, ich kann alle überholen, keine Kunst, die stehen. Sporttasche packen, wieder los, es ist überall so voll. Teilweise werden die Radwege so benutzt, dass Radfahrer nicht durchkommen, als ob der Autofahrer was davon hat, wenn ich auch warten muss. Meinen Rückensplit hab ich fast vollständig abgearbeitet, nebenher gab es einen Plausch mit einem Kollegen da, der mir immer einreden will, ich sei sein Vorbild. Diese Rolle hatte ich noch nicht, wir konnten uns dann auch anderweitig verständigen, ich find es gut, wenn man über was anderes reden kann als über Klimmzüge, und das ging vorzüglich.
Meine zweite Ration der neuen Medikamente hab ich geschluckt, versuche, nicht über die vielen möglichen Nebenwirkungen nachzudenken, merke aber, ich ziele mit meine Wahrnehmung nach innen, leicht hypochondrisch. Demnächst gehe ich zur Nachtschicht, da bin ich abgelenkt.

Freitag, 15. 4. 2022

Nach einem wuschigen Anfang, zwei mal weckte mich das Telefon, ich ließ es klingeln, schien mir die Sonne auf den Frühstückstisch und ins Gemüt. Kein Stau vor dem Fenster, nur wohlgemute Spaziergänger in allen Konstellationen. So hab ich stressfrei die ersten Verrichtungen geschafft, irgendwann wollte ich nicht mehr lesen, also zum Sport. Grad,als ich loswollte, klingelte es, das vor vier Wochen gekaufte Bild kam mir ins Haus. Wundervolles Bild, von wundervoller Malerin gebracht, wir werden uns demnächst auf einen Plausch und Austausch treffen. Im Studio bin ich gut durch den Plan gekommen, habe draußen am Tower noch was angehängt, hab die letzten zehn Saunaminuten erwischt und bin zufrieden heim. Traf unterwegs einen Sportkollegen aus meinen Anfangstagen, wir kennen uns 25 Jahre. Und sind beide noch aktiv, wir haben uns das gegenseitig angesehen. Zu Hause gab es Kaffee und sogar ein süßes Stückle, ich war noch kribbelig. Das Wetter war so schön, der blasse Vollmond war schon da, ich wollte raus. So bin ich mit dem Fahrrad nach Bühl, in der Abendsonne unter Lerchengesang, zum Bücherschrank. Siehe da, ich nahm mit: Fremdwörterbücher, zwei, Sinn- und sachverwandtes Wörterbuch, eins, dick und schwer, ich redete mir gut zu, es sei nützlich für mein Dasein als Schreibender. Dazu ein langgesuchtes Buch, Dan Brown, Diabolus, da hab ich die englische Ausgabe hier und wollte mich bilden durch Parallellesen, mal sehen, ob das klappt. Ein Sachbuch, "Was auf uns lebt", den Titel fand ich so erheiternd, musste ich einstecken. Ein Roald Dahl, ungewöhnliche Geschichten, schreibt er auch was anderes? Zwei Romane, auf Verdacht. die Heimfahrt auf der leeren Straße im duftenden Frühlingsblütenwind am Sonnenuntergang entlang. Beim Auspacken nochmal die Freude über die Bücher, beim Bildauspacken wurde Euphorie draus.

Samstag, 16. 4. 2022

Mein Tag war ganz harmlos, ich war einkaufen, beim Sport, und gelesen hab ich auch ein bisschen. Am Rechner ging ein wenig Zeit verloren, da hab ich gedaddelt. Sinnlos, aber entspannend.
In den Nachrichten: Berichte von Ostermärschen, ich hab das gelesen und fing an, über meine Position nachzudenken. Hab ich eine? Als ich zur Musterung bestellt wurde, das war 1979 in Dresden, hab ich den Dienst ohne Waffe angewählt, musste die üblichen Auseinandersetzungen durchmachen mit irgendwelchen fantasielosen Politkommisaren, die mich immer fragten, wie ich reagieren würde, wollte jemand meine Freundin erschießen, und ich hätte eine Waffe. Darauf waren wir aber vorbereitet und haben alles mögliche erzählt, egal, wie dumm das war. Ich hätte also vom "Du sollst nicht töten" angefangen, aber das wollte der nicht hören, es war schnell zu Ende. Später, nach der Wende fand ich die Abrüstung gut, wie viele dachte ich, jetzt gerät die Welt auf einen guten Weg. Der immerdauernde Konflikt in Israel machte für mich klar, mit Waffen und mit Gewalt löst man es nicht. Erst der Jugoslawienkrieg erschütterte mein Weltbild, ich erlebte Joschka Fischer, wie er für eine Beteiligung an der Konfliktlösung dort warb, eine bewaffnete Lösung. Ich bin seiner Argumentation dort gefolgt, habe für mich allerdings so achselzuckend festgelegt, damit will ich nichts zu tun haben, die Konsequenz wollte ich tragen, und ich wollte es nicht mehr für die Welt festlegen. Ich weiß nicht, wie meine Position im dritten Reich ausgesehen hätte, man hätte fortgehen müssen. Haben manche gemacht. Nun will Russlands Führung ihre Weltsicht mit Gewalt verbreiten, ich merke, ich bin dagegen, finde die Unterstützung für die Ukraine völlig in Ordnung, hab selber was in die Unterstützung von ukrainischen Flüchtlingen gegeben. Mit meinem ganzen Dasein will ich, dass Putin rausfliegt aus der Ukraine, will auch nicht meckern, wenn mein Leben deswegen mehr kostet an der Tankstelle oder beim Heizen. Ich will es nicht mehr, dass irgendein Herrscher bestimmen darf, was seine Untertanen und andere, die ihn garantiert nicht eingeladen haben, denken, machen dürfen. Da haben wir hier erfolgreich die Kirche säkularisiert, jetzt kommt so ein Putin und spielt beleidigte Leberwurst. Macht Schäden, die sind so groß, so unverhältnismäßig zu seinem kleinen Dasein.
Denke aber trotzdem, es wäre besser, zu Russland alles dicht zu machen, keine Geschäfte mehr, kein Austausch, kein Gas, kein Öl mehr, das müsste schnell zu solchen wirtschaftlichen Konsequenzen führen, dass vielleicht die Russen anfangen zu meutern. So wäre es mir am liebsten, aber ich habe keine Ahnung von den Auswirkungen ringsum. Deswegen handele ich das hier so leise ab.

Sonntag, 17. 4. 2022

Ein Sonnenscheinsanfterfrühlingsfeiertag, wie aus dem Bilderbuch. Ich kam gut in die Gänge, hab den Zweiwochenputz, den lästigen eingeschoben, Ostern hin, Ostern her. Auf meinem Zettel stand allerhand, es ist nicht alles erledigt, aber mehr, als ich mir selbst zugetraut hatte. Der Sport fand in ganz leerem Studio statt, in der ganzen Zeit waren keine zehn Leute da, ich hab Bauch und Beine und den Arsch mürbe gemacht, da ich ewig nicht im Kurs war, wo das sonst dran kommt. Draußen spielte eine Hobby-Gang Volleyball, zwischenrein kam einer der Buben an den Tower und führte geschwind seinen Kumpels eine Humanflag vor, es sah ganz leicht bei ihm aus. Bei den andern ging es nicht, ich dachte schon, sie kommen in Serie. Der Abend war immer noch so schön, bin ich wieder raus, spazieren. Zwei Stunden ins Weggental hinter, da ich grad gar nicht laufe, habe ich das Gefühl, den Frühling, das Blühen kompett zu verpassen. So konnte ich ein wenig aufholen, die Quitte, die Traubenhyazynthen, Vergissmeinnicht und Mahonie konnte ich grüßen.

Montag, 18. 4. 2022

Erster Satz wie gestern. Wenig zu berichten vom Vormittag, gelesen. Mittags hab ich mir was gegönnt, selbstgerührten Quarkauflauf mit Pfirsich als Unterlage, das hab ich als ein süßes Mittagessen genossen, wo soll nur das hinführen. Wieder gelesen. Ins Studio, genug Zeit für den Rückensplit und einen Schwätz mit Tanita, die selber trainiert hat. Sie hat so ein anstrengendes Tabata durchgezogen, da kam ich beim Zuschauen ins Hecheln. Hintendran die Sauna, zu Hause einen Kaffee und den Rest vom Mittag. Ein Spaziergang in den Abend, am Neckar entlang Richtung Kiebingen dort über die Brücke und der Sonne nach zurück. Unterwegs fand ich zauberhafte gescheckte Taubnessel, das Goldwindröschen, die Himmelschlüssel, davon eine riesige Wiese voll.

Die Bilder sind nicht besonders gut, es fehlte schon an Licht.

Und einen Acker fand ich, den kann man als Bilderrätsel sehen. Ich hab keine Ahnung, warum das so aussieht und was drunter ist, bzw. demnächst rauswachsen soll. Es ist meines Erachtens redliche Fußarbeit, wenn jemand was weiß drüber, bitte ich um eine Rückmeldung.

Morgen ist wieder Alltag, Arbeit, auch nicht schlimm. In einer Statusmeldung fand ich den Bescheid: Ostern heißt Zuversicht - für alle. Da ist jemand seiner Sache ziemlich sicher.
Das Buch von Harry Mulisch hab ich fertig, ein großer Lesespaß. Es wird auf verschlungenen Wegen zu einem nach und nach erwartbarem Ende geführt, am Anfang dachte ich, es geht um das Schreiben, es geht um´s ganze Leben, um Erfolg und Niederlagen, um eigenes Versagen und auch um die Eingebundenheit in seine familiäre und soziale Vorbestimmtheit, der freie Mensch agiert doch in vielen Begrenzungen, manchmal kommt man raus an einzelnen Stellen, andere sind fest. Mit sich dabei umzugehen, sich das alles ins Bewusstsein zu lassen und trotzdem einen eigenen Willen zu entwickeln, überhaupt sich entwickeln, das wird exemplarisch vorgeführt und durchgespielt, oft erkannte ich wieder. Leseempfehlung.

Dienstag, 19. 4. 2022

Das ging gut los. Kurz nach acht war ich im Studio, der Vormittagskurs functional training findet zu solch doofer Zeit statt. Die Sonne schien, der Kurs war draußen am Tower, und er war gut. Ein neues Gerät gab es, einen Endlosseilzug mit unterschiedlichen Belastungsstufen, das hat richtig angestrengt. Und dann hab ich mir ein Herz gefasst, ich war das erste Mal seit einem Vierteljahr laufen. Wollte es probieren. Die Füße sind ganz unproblematisch, auch wenn es noch drin surmelt, es ist als wäre sehr sprudeliges Wasser in all den kleinen Vorderfußgelenken. Ich hab die Stimme der Vernunft nicht ignoriert und bin nur reichlich vier Kilometer gegangen, früher hätte ich dafür nicht die Schuhe geschnürt. Es ging gut, war deutlich zu merken, das ich  grad kein Läufer bin, aber durch die grünenden Felder, an den losblühenden Apfel- und Birnenbäumen entlang und durch die verschiedenen Düfte war ich wie im Glück, das hat mir gefehlt. Jetzt ist meine Hoffnung, dass die Füße nicht an Revolte denken, dass ich entsprechend vorsichtig mich an die normalen Strecken ranarbeite
Duschen, heim, ein wenig Amtskram, Telefoniererei, was futtern, und los zum Bus. Der Rumpelbus wird immer schlechter, drei Sitze hab ich ausprobiert, es fehlt der Hebel zum Lehne verstellen, oder er tut nicht, die Klimaanlage ist mausetot, wie soll das im Sommer gehen. Auf Arbeit waren wir Minimalbesetzung, ich war verborgt und Chef in der Reihe, alles, was anfiel, konnte ich. Die ganze Woche wird so werden.

Mittwoch, 20. 4. 2022

Im Laufe dieses Tages entstand mir ein kleiner Muskelkater von dem Läufchen gestern. Da muss ich mich doch sehr wundern. Das Abbauen von Leistungsfähigkeiten erfolgt anscheinend konsequent, wenn man da Lücken lässt. Ob das im Kopf auch so zugeht? Drei Tage nichts gedacht, und schon wird es anstrengend? Du liebe Zeit, alt werden ist kein Spaß.
Vormittags hab ich den Spinningkurs geschafft , 65 Minuten, 35 km wurden angezeigt. Wir sind lange im roten Bereich gefahren, entweder schnell oder schwer. Am Haushalt war einiges zu richten, geradeso alles geschafft, dann zum Bus. Höhepunkt auf Arbeit war die Kantine, es gab grünes Linsencurry auf Reis, sehr lecker.  Ein Kollege hat mich auf den Geburtstag hingewiesen, ich kam nicht klar, es ging um Adolf. Da hab ich mich belästigt gefühlt. In diesem Millieu ist das anscheinend akzeptiertes Revoluzzertum, kleine Provokation, nicht sonderlich ernst gemeint, aber eben doch der Versuch zu sticheln oder Einverständnis anzutesten. Nicht meine Welt.
Von Corona hört man grad nichts schlimmes, obwohl es viele Krankmeldungen deswegen gibt. Die meisten kommen schnell, nach den zehn Tagen wieder, aber immer wieder höre ich von Einzelnen, die es richtig flachlegt, die länger brauchen, wieder in Gang zu kommen. Hoffentlich ist nach dem Sommer nicht neues Drama deswegen.

Donnerstag, keine Lust heut, auch nix erlebt.

Freitag, 22. 4. 2022

Im Radio läuft auf SWR2 eine Sendung zum 100. Geburtstag von Charles Mingus, vier Stunden über einen der größten Kontrabassspieler, Bandleader und Komponisten der Jazzgeschichte. Zum Glück ist alles in der Mediathek gelandet, ich kann es nachhören. Ich habe ein paar CDs von Mingus, schätze sein feinnerviges Spiel, seine aufregenden Kompositionen seit vielen Jahren. Er hinterließ eine Stiftung, in der junge Musiker lernen können, einer der Marsalisbrüder war da.
Auf Arbeit war es gediegen ruhig, wir sind in Mindestbesetzung am Start, das dünnt sich aus in Richtung Feierabend. Ich hatte Glück, in meiner Reihe, verborgt, lief alles glatt und fast ohne Störung durch.
Vormittags war ich im Studio, hab den Plan brav abgearbeitet, bin auch fertig geworden, nur für die Sauna reichte es nicht.
Lesen: Edgar Hilsenrath, "Das Märchen vom letzten Gedanken", ein Buch von 1989 über den Völkermord der Türken 1915 an den Armeniern. Franz Werfel hatte "Die 40 Tage des Musa Dagh", 1933 vollendet, dieses Buch ist philosophischer, poetischer, und in Sequenzen verblüffend aktuell. Die Begründung der Türken für ihr Vorgehen gegen die Armenier liest sich wie die Begründung Putins für seinen Krieg, ich habe erst das erste Drittel, bin aber sehr beeindruckt.

Samstag, 23. 4. 2022

Es war mir wie immer, wenn der Druck nachlässt, eine Zeitlücke sich ankündigt, es ging schon gestern abend los mit gewisser Lumperei. So bin ich in der Gewissheit ausschlafen zu können vor dem Rechner hängen geblieben wie der Hasi vor der Schlange. Nur noch dies geschaut und jenes angeklickt, da vergehen immer nur ein paar Minuten, am Ende bin ich so spät, eher früh ins Bett, dass an pünktliches Aufstehen gar nicht zu denken war. Es ging von der Zeit her noch, um neun saß ich müde am Frühstück, aber so ein Defizit beim Schlafen macht mich langsam und unkonzentriert. Es war richtig zum Lachen, wenn es mir denn aufgefallen ist, lustlos hab ich mich an mein Programm gemacht, und jede Gelegenheit genutzt, mal hier mal da zu schauen, wachsen die Blümchen, sind sie feucht genug, oder hängen Blätter, sind Läuse zu sehen, kommen Knospen. Das waren jetzt mal nur die Pflänzchen, auf diese Weise lässt sich Verzögerung ausdehnen, dass der Tag schneller rum ist, als was gedacht wurde. Es scheint das meine Falle zu sein, in die ich mit solcher Konsequenz reintappe, würde es was nützen, wäre ich erfolgsverwöhnt. Tut es aber nicht. Als ich mir irgendwann trödelnd zu Bewusstsein kam, ging es doch noch los. Selbstgefummeltes Mittag, liegengebliebene Post, ein paar Vorbereitungen für morgen, ins Studio. Gerade genug Zeit gehabt, einmal durch mein Programm zu kommen, in die Sauna zu gehen. Hinterher war mir nach Rausgehen, ich bin zur Altstadtkapelle hoch über die Stadt gelaufen in den friedlichen Abendhimmel hinein, durch viele Düfte, die Traubenkirsche ist ganz auffällig. Am Ende hab ich die Tagesbillanz irgendwie noch ansehnlich hinbekommen, und die wichtigste Aufgabe wäre, nicht wieder zu lange blöde vorm Bildschirm rumzutrödeln.

Sonntag, 24. 4. 2022

Ortswechsel, Bad Reichenhall. Morgens das Ritual, alles vorbereiten und einpacken, losfahren, es ging perfekt durch. Die andere Richtung war schrecklich anzusehen, kilometerweise Stillstand, Ferienrückkehrer, ich hatte Glück. Sollte etwas eher als sonst ankommen, um Sarah und Paul vom Zug abzuholen, die waren auf Reisen. Ich kam also gut an, konnte mit den Großen kurz warm werden, nach kurzem Innehalten haben sie mich als den Michelopa wieder akzeptiert. Es geht bei den beiden so schnell vorwärts, kaum war ich paar Wochen nicht da, komm ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Sie sprechen so lustig, immer mehr, und in konzentrierten Kurzformen, nur das nötigste, aber eben immer das wichtigste. Da kommen so Zwei- und Dreiwortsätze raus, die gut zu verstehen sind und alles beinhalten. Den Bahnhof im nächsten Ort hab ich gefunden, Sarah und der schlafende Paul kamen pünktlich an, es ging alles gut. Beim Einparken hab ich nach dem Baum geschaut, damit wir den großen Rucksack vom Vordersitz rauskriegen, na gut, die hintere Tür ging nicht auf, Paul hätte im Auto bleiben müssen, nein, ich musste umparken. Vor dem Abendprogramm hatten wir noch eine Spielstunde, es entstanden perfekte Turmstädte aus Legoklötzern und zwei Kartons zum Durchlaufen wurden bemalt und bestiegen, bis sie zerstört zusammenklappten.
Jetzt hock ich in meinem Quartier, ziemlich kühl diesmal, hab genug dabei zum drüberziehen, versuch hier was zu schreiben, nebenher läuft der erste Teil der Sendung über Charlie Mingus. Die Musik ist so voller Energie, so komplex und so mit Schmackes akzentuiert, es tut wie im Flipperautomat, zwischenrein kommen Lesestücke aus seinem Lebensweg und Erinnerungen von Weggefährten. Das ist so spannend, das ich dauernd aufhören muss, irgendwas zu schreiben. Der Vorteil dieser Sendungen auf SWR2 ist, das man Erklärungen und Einordnungen bekommt, dadurch schnell zum kundigeren Hörer wird. Ich würde diese Sendung, sie ist noch eine Weile in der Mediathek, dringend empfehlen, man bekommt so was Gediegenes nicht so schnell wieder auf die Ohren und ins Hirn.

Montag, 25. 4. 2022

Vormittags waren die Großen in der Kita, ich hab ein paar Kleinigkeiten erledigt, die sonst liegenbleiben, und mit Paul gehutschert. Im Vergleich zu den Zwillingen ist er nach zehn Wochen riesig, so dass ich gar nicht ängstlich sein muss, ihn umherzutragen. Mittags gab es Selbstgekochtes, lecker angebratenen Paprika und Kartoffelmus und Falaffel, für so viele Esser lohnt es sich. Nachmittags haben wir erst lustig gespielt, diesmal mit Holzklötzern, herrliches Gepolter, wenn alles umfällt. Dann sind wir raus, die Zwillinge auf Dreirädern zum schieben, einen langen Weg zum Sportstudio gemacht, so konnte ich mich gleich anmelden, rückzu war ausgiebig Kletterzeit auf dem Stadthof. Eigentlich sind es nur zwei hohe Stufen, paar Steine und paar Feuerwanzen, aber wir hatten unsern Spaß. Wir haben das Hüpfen probiert, vorgeführt, geübt und in vielen Varianten nachgemacht. Die Kinder haben Lust, neues auszuprobieren, und da gibt es jede Menge. Außerdem mussten wir die Steine, kleine Kiesel, auf korrekte Häufchen auf der oberen Stufe hinsortieren, wenn da was runterfiel, war zwei hohe Stufen dazwischen. Abends hab ich mit gefüttert, Pauli die Flasche gegeben, ein Kind gewickelt, und bin als zufriedener Großvater zum Sport gegangen. Es war voll im Studio, ich habe das hier noch nie so erlebt, vielleicht, weil die Coronamaßnahmen alle weg sind. Es ging gut durch mein Programm, es gibt hier andere Geräte, ich muss etwas variieren. Angenehm ausgepowert sitze ich jetzt vor dem Rechner, mach es fertig und will ins Bett.

Dienstag, 26. 4. 2022

Es ging ähnlich zu wie gestern, ein paar kleine Reparaturen am Vormittag, manchmal mit Paul durch die Gegend, wenn ihm der Bauch drückt. Mittags kamen fröhliche Kinder heim, wir haben putzige Türme gebaut, da wir nicht rauskonnten, es regnete heftig. Mit Knete haben wir gespielt, Bälle machen und kleine und große Schlangen waren schnell geformt, dazu musste erzählt werden. Baden am Abend, ich war der Föhnmeister und hab ihnen flauschige Frisuren drangezaubert. Abends war ich pünktlich im Studio, wieder voll, Warten auf freie Geräte, zum Glück kann ich genügend freie Alternativübungen einschieben.
Die Grünen und ihr Palmer, kam in den Nachrichten, sie wollen ihn ein Jahr ruhen lassen, ihn nicht unterstützen bei der nächsten Bürgermeisterwahl, weil er sich manchmal rüpelig äußert. Warum er das wider besseres Wissen immerzu macht, liegt wohl zum Teil an väterlichen Anlagen, vielleicht hat ihm die Mutter mitgegeben, dass er sich so schlecht beherrschen kann. Er hat sich nie verstellt, sicher auch nicht, als er bei den Grünen eintrat, er kann das gar nicht. Dabei spricht er inhaltlich oft korrekt, es hapert an der Form. Er lässt das politisch unauffällige Schönsprech weg. Und er ist ein erfolgreicher Oberbürgermeister, der seine Stadt mit eigenständiger Führungsarbeit durch den Coronamist brachte, weil er sich beraten ließ und gemeinsam mit Fachleuten über Lösungen nachgedacht hat. Warum seine Partei auf jede seiner Flapsigkeiten anspringt und beinahe in hysterisches Jaulen verfällt, bleibt mir ein Rätsel. Man könnte ihn auch intern ansprechen, ohne dass alle Medien aus dieser Muck Elefanten machen muss.
Noch mal aus den Nachrichten: Ich bin wirklich froh, dass die Franzosen ihren Chef behalten wollen, zumindest mehrheitlich, sonst wäre uns demnächst wohl Europa als Idee und auch konkret um die Ohren geflogen. UK geht es seit dem Brexit nicht überzeugend besser, die Schwierigkeiten, alles wieder kleinteilig bewegen zu wollen wären grauselig und große Ziele wären noch schwieriger erreichbar als jetzt schon.

Mittwoch, 27. 4. 2022

Alles, was war wie gestern, lasse ich weg, Höhepunkt war ein Spaziergang zum Kurpark. Die Zwillinge laufen gut, oft selber, selber machen ist eine wichtige Ansage geworden, man muss trotzdem sehr aufpassen, da ist der Verkehr, oder tiefe Pfützen, irgendwelcher Unrat, Hunde müssen umschifft werden. Es gibt lustige Rennspiele, Hüpfspiele, Fangspiele und alles muss erst gelernt werden. Und wir müssen auf zwei aufpassen. Das Sprechen entwickelt sich zu einer unaufhörlichen Beschallung, da sie immer mehr sagen können, tun sie das auch. Mit Wiederholschleifen, die wahrscheinlich niemals endeten, wenn nicht einer der Großen bestätigend nachspricht oder eben benennt. Weniger köstlich sind die Ausraster, aus Müdigkeit oder auch mal einfach so, da kommt ein Eigenwille zum Tragen, ich gebe dann am besten sofort an die Eltern ab, da ich das folgende Handling nicht beherrsche. Ich bin gespannt, wie sich das auflösen wird.

Donnerstag, 28. 4. 2022

Das war schon wieder der letzte Tag meines Besuches hier, morgen ist die Heimfahrt. Am Vormittag konnte ich in geduldiger Handarbeit den hölzernen Wasserhahn der Spielküche reparieren, dazu musste ich mit etwas Sandpapier einen runden Zapfen so in die Bohrung des Hahnes und des Untergrundes einpassen, dass er hält, sich drehen lässt, eben wie ein richtiger Hahn. Ich kam mir vor wie ein Arbeiter vor der Erfindung von Maschinen und Elektrik, war ganz stolz, als es gelang. Zwischenrein war immermal der Paul dran, wollte umher getragen werden, auch schön. Nachmittags, nachdem die Großen aus der Kita zurück waren, sich satt gegessen hatten, sind wir raus. Endlich Frühlingswetter, wir sind an eine Geröllkurve der Saalach spaziert, und die Kinder haben ganz ausdauernd mit großen und kleinen Steinen gespielt, geworfen, gestapelt und nassgemacht. Nach einer Stunde merkte Eva, dass die Hände wirklich eisekalt waren, da mussten wir abbrechen. Wir waren froh, kein Kind ist ins Wasser geplatscht, die Hosen waren noch fast trocken, in die Stiefel war kein Wasser gelaufen. Wir Großen haben aufgepasst wie die Schießhunde, wenn die Kinder sich für etwas interessierten, rannten sie einfach los, egal wie tief das Wasser da war. Die beiden hatten sich so verausgabt, sie kamen redlich müde zu Hause an, essen ging gerade noch, ich glaube, sie waren froh, als sie ins Bett konnten. so kam ich pünktlich zum Sport, hab noch mal unter Einheimischen trainiert, die ich kaum verstehe, wenn sie was sagen.
Beim Lesen: ich bin fast durch den Hilsenrath, er beschreibt die Vernichtung der in der Türkei lebenden Armenier 1915 aus der armenischen Binnensicht, bzw. er stellt die Vorgehensweise der türkischen Amtsträger und ihre gedankliche Begründung dieses ungeheuren Geschehens dar. Man muss sich, wenn man dies las, nicht wundern über den heutigen Umgang der Türken damit, es wird immer noch als Unrecht verleugnet, kleingeredet. Ich habe mich in der Vergangenheit über die seltsamen Kapriolen der türkischen Presse, des Parlaments, anderer Stimmen aus der Türkei gewundert, wenn dies Thema zur Sprache kam. Mein Eindruck ist, dieses Buch wurde als Reaktion auf den damaligen Umgang geschrieben, es erschien 1989, in großer Kenntnis der türkischen Haltung zu diesem Kapitel der Vergangenheit, wo Bewältigung verweigert wird, weiter geleugnet wird. So richtig ist man seitdem nicht weiter gekommen.

Freitag, 29. 4. 2022

Vormittags war mein Quartier zu räumen, es gab noch gut Zeit, mit Paul rumzuschäkern oder ihm einen Bauchkneifer wegzustreicheln. Irgendwann mittags bin ich auf die Strecke, es ging ganz gut durch, eine Umfahrung über Landstraßen war dabei, an der Stelle, wo es immer hakt, am Aichelberg. Zu Hause die Bude wieder in Betrieb nehmen, alles auspacken und verräumen, als ich keine Lust mehr hatte, bin ich in den Sportpark, in der Hoffnung, einen Platz in meinem Lieblingskurs zu bekommen, es hat geklappt. Eine richtig anstrengende Stunde am Tower unter Anleitung von unserem gewieftesten Trainer Olli, morgen werde ich manche Stellen an mir deutlich zu spüren bekommen. Hab mir in der Sauna den Ausgleich gegönnt, heimzu hab ich im Handelshof noch den Noteinkauf drangehängt, sonst würde ich nicht übers Wochenende kommen.

Samstag, 30. 4. 2022

Wenn ich ein Beispiel suchte, wie Zeit vergeht, würde ich den heutigen Tag als Beleg anführen. So richtig Ergebnis hab ich nicht vorzuweisen, ein wenig an mir rumgepflegt, ein wenig telefoniert, ein wenig Haushalt, gelesen, geträumt. Zum Sport gegangen. So langsam entsteht das Gefühl, wenn ich wacker dem Plan folge, könnte Fortschritt entstehen. In allen Übungen gelange ich allmählich zu sicheren Abläufen, die Ansteuerung der jeweiligen Muskelgruppen gerät aus der Zufälligkeit heraus, wird bemerkbar, es gibt Steigerungen, gibt es für Steigerungen eine Verniedlichung, Steigerungchen vielleicht, jedenfalls kann ich mittlerweile die vorgegebenen Wiederholungen oder die mit mehr Gewichtchen durchzählen. Da ich mir bis Sommer Probezeit gab, scheint bis dahin eine Entscheidungsfähigkeit heranreifen zu können, ob diese Form von Training den vorgestellten Zweck erfüllt. Zum Abschluss einen Kaffee, auch Kuchen, dann wieder die Lust, in den Frühlingsabend hinein zu spazieren. Ich hab die Runde über den Sülchenfriedhof angefangen, war belustigt über ausgefallene Formen der Grabsteine, anscheinend ist da ein Steinmetz am wirken, der alle seine Ideen bei seinen Kunden unterbringt. Das ergibt ein regelloses Durcheinander von immer noch schrägeren Varianten in allen denkbaren Materialien, dazu kommen die tausend und eine EngelausdemBaumarktStatuettles, ich hab das Gruseln gelernt. Beim Weitergehen der Bücherschrank, drei kleine Bücher wollten mit, durch die Stadt heimwärts, da geriet ich in die Kulturnacht, überall waren ziemlich viele Menschen unterwegs. So hatte ich die Möglichkeit, in der Zehntscheuer die Ausstellung abends um neune anzuschauen, das hab ich noch nie erlebt. Über die Ausstellung kann man schweigen.

Sonntag, 1. 5. 2022

26 Monate Corona-Tagebuch sind rum, wir hören immer mal wieder was von Corona, aber die Dramatik hat sich für den Moment ausgeschlichen. Die Corona-Krise hatte das Thema Klimawandel verdrängt, machte es unmöglich, am Freitag demonstrieren zu gehen. Nun heißt unsere nachrichtenbeherrschende Krise Ukraine-Krieg, da wissen wir noch weniger drüber, obwohl viele Experten uns auch da zu Fachlaien machen, und die nächste Krise steht in den Startlöchern, heißt Inflation und Staatsverschuldung, hängt ursächlich an den vorangegangenen Krisen und wird nicht die letzte sein. Es könnte passieren, dass Corona z. B. im Herbst noch mal das Haupt hebt, auch wissen wir gar nicht, wie weit Putin bereit ist zu gehen. So wird sich das Zeitfenster, auf die Klimaveränderung zu reagieren, weiter verkleinern, eines Tages weg sein. Die Inflation von heut wird aussehen wie Kinderkram, es geht nicht um paar Prozentle, sondern plötzlich haben wir es mit Vervielfachungen von Lebenshaltungskosten zu tun. Und wir werden so lange, wie es geht, überlegen, wie wir mit Querdenkern und Putinverstehern umgehen wollen.
Ich hab in diesen Texten hier viel von mir dazugeschrieben, es ging ja nicht nur um Corona, sondern um mein Leben mit Corona. Deswegen wissen die Lesenden was über meine Sportgewohnheiten, auch mein Frühstücksgebahren kam zur Sprache und mein reduziertes, störanfälliges soziales Verhalten. Vom Gefühl her würde ich sagen, es geht schon exzentrisch zu, ist in der Zeit ausgeprägter geworden, dazu kommt, dass viele der vielen Gegenüber ebenfalls exzentrische Gewohnheiten verstärkt haben, so ist mein Sein in der Welt, mein Blick auf die Zukunft nicht, gar nicht unbeschwert. Es gibt Lichtblicke, ich sehe den Optimismus und die Schönheit der jungen Generation, die Lust auf Leben, auf Neues, das ist wunderbar anzuschauen und hat meine Anteilnahme. Und es hat Lesestoff, es hat sportliche Ziele, die sich ändern und anpassen können, außerdem will ich meinen Kopf noch in viele Auseinandersetzungen schicken und auch immer wieder, so lange er es tut, mit neuen Ansprüchen ins Rotieren bringen. Vielen Dank Euch Mitlesenden für die Anteilnahme, für die Rückmeldungen, wir werden eine Zeit ohne dieses Textblabla erleben, bis ein neues Projekt auftaucht oder eben nicht. Uns gute Zeiten, auch mal wieder schöne Neuigkeiten, so Nachrichten von Lösungen wären super. Z. B., es gäbe eine Impfung gegen den Krieg, die mit Nebenwirkungen den Energieverbrauch senkt, die Menschheit mit Zufriedenheit und klaren, guten Gedanken ausstattet.

 

ENDE