01.10.2016
Das Vorhaben, den Gelben Sack ein Jahr lang nicht zu nutzen, wird hier beschrieben.
01.10.2016
10.10.2016
Ein Jahr lang
soll der von mir verursachte, für den Gelben Sack bestimmte Abfall
gestapelt werden. Start ist der 1. Oktober gewesen. Ich will einfach
mal konkret sehen, was im normalen Bereich sich nährende und
einkaufende Einzelperson in dieser einen Sparte für Material auf den
Weg schickt.
25.10.2016 Das Anwachsen eines Materialberges, von dem man sonst nur ausschnittweise, gelbsackweise Ansicht hat, beeindruckt mich. Es ist ja noch nicht einmal ein ganzer Monat rum. Um den vorhersehbaren Verlauf ein wenig abzumildern, eine kleine Erlebnisschilderung: Beim Stadtgang lauf ich am Schlachthof vorbei, da stehen links und rechts der Straße Kastanienbäume. Der links im vollen Herbstlaub, der rechts schon fast ohne Blätter, dafür mit einer Art Notaustrieb, also frischgrüne Blätter, an vereinzelten Zweigen sogar ein paar Blüten. Während ich überlege, wieso der eine Baum so und der andere anders, war es die Miniermotte, die es nicht über die Straße geschafft hat, oder war es die Nähe zum Schlachthof, der Gram über die vielen letzen Quietscher und Brüller all der nun toten Sauen und Kühe, schlägt es auf meiner Schulter ein. Im Erschrecken sehe ich grünes und braunes davonspringen, hab schnell klar, kein Überfall und Versuch mich zu beklauen, das fing so ähnlich an. Einfach ein Volltreffer mit reifer Kastanie. Das schlägt ganz schön ein. Hoffentlich, denke ich, trifft es niemals einen Bundestagsabgeordneten in dieser Weise, gar auf den Kopf, sonst ist vielleicht eine Helmpflicht beim herbstlichen Stadtgang zu befürchten. Heute bemerkenswert: Der Verzehr einer geschenkten Praline. Sehr lecker, dunkle Schokolade, innen Espresso, war wirklich gut. Neben meiner Zufriedenheit mit diesem Naschwerk fällt unten angeführte Verpackung an und trägt bei zum heutigen Zwischenergebnis.
08.03.2017 Da ist Zeit vergangen, eventuell hat sich dieser oder jener meiner Leser, Moment, heut ist Frauentag, diese oder jene meiner Leserinnen gefragt, ob das Projekt gestorben ist, still und heimlich ausgelaufen, und der Schreiber hat vergessen, dass dieser Text vorhanden ist. Dem ist nicht so. Ich habe weiter gesammelt, soll heißen, jeden blöden Joghurtbecher und den Deckel dazu nach dem Ausschlecken gespült, und dabei wehmütig an die vergangenen Tage gedacht, als der Mist einfach in den Gelben Sack flog und weg war er. Noch schlimmer sind die Tüten, z. B. von Knusper-Kartoffeltaschen mit Mozzarella und Spinat, da ist innen so ein Fettfilm, der ist nicht gedacht dafür, im privaten Spülbecken entfernt zu werden, und er gibt sich zögerlich beim Verschwinden. Ein Tetrapack ist auch nicht gemacht, um entleert und gespült zu werden, durch das kleine Loch soll dann der Schmodder restlos weg, jedoch es ist wenig Licht darinnen, man sieht also nicht in jede Ecke hinein und kann nur ausdauernd füllen, schütteln, leeren, bis das Wasser so rauskommt, wie es hineinlief. Durch dies ausführliche Händeln meiner leergefutterten Verpackungen bin ich allerdings auch den so freigelegten Oberflächen näher gekommen und entwickele ein gewisses Staunen über deren Glätte und die Präzision der nun sichtbaren Architektur. Sie ist funktional in Sicht ihres Zweckes, des Bewahrens von Vergänglichem, aber auch ihren Herstellungsweg offen legend, man sieht die Oberflächen der formgebenden Werkzeuge, das Bemühen, mit dem wenigen Material eine gerade ausreichende Stabilität zu gewinnen. Was mich verwundert, ist, jeder Hersteller, z. B. von Joghurt benutzt sein eigenes Modell, obwohl die Menge des Inhaltes gleich ist. Ich kann bestimmt 20, ich weiß nicht, wieviele Becher finden, darin sollen 150 g sein, aber die Becher sind unterschiedlich in Höhe und Durchmesser und im Schrägwinkel und in der Form des Bodens und des oberen Randes, da soll es stabil sein. Stapeln lässt sich nur herstellersortiert.
10.03.2017 Der Blick auf die Gesamtmenge verfälscht insofern das Ergebnis, dass alles gestapelt und verdichtet ist, wie es beim alltäglichen Entsorgen direkt in den Gelben Sack niemals zu Stande käme. Darum stell ich hier noch ein Bild dazu von meinem Nachfrühstücksaufwasch. Da war der Kaffee alle, auch die Marmelade, deswegen sieht es viel aus, aber irgendwas, was über mehrere Tage reicht, ist fast immer alle. Die Einzelteile steck ich auf die vorhandenen Stapel oder in die jeweilige Sammelbox für Folien u. s. w. Dadurch wird es nicht augenscheinlich mehr, jedoch, es fällt jeden Tag was an, jeden Tag.
Ein Tag, abends gabs was, morgens auch, nach dem Frühstück gespült 3. 4. 2017
Ich bekomm immer
wieder die Rückmeldung, es sei gar nicht so viel. Ich habs oben
erklärt. Jetzt werde ich es anschaulich machen durch einen
Probesackpack, da steck ich aus jedem Stapel, oben beginnend,
stapelwechselnd rein, bis voll ist. Mein vermutetes Ergebnis ist, es
wird nicht viel fehlen an der Gesamtmenge. 18. 4. 2017 Die Benutzung eines Gelben Sackes ist wieder ausgesetzt, es war, wie angekündigt, nur der eine. Ich hab es anders als oben angeführt gemacht: So, wie das Zeug anfiel, hab ich es, selbstverständlich gespült, in den Sack gestopft, bis er voll war.
Dann hab ich das Foto gemacht, dabei festgestellt, die black roll im rechten Eck gehört nicht dazu. Also noch ein Bild, im Ausschnitt begrenzter. Danach hab ich den Sack leergemacht, und das Material auf die vorhandenen Stapel einsortiert, bzw. dazu gestellt und das nächste Bild gemacht. Viel Unterschied ist nicht zu sehen, ich bin also ein guter Verdichter. Für das Füllen des Sackes hab ich zehn Tage gebraucht.
Eigentlich wollte ich die zwei Bilder so zeigen, dass nur eins zusehen ist, das andere erscheint, wenn man mit dem Mauszeiger draufgeht. Da hätte man den kleinen Unterschied gut gesehen. Das auf der Webseite einzurichten, wäre in java script möglich, ich kann es aber nicht. Beim Studieren eines solchen Quelltextes bin ich nicht zu meinem Ziel gelangt. Für die unter Euch Lesern, die geduldig und langmütig und auch noch wissbegierig sind, schlage ich vor, sich die zwei Bilder per Rechtsklick, Grafik speichern unter, auf den Rechner zu holen und in irgendeinem Bildguckprogramm hin und her zu wechseln. 10. 10. 2017 Heute habe ich das erste Mal seit einem Jahr einen normal nacheinander gefüllten Gelben Sack rausgestellt, morgen wird abgeholt. Die Zeit ist rum, am 1. Oktober war es soweit. Fotografiert hab ich, es folgt das Zählen, Wiegen und Drübernachdenken. Da ich mit meinem Sportprojekt angestrengt unterwegs bin, dauert es noch ein wenig, bis hier die Auswertung erfolgt. Aber sie kommt. (Da es niemanden auf der weiten Welt gibt, der diesen Termin im Kalender stehen hat, kann ich mir die Zeit nehmen.) 11. 11. 2017 Ich war uneins mit mir, wie soll das hier enden, wie soll es dargestellt werden. Einerseits den Aufwand begrenzt halten, für mich beim Aufbereiten, für Euch Leser beim Ansehen. Hier jeden Becher erscheinen zu lassen, das wäre sachlich richtig, jedoch, wer soll sich das reinziehen. Also zusammenfassen, trotzdem sichtbar machen.
Soll heißen: ein Becher wiegt ohne Deckel laut meiner Haushaltwaage 9 g, 84 Stück hab ich während diesem Jahr leer gefuttert. Hier der Eindruck.
So sammelt sich eins zum anderen.
In der Realität kommt dann so was zusammen.
Es waren 23 Säcke. Ich
habe am Ende der Übung die Stapel aufgelöst, die Säcke so befüllt, wie es
sonst im Leben anfällt, also bunt gemischt. Als ich am Sammeltermin meins
aufgetürmt hatte, war mir unwohl. Das ist ein Teil meines ökologischen
Fußabdruckes, Teil meiner Erbsünde. Ich hab keine Idee, wie da raus zu
kommen ist, die Unverpacktläden sind weit weg, ich will auch nicht zu Fuß
in kleinen Portionen ranholen, zumal auf dem Markt das Zeug zwar
ausgepackt zu kaufen ist, aber nur, weil der Standbetreiber die Verpackung
schon entfernte. Zu dem allen kommt, ich ging 35 mal tanken, bringe Gläser
weg, lege Papier raus, die Mülltonne geht 10 mal raus, die Biotonne 30
mal, meine Abwässer fließen von dannen, ich zahle einmal im Jahr was
dafür. 15. 11. 2017
Zu sehr Appell, bekam
ich als erste Rückmeldung meiner Künstlerfreundin, davon hätten wir genug
und die bewirken nichts. Einspruch, Euer Ehren. Natürlich soll die Kunst
vieldeutig daherkommen, oder den Appell unterschwelliger dazugeben, wenn`s
denn Kunst sein soll. Vielleicht soll es ja Appell sein und sich zu den
schon formulierten dazu gesellen. Wie war das mit dem Ozonloch? Erst war
es klein, es gab wenige Stimmen, die warnten. Auch betraf es noch nicht
uns direkt, so wie die Australier, die nicht mehr in die Sonne sollten. Es
wuchs, langsam kam Forschung in Gang, die Mahner wurden mehr, bekamen
gesagt: Ich kann es nicht mehr hören, diese vielen
Weltuntergangsankündigungen. Die Wirtschaft fand mit Hilfe der
Wissenschaft Ersatz für verursachende FCKW in Kühlschränken. Das Ozonloch
hörte auf zu wachsen, wird wieder kleiner. Schönes Zwischenergebnis. Man
kann sagen: Ihr immer, mit eurem Katastrophenszenario. |